An elf von 180 Hauptschulen wird experimentiert, wird versucht. Man merkt, es ist noch kein Konzept vorhanden. Dabei gibt es Bundesländer, die Konzepte für wöchentliche Praxistage an den Hauptschulen haben.
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ja genau! Das Wort „Unterrichtsausfall“ hat er allerdings nicht gebracht!)
Frau Abgeordnete Morsblech, ich hatte mich eigentlich bei Ihrer langen Umschreibung dieser Aktuellen Stunde für die positive Variante entschieden und wollte damit einsteigen, dass ich sage, natürlich, man kann Wirtschaftspolitik, allemal gute Wirtschaftspolitik immer im Kontext mit Bildungspolitik, allemal mit guter Bildungspolitik diskutieren. Ich wollte dies positiv aufnehmen, dass Sie das an dieser Stelle so tun.
Ich bin allerdings tatsächlich noch davon ausgegangen, Sie würden sich zum Praxistag äußern, weil der konkret etwas mit der Kooperation der Wirtschaft im Land und dem großen gemeinsamen Engagement zu tun hat.
Jetzt muss ich wirklich sagen, wir diskutieren offensichtlich allgemein über ganz viele Facetten – mit der Studie hat das relativ wenig zu tun – und über alle Vorschläge, die Sie immer schon einmal eingebracht haben und von denen wir an einigen Stellen der Meinung sind, dass sie gerade auf die hier bezogene Wirkung, nämlich dass es darum geht, junge Menschen besser auf Beruf und Ausbildung vorzubereiten, eben nicht förderlich sind, sondern zum Teil kontraproduktiv sind.
Nachdem aber auf der Studie so herumgehackt worden ist, will ich schon zwei Sätze dazu sagen. Erst einmal, sie können sich vorstellen, die Landesregierung hat sich über diese Studie gefreut. Das Land Rheinland-Pfalz hat in dieser Studie hervorragend abgeschnitten. Es ist insgesamt jetzt auf dem zweiten Platz.
Auch bei der Bildungspolitik ist das Bild bei weitem nicht so, wie Sie es zeichnen. Das Mindeste, wenn man sich so eine Tabelle vornimmt, wäre, dass man nicht die Länder herunterzählt, ohne sich die Werte hinten anzuschauen; denn dann käme man zu dem Ergebnis, dass von Platz sechs überhaupt keine Rede sein kann, sondern wenn überhaupt – da der gleiche Wert mit dem Saarland erzielt wird – von Platz fünf.
Jetzt sage ich noch einmal etwas zu den Plätzen und lese doch die Zahlen vor: Nordrhein-Westfalen 2,91; Hessen 2,90; Niedersachsen 2,89 und Bayern 2,88; dann kommen gleichauf das Saarland und RheinlandPfalz mit 2,87.
Was man bei einer Differenz von 0,04 an negativen Entwicklungen herausinterpretieren will, erschließt sich mir auch nicht nach Ihrem wortgewaltigen Beitrag. Es ist mir unerschlossen geblieben, Frau Abgeordnete Morsblech.
(Beifall der SPD – Eymael, FDP: Das haben wir heute schon alles gehabt! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wenn wir über Statistik nicht reden können, müssen wir es lassen!)
Ich kann nicht auf alle Dinge, die Sie angesprochen haben, eingehen, aber mich verwundert es schon, wenn Sie ausgerechnet auf den Bereich der Lernstandserhebung abstellen, in dem das Land Rheinland-Pfalz Defizite hätte. Ich an Ihrer Stelle wäre stolz darauf, dass VERA – das seinen Ursprung in Rheinland-Pfalz hat – jetzt in 16 Ländern durchgeführt wird.
Zu der Frage der Praxisorientierung und der stärken Berufsorientierung: Herr Abgeordneter Keller, Sie wissen doch ganz genau, dass es in diesem Land eine Vielzahl an Maßnahmen der Berufsorientierung und der besseren Vorbereitung vom Übergang Schule in Ausbildung und Beruf, und zwar an jeder Hauptschule und Schule mit Hauptschulbildungsgang in Rheinland-Pfalz gibt und diese Maßnahmen in den letzten Jahren drastisch ausgeweitet worden sind.
Sie wissen, dass überhaupt niemand vorhat, irgendetwas von diesen Maßnahmen zurückzunehmen, sondern das, was wir jetzt vorhaben, ist, einen weiteren Baustein hinzuzusetzen, der über das hinausgeht, was bis jetzt realisiert ist, nämlich dass wir sagen, wir wollen generell im Hauptschulbildungsgang, in der Hauptschule erreichen, dass Schülerinnen und Schüler tatsächlich an einem Tag jede Woche über ein Schuljahr in einem Betrieb sein können.
Ein solches Projekt braucht Partnerinnen und Partner. Wir sind ausgesprochen glücklich, dass wir gute Partnerinnen und Partner gefunden haben, nämlich die Kammern, die intensiv mit uns zusammenarbeiten und dies mit Nachdruck begrüßen,
ebenso die Arbeitsagentur, die jeweiligen Schulträger und alle Hauptschulen. Es ist doch wunderschön, dass sich so viele zusammengetan haben, um eine noch bessere Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler zu realisieren.
Es ist doch auch wunderschön, dass dieses Konzept schon zum Schuljahr 2007/2008 in Trier und in Koblenz exemplarisch umgesetzt werden soll, also eigentlich ein Grund zu sagen, ja, hier ist wirklich etwas Gutes für die Schülerinnen und Schüler auf den Weg gekommen.
