Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Schwerpunkte verändern und entwickeln sich mit den gesetzlichen Veränderungen. Das haben wir bei Hartz IV, beim Zuwanderungsgesetz, bei der Härtefallkommission und bei der Altfallregelung, neu im Jahr 2007, mitbekommen.

Es gibt neue Geschichten, wie zum Beispiel die Frage des Elterngeldes. Da habe ich ganz aktuell eine Anfrage zum Stichtag auf dem Tisch. Es sind in Zukunft sicher auch im Zusammenhang mit den Bemühungen um das Antidiskriminierungsgesetz eine Reihe von Anfragen und Eingaben zu erwarten. Österreich, wo es seit einiger Zeit ein solches Gesetz gibt, zeigt das.

Das Anspruchsdenken ist gewachsen und wächst weiter. Gleichzeitig sorgen die Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmittel für teilweise nachdrückliche Vertretung dieser Interessen, Beispiel überlaufende Faxgeräte oder der elektronische Briefkasten.

Eine weitere Erfahrung ist, dass ganze Gruppen von Petenten – im Höchstfall waren es 146 auf einmal – gemeinsame Eingaben machen, teilweise bereits vor Verwaltungsentscheidungen, was auch eine neue Erfahrung darstellt. Eine vierte Erfahrung ist, dass der Übergang zum Dienstleistungsbewusstsein in unseren Verwaltungen sicher noch nicht ausreichend gelungen ist – bei einer zunehmenden Tendenz, alles möglichst ermessensspielraumfrei zu regeln. Meine Damen und Herren, ich bedaure diese Tendenz, weil sie oft einfache praktische Lösungen verhindert oder erschwert.

Manches ist aber dann doch verblüffend einfach. Als ich vergangene Woche am Rhein entlangfuhr, habe ich ganz bewusst auf die Hinweise an den Autofähren geachtet. Siehe da, die Eingabe eines Petenten, der nach einer Fährfahrt auf der anderen Rheinseite unverrichteter Dinge wieder umkehren musste, weil die Durchfahrtshöhe nicht ausreichte, hatte Erfolg. Entsprechende Schilder sind jetzt überall vorhanden.

Manches ist auch eher kurios. Im vergangenen Jahr habe ich an dieser Stelle über eine Eingabe zur kryonischen Bestattung berichtet. Heute habe ich unter dieser Rubrik die Eingabe eines „Häufigschreibers“ ausgewählt, der Vaterschaftstests nach jeder Geburt obligatorisch machen möchte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses ist die Strafvollzugskommission. 2006 war ein Landtagswahljahr. Deshalb waren keine Außentermine in den Justizvollzugsanstalten (JVAs) und auch nur vier Sitzungen zu vermelden.

Wir haben 2007 die Besuche in den JVAs mit thematischen Bezügen wieder fortgesetzt. Ich möchte – auch weil es aktuell ist – noch ein paar Dinge erwähnen:

Wir haben als aktuellen Bezug die Entstehung oder die Vorbereitung zum Jugendstrafvollzugsgesetz und haben dazu thematisch die JVAs besucht, die mit jungen Menschen arbeiten. Hier ist das Ziel, Gefangene zu einem Leben ohne Straftaten in sozialer Verantwortung zu befähigen, in besonderer Weise in diesem entstehenden Gesetz verfolgt.

Auch die Schwerpunkte erzieherischer Ausgestaltung des Vollzugs, Schaffung sozialtherapeutischer Abteilungen, Gebot der Einzelunterbringung, Wohngruppenvollzug, sinnvolle Gestaltung der Freizeit sind Teil einer Diskussion, die uns insgesamt in diesem Bereich sehr interessiert und uns gemeinsam mit den Mitgliedern der Landesregierung, die hier tätig sind, zu Erfahrungen bringt, die für uns sehr interessant sind.

In einem ähnlichen thematischen Bereich liegt unsere Auseinandersetzung mit dem Thema der Sicherheitsverwahrung. Wir haben vor wenigen Tagen aus gegebenem Anlass die Justizvollzugsanstalt in Diez besucht; denn im Petitionsausschuss haben sich Eingaben von Sicherungsverwahrten gehäuft.

Wir haben uns die Situation klar gemacht, die entsprechenden Eingaben daraufhin in der Strafvollzugskommission besprochen und Diez besucht.

Der Hintergrund ist, dass wir in Rheinland-Pfalz bis vor kurzer Zeit keine eigene Einrichtung für Sicherheitsverwahrte hatten. Diese waren in Nordrhein-Westfalen untergebracht. Mittlerweile sind diese Sicherungsverwahrten übergangsweise in Diez in einer Abteilung der Strafvollzugsanstalt untergebracht.

