Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

(Beifall der SPD)

Wir sind da auch nicht gläubig, aber man muss sagen, wenn ich klimaunschädlicher produzieren will, muss ich das auch auf diesem Sektor machen und kann nicht nur auf die Forschung setzen, sondern ich muss auch auf Forschung und Innovation setzen und das machen, was hier möglich ist. Das muss meiner Meinung nach doch ganz zentral gelten.

Im Wissen, dass Deutschland im weltweiten Kontext nur ca. 3 % der Emissionen produziert und deshalb Einsparungen hier weltweit nur sehr gering wirken, müssen wir in einem hoch industrialisierten Land unserer Verantwortung gerecht werden, indem wir Innovationen bei uns zu Hause umsetzen. Die Treppe kann man nur dort kehren, wo man wohnt und wo man arbeitet. Das ist hier. Deshalb muss das hier beispielhaft gelingen. Es kann beispielhaft gelingen, dass wir durch neue Technologien und durch größere Effizienz auch die Nase im weltweiten Wettbewerb vorne behalten können. Das ist die Chance, die im Klimawandel für Rheinland-Pfalz steckt. Deshalb ist es ein sehr kluges Ziel, energieeffizientestes Bundesland zu werden, Frau Ministerin.

(Beifall der SPD)

Deshalb geben wir auch ein Bekenntnis zu dezentralen Strukturen ab, die wir in Rheinland-Pfalz Gott sei Dank durch ein enges Netz von Stadtwerken, von kommunalen Versorgern haben, das sich weiterentwickeln lässt neben privaten Anbietern, die über Bioenergie, Biomasse, Windkraft und Solartechnik Energie in Netze einspeisen. Dezentral heißt weniger Abhängigkeit von ganz großen Versorgern, heißt Wertschöpfung im Land und heißt auch gleichzeitig eine günstigere Versorgung, wenn alle Anstrengungen zur Energieeinsparung parallel laufen. Das ist das Konzept der Landesregierung.

(Beifall der SPD)

Also, bevor Herr Kollege Langner nachher das noch vertieft, lassen Sie mich sagen: Wir werden die EnqueteKommission mittragen. Wir haben einen eigenen Antrag zur Ergänzung eingebracht, weil es in der Kürze der Zeit nicht möglich war, ausführliche Absprachen zu treffen. Ich meine, er enthält aber nichts Konträres, sondern diese Ergänzung kann man vornehmen. Wir werden mit daran arbeiten.

Ob Rheinland-Pfalz in ferner Zukunft mehr ein Land sein wird, zu dem man sagen muss „Feigen statt Fichten“, mag dahingestellt bleiben, aber eines sollten wir meiner Meinung nach mitnehmen: Lassen Sie uns Klimaschutz und Klimawandel als Chance begreifen, damit wir energiepolitisch unabhängiger werden und mit Innovation diese Herausforderung für unser Land meistern. Mit Fantasie, dem Mut der Menschen, die hier wohnen und der Energie, die sie haben, wird uns das gelingen. Die SPD steht dafür.

Frau Ministerin, vielen Dank für Ihre Regierungserklärung.

(Anhaltend Beifall der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße zunächst Senioren des SPD-Ortsvereins Simmertal und den ehemaligen Kollegen, meinen Freund und Staatssekretär a. D. Udo Reichenbecher. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Mertin.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über Regierungserklärungen debattieren – sei es die des Ministerpräsidenten oder die Rede zur Haushaltseinbringung –, handhaben wir das in der Regel so, dass wir sie vorher erhalten und einen Tag Pause einlegen. Ansonsten erhalten wir die Ausfertigung nach dem, was ich bisher erlebt habe, am Tag davor mittags.

Die heutige Regierungserklärung habe ich gestern auf Nachfrage erst nach 20:00 Uhr erhalten. Das bedaure ich außerordentlich, weil das eine intensive Auseinandersetzung damit bei der Vorbereitung nicht ermöglicht hat. Ich hoffe, dass dies nicht immer so sein wird.

Frau Staatsministerin Conrad, dadurch wurde ein Stück weit auch Ihre Absicht konterkariert, da ich Ihre Regierungserklärung nicht bei Tageslicht lesen konnte, sondern Energie aufwenden musste, um sie zur Kenntnis zu nehmen. Insofern ist das bedauerlich, aber ich will das jetzt nicht weiter vertiefen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Energiepolitik in Deutschland und in Rheinland-Pfalz muss aus der Sicht der FDP-Fraktion drei gleichrangigen Zielen genügen, nämlich dem Zieldreieck, auf der einen Seite Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit auf der anderen Seite und Wettbewerbsfähigkeit an der dritten Stelle.

