Protokoll der Sitzung vom 30.05.2006

Die bisherige Regelung zur Altersteilzeit ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen sie durch eine Neuregelung ersetzen.

Bei bereits bewilligten sowie beantragten Fällen ändert sich nichts. Auch in Bereichen, in denen Personal reduziert werden soll, wird die bisherige Regelung zunächst weiter angewandt. Für Neufälle in allen anderen Bereichen wird die Altersteilzeit bis zu einer Neuregelung zunächst ausgesetzt.

Wir werden zügig eine kostenneutrale Nachfolgeregelung vorschlagen. Wir werden einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglichen. Dieser soll durch eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit in den letzten Berufsjahren erreicht werden.

In diesem Zusammenhang prüft die Landesregierung, inwieweit Anreize geschaffen werden können, die dazu beitragen, dass Beamtinnen und Beamte freiwillig und nach Bedarf bis zu ihrem 68. Lebensjahr Dienst leisten können.

Der öffentliche Dienst in Rheinland-Pfalz ist und bleibt ein guter Arbeitgeber. Wir bieten sichere und attraktive Arbeitsplätze und gute Rahmenbedingungen für unsere

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Beamtinnen und Beamten. Wir wollen – den Übergang der Zuständigkeit für das Besoldungs- und Versorgungsrecht auf die Länder vorausgesetzt – auch in den kommenden Jahren trotz der angespannten Haushaltslage die Bezüge der Beamtinnen und Beamten sowie der Versorgungsempfänger jeweils Mitte des Jahres erhöhen:

Im Jahr 2007 und 2008 jeweils um 0,5 %, wobei in den unteren Besoldungsgruppen, das heißt, im einfachen Dienst, eine Anpassung mindestens in Höhe der Inflationsrate des Vorjahres vorgenommen wird. Für den Bereich des mittleren Dienstes soll die Inflationsentwicklung teilweise ausgeglichen werden. Damit wird die Erhöhung oberhalb der 0,5 % liegen.

Für die Jahre 2009 und 2010 streben wir für alle Gruppen eine Anpassung mindestens in Höhe der Inflationsrate an.

Meine Damen und Herren, ich bitte alle Betroffenen um Verständnis, dass ein größerer Spielraum bei den Besoldungszuwächsen schlicht und einfach nicht finanzierbar ist. Ich bin mir bewusst, dass diese Maßnahmen schmerzhaft sind. Sie sind erforderlich, weil wir uns entschlossen haben, in unsere wirtschaftliche Zukunft und in unsere Jugend zu investieren und zugleich verantwortlich zu haushalten. Die Regelungen gelten selbstverständlich auch für den Ministerrat und die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen die Qualität der Verwaltungsdienstleistungen ständig verbessern. Dabei ist die Landesregierung in doppelter Hinsicht gefordert: Einerseits müssen wir alle in unserer eigenen Verantwortung stehenden Einrichtungen und Verwaltungsbereiche so gestalten, dass sie dem demografischen Wandel gewachsen sind, andererseits gilt es, den Kommunen Rahmenbedingungen zu sichern, in denen sich kommunale Selbstverwaltung weiter kraftvoll und bürgernah entfalten kann.

Kommunen und Land müssen sich zu diesem Zweck darüber verständigen: Wie können die öffentlichen Aufgaben sinnvoll, bürgernah und flexibel für spezifische örtliche Bedürfnisse vollzogen werden? Wie müssen diese Aufgaben zwischen Land und Kommunen und innerhalb der kommunalen Ebene verteilt werden?– Dies wollen wir mit der kommunalen Ebene besprechen. Lassen Sie uns dies gemeinsam und politisch verantwortlich in diesem Bereich entscheiden. Ich biete allen Fraktionen in diesem Hause in dieser Frage der kommunalen Strukturreform und der staatlichen Reform, die damit verbunden ist, Zusammenarbeit und Offenheit an.

(Beifall der SPD)

Die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Landesverwaltung, der öffentlichen Verwaltung insgesamt, kann bei knappen finanziellen Ressourcen nur gelingen, wenn wir Doppelstrukturen abbauen, administrative Verfahren vereinfachen und weiter Standards kritisch überprüfen.

Wir setzen auf eine moderne und effiziente Verwaltung. Das schafft Freiräume.