Die Einrichtungen für Sicherungsverwahrung müssen sich zumindest in einigen Bereichen an anderen Dingen orientieren. Eine entsprechende Lösung ist der Neubau in Wittlich, den wir auch besuchen konnten, der sehr eindrucksvoll zeigt, wie Entwicklungen vorangehen.

An dieser Stelle bedanke ich mich im Namen des Ausschusses und der Kommission, sowohl bei Herrn Mertin und Frau Lejeune, die bis zum Ende der letzten Wahlperiode die Verantwortung im Ministerium getragen haben, als auch bei Herrn Minister Bamberger und Frau Staatssekretärin Reich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Das gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums und vor allem der Justizvollzugsanstalten, die ihre verantwortungsvolle Arbeit in einem schwierigen Sektor unserer Gesellschaft leisten und dafür unsere volle Anerkennung verdienen.

(Beifall im Hause)

Damit möchte ich meinen Bericht beschließen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und FDP)

In der Aussprache zu diesem Bericht hat zunächst Herr Kollege Ernst das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich in die inhaltliche Bewertung des Berichtes einsteige, möchte ich zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Büro des Bürgerbeauftragten für ihre engagierte Arbeit danken.

Die Damen und Herren machen in der Tat keinen einfachen Job, zumal in diesen Zeiten, in denen die Fluktuation im Personalbereich die Bearbeitung der vielen Fälle nicht einfacher machte. Die wenigen Fälle, die den Mitgliedern des Ausschusses in den ersten Sitzungen dieses Jahres vorlagen, haben dieses Dilemma aufgezeigt.

Nun zu den Inhalten: Die Neueingaben haben im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Das darf uns nicht freuen. Im Gegenteil, je weniger Petenten sich an den Bürgerbeauftragten wenden, umso zufriedener sind die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, so müsste jedenfalls die Rechnung lauten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kein Grund zur Freude ist auch die Hartnäckigkeit, mit der der Bürgerbeauftragte sich gegen wohlgemeinte Kritik am Auf

bau des Berichtes resistent zeigt. So ist es wie immer ein hartes Brot für jeden, sich durch diesen Bericht zu arbeiten, ja zu quälen.

Meine Damen und Herren, das beginnt wie immer beim Inhaltsverzeichnis. Wieder werden Inhalte angekündigt, die es dann im Text nicht gibt. Ich habe den Verdacht, dass die Gliederung des Vorjahresberichtes einfach kopiert wird.

Es dient auch nicht der Übersichtlichkeit, dass schon von Beginn an im Bericht Einzelfälle vorgestellt werden, allerdings verpackt in den Berichten zu den entsprechenden Tätigkeitsbereichen.

Sie sind vergleichbar mit der Anzahl der unter Punkt 4 aufgeführten Einzelbeispiele.

Allerdings – wir haben das in den vergangenen Berichten immer angemahnt – ist im aktuellen Bericht erstmals die Zahl der Ausländerbeispiele ganz erheblich zurückgegangen. Auch die Beispiele aus dem Bereich des Strafvollzugs sind mit fünf Fällen in den einstelligen Prozentbereich gesunken. Sie entsprechen somit auch dem tatsächlichen Anteil.

Wie im Vorjahr haben sich auch 2006 die Insassen von Haftanstalten durch eifriges Schreiben hervorgetan. So haben 17 Insassen einer Jugendstrafanstalt begehrt, dass sie einen russischen Fernsehkanal empfangen können. Wir erfahren weiter, dass das Ministerium der Justiz – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – „eine Lösung in Aussicht gestellt hat, die den Interessen des betroffenen Personenkreises weitgehend gerecht wird“.

Meine Damen und Herren, ich persönlich und meine Fraktion empfinden es als befremdend, wenn straffällige junge Aussiedler, statt im Vollzug endlich die deutsche Sprache zu lernen, ihre Langeweile mit russischer Fernsehunterhaltung verkürzen wollen, was der Bürgerbeauftragte und der Justizminister offenbar gutheißen und befördern wollen. Wenn Sie es nachlesen möchten, es befindet sich auf Seite 13 des Berichts.

(Beifall der CDU)

Zwar ist der Bericht von seinem Umfang her nicht weiter expandiert, aber ich erlaube mir die Bemerkung erneut: Wenn jemand den Bericht lesen soll – und diese Absicht vermute ich immer noch –, dann ist weniger mit Sicherheit mehr.

