Es sollte immer so sein, dass die Aufgabe von denen übernommen wird, die auch über das Geld verfügen. Anders ausgedrückt: Das Geld muss der Aufgabe folgen.– Hier ist es aber nicht so geschehen, Herr Kollege Hartloff. (Beifall der FDP)
Es ist nicht geschehen, weil die originären Einnahmequellen nicht beim Land sind. Wir hängen weiterhin am Tropf des Bundes und erleben jetzt, was 170 Millionen Euro weniger in den nächsten Jahren bedeuten. Das geht zulasten des Landeshaushalts, zulasten unserer Entwicklungsmöglichkeiten. Deswegen halten wir es für wichtig, bei den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern verstärkt nachzudenken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Zusammenhang kann die Pendlerpauschale nicht unerwähnt bleiben.
Wenn die Mehrwertsteuer und die Versicherungssteuer erhöht werden, ein Gesundheitssoli ins Gespräch gebracht wird, dann ist die Pendlerpauschale, wenn sie gekürzt wird, für die Pendler in unserem Land eine weitere zusätzliche Belastung.
Wir lassen gern mit uns über die Pendlerpauschale reden. Aber dann muss es anderswo Entlastungen geben, aber nicht Belastung, Belastung und Belastung addieren und dann auch noch die Pendlerpauschale obendrauf packen. Das kann nicht im Sinn der Bürger unseres Landes Rheinland-Pfalz sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben mit Interesse gelesen und auch von Ihnen gehört – Herr Ministerpräsident, da sind wir durchaus aufgeschlossen –, dass Sie einen Landebetrieb Mobilität planen. Darüber kann man durchaus nachdenken. Wenn ich aber dann lese, dass die Zweckverbände für den Schienenpersonennahverkehr Süd und Nord davon unangetastet bleiben sollen und Synergieeffekte der Grund für einen solchen Landesbetrieb Mobilität sind, frage ich mich, ob nicht zusätzliche Synergieeffekte verspielt werden, wenn diese beiden Zweckverbände in die Betrachtung nicht mit einbezogen werden.
In unserer Betrachtung sind wir da nicht abschließend festgelegt. Das wollen wir genauer überlegen. Aber aus unserer Sicht wäre es hier zielführend, darüber nachzudenken, ob nicht zusätzliche Synergieeffekte dann auch mit der Einbeziehung dieser Zweckverbände erreicht werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in der Regierungserklärung auf Seite 6 auch gelesen, dass die Selbstständigkeit gefördert werden soll, Selbstständigkeit erwünscht ist. Das sehen wir aus Sicht der FDP genauso. Wir haben nur die Sorge, dass die bisherigen Förderinstrumentarien vielleicht nicht mehr in dem Umfang zur Verfügung stehen werden wie bisher; denn wenn die ISB beim Finanzminister angesiedelt wird, kann sie auch für andere Finanzierungszwecke verwendet werden als bloß für Strukturinvestitionen, wie wir es uns eigentlich wünschten, sodass von daher gegebenenfalls weniger Mittel zur Verfügung stehen.
Ich meine, eine gewisse Beschränkung einer Äußerung des Kollegen, Herrn Staatsminister Hering, zu entnehmen, der von einer Konzentration der Mittel sprach, und zwar von einer Konzentration der Mittel auf Existenzgründer über 50 und Migranten der zweiten und dritten Generation.
Ich habe überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie diese Personengruppen fördern wollen. Wenn Sie aber die Mittel an dieser Stelle konzentrieren, wünsche ich mir, dass andere Existenzgründer weiterhin genauso wie bisher gefördert werden. Wir benötigen nämlich die Arbeitsplätze, die alle Existenzgründer schaffen. Konzentration wirkt ein Stück weit so, als ob Sie einschränken wollen. Das werden wir genau beobachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu einigen Bereichen kommen, bei denen die Unterschiede zur bisherigen Regierungspolitik – jedenfalls nach dem, was sich aus der Regierungserklärung ergibt – nicht in dem Maß auseinander gehen werden wie von mir dargestellt. Wir stimmen darin überein, dass eine Mindestausstattung der Polizei mit 9.000 Polizeibeamtinnen und -beamten gewährleistet werden muss. Wir hoffen, dass die von Ihnen genannten Zahlen berücksichtigen, dass ab dem Jahr 2010 eine Pensionierungswelle eintritt und diese Pensionierungswelle jetzt schon oder demnächst mit einer entsprechenden Ausbildung von Nachwuchskräften vorbereitet werden muss. Ich habe auf die Schnelle die Zahlen nicht überprüfen können.
Ich hoffe aber, dass diese Pensionierungswelle bei den von Ihnen genannten Zahlen Berücksichtigung findet, sodass weiterhin eine gute Ausstattung der Polizei und der Justiz gewährleistet werden kann.
