Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Meine Damen und Herren, daraus ergibt sich aus unserer Sicht das alles überragende Ziel für die Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz, nämlich mehr Arbeitsplätze zwischen Neuwied und Wörth, zwischen Zweibrücken und Hachenburg. Diesem Ziel sind wir in den letzten fünf Jahren nicht näher gekommen. Das hatte viele Gründe. Der entscheidende Grund war aber, dass sich die Landesregierung dieses Ziel erst gar nicht gesetzt hat, zu keiner Zeit. Sie hat sich mit den Arbeitsplätzen in Luxemburg, Frankfurt, Karlsruhe und Köln zufriedengegeben, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Sie hat die Mär vom Aufsteigerland verbreitet, obwohl sich die Strukturschwächen des Landes seitdem und auch nicht vorher in keinem Punkt positiv verändert haben.

Denselben Fehler macht die Landesregierung heute auch. Deshalb müssen wir befürchten, dass wir in diesen Fragen auch in fünf Jahren wieder keinen Schritt weitergekommen sind. Natürlich sind wir froh und erleichtert, dass wir – den Nachbarn sei Dank – eine relativ günstige Arbeitslosenquote haben, meine Damen und Herren, aber auch über 7 % Arbeitslose sind immer noch

zu viel. Die Quote gibt zudem nicht das ganze Ausmaß der Unterbeschäftigung wieder, mit dem wir es auch leider bei uns zu tun haben.

(Beifall der CDU)

Wir müssen zu mehr Beschäftigung zurückfinden. Nur so stoppen wir die Einkommensverluste breiter Arbeitnehmerschichten, die immer noch bestehende Wachstumsschwäche der Wirtschaft, die prekäre Finanzlage der Sozialversicherungen sowie die prekäre Finanzlage des Staates und der Kommunen. Dazu muss und kann auch die regionale Wirtschaft ihren Beitrag leisten, indem sie ihre Anstrengungen darauf richtet, vergleichbare Chancen überall in Deutschland zu schaffen.

Aus 7,5 % Arbeitslosen in Rheinland-Pfalz werden nicht 2 % Arbeitslose, wenn noch mehr Mitbürger nach Luxemburg, Hessen oder Baden Württemberg zur Arbeit fahren, sondern wenn es mehr Arbeit in Pirmasens, in Idar-Oberstein, in Kusel, in Daun und in Betzdorf gibt, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Vollbeschäftigung und mehr Arbeitsplätze in RheinlandPfalz müssen das zentrale wirtschaftliche und soziale Ziel dieser Landesregierung sein; denn unverändert gilt der Satz: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“.

(Beifall der CDU)

Mit „Arbeit“ meine ich aber die Arbeit im ersten Arbeitsmarkt, in den Unternehmen der Wirtschaft, die aus den Erträgen ihrer Produkte gute Einkommen zahlen können, und nicht die Konstrukte, die überwiegend am Tropf des Steuerzahlers hängen. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist deshalb immer auch eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik.

Der Reparaturbetrieb des zweiten Arbeitsmarktes hilft auf Dauer niemandem. Er verschönt zwar die Arbeitsmarktstatistik, er überbrückt aber leider nur zeitweise den Zustand der Arbeitslosigkeit, und er kostet viel, viel Geld, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Der zweite Arbeitsmarkt ist zwar ein ganz einträgliches Geschäft für zahlreiche Einrichtungen und Unternehmen, die einschlägige Bildungsmaßnahmen anbieten, er schafft aber keine dauerhaften Arbeitsplätze. Er schafft sie nicht, meine Damen und Herren.

(Pörksen, SPD: Was ist mit den Betroffenen?)

Deshalb bleibt auch alles fruchtlos, wenn die Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt nicht deutlich mehr Beschäftigung möglich machen.