Es handelt sich auch nicht um ein Experiment, sondern um eine gemeinsam getragene und vorbereitete Maßnahme, von der wir schon heute erklärt haben, dass es natürlich unser Interesse ist, dies über Trier und Koblenz hinaus in Zukunft möglichst landesweit zu realisieren. Es ist aber auch klar, wenn man solche Dinge umsetzt, muss dies Schritt für Schritt erfolgen. Dann kann man auch gute Erfahrungen, die man miteinander gewonnen hat, in andere Regionen übertragen. Auch daran gibt es aus meiner Sicht überhaupt nichts zu kritisieren.
Ich bin froh darüber, dass wir diesen weiteren Schritt gehen und die Hauptschulen ihn nicht nur mittragen, sondern ihn ausdrücklich wünschen, sich die Lehrkräfte engagieren und auch die Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter sowie Jobfüxe mit einbeziehen und wir in diesem hohen Maße Unterstützung aus Unternehmen und Betrieben erhalten, um gemeinsam daran zu arbeiten, dass junge Menschen in Zukunft noch qualifizierter unsere Schulen verlassen und sie vor allen Dingen noch bessere Chancen haben, nach der schulischen Ausbildung einen guten Ausbildungsplatz zu finden und einen guten Beruf ergreifen zu können. Ich bedanke mich schon heute von dieser Stelle aus bei all denjenigen, die im Moment aktiv daran arbeiten, dass wir dies zum Schuljahresbeginn 2007/2008 hin realisieren. Ich bin sehr glücklich über diese Initiative, da ich glaube, sie ist ein weiterer guter Beitrag zur Stärkung der Berufsorientierung in unseren Schulen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon interessant: Es gibt ein umfassendes Problemfeld. Sie
reden es zunächst einmal klein, und dann geben Sie darauf eine minimalistische Antwort. Deshalb werde ich meine minimale Redezeit von zwei Minuten auch auf Ihre Problemlösung konzentrieren.
Einen Tag nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie, über die wir heute sprechen, gibt die Landesregierung bekannt, dass es nun das genannte Modellprojekt in Trier und Koblenz in der Jahrgangsstufe 9 der dortigen Hauptschulen mit einem Praxistag geben soll. Es ist zunächst einmal löblich, dass Sie gemeinsam mit der Wirtschaft diesen Entschluss gefasst haben, einen solchen Baustein zur besseren Berufsvorbereitung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern zu konzipieren. Aber es ist eben auch Punktualismus. Es ist eben auch nur ein Symbol für etwas, was eigentlich in ein Gesamtkonzept eingebettet werden müsste. Unsere Hauptschülerinnen und Hauptschüler brauchen einen zukunftsfähigen und stabilen Bildungsgang, der ihre Basiskompetenzen wirklich stärkt und eine starke durchlässige und vor allem durchgängige Säule der Berufsvorbereitung beinhaltet.
Ein Praxistag ist eben eine Maßnahme, die man ergreifen kann, aber ein solcher Tag macht eben auch nur dann Sinn, wenn er in ein Unterrichtskonzept eingebunden ist, das dennoch gleichermaßen auf die Basiskompetenzen in Deutsch und Mathematik Wert legt. Ich weiß nicht, was geschieht, wenn an diesem Tag der Unterricht ausfällt. Deshalb ist meiner Ansicht nach auch nach wie vor, ein Ganztagsschulkonzept vonnöten, wie dies in unserem Konzept vorgesehen ist. Man muss diese Praxistage vor- und nachbereiten. Dies muss in ein Konzept eingebettet sein und aufeinander aufbauen. Ein Baustein dieser Art kann nur in einem starken Gesamtkonzept mit einer intensiven Förderung der Hauptschülerinnen und Hauptschüler eingebunden sein. Nur dann ist er sinnvoll.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Morsblech, nun haben wir immer noch nicht gehört, ob Sie die Praxistage nun eigentlich gut oder schlecht fin
den. Sie haben nur das heilige Wort „Unterrichtsausfall“ erwähnt. Frau Kollegin, verlassen Sie sich darauf, es wurde ein pädagogisches Konzept für diese Praxistage entwickelt. Verlassen Sie sich darauf, dieses Konzept ist wiederum eingebunden in das Konzept der Arbeitslehre. Verlassen Sie sich darauf, die Kolleginnen und Kollegen an den Hauptschulen, die den Unterricht erteilen, sowie auch die Schulsozialarbeiter und diejenigen, die sich in den Betrieben für Ausbildung zuständig fühlen, bereiten diese Tage mit den Jugendlichen vor und nach.
Verlassen Sie sich darauf, die Jugendlichen bereiten diese Tage vor und nach. Allein diese Dinge bedeuten angewandtes Deutsch und angewandte Mathematik.
Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass gerade Hauptschüler eine berufsbezogene Anwendung der Kernfächer wie Deutsch und Mathematik, vielleicht auch Fachenglisch, brauchen. Frau Kollegin, verlassen Sie sich darauf, genau dies wird in den Praxistagen stattfinden. Dafür brauchten Sie keinen Jäger zum Jagen tragen, sondern das ist bereits für die Schulen an den beiden Standorten entwickelt worden. Darüber brauchen Sie sich keine besonders großen Gedanken zu machen.
Ich möchte noch einige Sätze zu der Rede von Herrn Kollegen Keller sagen. Es reizt mich doch zu sehr, und ich kann es einfach nicht unterdrücken. Sie sagten, wir dümpeln im Mittelfeld herum! Herr Kollege Keller, bei PISA kam heraus, dass Schülerinnen und Schüler nicht in der Lage sind, Statistiken zu lesen. Das scheint im Parlament manchmal auch der Fall zu sein.