Protokoll der Sitzung vom 26.09.2007

Warum sagen Sie nicht klipp und klar, was Sie wirklich wollen? Sagen Sie doch, die FDP wolle die hundertprozentige Privatisierung der Bahn AG. Das ist doch Ihr Ziel. Sagen Sie es bitte hier. Über die Auswirkungen werden wir uns dann unterhalten.

Unbestritten ist, es kommt Bewegung in die Diskussion. Die Bundesländer haben Forderungen eingebracht. Die nun eingebrachten neuen Vorschläge zur künftigen Finanzierungssicherheit der Bahn werden Gehör finden müssen; denn schließlich endet auch das Gutachten von Professor Ehlers unter anderem mit dem Resümee, dass die in dem Gutachten festgestellten verfassungsrechtlichen Probleme in einem erheblichen Ausmaß entschärft werden könnten, wenn eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ausschließlich mittels der Ausgabe stimmberechtigter Vorzugsaktien erfolgen würde. Ob es wirklich Vorzugsaktien sein müssen, kann ich nicht hundertprozentig beurteilen. Ich würde mir aber lieber eine andere Form vorstellen.

Es ist richtig, dass sowohl die SPD als auch die CDU zwischenzeitlich klare Kriterien fordern, damit die Teilprivatisierung doch noch realisiert werden kann. Diese liegen seit gestern Abend im Grundsatz vor. Hier muss gewährleistet sein – das muss unser Ziel als Landespolitiker, als Politiker aus diesem Land Rheinland-Pfalz sein –, dass unsere verkehrspolitischen Ziele, bei denen wir nicht auseinander liegen, nach wie vor aufrechterhalten bleiben. Ich möchte nur eines nennen: Mehr Verkehr auf die Güterbahn.

(Glocke des Präsidenten)

Ich darf daran erinnern, gefordert wurden Ausweichverkehre wegen dem Güterverkehrslärm. Das kann nur mit einer entsprechenden Finanzsicherheit geleistet werden.

Noch zum Schluss, da Sie so gerne Zeitung lesen:

(Glocke des Präsidenten)

In einem Kommentar zur derzeitigen Preiserhöhung der DB AG wird der Zeitpunkt kritisiert, weil jetzt die Diskussion um die Kapitalisierung der Bahn stattfindet. Dort wird ausgeführt – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident –: „Der Mainzer Wirtschaftsminister Hendrik Hering hat die kritischen Punkte bei den TiefenseePlänen klar benannt,“ – –

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

„steuert aber, anders als seine Kollegen in anderen Bundesländern, keinen Fundamentaloppositionskurs,

sondern bemüht sich pragmatisch um sinnvolle Lösungen.“ Das ist Politik, die das Land braucht.

Herzlichen Dank, entschuldigen Sie bitte die leichte Verlängerung. Ich dachte, als Regierungspartei hätten wir eine etwas längere Redezeit.

(Beifall der SPD)

Nur damit das Prozedere klar ist: In der ersten Runde haben alle Fraktionen fünf Minuten, in der zweiten Runde zwei Minuten Redezeit. Herr Kollege Nink, Sie haben eine Minute überzogen, die ich nun Ihrem Nachfolger abziehen muss.

Herr Abgeordneter Billen, bitte schön.

(Heiterkeit im Hause – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Nicht Ihnen, Gott bewahre, Herr Billen. Sie haben natürlich volle fünf Minuten. Wir freuen uns darauf.

Herr Präsident, ich bedanke mich ausdrücklich. Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ganz verstehe ich die beiden Wortbeiträge von meinen Vorrednern nicht.

(Frau Mohr, SPD: Woran liegt das wohl?)

Vor Jahren ist mir noch über die Presseöffentlichkeit beigebracht worden, es handelt sich um den „BrüderleTakt“ und nicht um den „Rheinland-Pfalz-Takt“. Daher verstehe ich, dass die FDP sich Sorgen um den Rheinland-Pfalz-Takt macht. Das ist in Ordnung.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt müssen wir aber wieder zum Normalmaß zurückkommen. Wir sind uns einig, sogar alle drei Parteien, dass dieser Gesetzentwurf, wie er jetzt von Minister Tiefensee vorliegt, so nicht verabschiedet werden soll.

Jetzt muss man aus der Historie wissen, der Gesetzentwurf stammt noch aus der rot-grünen Bundesregierung. Damals hat schon nach meinem Kenntnisstand Gerhard Schröder ein Stück gegen die eigene SPD-Fraktion gesagt: Wir machen es so.

Im Moment findet man sowohl in der SPD- als auch in der CDU-Fraktion keine Zustimmung zu dem Entwurf, wie er jetzt existiert, auch nicht bei den Ländern.

Worum geht es eigentlich? Dass man die Bahn privatisieren will, ist allen klar und bei allen eigentlich unstrittig. Jetzt geht es darum, was wir mit dem Netz machen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Ich könnte sagen, wir machen es wie die Engländer. Die Engländer haben zuerst die Bahn privatisiert und das Netz im Staat gehalten. Anschließend haben sie das

Netz auch privatisiert, aber einer Gesellschaft zugesprochen, die nichts mit der Bahn zu tun hatte. Das war das englische Modell, das sehr erfolgreich war.

Bei uns steht aber im Grundgesetz, dass wir verpflichtet sind, Stadt und Land gleichwertig zu behandeln. Darum kann es überhaupt nicht das Interesse des Landes Rheinland-Pfalz, einem Flächenland, sein, dass das Netz in einer Form privatisiert wird, dass die Bahn es als Betreibergesellschaft führt, der Bund es als Besitz behält und dann die Bahn allein entscheidet, was auf dem Netz passiert.

(Staatsminister Hering: Umgekehrt! Besitzer ist die Bahn, Eigentümer ist der Bund!)