Freiräume werden wir auch dadurch eröffnen, indem wir die schon heute vielfältig bestehenden Kooperationen zwischen Wirtschaft und Kommunen, aber auch der Kommunen untereinander, weiter ausbauen. Wir werden Förderprogramme und Fördermittel besser miteinander verzahnen. Städte und Gemeinden, die sich in eigener Regie in diesen Prozess einbringen und miteinander kooperieren, können sich der Unterstützung der Landesregierung gewiss sein.

Wir wollen die öffentliche Infrastruktur im gesamten Land im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger zukunftsgerecht gestalten. Dies setzt leistungsfähige Kommunalstrukturen voraus. Unsere Ortsgemeinden sind das Herz der kommunalen Familie. Sie sind der Garant für bürgernahe Entscheidungen; sie sind der Boden, auf dem ehrenamtliches Engagement gedeiht und wo sich die Menschen für ihre Heimat engagieren. Deshalb sagen wir ein klares und deutliches Ja zur rechtlichen Eigenständigkeit der Ortsgemeinden auch in Zukunft.

(Beifall der SPD)

Insgesamt werden wir das sich über Jahrzehnte bewährte und leistungsfähige kommunale Gefüge von Orts- und Verbandsgemeinden, Landkreisen und großen kreisfreien Städten erhalten, jedoch angesichts neuer Herausforderungen im Spannungsbogen zwischen Bürgernähe und Effizienz anpassen und optimieren.

Es ist mein erklärtes Ziel, in der zweiten Jahreshälfte 2006 unter der Federführung von Herrn Staatsminister Karl Peter Bruch eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer Kommunal- und Verwaltungsreform einzusetzen. Wir werden auf der Grundlage einer Aufgabenkritik eine Zielplanung erstellen. Bis zum Abschluss der 15. Legislaturperiode, also dieser Legislaturperiode, werden wir die gesetzlichen Grundlagen für diese Verwaltungs- und Strukturreform schaffen. Diese wird dann schrittweise bis zur Kommunalwahl 2014, also in der auf diese Landtagswahlperiode folgenden Wahlperiode, umgesetzt.

Mir liegt besonders am Herzen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger diesen Weg mitgestalten. Ich halte eine intensive und möglichst frühzeitige Bürgerbeteiligung für unabdingbar, um eine von einer breiten Mehrheit akzeptierte und nachhaltige Regelung, die möglichst die nächsten 30 Jahre Bestand hat, zu erreichen.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei werden wir keine Abkehr von unserem kommunalpolitischen Grundverständnis vollziehen: Überschaubare Größenverhältnisse, besondere Bürgernähe und ein grundsätzlicher Respekt vor gewachsenen, auch regionalen Strukturen sind seit jeher ein besonderes Markenzeichen des Landes Rheinland-Pfalz. Deshalb wird es keine Reformen vom Reißbrett aus geben. Dies ist nicht unsere Methode.

An diesen Koordinaten sowie den Anforderungen des demografischen Wandels werden wir unsere Landes-

und Regionalplanung ausrichten. Wir stehen für die Gleichwertigkeit der Ballungsräume und der ländlichen Regionen. Wir werden die Stadt- und Ortskerne als zentrale Mittelpunkte der Kommunen – als Orte der Kommunikation, wenn man so will – erhalten und gestalten. Die bisher höchst erfolgreich eingesetzten Instrumente der Dorferneuerung und der Städtebauförderung – zum Beispiel des Programms „Soziale Stadt“ – bleiben hierbei tragende Säulen.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, von Albert Einstein stammt der Satz: „Der Staat ist für die Menschen da und nicht die Menschen für den Staat.“ Für die sozialdemokratische Landesregierung hat dieser Satz eine hohe Gültigkeit: Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt unseres Handelns. Wir wollen Rheinland-Pfalz als lebenswertes Land mit aktiven, lebensbejahenden Menschen in die Zukunft führen.

Deshalb will ich abschließend auf drei Schwerpunkte unserer Politik zu sprechen kommen, die für eine menschliche und lebendige Bürgergesellschaft unabdingbar sind und die mir weiter ein Herzensanliegen bleiben werden.

Dies sind die Förderung von Kunst und Kultur, die Bewahrung des Zusammenhalts unserer Gesellschaft und die aktive Beteiligung von möglichst vielen Menschen an unserem Gemeinwesen.

