Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Natürlich steht es am Anfang, aber es ist keine Priorisierung im Masterplan. Es ist eine von sehr vielen Maßnahmen, die erforderlich sind. Ich sage auch sehr deutlich, gerade für die jungen Studierenden in diesem Bereich ist es auch wichtig, dass der Hausärzteverband offensive Informationspolitik betreibt und erklärt, was es mit diesem Beruf eigentlich auf sich hat, welche Optionen es gibt und wie man sich auch in diesem Bereich entwickeln kann. Das ist ebenso ein wirklich wichtiger Punkt.

Herr Dr. Schmitz, sicherlich sucht die Landesregierung nicht das Heil im Angestelltenverhältnis. Auch das ist Quatsch. Wir nehmen aber einfach die Realität zur Kenntnis, dass es erstens einmal sehr viele – vor allem Frauen – gibt, die ein hohes Interesse daran haben, als Angestellte im ärztlichen Bereich berufstätig zu sein. Deshalb finden wir es gut, dass das in der Zukunft möglich ist.

(Beifall der SPD)

Umgekehrt wollen wir einfach auch die Möglichkeit dieses ärztlichen Praktizierens erleichtern. Es ist nicht diese

Vision davon, dass in Zukunft eine Teilzeitkraft irgendwo eine Landarztpraxis führt, es geht schlicht und ergreifend darum, dass es Regionen gibt, wo es Sinn macht, dass ein Arzt auch sagt, er stellt beispielsweise eine junge Ärztin zusätzlich mit ein, und dadurch werden zusätzliche Dienste angeboten oder vielleicht auch in bestimmten Bereichen einfach bestimmte Dienste abgedeckt. – Ich glaube, es ist durchaus ein innovativer und wichtiger Schritt für die Zukunft.

Ich möchte meine Zeit hier nicht überstrapazieren. Herr Dr. Enders, deshalb erspare ich es mir, noch einmal auf die Einzelheiten des Masterplans einzugehen. Aber neben den Dingen, die man vielleicht als weiche Faktoren bezeichnen könnte, möchte ich noch zwei oder drei Dinge benennen, die aus meiner Sicht außerordentlich relevant sind. Ein Punkt davon ist das Frühwarnsystem.

Es ist schon ein Problem, dass man von dem Praxiswechsel erst in der letzten Minute erfährt. Das geht der Kassenärztlichen Vereinigung genauso wie der Politik. Die Politik liest es in der Regel in der Zeitung. Man hat dann überhaupt keine Chance – auch die Kassenärztliche Vereinigung –, planbar bestimmte Dinge an Maßnahmen zu ergreifen. Dieses Frühwarnsystem soll jetzt bei der Kassenärztlichen Vereinigung eingerichtet werden, um die ambulante Versorgung in Zukunft auch in ländlich schwierigeren Situationen sicherzustellen.

Genauso wichtig ist es aus meiner Sicht, dass sehr viel stärker beraten wird. Die Kassenärztliche Vereinigung wird in Zukunft stärkere Niederlassungsberatung anbieten. Sie wird auch betriebswirtschaftliche Grundlagen vermitteln, vor allem an junge Menschen, die Lust haben, sich als Ärzte und Ärztinnen niederzulassen, weil wir häufig die Erfahrung gemacht haben, dass der Schrecken vor der Selbstständigkeit für die Ärzte eigentlich auch ein großes Problem ist.

Last but not least, weil es neulich einen so netten Leserbrief dazu gab, es ist auch ein wichtiger Punkt, dass wir die Bereitschaftsdienstzentralen im Land ausbauen; denn das Thema „Nachtdienst und Wochenenddienste“ ist für viele junge Leute eine Abschreckung bei dem Vorhaben, ob sie sich niederlassen oder nicht. Insofern ist das eine starke Entlastung für diejenigen, die in Zukunft die niedergelassenen Ärzte darstellen. Sie können gern den Masterplan noch einmal einsehen. Er ist veröffentlicht worden.

(Dr. Enders, CDU: Ich habe ihn!)

Sie haben ihn, das ist schön. Ich glaube, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.

