Die Ganztagsschule in Rheinland-Pfalz gibt auch Antworten auf Hausaufgaben und Hausaufgabenbetreuung. Sie können nicht über eine Verdichtung des Unterrichts die Schulzeit verkürzen, wenn Sie den Schülern nicht die Möglichkeit geben, im Nachmittagsunterricht neue Arten von Aufgaben umzusetzen, damit sie eben nicht mehr mit der Belastung nach Hause gehen, dass sie noch Hausaufgaben machen müssen.
Dazu gehört eine vernünftige Rhythmisierung des Unterrichts über den ganzen Tag hinweg inklusive des Mittagessens. Das alles ist in unserem Konzept gelöst. Dazu haben Sie keine Antworten gegeben. Sie haben einfach nur gesagt: Streicht ein Jahr weg.
Weil wir wissen, dass es unterschiedliche Schülerinnen und Schüler gibt, gehen wir auch unterschiedliche Wege und bieten unterschiedliche Bildungswege an. Dazu gehört, dass wir das 15 Schulen in Rheinland-Pfalz anbieten werden. Es können auch 16 werden, das haben wir immer gesagt. Damit haben wir kein Problem. Aber wir lassen es auch zu, dass Schülerinnen und Schüler, die dieses Tempo vielleicht nicht gehen wollen und können, das Abitur weiterhin klassisch nach zwölfeinhalb Jahren in Rheinland-Pfalz machen können. Wir wollen nicht von oben herab bestimmen, was sie tun sollen. Wir wollen ihnen unterschiedliche Möglichkeiten anbieten.
Meine Damen und Herren, deswegen werden wir diesen Weg in Abstimmung gehen, und zwar so, wie wir sehr oft Reformwege in Rheinland-Pfalz gegangen sind, nämlich Schritt für Schritt.
Zum Abschluss darf ich Ihnen das Wort des Philologenverbandsvorsitzenden mit auf den Weg geben, der in der Anhörung gesagt hat: Wenn Ihr das umsetzt, geht langsam und behutsam vor, damit wir das in den Schulen auch umsetzen können. – Genau das werden wir tun.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich ein paar Anmerkungen zu dem machen, was bisher gesagt worden ist.
Ja, die Landesregierung geht mit der Lebenszeit junger Menschen sehr bewusst und sehr verantwortungsvoll um. Deswegen haben wir uns nie nur auf einen Weg kapriziert und gesagt, wir machen das zwölfjährige Abitur, und dann ist schon alles in Ordnung. Wir haben das vielmehr sehr viel differenzierter angelegt.
Wir haben heute verantwortbar, weil Eltern es wollen, bei 10 % eine vorzeitige Einschulung. In den letzten Jahren haben wir die Klassenwiederholungen reduziert. Wir haben differenzierte Wege eröffnet, auch schneller zum Abitur zu kommen. Das ist die richtige Antwort auf diese Herausforderungen. Ich bin durchaus froh, dass wir diese unterschiedlichen Wege haben, übrigens inklusive der Schulen für Hochbegabtenförderung.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Beilstein, ich habe in den letzten Debatten lernen müssen, Sie haben ein relativ einfaches Konzept. Sie sagen: alles einheitlich, alles gut. Die bildungswissenschaftliche Diskussion nach PISA geht völlig in die andere Richtung und sagt, differenzierte Angebote für die unterschiedlichen Schülerinnen und Schüler und individuelle Förderung sind der richtige Weg. Das ist der Weg, der zum Erfolg führt. Sie bleiben hinter diesen bildungspolitischen Anforderungen mit Ihrem Konzept weit zurück.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben sehr bewusst gesagt: Ja, wir wollen diese Schulzeitverkürzung in Form der Ganztagsschule.
Wir haben ein Zweites getan, wir haben nämlich gesagt, wir wollen sie nicht flächendeckend, sondern als Angebot Schritt für Schritt in Rheinland-Pfalz etablieren.
Frau Abgeordnete Beilstein, dann sagen Sie, die Anhörung wäre ganz anders gewesen, und zitieren als Kronzeugen den Elternverein. Sie erlauben es sich aber dabei, die offizielle Elternvertretung des Landeselternbeirates unerwähnt zu lassen, die dezidiert gesagt hat, er möchte es nicht flächendeckend. Das ist schon eine selektive Auswertung und Wahrnehmung einer Ausschussanhörung.
Wir haben eine gewählte Elternvertretung im Land, die dezidiert gesagt hat, sie möchte es nicht flächendeckend, sondern in der Form, wie wir es vorschlagen, und hat dies auch begrüßt.
