Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Zu klären bleibt, ob auch der Wohngruppenvollzug tatsächlich auf die Bezifferung einer maximalen Gruppengröße verzichten kann. Wir werden auch noch über die Frage einer einheitlichen Anstaltskleidung diskutieren. Ebenfalls diskussions- und regelungsbedürftig ist die Frage der Ausgestaltung des gerichtlichen Rechtsschutzes. Das Bundesverfassungsgericht hat dies für den Jugendstrafvollzug eben auch in dem Gesetzentwurf, der zu verabschieden ist, angemahnt. Der Verzicht auf entsprechende Regelungen in dem Gesetzentwurf unter

Hinweis auf eine fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes scheint mir nicht ganz überzeugend zu sein; denn meines Erachtens gibt es auf jeden Fall eine Gesetzgebungskompetenz im Wege der Annexkompetenz.

Lobenswert sind zweifelsohne die ausführlichen Regelungen zum Datenschutz, allerdings fällt die Regelung über die Evaluation und die kriminologische Forschung denkbar knapp aus. Die Befragung von vier Experten durch die FDP-Landtagsfraktion hat ganz klar ergeben, dass gerade hierin der Schlüssel für die künftige Gestaltung des Jugendstrafvollzugs liegt. Wir können nicht auf die Einrichtung einer anonymisierten Datenbank über anstaltsspezifische Ausbildungsangebote, die Verweildauer der jugendlichen Strafgefangenen, Beratungsangebote, Therapiemaßnahmen und natürlich besonders die Rückfallquoten verzichten. Ich muss gestehen, es erscheint auch ein bisschen kurz gegriffen, nur darauf zu verweisen, es gibt eine kriminologische Forschung, die es schon richten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen also, der Gesetzentwurf wird uns noch ein wenig beschäftigen, bevor das Gesetz endgültig verabschiedet werden kann. Klar muss aber auch sein, dass es nicht nur bei dem Landesjugendstrafvollzugsgesetz bleiben kann, der Erwachsenenstrafvollzug verdient ebenso eine anschließende kritische Überprüfung.

Unverzichtbar ist auch eine gesetzliche Regelung der Untersuchungshaft. Sie ist ebenfalls eine freiheitsentziehende Maßnahme des Staates. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass bis zum Urteilsspruch die Unschuldsvermutung gilt, dann weiß man, dass hier ein Handeln des Landesgesetzgebers besonders dringlich ist. Gerade in diesem Bereich der Untersuchungshaft sollte der Landesgesetzgeber deutlich machen, dass wir alle handeln und regeln können, und zwar, bevor wir ausdrücklich dazu vom Bundesverfassungsgericht aufgefordert werden.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Vielen Dank.

Es wurde vereinbart, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht darüber Einverständnis? – Das ist der Fall.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1205 – Erste Beratung

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Grosse das Wort. Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herrn! Wir besprechen heute das erste Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch. Das klingt kompliziert, ist es übrigens auch, allerdings wird es dann schon leichter, wenn man es sich im Detail anschaut.

In Bezug auf die gesamte Hartz-Gesetzgebung ist zu sagen, dass wir, als wir alle das Landesgesetz im Dezember 2004 beschlossen hatten, dies unter der Maxime gemacht hatten, wenn es Änderungsbedarf geben sollte, werden wir das tun. Das ist jetzt eingetreten.

Ich darf noch einmal kurz etwas zur Historie sagen. Natürlich werden für die Aufwendungen, was die Kosten der Unterkunft angeht, vom Bund aus Mittel zur Verfügung gestellt, die den Mehrbelastungsausgleich der Landkreise und der kreisfreien Städte kompensieren sollen. Das wird wie bei der Gesetzgebung 2004 auch diesmal nicht ausreichend sein; so die Schätzung. Das heißt, hier wird sich nichts ändern. Das Land wird zusätzlich Landesmittel zur Verfügung stellen, damit die Entlastung der Kommunen bzw. der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende hergestellt werden kann.