Herr Dr. Schmitz, Ihre Schlussbemerkung konnte ich nicht so ganz interpretieren. Ich nehme sie jetzt einfach einmal entgegen und suche mir vielleicht nachher einmal Rat bei Ihnen, was Sie eigentlich damit meinen. Ich persönlich bin eigentlich relativ stolz darauf, dass wir das einzige Bundesland weit und breit sind, das es geschafft hat, dass sich eine Kassenärztliche Vereinigung und ein Hausärzteverband, die sich in manchen Ländern mehr als bekriegen, eine Landesärztekammer und ein Ministerium zusammensetzen und gemeinsam überlegen: Wie können wir eigentlich das Thema zukünftiger Hausärzte

in diesem Land sicherstellen und sichern, und wie können wir ihre Attraktivität stärken?

(Beifall der SPD)

Ich denke, in diesem Sinne ist das eine kraftvolle Verbindung. Ich bin sehr optimistisch, dass wir es in Rheinland-Pfalz schaffen werden, dem Thema „Ärztemangel“ etwas entgegenzusetzen, sodass es in unserem Land gar kein Thema wird.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Enders das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dreyer, Sie haben meine Unterstützung bei diesem Plan. Es sind gute Ansätze. Wir werden das auch positiv begleiten.

Was mich ein bisschen wundert, ist die Tatsache – vor allen Dingen wenn man aufreiht, wie die Landesregierung sich in den letzten Jahren zu diesem Thema geäußert hat –, dass es Ihnen gelungen ist, die Entwicklung des Plans sehr geschickt zu tarnen, quasi als Geheimsache. Wir haben bisher nichts davon gewusst, dass diese Dinge seit zwei Jahren entwickelt wurden. Das wundert mich schon. Das haben Sie geschickt geheim gehalten.

Eine zweite Anmerkung zu der Zahl der Ärzte in den letzten 30 Jahren. Es stimmt in der Tat. Ich übe diesen Beruf jetzt die Hälfte meines Lebens aus. Da hat sich sehr viel getan, es gibt eine große Arbeitsverdichtung. Wir reden vom Älterwerden der Patienten. Das hat auch Konsequenzen. Wenn Sie einem 80-Jährigen erklären wollen, wie er seinen Diabetes einstellt oder seinen Blutdruck reguliert, dann kostet das manchmal das drei- bis vierfache an Zeit, als wenn Sie es einem jungen Menschen erklären. Das sind Dinge, die Ärztinnen und Ärzte kräftemäßig enorm binden. Wir haben heute Menschen in einem hohen Alter, das sie früher vielleicht nicht erreicht hätten, in dem Krankheiten therapiert werden können, auch in Zukunft, die man früher gar nicht therapieren musste, weil die Menschen das Alter gar nicht erreicht haben. Das ist der entscheidende Punkt.

Eine letzte Anmerkung, die die Problematik noch einmal verdeutlicht. Ich erlaube mir, aus dem „Deutschen Ärzteblatt“ vom 9. November 2007 – ich habe heute Morgen die Seite herausgerissen – mit Erlaubnis zu zitieren. Es heißt in der Überschrift: „Für aufstrebende Klinikärzte ist das Angebot an guten Stellen besser denn je. Dennoch flüchten immer noch viele junge Ärzte in andere Länder und Berufe.“ Es heißt hier: „Wie groß das Angebot an freien Arztstellen derzeit ist, zeigt ein Blick auf den Stellenmarkt im Deutschen Ärzteblatt. Gesucht werden Assistenzärzte, Weiterbildungsassistenten, Fachärzte,

Oberärzte und auch Chefärzte. Wurden im Jahr 2004 noch 7.242 Stellenanzeigen geschaltet, so erhöhte sich die Zahl auf 13.527 im Jahr 2006.“

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Ende.

„Und es zeichnet sich ab, dass am Ende dieses Jahres erneut ein Höchststand erreicht wird.“

Die Stellenanzeigen der offenen Stellen im „Deutschen Ärzteblatt“ machen ungefähr zwei Drittel bis drei Viertel des Umfangs dieses Blattes aus. Dies war früher genau umgekehrt. Das sollte man auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Ebli das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Schmitz, Sie haben mir nicht zugehört.