Ich darf dann auch noch einmal kurz auf einen dritten Punkt hinweisen. Man muss nicht in überregionalen Zeitungen oder Regionalzeitungen bis auf die allerletzte Seite blättern, um zu sehen, wie die Diskussion momentan in anderen Bundesländern ist. Man findet das inzwischen auf Seite 3 oder 4 in halbseitigen Artikeln. Man kann es eigentlich überhaupt nicht übersehen. So könnte man es auch formulieren.
Im Moment habe ich überhaupt nicht den Eindruck, dass wir in den Ländern, in denen das flächendeckend auf
einen Schlag umgesetzt worden ist, gute Ergebnisse zu zeitigen haben. Ich zumindest lese nur über Probleme, die dort entstanden sind, bis hin dazu, dass sich inzwischen Elternvertretungen aus anderen Bundesländern an das hiesige Ministerium wenden und sagen: Bevor Sie sich auf den Weg machen, wollen wir Ihnen nur mitgeben, welche Probleme bei uns aufgetreten sind. Bitte berücksichtigen Sie das bei Ihrer Konzeption. – Daraus abzuleiten, dass das in anderen Ländern momentan sehr gut läuft und wir einen Wettbewerbsnachteil haben, empfinde ich schon als eine Verdrehung von Tatsachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Beilstein, zur Erläuterung möchte ich noch einmal sagen – dies soll dann schon mein letzter Punkt sein –, wie sich das mit den Klassen 5 bis 9 verhält. In diesem Hohen Hause haben wir mehrfach die Gelegenheit gehabt – zuletzt heute Mittag im Rahmen der Aktuellen Stunde –, über die Erhöhung der Stundentafel in der Orientierungsstufe zu sprechen. Diese greift zum Schuljahr 2008/2009 in den Klassenstufen 5 und 6 für alle Schularten, selbstverständlich dann auch für das Gymnasium. Sie hat aber mit der Frage der Verkürzung des Abiturs zunächst einmal nichts zu tun, weil wir diese Verdichtung tatsächlich in den Klassen 7 bis 9 und in der Oberstufe wollen.
Wir sagen, auch vor dem Hintergrund der Debatte, die wir heute Nachmittag haben, wollen wir doch jetzt nicht etwas machen, was die Durchlässigkeit im Bildungssystem noch reduzieren würde. Unser Ziel muss es sein, die Durchlässigkeit auszubauen. Deswegen haben wir uns für diesen Weg in der Orientierungsstufe entschieden. Deswegen gibt es da auch überhaupt keine Widersprüche in irgendwelchen Konzeptionen zu entdecken.
Last but not least möchte ich noch sagen, ich habe aus der bisherigen Debatte den Eindruck, es ist nicht so einfach, in der Bildungspolitik etwas auf den Weg zu bringen, bei dem man fast von allen Lob bekommt. Aber für dieses sorgfältige und differenzierte Konzept, das die Schülerinnen und Schüler und die Situation der Eltern berücksichtigt, haben wir in den letzten Debatten viel Lob bekommen. Ich bin mir auch ganz sicher, dass die Schulen in Rheinland-Pfalz das gut umsetzen werden.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen dann zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU, Einführung des Gymnasiums in achtjähriger Form – Drucksache 15/60 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag der Fraktion der CDU ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU und der FDP abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der FDP, Abitur nach zwölf Jahren
Weiterentwicklung und Stärkung rheinland-pfälzischer Gymnasien – Drucksache 15/79 –. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der FDP und der CDU abgelehnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe Punkt 9 und Punkt 10 der Tagesordnung gemeinsam auf:
Zukunft der Hauptschulen – Perspektiven für junge Menschen Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/780 –
Sofortprogramm für die Hauptschulen in RheinlandPfalz ab dem Schuljahr 2007/2008 Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/864 –
Es ist eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart worden. Ich erteile Frau Abgeordneter Morsblech das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben mehr oder weniger eine Wiederholungssendung. Deshalb versuche ich, es relativ knapp zu machen.
Die Debatte um die Zukunft der Hauptschulen haben wir in Teilen bereits heute Vormittag geführt. Nach wie vor ist deutlich geworden, dass die Diskussion leider hauptsächlich vor dem Hintergrund zurückgehender Schülerzahlen an den Hauptschulen in Form einer Strukturdebatte geführt wird, die die eigentlich betroffene Schülerschaft außen vor lässt und an den Rand der Diskussion stellt.