Okay, so können wir es sagen.

Die Entscheidungsfrage ist: Behalten wir den Einfluss auf das Netz? Wir müssen entscheiden können, dieses Netz wird ausgebaut, wir geben auch das Geld dafür. Der zweite Punkt ist: Behalten wir Einfluss auf die Gebühren, sodass die Bahn keine Konkurrenten über erhöhte Gebühren vom Netz vertreiben kann und somit für den Rheinland-Pfalz-Takt unter Umständen die Kosten ins Unendliche treibt? Das ist unser Ziel.

Ich bin kein Jurist und nicht in der Lage, dieses Gutachten, das mit Anhang über 200 Seiten aufweist – ich habe es mir angesehen –, juristisch zu bewerten. Die Juristen kommen zu dem Ergebnis, so, wie das Gesetz jetzt auf dem Tisch liegt, ist es nicht zu verabschieden, da es grundgesetzwidrig ist, ich will nicht auch noch sagen, es ist eisenbahngesetzwidrig. Es gibt auch noch ein Eisenbahngesetz, das bestimmte Voraussetzungen nennt. Darum sollten wir gemeinsam dafür kämpfen – deshalb begrüße ich sogar die Aktuelle Stunde –, dass wir unsere Interessen durchsetzen, dass das Netz nur so ausgebaut wird, wie wir es haben wollen, Netze erhalten bleiben, wie wir sie haben wollen, und die Netzgebühren nicht willkürlich festgelegt werden.

Danach können wir uns darüber streiten; denn auf dem ersten Weg werden wir das Netz nicht privatisieren, dafür müssten wir erst das Grundgesetz ändern. Wir müssen uns dann als Zweites darüber unterhalten, ob es sinnvoll ist, das Netz wirklich zu privatisieren oder es im Bund zu halten und zu betreiben.

Ich nenne ein paar Beispiele: Es gelingt uns heute nicht, den kleinen Nitteler Tunnel im Bereich Trier, der zweigleisig ist und jetzt saniert wird, zweigleisig zu halten, obwohl alle politisch Interessierten im Umfeld sagen, für die Option Richtung Frankreich brauchen wir diese Zweigleisigkeit. Die Bahn setzt sich darüber hinweg und sagt, es werde eingleisig ausgebaut, Punkt, aus, Ende.

Ich nenne das Beispiel, das ich hier schon einmal genannt habe – wir können geteilter Meinung sein, ob man die Eifelstrecke irgendwann ausbaut oder nicht, Herr Kollege Nink –: Ich werde alles tun, damit die Eifelstrecke nicht kaputtgemacht wird.

Wenn wir aber das Gesetz so, wie es jetzt von Minister Tiefensee auf den Tisch gelegt wurde, verabschieden würden, hätten wir ein Problem. Deshalb sage ich, so

kann es nicht sein. Meine herzliche Bitte ist, lassen Sie uns gemeinsam in diese Richtung kämpfen, dann sind wir auch mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich.

Das Gesetz muss weg, und es muss etwas auf den Tisch, was vernünftig ist und in der Länderkammer – es wird dort immer mit „Körben“ beschrieben – mit „Körben“ angedeutet ist. Alles andere in der nächsten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, begrüße ich auf der Zuschauertribüne die Evangelische Jugend der Pfalz sowie Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Neuwied-Niederbieber. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Herr Minister Hering, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will den Vorrednern zustimmen, die ausgeführt haben, es mache keinen Sinn, hier einen Gutachterstreit oder einen Streit darüber zu führen, was die richtigen Modelle seien, Integrationsmodelle ja oder nein.

Wir haben die Frage im rheinland-pfälzischen Landtag zu beantworten: Was sind die spezifischen Landesinteressen? Wie werden die spezifischen Landesinteressen, die wir verkehrspolitisch in Bezug auf die Schiene haben, umgesetzt?

Dass der Bund aus seiner Interessenslage heraus sagt, wir müssen uns in einem europäischen Wettbewerb stärker aufstellen, nachdem ab dem 1. Januar dieses Jahres bezüglich des Güterverkehrs die Liberalisierung eingetreten ist, die ab dem 1. Januar 2010 auch für den Personenverkehr gelten wird und andere Länder wie Frankreich ihre Bahn stärken, um sie für den Wettbewerb zu rüsten, ist aus Sicht des Bundes als hundertprozentiger Eigentümer der DB AG konsequent und richtig.

Der Bund muss schauen, wie er den Konzern im internationalen Wettbewerb stärken kann, um insbesondere dort gewappnet zu sein, um auch die Arbeitsplätze hier in Deutschland zu sichern.

Wir haben die Frage zu beantworten: Ist das Integrationsmodell, das vom Bund vorgelegt wird, aufgrund der Grundsatzentscheidung des Bundestages von beiden großen Parteien umzusetzen? Werden die wichtigen verkehrspolitischen Ziele, die wir haben, nämlich weiterhin mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, mehr Menschen zu motivieren, auf die Schiene umzusteigen und insbesondere der regionale Ver

kehr, das Erfolgsmodell Rheinland-Pfalz-Takt, ge- stärkt? – Dies sind die wichtigen Kriterien, die wir zu beurteilen haben.

Wir müssen auch sehen, es gibt Punkte in diesem Gesetz, bei denen es bei einer Umsetzung der Länderforderungen zu einer deutlichen Verbesserung kommt. Herr Billen, auch dies haben Sie dargestellt. Momentan ist der Einfluss der Politik überschaubar, wo und wann in die Netze investiert wird. Wir wollen die Mitwirkungsrechte der Länder, der Besteller des Schienenpersonennahverkehrs, deutlich stärken. Dies ist ein gemeinsames Anliegen von uns.

(Beifall der SPD)