Rheinland-Pfalz ist ein traditionsreiches Kulturland. Sein kultureller Reichtum ist von großer Bedeutung. Er trägt wesentlich zum Lebensgefühl im Land und zur Identität der Menschen bei. Deshalb wird die Landesregierung erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die kulturelle Vielfalt unseres Landes weiter zu fördern. Mit einer umfassenden Breitenarbeit, bei der das Land mit den Kommunen zusammenwirkt, wollen wir weiter den Boden für eine aktive Beschäftigung mit Kunst und Kultur bereiten.

Hierbei werden wir die Kinder- und Jugendkultur noch intensiver fördern. Die kulturelle Kompetenz junger Menschen wollen wir dabei außer in den Musikschulen auch im künstlerisch-gestaltenden Bereich ausbilden. Wir planen deshalb für die kommenden Jahre die Einrichtung von Jugendkunstschulen.

(Beifall der SPD)

Rheinland-Pfalz soll ein bedeutender Standort der Medien, der Medienwirtschaft und der Medienwissenschaft bleiben. Wir werden die Vermittlung von Medienkompetenz gezielt stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, RheinlandPfalz kann sich glücklich schätzen, mit den Römerbauten in Trier, dem Kaiserdom zu Speyer, dem Oberen Mittelrheintal und dem Obergermanisch-Raetischen Limes gleich über vier UNESCO-Welterbestätten zu verfügen. Wir werden deshalb gemeinsam mit Fachleuten und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort weiter daran arbeiten, dieses Erbe zu pflegen und für das Land zu nutzen. Zugleich setzen wir uns für die Anerkennung

weiterer Welterbe-Projekte ein. Ich denke an die Dome zu Mainz und Worms oder die mittelalterlichen „SCHUMStädte“ Speyer, Worms und Mainz mit ihrem bedeutenden jüdischen Erbe.

Denkmäler, Prachtbauten, manchmal aber auch nur Ruinen sind steinerne Zeugen einer wechselvollen, weit über 2000 Jahre alten Geschichte auf rheinlandpfälzischem Boden. Alle Menschen sollen Interesse für die Schönheiten und die Bedeutung dieses vielfältigen kulturellen Erbes entwickeln können. Deshalb wird sich die unter dem Dach des Landesamtes für Denkmalpflege gebildete Einrichtung „Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz“ in den kommenden Jahren dafür einsetzen, das kulturgeschichtliche Erbe noch verständlicher und noch lebendiger zu präsentieren. Das Programm „Wegweisend – auf Geschichte bauen“ setzt hier mit zehn Projekten Maßstäbe. Mit dem „Dialog Baukultur“ – ich bin sehr dankbar, dass der Finanzminister, Herr Professor Dr. Deubel, sich dieses Themas angenommen hat – wollen wir darüber hinaus unter dem Motto: „Werte erhalten – Neues gestalten“ die Attraktivität des Landes für Wohnen, Arbeiten und den Tourismus weiter fördern.

(Beifall der SPD)

Den seit Jahren viel beachteten und von starker Bürgerbeteiligung getragenen „Kultursommer Rheinland-Pfalz“ werden wir fortführen. Daneben erwarten uns im kommenden Jahr zwei kulturelle Glanzlichter, die weit über das Land hinaus ausstrahlen werden: die Fertigstellung des Arp-Museums in Remagen und die große Ausstellung über den spätantiken Kaiser Konstantin.– Letztere ermöglicht uns die Erinnerung an die christliche Kultur und an einen zentralen Teil unseres Wertegerüstes. Sie ist zugleich ein wichtiger Beitrag unseres Landes zur europäischen Kulturhauptstadt Luxemburg, die wir in gemeinsamer Anstrengung zur Kulturregion um Luxemburg herum für das Jahr 2007 entwickelt haben.

Um auch in Zukunft das hohe Niveau in der rheinlandpfälzischen Kulturarbeit sichern und darüber hinaus Spielräume für neue Initiativen und Ideen eröffnen zu können, bedarf es – angesichts angespannter Haushaltslagen – einer Steigerung der Effizienz. Dies gilt gerade auch für die großen Kultureinrichtungen, sind sie doch wesentliche Pfeiler der Kulturarbeit im Lande. Ich sichere allen Kulturschaffenden die Unterstützung dieser Landesregierung zu; denn wir wollen, dass RheinlandPfalz auch weiterhin für sich in Anspruch nehmen kann, ein Kernland deutscher Geschichte und Kultur zu sein.

