Ich bedanke mich auch für die Signale der Gemeinsamkeit in einigen Bereichen von Herrn Kollegen Mertin, obwohl ich mich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass das alte Wort doch richtig ist, dass das Sein das Bewusstsein sehr stark prägt. An mancher Stelle hätte ich mich gern in die Situation versetzt, wenn Sie bei der gestrigen Beratung des Kabinetts über die Haushaltseckwerte noch am Tisch gesessen hätten und wie dann argumentiert worden wäre, lieber Herr Kollege Mertin. Ich erinnere mich dabei an die teilweise auch gerechtfertigten Einwände, dass nicht nur kein Hauch, sondern noch nicht einmal ein Ansatz von Beiträgen zur Konsolidierung des Haushalts aus Ihrer Sicht möglich war. So prägt das Sein das Bewusstsein.
Ganz vergessen werden wir das aber nicht. Sie wissen, dass wir alle gemeinsam sehr gut wissen und kennen, was wir in den vergangen 15 Jahren miteinander bewegt haben. Wir sollten uns da in den Erinnerungslücken, die wir uns zumuten, nicht überfordern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich auch bei Herrn Baldauf, obwohl ich mir schon gewünscht hätte, wenn Sie wenigstens einiges an Fassbarem, an Alternativen genannt hätten, lieber Herr Kollege Baldauf.
Sie waren in Ihrer Kritik mir gegenüber und gegenüber der Landesregierung sehr hart. Das ist Ihr gutes Recht. Darüber beschwere ich mich auch nicht. Erlauben Sie mir aber, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, dass ich unseren früheren Kollegen Hans Hermann Dieckvoß zitiere, der auf eine ähnliche Rede eines Ihrer Vorgänger einmal gesagt hat: „Wenn das eine Hoffnung war, möchte ich nicht wissen, was eine Verzweiflung ist.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will gern einige der gegebenen Anstöße in der Debatte aufnehmen. Es ist überhaupt keine Frage, dass wir uns in besonderer Weise – ich habe das meines Wissens gestern auch in der breitesten Passage meiner Regierungserklärung deutlich gemacht –, dass wir uns der wirtschaftlichen Entwicklung und der Arbeitsmarktentwicklung zuwenden müssen. Diese Regierung und die sie tragen
de Fraktion werden dafür stehen, dass wir dieses Thema nicht getrennt von der sozialen Dimens ion in unserer Gesellschaft und der ökologischen Verantwortung betrachten werden. Dabei wird es bleiben.
Es wird auch dabei bleiben, dass wir darauf fußend, dass bei einer sehr starken Betonung des Mittelstands und der Chancen, die in der Gründung neuer, gerade auch neuer dienstleistungs - und technologieorientierter Unternehmen stecken, eine Chance sehen, um Arbeitsplätze für die Menschen zu schaffen, die zum einen in der Zukunft und auch im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig sind und die zum anderen uns helfen, einen Teil dessen auszugleichen, was aufgrund der Rationalisierungserfolge insbesondere in der produzierenden Wirtschaft an Arbeitsplätzen nicht mehr zur Verfügung steht. Wir befinden uns auch im Bereich vieler Dienstleistungssektoren aufgrund der gegebenen technologischen Möglichkeiten in einer Rationalisierungswelle. Ich meine, dass darin durchaus eine gemeinsame Überzeugung steckt.
Darin steckt, dass Rheinland-Pfalz seinen Industrieunternehmen weiter gute Bedingungen bieten will. Darin steckt aber auch, dass wir insbesondere unser Handwerk als eine große Chance betrachten, um nicht nur selbstständige Existenzen auf der Breite aufgestellt zu haben, sondern auch um Dienstleistungen in der Fläche unseres Landes anbieten zu können. Darüber hinaus wissen wir, welcher Beitrag – das füge ich ausdrücklich hinzu – dort für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt geleistet wird.
Ich will erneut betonen, dass in Rheinland-Pfalz die Bereiche der Landwirtschaft und des Weinbaus immer zu den Säulen unserer Wirtschaft gehört haben und weiter gehören werden. Da sind für mich die Zahlen, wie sie das Statistische Landesamt gerade vorgelegt hat, nur selektiv zu sehen, wonach die Landwirtschaft noch 1,2 % zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt, weil die Gesamtwirkung auf den Tourismus und die Erhaltung unserer Kulturlandschaft sowie natürlich auf ein Stück ländlicher, guter und gewachsener Struktur, die auch ein Teil der Wurzeln unserer Gesellschaft insgesamt darstellt, aus dieser landwirtschaftlichen Herkunft rührt. Das alles wollen wir nicht verloren gehen lassen. Deshalb bleiben wir dabei, dass diese Säule unabhängig vom messbaren Beitrag am Bruttoinlandsprodukt wichtig ist und der Weinbau und andere Sonderkulturen noch einmal dazu beitragen, den besonderen Charakter dieses Landes herauszuheben, die ein Alleinstellungsmerkmal sind, wenn man das so sagen darf. Auch das ist die Wahrheit, und auch das wird unser politisches Handeln bestimmen.