Das ist Stand des alten Gesetzes. Es geht jetzt um die Mittel, die von den Ländern oder vom Land zur Verfügung gestellt werden. Hier bedarf es einer Änderung der Verteilung dieser Landesgelder, weil die derzeitige Mittelverteilung, die sich nur und ausschließlich an den kommunalen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft orientiert, nicht zielführend war, weil festgestellt worden ist, dass kein gerechter Ausgleich bei Landkreisen und kreisfreien Städten erzielt werden konnte. Nun wird das Gesetz in wesentlichen Teilen dahin gehend geändert durch den in § 4 eingefügten Absatz 3, der kurz gefasst Folgendes besagt: Die Höhe der monatlichen Ausgleichsleistung nach Absatz 2 Satz 2 wird aus den Ergebnissen – das ist besonders wichtig – der kommunalen Datenerhebung, also der KDE, des Vorjahres berechnet. Noch einmal wird in diesem Absatz 3 betont, Grundlage für die Festsetzung der Kosten sind die in der KDE ausgewiesenen Be- und Entlastungen der kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Meine Damen und Herren, es ist im Übrigen eine alte Forderung der Länderminister, dass die Kosten auf der Basis der kommunalen Datenerhebung berechnet werden. Ich darf dazu sagen, dass die SPDLandtagsfraktion die gesamte kommunale Familie, wenn ich das so nennen darf, zu einer Diskussion dieses Entwurfs eingeladen hatte. Die Vertreter und die Vertreterin – bis auf eine Dame waren es nur Herren – der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, nämlich die Vertreter des Landkreistages und des Städtetages, haben ganz eindeutig und unumwunden erklärt, dass genau diese Gesetzesänderung, wie wir sie jetzt vorlegen, in Ihrem Sinn ist und absolut und hundertprozentig so von Ihnen mitgetragen wird.

(Harald Schweitzer, SPD: Kluge Leute! – Pörksen, SPD: Da wäre ich vorsichtig, Herr Schweitzer!)

Herr Schweitzer sagt: „Kluge Leute“. Sehr wohl, sehr wahr. Landkreistag als auch Städtetag haben darum gebeten – das ist richtig, das finde ich auch –, dass nun ein schnelles Verfahren in Gang kommt, damit diese Veränderung der Ausgleichszahlung so schnell wie möglich stattfinden kann.

Der Gemeinde- und Städtebund hat – das sage ich auch ganz offen; das werden Sie auch wissen – Kritik angebracht. Das ist aber keine neue Kritik. Die kennen wir aus der Zeit, als wir das erste Landesausführungsgesetz beraten hatten. Da geht es um die 25 %ige Beteiligung an den Kosten für Heizung und Unterkunft. Dazu muss man aber auch wissen, dass das eine Sache zwischen den Verbandsgemeinden bzw. den verbandsfreien Gemeinden und den Kreisen ist.

(Harald Schweitzer, SPD: So ist es!)

Der Vertreter des Landkreistages hat dazu eine Anmerkung gemacht in Bezug auf die etwaige Festsetzung der 25%-igen Beteiligung der Verbandsgemeinden bzw. verbandsfreien Gemeinden im Gesetz, das sei für ihn unvorstellbar. Auch da hat er recht, es ist unvorstellbar, dass wir das gesetzlich regeln.

Im Übrigen möchte der Gemeinde- und Städtebund immer, dass so wenig wie möglich gesetzlich geregelt wird, es so wenig Gesetze wie möglich gibt. Das müssen dann – wie es bei uns im Kreis auch passiert – Kreise und Verbandsgemeinden unter sich aushandeln.

(Beifall bei der SPD)

Also ein gutes und unkompliziertes Gesetz, eine gute und unkomplizierte Änderung.

Zum Schluss lassen Sie mich noch etwas zur Bundesbeteiligung sagen.

Die Bundesbeteiligung wurde für die Jahre 2005/2006 auf jeweils 29,1 % festgelegt. Daran werden Sie sich hoffentlich erinnern. Revisionsberechnungen haben dann ergeben, dass insbesondere Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erheblich benachteiligt waren.

Nun ist das Gesetz auf Bundesebene im Dezember letzten Jahres geändert worden. Rheinland-Pfalz konnte eine Beteiligungsquote für die Zeit 2007 bis 2010 in Höhe von 41,2 % erzielen. Warum sage ich das? – Weil das mit außerordentlich großem Lob für unseren Finanzminister verbunden ist, der diese großen Ausgleichszahlungen des Bundes für Rheinland-Pfalz erwirken konnte.