(Beifall der CDU)

Die Schaffung eben dieser Arbeitsplätze in RheinlandPfalz sollte unser gemeinsames oberstes Ziel sein, meine Damen und Herren. Wir wissen, was die Wirtschafts

politik eines Landes tun kann, um diesem Ziel näher zu kommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern hat das schon mehrfach klar beschrieben. Da der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur der Schlüssel für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung eines Flächenlandes wie Rheinland-Pfalz ist und bleibt, haben die Kammern diesen Punkt auch als ersten genannt. Ich möchte nun gar nicht auf die zentralen Bundesfernstraßen zu sprechen kommen, obwohl auch hier die Landespolitik viel Mitverantwortung trägt und dies keineswegs alles woanders entschieden wird, wie man uns das immer wieder weismachen will, meine Damen und Herren.

Kernaufgabe des Landes sind die Landesstraßen. Seit Kurt Beck die Landesregierung führt, verschlechterte sich der Zustand der Landesstraßen.

(Beifall der CDU)

Für Unterhaltung und Bau stehen heute keine Eigenmittel des Landes mehr zur Verfügung. Jeder Bordstein, jeder Quadratmeter Oberfläche, jeder Einlauf, jede Pflanze des Straßenbegleitgrüns – ich kann diese Liste endlos fortsetzen – ist kreditfinanziert, meine Damen und Herren!

(Beifall der CDU)

Die Einrichtung des Landesbetriebes Straßen und Verkehr aus den Straßenbauämtern wurde uns als Quantensprung zu mehr Effizienz erklärt. Die Wirklichkeit sieht leider völlig anders aus: Bis heute und auf noch unabsehbare Zeit braucht der LSV Kredite, um selbst Personal und Verwaltung zu bezahlen. Wir haben dies bereits im letzten Jahr kritisiert, und ich tue es in diesem Jahr erneut, meine Damen und Herren.

Der Investitionsrückstau zur Herstellung durchgängiger Straßenverhältnisse liegt nach wie vor bei rund 500 Millionen Euro. In den nächsten beiden Jahren stehen in Wahrheit nur jeweils rund 70 Millionen Euro für den eigentlichen Straßenbau zur Verfügung.

(Staatsminister Hering: Falsch gelesen!)

Alle anderen Zahlen, die als Investitionen dargestellt werden, sind Reparatur- und Planungskosten.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Zusätzlich werden die Kredite um 15 Millionen Euro pro anno zur Kompensation für die gekürzten Regionalisierungsmittel des SPNV erhöht. Meine Damen und Herren, dies wird uns im Parlament als Teil der Zukunftsmilliarde verkauft. Ein Land, das Investitionen nur noch zu 100 % aus Schulden bezahlt, ist – ich stelle dies mit großem Bedauern fest – auf Dauer eben nicht zukunftsfähig.

(Beifall der CDU)

Da es beim LSV erst ab 2018 wieder normale finanzielle Verhältnisse gibt, haben wir den Entschließungsantrag zum Landesbetrieb Straßen und Verkehr gestellt. Dieser

späte Zeitpunkt der Konsolidierung auch dieses wichtigen Politikbereichs ist aus heutiger Sicht und im Lichte der Erfahrungen der letzten Jahre in diesem Bereich nicht mehr ohne Weiteres verantwortbar, meine Damen und Herren. Wir müssen früher zu brauchbaren wirtschaftlichen Ergebnissen kommen.

(Beifall der CDU)

Wir müssen aber auch die Mitverantwortung für die Bundesfernstraßen besser wahrnehmen. Kein Projekt – das wissen wir alle – wird realisiert, das in einem Land nicht wirklich unbestritten politisch gewollt ist. Deshalb muss es nach rund eineinhalb Jahren endlich Klarheit geben für den Ausbau der B 10. Nach der durch die 300.000 Euro teure, aber erfolglos durchgeführte Mediation ins Feld geführten Notwendigkeit von vertieften Untersuchungen des Natur- und Artenschutzes – diese hätten im Übrigen spätestens nach der verunglückten Planfeststellung des Hochmoselübergangs schon bekannt sein dürfen und müssen – muss jetzt endlich ohne weitere Verzögerungen über die Anbindung an Lauterburg im Elsass entschieden werden, meine Damen und Herren. (Beifall der CDU)

Wir haben keine Zeit mehr, noch lange Jahre zuzuwarten. Über die Autobahnen und Bundesstraßen im Raum Trier muss ebenfalls kurzfristig und unzweifelhaft politisch entschieden werden. Genau daran mangelt es, und zwar nur in der SPD des Landes Rheinland-Pfalz, wie wir das immer wieder öffentlich vorgeführt bekommen, meine Damen und Herren.