(Beifall der SPD)

Verehrte Damen und Herren, die Menschen in den Mittelpunkt der Politik zu stellen, bedeutet auch: Die Bürgerinnen und Bürger selbst müssen das Wissen und das Gefühl haben zusammenzugehören und Teil eines Gemeinwesens zu sein, für das es sich lohnt, sich einzusetzen und selbst Verantwortung zu übernehmen.

Wir wissen, dass es Gefahren gibt, sei es bedingt durch kulturelle und religiöse Entfremdung oder durch ein starkes Wohlstandsgefälle. Diese Veränderungen können unsere Gesellschaft in unversöhnliche Blöcke aus

einander reißen. Dies dürfen wir nicht zulassen. Misslingende Integration führt zur Ausgrenzung, und Ausgrenzung kann zur Gewalt führen, noch weit unterhalb der Schwelle von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die wir wahrnehmen. Hier müssen und werden wir sehr wachsam sein.

(Beifall der SPD)

Eine Gesellschaft zusammenzuhalten, bedeutet vor allem auch, Gemeinsinn zu fördern. Jede und jeder Einzelne muss die Möglichkeit haben, sich an der Gestaltung unseres sozialen Zusammenlebens zu beteiligen. Nur durch Gemeinsinn entsteht eine lebendige Bürgergesellschaft, nur sie ermöglicht größtmögliche Teilhabe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden die Herausforderungen, die die Reformen der Sozialsysteme an uns stellen, ebenso wie die Gestaltung des demografischen Wandels nur mit einer neuen Kultur des Miteinanders meistern können. Daran arbeiten wir.

Der demografische Wandel – das Älterwerden unserer Gesellschaft – muss und darf kein Schreckgespenst sein. In ihm liegen Chancen für ein stärkeres Miteinander, Chancen, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Gemeinschaftliches Wohnen und die Begegnung zwischen den Generationen können auch für Situationen der Hilfsbedürftigkeit tragfähige Netze schaffen. Deshalb hat die Landesregierung das Kooperationsforum „Gemeinschaftlich Wohnen in einer Gesellschaft des längeren Lebens“ gegründet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat die Förderung von Bürgerengagement und einer lebendigen Bürgergesellschaft zu einem Schwerpunkt ihrer Politik erklärt, und sie wird diesen Schwerpunkt in Zukunft weiter intensivieren. Wir wollen insbesondere bürgerschaftlichen Einsatz auf der kommunalen Ebene stärken. Damit tragen wir dem Gedanken Rechnung, dass Engagement zuallererst in den Kommunen stattfindet.

Dies gilt vor allem Dingen neben den Kultur treibenden Vereinen auch für den Sport. Das Land hilft beim Bau und bei der Modernisierung von Sportstätten und fördert die Arbeit der Verbände und Vereine. So stehen in den nächsten Jahren rund 95 Millionen Euro für Schwimmbäder und sonstige Sportstätten zur Verfügung. Dadurch werden Gesamtinvestitionen von ca. 250 Millionen Euro ausgelöst, die der regionalen Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt zugute kommen werden.

Freiwilliges Engagement hat von jeher eine zentrale Bedeutung im Brand- und Katastrophenschutz. Wir werden an die mit dem neuen Brand- und Katastrophenschutzgesetz geschaffene Verbesserung der Rahmenbedingungen für die etwa 80.000 – ich finde, diese Zahl ist phantastisch – ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den Feuerwehren und den anderen Hilfsorganisationen in unserem Land anknüpfen und die Gemeinden, Städte und Landkreise beim Erhalt eines modernen und leistungsfähigen Hilfeleistungssystems unterstützen.

(Beifall der SPD)

Verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Teilhabe ermöglichen – Gleichstellung durchsetzen – Selbstbestimmung stärken, das sind Leitsätze, die unsere Politik für behinderte Menschen in den nächsten fünf Jahren kennzeichnen werden. RheinlandPfalz steht bundesweit an zweiter Stelle bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit behinderter Menschen.