Herr Kollege Baldauf, wir haben uns im Wahlkampf häufig über die Sicherheitslage gestritten. So dramatisch, wie Sie die Sicherheitslage in Rheinland-Pfalz dargestellt haben, ist sie nicht. Die Zahlen sprechen dagegen. Die Aufklärungsquote ist im bundesweiten Vergleich sehr hoch. Es ist im Übrigen vollkommen klar, dass sich die Kriminalitätsraten im Land bei zunehmender Bevölkerung verändern. Einen bundesweiten Ver
gleich müssen wir deshalb aber nicht scheuen. Deshalb sollte man diesen Gaul nicht auch noch zu Tode reiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines vermisse ich im Innenbereich. Vielleicht ist das aber nur der Kürze der Zeit geschuldet. Nachdem wir gemeinsam das Polizeigesetz novelliert haben, hat das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich zwei Entscheidungen getroffen, die sich sehr wohl auf dieses Gesetz auswirken. Es handelt sich um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts betreffend den Großen Lauschangriff und um den Beschluss betreffend die Rasterfahndung. Beide machen es aus meiner Sicht und aus Sicht der FDPFraktion notwendig, das Polizeigesetz entsprechend anzupassen, wobei wir nicht über das hinausgehen wollen, was das Bundesverfassungsgericht uns vorgibt. Wir wollen aber, dass das, was das Bundesverfassungsgericht vorgibt, auch umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang sind wir anderer Meinung als beispielsweise der Kollege Hörter, der dazu aufgefordert hat, dies mehr oder minder nicht zu beachten.
Hinsichtlich der Rasterfahndung ist zum Beispiel von Herrn Beckstein gesagt worden, dass dies der falsche Schritt sei und damit der Polizei jegliche Möglichkeit genommen werde, präventiv tätig zu werden. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt – was immer unstreitig war –, dass Polizeirecht nur bei konkreter Gefahr greifen soll. Alles andere ist nicht Sache der Polizei. Auch das hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Für alles andere, was weiter im Vorfeld steht, haben wir Geheimdienste. Wenn der Bundesnachrichtendienst sich mehr damit beschäftigen würde, als Journalisten auszuspionieren, hätten wir in dieser Hinsicht eine bessere Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nachdem unstreitig sein dürfte, dass Deutschland inzwischen ein Zuwandererland geworden ist, ist Integration eine wichtige Aufgabe, die im Bildungsbereich, im Vorschulbereich, aber auch gesamtgesellschaftlich angegangen werden muss. Ich stimme den Beschlüssen der Innenministerkonferenz ausdrücklich zu, dass derjenige, der Deutscher werden will, ausreichende deutsche Sprachkenntnisse haben und sich auch zu uns eren verfassungsrechtlichen Grundlagen bekennen muss. Das steht für mich außer Zweifel. Ich denke, das wird von allen so unterstützt.
Natürlich akzeptieren wir nicht, dass Ehrenmorde begangen werden. Ich finde allein den Begriff schon unpassend. Das hat mit Ehre nichts zu tun. Das hat mit Angstmachen und Unterdrückung zu tun. Das sind Unterdrückungsmorde. Wir sollten uns diesen Begriff nicht aufschwatzen lassen, weil er verniedlichend ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hinsichtlich der Integration müssen wir auch als Gesellschaft insgesamt nachdenken. Wir fordern von demjenigen, der sich bei uns einbürgern will, dass er sich zu unserer Gesellschaft
bekennt. Wissen wir aber eigentlich so genau, wie wir uns als Gesellschaft definieren? Wie sieht es denn aus, wenn jemand sagt „Ich bin gern Deutscher, ich lebe gern in Deutschland, ich liebe mein Vaterland, und ich will meinen Nationalfeiertag feiern“? – Was muss derjenige sich manchmal in unserer Gesellschaft dazu sagen lassen?
Wir müssen definieren, was wir von unserem Land halten und wie wir dazu stehen. Erst wenn wir das richtig definiert haben, können wir von anderen abverlangen, wozu sie sich bekennen sollen. Das ist eine wichtige Aufgabe, die wir noch nicht gelöst haben, die wir gemeinsam angehen müssen.
Ich bin gegen die nazistischen Umtriebe, die unterwegs sind. Ich weigere mich aber, diesen Kreisen das Monopol dafür zu überlassen, sich zu diesem Land bekennen zu dürfen. Das sollten wir nicht zulassen. Wir sollten es unserer Jugend ermöglichen, sich zu diesem Land zu bekennen. Sonst können wir diese Kreise nicht erfolgreich bekämpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Insoweit gehen wir davon aus, dass wir uns darüber klar werden müssen, wozu sich die Zuwanderer bekennen sollen. Wir selbst müssen mit uns ins Reine kommen. Wir selbst müssen auch mit Kindern dieser Zuwanderer anders umgehen. Ich habe das einmal in einer Diskussionsrunde im Fernsehen erwähnt, an der ich gemeinsam mit Herrn Kollegen Bruch teilgenommen habe.