Interessant ist übrigens auch die Frage, welche Hängepartie noch bei der notwendigen Bahnverbindung zum Flughafen Hahn bevorsteht, nachdem es hierzu in der Vergangenheit völlig unseriöse und voreilige Versprechen gegeben hat.

Die Kammern nennen in ihrem weiteren Katalog Forschung, Entwicklung und Wissenschaft als Garanten einer erfolgreichen wirtschaftlichen Zukunft.

Was das Land auf diesem Feld leistet, entspricht den allerhintersten Rängen im Vergleich der Bundesländer. Auch dies ist eine Frage an die finanziellen Prioritäten eines Landes, das nach Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen – meine Damen und Herren, hören Sie genau zu – keinesfalls weniger als alle anderen Bundesländer auch in der Kasse hat.

Bei Forschung, Wissenschaft und Entwicklung hat die Landesregierung eine Neuorganisation vorgenommen, auf deren Folgen man gespannt sein darf. Die wirtschaftliche Technologieförderung wurde dem Wirtschaftsminister weggenommen und dem Hochschulminister gegeben.

Was das für eine in sich stimmige und verzahnte Wirtschaftspolitik des Landes bedeutet, werden wir noch sehen. Wir brauchen jedenfalls eine auf Jahre angelegte neue Konzeption für die Technologiepolitik des Landes. Was daraus jetzt wird, ist besonders spannend; denn die Verlagerung der Technologieförderung geschah, als alle noch mit Herrn Zöllner rechneten.

Nun ist er weg. Jetzt macht es Frau Ahnen, und die Gewichte zwischen den Möchtegernnachfolgern von Herrn Beck sind irgendwie verschoben. Frau Ahnen hat an Einfluss – Gewicht – gewonnen, herzlichen Glückwunsch.

(Zurufe von der SPD)

Hering ist der Verlierer dieser Operation.

(Heiterkeit bei der SPD)

Entschuldigung, man muss doch charmant zu Damen sein. Es geht nicht immer so, wie Sie es machen, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD. So geht es nun nicht.

(Hartloff, SPD: Das sollte ein Kompliment sein, aber es ging daneben! – Frau Spurzem, SPD: Sie sind Damen gegenüber besonders charmant!)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch feststellen, es wäre ein schwerer Schaden für das Land, wenn solche Erwägungen des Machtausgleichs zwischen den Granden der SPD oder besser denen, die sich dazu zählen, den Fortschritt des Landes zusätzlich behindern würden. So oder so, wir müssen mehr für Forschung und Technologie machen. Sonst wird das nichts mit mehr Arbeitsplätzen in Rheinland-Pfalz. Ich bitte in diesem Zusammenhang, unserem Entschließungsantrag zur wirtschaftsnahen Forschung zuzustimmen, weil dieser Antrag im Grunde genommen auch genau dieses Ziel beinhaltet.

(Pörksen, SPD: Nach dieser Rede können wir das nicht mehr! – Hartloff, SPD: Vorher hätten wir das überlegt!)

Für die unmittelbare Förderung der Unternehmen der Wirtschaft stehen im Land – so unsere Wahrnehmung – ausreichend Mittel zur Verfügung. Allerdings sind sie für das Parlament in der Summe bis heute nicht klar zu beziffern; denn was die ISB aus eigenen Mitteln zu den Mitteln des Landeshaushalts tatsächlich hinzufügt, hat die Landesregierung auch in der Antwort auf unsere Große Anfrage zur Haushaltslage nicht erkennbar dargelegt. Wir werden entsprechende Nachfragen haben.