Verehrter Herr Minister Deubel, ich danke Ihnen herzlich. Ich bin fest davon überzeugt, wenn Sie die Verhandlungen nicht geführt hätten, dann wäre das nicht so hoch ausgefallen.

(Beifall der SPD)

Im Übrigen – auch das darf ich anmerken – waren sich da wiederum die „Kommunalen“ wirklich einig, nämlich im Lob in Bezug auf den Minister, der diese 41,2 % aushandeln konnte. Da gab es keinen Dissens.

Meine Damen und Herren, die Änderung dieses Gesetzes ist konsequent und gut. Lassen Sie es uns schnell auf den Weg bringen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Ich erteile Herrn Kollegen Henter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ein kurzer Rückblick in die Historie: Im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung und im SGB II ist eine Bundesquote von 29,1 % vereinbart worden. Sie sollte dazu beitragen, dass eine Gesamtentlastung der kommunalen Ebene in Höhe von 2,5 Milliarden Euro stattfindet. Es hat sich dann gezeigt, dass diese Entlastung für das Jahr 2007 und die folgenden Jahre nicht erreichbar ist. Man hat diese Quote des Bundes dann in Verhandlungen auf 31,8 % mit der Sonderlösung für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit 41,2 % erhöht. Das ist ein Ergebnis, das sich für Rheinland-Pfalz durchaus sehen lassen kann.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Es geht jetzt um die aufwandsbezogene Verteilung dieser Bundesgelder, und es geht darum, dass wir eine möglichst gerechte Verteilung bei den Kommunen gewährleisten, immer vor dem Hintergrund des Ziels, dass bei der Einführung des SGB II eine Gesamtentlastung von 2,5 Milliarden Euro bundesweit erfolgen sollte.

Jetzt gibt es unterschiedliche Berechnungsmodelle. Nach der Verteilung der Bundesmittel gibt es Kommunen, die deutlich im Plus liegen, und es gibt Kommunen, die unterhalb der Nulllinie liegen. Das Land hat dann ein Instrumentarium, um das auszugleichen. Das ist das Wohngeld. Da muss man sich darüber verständigen, wie dieser Ausgleich erfolgen soll. Das erste Ziel ist auf jeden Fall, dass alle Kommunen über die Nulllinie gebracht werden, dass also keine Kommune mehr Verluste macht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es ist dann darüber zu sprechen, ob es einen gerechten Ausgleich dahin gehend geben kann, dass die Gelder einigermaßen gleichmäßig verteilt werden, oder ob es im System immanent ist, dass einige Kommungen stärkere Plusbeträge zugeteilt bekommen und andere gerade so oberhalb der Nulllinie verbleiben.

Der Gesetzentwurf, der uns vorliegt, ist eine Möglichkeit, diese Tatbestände zu regeln. Das gestehe ich ohne Weiteres zu. Man kann das so machen. Es gibt auch andere Denkmodelle. Das wissen Sie auch. Wir halten an dem Ziel fest, es muss eine breite Entlastung der

Kommunen und eine gerechte Verteilung der Gelder geben. Das sind die Ziele der CDU.

(Beifall der CDU)

Wir fordern in dem weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände: Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag und Städtetag.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Nach Anhörung dieser kommunalen Spitzenverbände werden wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren beraten und entscheiden, welchen Weg wir bereit sind mitzugehen.

Ich denke, nach dieser Beratung wird das Ergebnis sein oder muss es sein, dass wir im Land – – – Da bin ich ein bisschen anderer Meinung als meine Vorrednerin. Die Gemeinde kann man nicht gänzlich außen vorlassen; denn im Bereich der Landkreise ist es ein Finanzverbund zwischen Kreisen, Verbandsgemeinden und Gemeinden. Entweder bekommen wir eine Verteilung hin, oder es wird über die Kreisumlage mitfinanziert.

Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise stehen in einem engen Finanzverbund, das heißt, Auswirkungen sind immer untereinander vorhanden. Deshalb müssen wir versuchen, eine gerechte Lösung hinzubekommen. Deshalb beantragen wir die Anhörung im federführenden Sozialpolitischen Ausschuss in Verbindung mit dem Innenausschuss und würden dann nach dieser Anhörung unsere Entscheidung zu diesem Gesetzentwurf treffen.