Es ist richtig, dass dazu als vierte Säule in starkem Maße ein wachsender Dienstleistungssektor kommen muss. Wir haben Ansätze angesprochen, die es uns, so hoffe ich, ermöglichen, in Dienstleistungssektoren mit ordentlicher Arbeit, also nicht mit Grauzonen oder Schwarzarbeit, sondern mit ordentlicher Arbeit, neue Beschäftigungschancen für Menschen zu schaffen.
Dies gilt insbesondere für die Dienstleistung am Menschen, für die Mithilfe in einer Familie, für die Mithilfe über den Fachpflegebereich hinaus für die Pflege von
schwerstbehinderten Menschen und von alten Menschen, die der Betreuung bedürfen. Ich meine, da sind Chancen enthalten.
Herr Baldauf, deshalb halte ich Ihre Schlussfolgerung für unzutreffend, die Demografie werde zwar das Abrufen von hohen Qualifikationen, aber keine Lösung für eine Minderqualifikation mit sich bringen. Zum einen befassen wir uns damit und finden uns nicht damit ab, dass es eine so große Zahl von Minderqualifizierten gibt. Dazu haben wir Vorschläge vorgelegt, meine Damen und Herren.
Zum anderen müssen wir sehr sorgfältig die Worte der Qualifikation und der Wertigkeit, die damit verbunden ist, wägen; denn wenn wir damit anfangen, die Dienstleistung am Menschen auch durch unsere Wortwahl im Image noch geringer zu schätzen, als sie leider schon geschätzt wird, werden wir keine Menschen gewinnen, die dort hingehen. Das müssen wir ganz sorgfältig aufnehmen. (Beifall der SPD)
Deshalb bleibe ich dabei, dass sich der Respekt vor der Arbeit, unabhängig davon, welche Arbeit es ist, an der Qualität und am Einsatzwillen und nicht an der Art der Tätigkeit festmacht. Anderes drückt sich in Lohnstrukturen aus, aber nicht im Respekt, den wir Menschen für eine Tätigkeit entgegenbringen.
Wenn wir die Weichenstellungen vernünftig vornehmen, sehe ich durchaus eine Chance, dass wir das, was wir Vollbeschäftigung in einer mobilen Gesellschaft nennen, anstreben und auf der Zeitschiene erreichen können.
Meine Damen und Herren, wenn wir den Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz betrachten, ist es keine Selbstverständlichkeit und nicht nur ein Verdienst einer Regierung – das habe ich nie behauptet und werde ich nie behaupten –, sondern Gott sei Dank so, dass wir immer knapp hinter Bayern an drittgünstigster Stelle in dieser Republik stehen. Das ist eine fantastische Sache.
Wenn man aus den Arbeitsamtsbezirken die Effekte herausnimmt, die immer im Frühjahr zu verzeichnen sind, weil Leute Abitur gemacht haben, auf das Studium warten und sich arbeitslos melden, damit die Eltern das Kindergeld weiter bekommen – das ist völlig in Ordnung und nicht zu kritisieren –, gibt es welche, die nahe an der Vollbeschäftigung sind. Wir haben solche, die im Mai deutlich unter 6 % liegen. Wir haben in Rheinland-Pfalz keinen Arbeitsamtsbezirk mehr – auch nicht in Pirmasens und an der oberen Nahe –, der über 10 % liegt.
Ich finde, das kann uns Hoffnung machen. Das ist aber kein Grund, sich auszuruhen. Das ist auf keinen Fall eine Basis dafür, dass wir dieses Land nur in Moll-Tönen beschreiben oder düsteren Farben malen. Diesen Grund gibt es nicht. Es gibt aber wohl Gründe, sich weiterhin kraftvoll anzustrengen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass ich nicht das wiederholen muss, was ich gestern zur Förderung der Wirtschaft in großer Breite und in großem Bewusstsein gesagt habe. Ich stimme zu, dass wir uns die neu gegründeten Unternehmen sehr sorgfältig anschauen müssen, und zwar nicht nur bei der Gründung, sondern auch bei der zweiten und dritten Investitionsschwelle, wo es oft noch schwieriger als bei der Gründung ist, weil durchaus Risikokapital zur Verfügung steht, aber dann oft Liquiditätsprobleme der Unternehmen vorhanden sind.