Ich fuhr einmal abends nach Hause, und der Sportreporter im Radio sagte, dass es doch misslich sei, dass einige türkische Spieler, die in Deutschland aufgewachsen sind, für die türkische Nationalmannschaft spielen, aber nicht für die deutsche Nationalmannschaft. Wenn man einem türkischen Kind immer sagt, seine Eltern seien Türken und er sei auch Türke, dann wird er, wenn er 18 Jahre als ist, für die Türkei spielen. Wenn Sie diesem jungen Menschen aber sagen, seine Eltern seien Türken, Kroaten oder was auch immer, er sei aber in Deutschland geboren, er wachse hier auf und sei einer von uns, dann spielt er vielleicht für die Bundesrepublik Deutschland. Diese Haltung müssen wir ändern.
Sie müssen das ändern, Frau Kollegin. Sie müssen diese Kinder in diese Gesellschaft mit einbeziehen. Sie müssen ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie dazu gehören. Integration ist keine Einbahnstraße. Auch wir müssen unseren Beitrag dazu leisten. Dazu fordere ich Sie herzlich auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende kommen. Ich weiß nicht, wie die Föderalismuskommission letztlich entscheiden wird. Zu dem
früher von mir vertretenen Geschäftsbereich noch einige Sätze. Es wird darüber diskutiert, dass die Länder für den Strafvollzug zuständig sein sollen. Ich vermag nicht zu sagen, ob es dabei bleiben wird oder nicht. Ich kann nur für die FDP-Fraktion erklären: Sollte es so kommen, dann wird die FDP-Fraktion die Landesregierung dabei unterstützen, wenn sie an der bisherigen Strafvollzugspolitik festhält, die unter anderem die Resozialisierung in den Vordergrund der Bemühungen stellt; denn nur das ist eine wirksame Strafvollzugspolitik, nur das ist praktizierter Opferschutz. Das wird sehr häufig falsch dargestellt. Nur dann, wenn ich den Straftäter erfolgreich resozialisiere, bin ich mir sicher, dass er zukünftig keine Straftaten mehr begeht. Das ist praktizierter Opferschutz. Wenn das in Rheinland-Pfalz gesetzestechnisch umzusetzen ist, haben Sie unsere Unterstützung in diese Richtung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend festhalten, dass wir durchaus mit einigen Sorgen nach dieser Regierungserklärung in die nächsten Jahre gehen. Wir stellen fest, dass die Haushaltskonsolidierung nicht mehr in den Vordergrund der Politik gerückt worden ist. Stattdessen ist ein Stück weit das Füllhorn ausgepackt worden. Das ist ein Politikansatz, den wir so nicht mittragen können.
Wir werden das kritisch weiterverfolgen. Ich habe schon zum Ausdruck gebracht, dass wir mit Sorge sehen, dass das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau durch die Veränderungen die Fähigkeiten verliert, weiter als Strukturministerium zu wirken, wodurch Rheinland-Pfalz erst zum Aufsteigerland wurde. Auch das wollen wir in den nächsten Wochen und Monaten weiter kritisch begleiten.
Wir haben durchaus auch die Sorge – jedenfalls nach den Ausführungen, so wie sie gemacht worden sind –, dass die Lasten nicht immer gerecht verteilt werden. Ich denke dabei an die Einschnitte bei den Beamten, die aus meiner Sicht etwas einseitig wirken.
Wir meinen auch, dass nicht alle Chancen zum Beispiel im Rahmen der Studienfinanzierung genutzt werden. Wir meinen, dass die Nutzung dieser Chancen dazu dienen könnte, Spaltungen und Ungleichgewichte, die in der Gesellschaft bestehen, abzubauen. Wir wünschen uns, dass diese Chancen genutzt werden. An vielen Stellen geschieht dies aus unserer Sicht leider nicht. Wir wollen das aber weiter kritisch und konstruktiv begleiten.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich bedanke mich zunächst bei den Rednern des
heutigen Vormittags herzlich für den Meinungsaustausch und dafür, dass es bei allen Passagen gab, die Gemeinsamkeiten signalisiert haben. Ich bedanke mich herzlich bei meinem Fraktionsvorsitzenden, wenn ich das so formulieren darf – bei Herrn Hartloff –, für die Unterstützung der Politik, die die Landesregierung vorgeschlagen hat. Ich bin mir sicher, dass wir in einem konstruktiven Miteinander und auch in der Offenheit, die die parlamentarische Debatte mit sich bringen muss, die Ziele umsetzen werden, die wir uns vorgenommen haben.
Ich bedanke mich auch für die Signale der Gemeinsamkeit in einigen Bereichen von Herrn Kollegen Mertin, obwohl ich mich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass das alte Wort doch richtig ist, dass das Sein das Bewusstsein sehr stark prägt. An mancher Stelle hätte ich mich gern in die Situation versetzt, wenn Sie bei der gestrigen Beratung des Kabinetts über die Haushaltseckwerte noch am Tisch gesessen hätten und wie dann argumentiert worden wäre, lieber Herr Kollege Mertin. Ich erinnere mich dabei an die teilweise auch gerechtfertigten Einwände, dass nicht nur kein Hauch, sondern noch nicht einmal ein Ansatz von Beiträgen zur Konsolidierung des Haushalts aus Ihrer Sicht möglich war. So prägt das Sein das Bewusstsein.