Da sie der Bürgerbeauftragte in seinem Bericht selbst anspricht, möchte ich auch an dieser Stelle Position zu seiner Werbung für die Initiative „Herzenssache“ von Südwestrundfunk und Saarländischem Rundfunk beziehen. Wie sicher bekannt ist, wirbt der Bürgerbeauftragte bei Sprechtagen durch das Aufstellen einer Sammeldose oder das Aufhängen eines Plakates um Spenden. Auch in Briefen an die Petenten – der Bürgerbeauftragte spricht selbst von 2.500 Zetteln in der amtlichen Post – werden diese Personen um eine Spende gebeten.

Wenn Herr Galle die Initiative „Herzenssache“ unterstützen will, ist dagegen nichts zu sagen. Wenn er dazu aber das Amt des Bürgerbeauftragten benutzt, kann ein

mehr als falscher Eindruck entstehen. Sie und ich können sich sicherlich weitere Szenarien gut vorstellen; darauf möchte ich an dieser Stelle bewusst verzichten. Der Hinweis in der Presse, er denke über intelligente Formulierungen für den beigelegten Werbezettel nach, geht an der Sache wohl komplett vorbei.

Werter Herr Bürgerbeauftragter, ich bitte Sie eindringlich, lassen Sie die Art dieser Werbung doch einfach bleiben. Meine Damen und Herren im Plenum, Sie erhalten doch auch in keinem Schreiben von Ministerien oder dem Landtag solche Spendenaufforderungen.

Meine Damen und Herren, mit einem Beigeschmack bleibt die Angelegenheit behaftet, weil der Bürgerbeauftragte mich in einem Schreiben bittet, ihm das Schreiben, das uns vorliegt, in Kopie zu überlassen, damit er es in seine weiteren Überlegungen einbeziehen kann. Dies tut er, obwohl 2.500 gleiche Werbezettel anderen Schreiben beigefügt wurden. Einen Monat später erhalte ich sogar eine weitere schriftliche Erinnerung des Bürgerbeauftragten, ihm das Schreiben zu überlassen. – Der Bürgerbeauftragte weiß offenbar nicht, dass die Verfassung jedem Abgeordneten ein absolutes Zeugnisverweigerungsrecht zubilligt, wenn sich ein Bürger an ihn wendet; denn nicht einmal ein Gericht kann verlangen, dass ein Abgeordneter Namen preisgibt, meine Damen und Herren. Der Bürgerbeauftragte will sich offensichtlich darüber hinwegsetzen.

Dies sage ich vor dem Hintergrund, dass wir im Innenausschuss eine Anhörung zum Thema „Sponsoring bei Bürgermeistern“ durchgeführt hatten und die Problematik ähnliche Strukturen aufweist. Damit erklärt sich auch die Sensibilität dieser Angelegenheit.

Die Bürgerinnen und Bürger, die sich an den Bürgerbeauftragten wenden und vertrauensvoll ihr Anliegen im Petitionsausschuss beraten lassen, sollen zukünftig ohne irritierende Nebengeräusche wieder ihre Probleme vortragen können. Der Ausschuss – diesen Eindruck kann ich für meine Fraktion an dieser Stelle festhalten – tut dies in einer vertrauensvollen und engagierten Weise, und genauso wollen wir die nächste Sitzung angehen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Winter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die Uhr möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich die zehnminütige Redezeit nicht voll ausnutzen werde.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit zwei oder drei Sätzen etwas zur Initiative „Herzenssache“ sagen. Ich darf mit Ihrem Einverständnis die „Rheinpfalz“ vom 14. Februar zitieren: „Galles Engagement für die Initiative ‚Herzenssache’ ist seit langem bekannt und war noch nie ein Stein des Anstoßes.“

Der Kommentator schreibt mit der Überschrift: „Fluch der guten Tat“: „Nein, diese Sache taugt nicht zum Skandal.“

(Beifall der SPD)

Ich zitiere des Weiteren mit Ihrem Einverständnis den Schirmherrn der „Herzenssache“, der sagt: Mit Ihren Spenden werden Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen verbessert. Unterstützen Sie die Herzenssache. – Dies sagte Professor Dr. h.c. Lothar Späth. Lassen Sie jeden dieser Sätze auf sich einwirken!

(Schweitzer, SPD: Sehr gut! – Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, gemäß § 7 des Landesgesetzes über den Bürgerbeauftragten liegt der Bericht vor. Er wurde dem Präsidenten des Landtags vorgelegt, und wir haben ihn als Drucksache erhalten. An dieser Stelle sei mir im Übrigen die Anmerkung erlaubt: Es ist der zwölfte Bericht von Ullrich Galle, und ich darf an dieser Stelle einige Anmerkungen zur erfolgreichen Arbeit des Bürgerbeauftragten und seines gesamten Büros, aber auch – wie Herr Kollege Ernst es ausdrückt – zu der Arbeit des Petitionsausschusses in seiner Gesamtheit machen.