Klar ist, dass in den vergangenen Jahren deutlich geworden ist, dass ein Aktionsprogramm, das hauptsächlich mit einem riesigen Engagement von Lehrerinnen und Lehrern getragen wird, die neben ihrem eigentlichen Unterrichtsdeputat auch oft noch eine umfangreiche Berufsvorbereitung vorhalten, die Ganztagsschule in Angebotsform und viele Einzelmaßnahmen keine wirklich gesicherten Zukunftsperspektiven für die Hauptschülerinnen und -schüler in unserem Land schaffen konnten.
Deswegen brauchen wir eine Reform des Bildungsgangs Hauptschule, der die Bedürfnisse der Schülerschaft in den Blick nimmt, sich an der Lebenssituation der jungen Menschen orientiert und ihnen Perspektiven für einen wertigen Schulabschluss und eine anschließende Be
Mit der reinen Abschaffung des Türschilds „Hauptschule“ wird es nicht getan sein. Die FPD-Landtagsfraktion hat sich eingehend mit der derzeitigen Situation im Bildungsgang Hauptschule beschäftigt, Experten angehört und Perspektiven für einen zukunftsfähigen Bildungsgang entwickelt, der Ihnen in einem Antrag vorliegt.
Auf dieser Basis diskutieren wir nicht nur heute, sondern haben auch im Bildungsausschuss eine schriftliche Anhörung zu unserem und dem Antrag der CDUFraktion auf ein Sofortprogramm für Hauptschulen durchgeführt, zu der sich zusammenfassend Folgendes sagen lässt: Im Bereich der anzuhörenden Experten teilten sich die Meinungen grundsätzlich in zwei Gruppen.
Die erste Gruppe bestand maßgeblich aus dem Verband für Bildung und Erziehung, der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, dem Landeselternbeirat und den Hauptpersonalräten der Hauptschulen. Diese Gruppe möchte zunächst einmal die strukturelle Frage klären und dabei grundsätzlich das Bildungsangebot Hauptschule in der Form, wie es heute besteht, abschaffen.
All diejenigen, die die strukturelle Frage zunächst einmal als zweitrangig betrachtet oder bei den Überlegungen außen vor gelassen haben, darunter Professor Dr. Ludwig Duncker vom Institut für Schulpädagogik und Didaktik der Sozialwissenschaften der Universität Giessen, Josef Kraus, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands, aber auch die Abnehmer von Hauptschulabsolventen, wie die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer und die Landesvereinigung Unternehmerverbände, haben sich sehr deutlich dafür ausgesprochen, dass die Hauptschülerinnen und -schüler in unserem Land bessere Lernbedingungen als bisher vorfinden müssen, die Lehrerinnen und Lehrer im Hauptschulbildungsgang bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit benötigen und der Hauptschulbildungsgang im Rahmen eines neuen pädagogischen Konzepts auf der Grundlage der Lernbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler auf neue Füße gestellt werden muss.
Ich kann es nur noch einmal sehr deutlich wiederholen: Erst dann kann und wird es sinnvoll sein, über Strukturfragen und Türschilder, hinter denen der Bildungsgang Hauptschule angesiedelt sein kann, weiterzudiskutieren.
Die FDP setzt sich für einen abschlussbezogenen und durchlässigen Bildungsgang Hauptschule ein, der insbesondere die sozialen Kompetenzen, das eigenständige Lernen und Arbeiten der Schülerinnen und Schüler stärken muss, der ihnen eine besondere Förderung in den Kernkompetenzen Deutsch und Mathematik ermöglichen soll und in dem die Berufsvorbereitung als eigenständige Säule fest im Unterrichtsalltag verankert ist.
Wir wollen, dass gerade diejenigen, die sehr früh eine praktische Ausbildung antreten oder sich früh für eine anderweitige schulische Laufbahn entscheiden müssen, besonders intensiv hierauf vorbereitet werden, damit
diejenigen, die in ihren Elternhäusern besonderen sozialen Problemen ausgesetzt sind, besondere Unterstützung in der Schule erfahren.
Hierzu brauchen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen. Der Bildungsgang Hauptschule benötigt kleine Lerngruppen. Wir brauchen eine noch engere Kooperation mit den Eltern, Betrieben und dem wohnortnahen gesellschaftlichen Umfeld. Das kostet Zeit und Mühe. Der Bildungsgang Hauptschule braucht auch Möglichkeiten für eine besonders intensive individuelle Förderung. Deshalb hat sich die FDP-Landtagsfraktion dafür ausgesprochen, den Bildungsgang Hauptschule grundsätzlich als ganztagsschulischen Bildungsgang auszubauen.