Frau Staatsministerin, die von Ihnen vorgetragene angestrebte Effizienzsteigerung ist grundsätzlich geeignet, allen drei Zielen zu dienen. Die Versorgungssicherheit wird natürlich gewährleistet, wenn wir Ressourcen schonen. Sie verlängern einfach die Verfügbarkeit.

Die Umweltverträglichkeit ist natürlich gegeben, wenn wir weniger fossile Brennstoffe verwenden und damit weniger CO2 ausstoßen. Auch bei der Kernkraft werden dann weniger Endlagerprobleme auf uns zukommen. Bei nachwachsenden Rohstoffen verbrauchen wir weniger Flächen, wenn wir energieeffizient arbeiten.

Auch die Wettbewerbsfähigkeit wird gefördert, weil Energie, die nicht gekauft werden muss, natürlich den Geldbeutel des Verbrauchers schützt und schont, aber auch die Verbrauchs- und Produktionskosten senkt. Also ist es durchaus sinnvoll, die Energieeffizienz weiter zu steigern und in diesem Bereich Erfolge erzielen zu wollen.

Gleichwohl habe ich in Ihrer Rede – nach dem, was gestern in den Medien berichtet wurde, wäre durchaus Anlass gewesen, dazu einiges zu sagen – eine Auseinandersetzung mit dem Vorhaben der Großen Koalition und der dort niedergelegten Effizienzsteigerung um 3 % jährlich vermisst.

Sie wird strittig diskutiert und unterschiedlich eingeschätzt. Nicht nur Energieerzeuger und die Industrie halten dieses Ziel für unrealistisch, auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbarer Energie sagt

zum Beispiel: Das steht in der Vereinbarung nicht drin, wie man das machen sollte. – Das ist in der „WirtschaftsWoche“ nachzulesen. Zu anderen Vereinbarungen in diesem Zusammenhang sagt er, die Rahmendaten seien willkürlich gewählt und die Berechnungen ein Schnellschuss.

Vor diesem Hintergrund hätte ich mir einige Aussagen zu diesem Problemkreis gewünscht, weil sie letztlich Einfluss auf das haben, was Sie für das Land RheinlandPfalz vorgetragen haben; denn natürlich wirken sich diese Bedenken, die dort vorgetragen werden, unter Umständen auf das aus, was Sie heute vorgetragen haben, nämlich die Umsetzbarkeit im Land. Insofern hätte ich es für sinnvoll gehalten, wenn Sie hierzu etwas gesagt hätten.

(Beifall der FDP)

Ich hätte mir auch gewünscht, dass Sie einige Worte zur Kontroverse Gabriel/Hambrecht gesagt hätten. Ich meine, dieses wäre auch notwendig gewesen.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Ich habe nachgelesen, was Herr Hambrecht gesagt und Herrn Gabriel so in Rage gebracht hat. Er hat von Deindustrialisierung gesprochen und gesagt, wenn man bei einem Klimagipfel, wie er jetzt ansteht, den Eindruck habe, dass Argumente nicht gehört werden, müsse man überlegen, ob man noch hingehe. Auf Nachfragen, ob er das auch auf sich beziehe, hat er dieses bejaht.

Dieses dann mit dem Vorwurf, das sei Wirtschaftsstalinismus, zu konfrontieren, halte ich für vollends überzogen. Im Hinblick auf die Nachrichten, die ich gestern sehen konnte, kann ich nicht nachvollziehen, weshalb dies gerade der BASF und Herrn Hambrecht vorgeworfen wird.

(Beifall bei der FDP)

Wenn ich es richtig gesehen habe, hat gestern Frau Ministerin Schavan mit vier Unternehmen eine Forschungsförderungsinitiative vorgestellt, bei der unter anderem aus Rheinland-Pfalz die Firmen Schott und BASF mit zwei anderen Unternehmen 300 Millionen Euro jährlich in die Hand nehmen, um die Solarenergie zu erforschen.

Das halte ich für ein gutes und richtiges Ziel. Den Vorwurf an Herrn Hambrecht, er sei ein Manager von gestern, halte ich für deutlich überzogen.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, ein Gesprächsangebot einer Regierung nicht wahrzunehmen. An Herrn Hambrechts Stelle würde ich noch einmal darüber nachdenken. Daraus Wirtschaftsstalinismus vorzuwerfen, halte ich nicht für legitim. Nach unserer Verfassung ist es zulässig, ein Gespräch zu verweigern. Niemand ist bei uns gezwungen, mit irgendjemandem zu reden. Im Gegenteil, Stalinismus wäre es, wenn Herr