(Eymael, FDP: Das kann nicht sein!)

Herr Eymael, ich glaube, er hat sich sogar mit Ihnen unterhalten.

Ich habe sehr wohl von Sicherstellung, und zwar von langfristiger Sicherstellung, gesprochen, was Sie kritisiert haben.

Nun ein ganz anderer Punkt. Erklären Sie mir doch bitte, warum Ärztinnen in Teilzeit und Jobsharing ihre Region und ihre Patienten nicht genauso gut kennen können wie Vollzeitmediziner oder Vollzeitmedizinerinnen. Das erschließt sich mir nicht. Oder glauben Sie, dass Medizinerinnen, die Beruf und Familie vereinbaren wollen, sich in der Region nicht auskennen, nicht sehr wohl wissen, auf was es ankommt? Warum sollen diese Frauen den Ansprüchen der Patientinnen und Patienten nicht gerecht werden? Das erschließt sich mir nicht.

Wenn angesprochen wird, wie viele Ärztinnen und Ärzte sich vorstellen können, im Ausland zu arbeiten, und auch Zahlen genannt werden, wie viele schon im Ausland arbeiten, dann stellt sich für mich die Frage, wenn wir diese Frage anderen Berufsgruppen stellen würden, wie da die Antwort aussehen würde. Ich bin sicher, dass sich in anderen Berufsgruppen ganz viele vorstellen können, im Ausland zu arbeiten. Es sind nicht alle so bodenständig und heimatverbunden wie Sie und wir, Kolleginnen und Kollegen, die wir gerne für dieses Land arbeiten. Von daher fehlt ein völliger Vergleich, wenn wir das als wichtiges Kriterium heranziehen.

Abschließend eine Bitte: Reden Sie den Berufsstand nicht nieder. Wir brauchen ihn. Wie kann man junge

Leute motivieren, einen Beruf zu ergreifen, in ein Studium einzutreten, wenn nur gejammert und nur schlechtgeredet wird?

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Das ist tödlich. Das dürfen wir nicht tun. Hier haben wir alle eine große Verantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin sicher, dass wir in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg sind, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Bemerkungen vorneweg. Frau Kollegin Ebli, ich hätte meinem Sohn das Medizinstudium nicht empfohlen, das er dann auch ergriffen hat, wenn ich nicht davon ausginge, dass es ein großartiger Beruf ist. Nur, mit der Gesundheitspolitik der letzten zehn Jahre hat dies nicht zu tun. Es ist trotzdem ein wunderbarer Beruf, nicht wegen günstiger finanzieller Bedingungen, sondern wegen des beruflichen Inhalts.

Ein zweiter Satz zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wer würde sich diesen guten Überlegungen entgegenstellen, die beiden Dinge zusammenführen zu wollen? Wer gegen diesen gemeinsamen Masterplan ist, ist gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist schlicht lächerlich.

(Frau Ebli, SPD: Sie haben das doch gesagt!)

Meine Damen und Herren, einige kurze Punkte zu dem Thema „Statistik“. Was ist denn Schwieriges daran, seitens der Landesregierung die guten Kontakte zu den Verbänden, die offensichtlich vorhanden sind – das begrüße ich –, zu nutzen, um endlich diese „vermaledeiten“ falschen statistischen Grundlagen zu verändern? Was ist denn Schwieriges dabei, Zahlen, die aus Zeiten der Überversorgung stammen, als man Angst hatte, wir haben zu viele, auf eine realistische Ebene zu heben? Eine statistische Unterversorgung von Fachärzten, die erst dann gegeben ist, wenn unter 50 % der Normalversorgung vorhanden ist, ist Unfug.

Ich möchte einen zweiten Punkt nennen. Was hindert uns daran, Teilzeit auch als Teilzeit zu benennen? Teilzeit ist nicht besser und nicht schlechter als Vollzeitarbeit. Aber selbstverständlich ist eine Arbeit, die über 30, 40 Jahre intensiv an einer Stelle in Vollzeit läuft, anders als etwas, wo jemand – auch das wird die Realität der

Zukunft sein – von einer Teilzeitstelle zur anderen wechselt.