Wenn diese schnell wachsen, wächst die Bereitschaft der Banken, die Liquidität zur Verfügung zu stellen, nicht immer mit. Das ist ein richtiges Problem. Dem wollen und haben wir uns bereits über die Investitions - und Strukturbank zugewendet, indem wir solche Liquiditätsabsicherungen vornehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, wir haben doch unseren Beitrag in Rheinland-Pfalz weiß Gott dazu geleistet, dass wir eine gegliederte Bankenlandschaft behalten und die Mittelständler und die Bürger nicht nur auf die Geschäftsbanken, die nicht immer die feinsten Methoden angewandt haben, angewiesen sind.
Jetzt scheint man sich wieder darauf zu besinnen, dass der Mittelstand doch ein interessantes Geschäft ist. Eine Zeit lang war es anders. Mir haben Mittelständler in meiner Sonntagssprechstunde Folgendes erzählt: „Sie glauben es nicht. Mein Vater tätigt schon seit 25 Jahren mit dieser Bank seine Geldgeschäfte. Jetzt kam jemand Neues, der mich wie den letzten Dreck behandelt hat.“ – Ich sage nicht, die Geschäftsbanken sind so. Es hat aber solche Beispiele gegeben.
Deshalb haben wir alles in unserer Kraft Stehende dafür getan, dass neben den Genossenschaftsbanken, die einen wichtigen Beitrag leisten und ihre Wurzeln in Rheinland-Pfalz, nämlich im Norden uns eres Landes im Westerwald, haben, auch zukünftig die Sparkassenlandschaft besteht.
Mit unserem Sparkassengesetz, aber auch mit der Positionierung unserer Landesbank haben wir zu einer Zeit Weichen gestellt, als wir noch gute Ergebnisse erzielen konnten. Ich bin sicher, es gibt eine Reihe Länder – ich will sie jetzt nicht nennen – und auch solche, die nicht weit weg sind, die froh wären, wenn sie mit ihrer Landesbank so aufgestellt wären, wie es Rheinland-Pfalz ist. Das wiederum ist eine entscheidende Basis dafür, dass unsere Sparkassen handlungsfähig bleiben.
Lieber Herr Dr. Rosenbauer, es mag sein, dass Sie das nicht interessiert. Mich interessiert es. Das ist ein entscheidender Punkt.
Lieber Herr Baldauf, wenn Sie über diese Dinge in allgemeiner Form reden, müssen Sie hinnehmen, dass
man Ihnen die Zusammenhänge, wie sie in RheinlandPfalz sind, in Erinnerung ruft, wenn Sie sie aus der Erinnerung verloren haben sollten.
Das Leben ist konkret und nicht voller Blumen und Wolken, wie sie heute Morgen von Herrn Baldauf in die Welt gesetzt worden sind. Ich sage Ihnen, damit kann man keine Politik machen. Damit kommen Sie keinen Millimeter weiter.
Seien Sie nur aufgeregt. Ich wäre es auch, wenn ich in Ihrer Situation wäre. Das können Sie mir glauben.
Lassen Sie mich zu dieser Wirtschaftsbetrachtung noch einen Punkt von dem aufnehmen, was Herr Mertin hinsichtlich der Ausstattung des Wirtschaftsministeriums gesagt hat. Hier sind wir unterschiedlicher Auffassungen. Für die Regelung von Problemen ist es keine elementare Frage, aber vielleicht für den, der einmal Staatssekretär war und gern mitgeredet hätte. Das mag sein.
Sie wissen, dass ich, als wir die ISB gegründet haben, noch Fraktionsvorsitzender war. Ich sage Ihnen jetzt zu dem, was wir gemacht haben, meine Position. Das sage ich nicht vorwurfsvoll. Das hat bisher Gott sei Dank auch gut funktioniert.
Es ist eines meiner Prinzipien – daran werde ich festhalten –, dass es dort, wo über Finanzressourcen verfügt wird, die sich zu einem großen Teil am Markt refinanzieren müssen, gut ist, wenn der „Bestellende“, das Wirtschaftsressort, und derjenige, der die banküblichen Verantwortlichkeiten in der Hand hat, ohne die Ressortzuständigkeiten hinsichtlich der inhaltlichen Anwendungen infrage zu stellen, von einem anderen Augenpaar mit überwacht wird. Das ist der einzige Punkt an dieser Stelle.
Es ist nicht wahr, dass es bisher schon der Fall war. Das Finanzministerium war beteiligt, weil es im Bürgschaftsgeschäft auch zuständig war.
Lieber Herr Eymael, ich bin schon so lange da, dass Sie mich nicht belehren müssen, wie die Dinge zusammenhängen.