Gabriel Herrn Hambrecht zwingen wollte, mit ihm zu reden. Das kann wohl nicht sein.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, offensichtlich konnte Herr Gabriel, der für ein gewissermaßen flottes Mundwerk bekannt ist, dieses nicht halten. Das, was in Niedersachsen bei der Landtagswahl für ihn herauskam, hat ihn offensichtlich nicht eines Besseren belehrt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedauere, dass nicht nur der SPD-Bundesvorsitzende dabei ein Stück weit in Mitleidenschaft gezogen wird. Er ist auch der Ministerpräsident unseres Landes. Es wird auch der Standort Rheinland-Pfalz in Mitleidenschaft gezogen, wenn ein wichtiges Unternehmen unseres Landes in dieser Art und Weise vorgeführt wird.

(Beifall der FDP)

Lassen Sie mich einige Worte zum Ziel der Versorgungssicherheit anbringen. Vor einigen Jahren begannen die GRÜNEN und später auch andere, die Kernkraft zu bekämpfen und verwiesen insbesondere auf Öl, Kohle, Gas und erneuerbare Energien als mögliche Alternativen. Letzte Woche haben die GRÜNEN ein Umweltpapier vorgestellt, in dem Einsparungen und erneuerbare Energien und, wenn diese nicht reichten, Importe die Alternative sein sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit halte ich diese Vorschläge aus meiner Sicht – ich verwende einen Begriff des Kollegen Hartloff – eher aus dem Bereich des energiepolitischen Wolkenkuckuckheims; denn ich weiß nicht, ob die GRÜNEN wissen, dass wir bei Importen aus dem europäischen Ausland nicht vorschreiben können, dass diese nicht aus Kernkraft sind. Das ist in Europa nicht möglich. Von daher scheint mir das erheblich zu kurz gegriffen.

(Beifall der FDP)

Frau Staatsministerin, das, was Sie vorgestellt haben, ist aus meiner Sicht wesentlich realistischer. Sie machen deutlich, dass wir einen Energiemix aus erneuerbaren Energien benötigen, und zwar aus Strom, Wind, nachwachsenden Rohstoffen und vielem mehr.

Sie sagen aber selbst, dass die Versorgungssicherheit bei Öl und Gas trotz einer Männerfreundschaft Schröder/Putin – hier sind gewisse natürliche Grenzen gesetzt – nicht gewährleistet ist. Wir haben erlebt, was Gazprom bereit ist zu tun, nämlich den Hahn zuzudrehen. Sie haben zum Beispiel auf Befehl Druck ausgeübt, um bestimmte Felder aufzugeben. Zu den Möglichkeiten, dies gegebenenfalls durch Flüssiggas zu ersetzen, habe ich in Ihrer Erklärung nichts gefunden. Vielleicht wollten Sie es nicht weiter ausbreiten.

Vor diesem Hintergrund ist allerdings für die FDPFraktion nicht ganz nachvollziehbar, weshalb Sie auf die Option verzichten, gegebenenfalls durch Kernenergie und deren Verlängerung bei den Restlaufzeiten nicht

eine Möglichkeit der Überbrückung auf jeden Fall einmal vorzuhalten.

Es ist doch keineswegs gewährleistet, dass das, was Sie heute vorgetragen haben, nicht am Ende doch eine Überbrückung durch Kernkraft möglich machen muss, wenn es nämlich nicht gelingt, alle Ziele, die Sie dargestellt haben und die sich die Bundesregierung vorgenommen hat, zu erreichen. Die Verlängerung der Laufzeit zur Überbrückung so kategorisch abzulehnen, ist aus Sicht der FDP-Fraktion keine vernünftige Alternative. Deshalb meinen wir, dass insoweit als Option daran festgehalten werden muss.

(Beifall der FDP)

Wenn Sie – ich hatte fast den Eindruck – triumphierend als Begründung für den Ausstieg aus der Kernenergie feststellen, dass die Frage der Endlager noch nicht geklärt sei, gebe ich Ihnen recht. Das ist so. Diese ist nicht geklärt.

Das liegt in der Bundesrepublik Deutschland auch an der Politik. Ich erinnere mich, dass es Anweisungen der Bundesregierung an bestimmte Landesregierungen geben musste, damit etwas getan wird. Dann wurde jahrelang über diese Anweisungen prozessiert. Im Jahr 2000 wurde von Rot-Grün die Erkundung von Gorleben einfach für ein paar Jahre unterbrochen. Das heißt, wenn wir feststellen, dass die Frage der Endlager noch nicht geklärt ist, hat das viel mit der Politik in der Bundesrepublik Deutschland zu tun. Hier müssen wir uns schon an das eigene Portepee fassen.