Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

4. Wie sieht nach dem derzeitigen Stand der Dinge der geplante zeitliche Ablauf für das weitere Verfahren aus?

Für die Landesregierung antwortet Verkehrsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem Rechtsverfahren des Naturschutzverbandes BUND gegen den ergänzenden Planfeststellungsbeschluss zum Hochmoselübergang war bis zur Verkündung des Urteiltenors durch das Oberverwaltungsgericht am 22. November 2007 keinesfalls klar, ob das Land obsiegen würde. Insbesondere nach dem sogenannten Halle-Urteil vom Beginn des Jahres hatte die Rechtsprechung die Anforderungen an die naturfachlichen Prüfungen für die planenden Behörden noch einmal höher gelegt. Die Begründung des Urteils durch das OVG liegt im Übrigen bislang noch nicht vor.

Der BUND hat nach Prüfung des Urteils noch die Möglichkeit, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Darüber hinaus besteht für den BUND auch noch die Möglichkeit, dass er im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens bei der Europäischen Kommission den Europäischen Gerichtshof anruft. Insoweit gibt es trotz des großen Erfolges vor dem OVG nach wie vor kein abschließend und vollständig gesichertes Baurecht.

Dessen ungeachtet, setzt sich das Land jetzt mit allem Nachdruck dafür ein, dass sowohl, was die weiteren Planungen als auch die Finanzierung anbelangt, der Weg beschritten wird, der zu einer möglichst raschen Realisierung des Hochmoselübergangs führt. Dazu sind aber einige weitere, auch zeitintensive Schritte zu tun.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Es wäre geradezu sträflich gewesen, im laufenden Gerichtsverfahren ohne Berücksichtigung des Verfahrensstandes bereits die Detailplanungen und das Ausschreibungsverfahren für das Privatfinanzierungsprojekt weiter zu betreiben.

(Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Dies hätte vom Gericht als Missachtung des Gerichts und als Versuch verstanden werden können, während des Verfahrens abschließende Fakten zu schaffen.

Damit wäre möglicherweise der Erfolg des Verfahrens insgesamt gefährdet worden. Aus diesem Grund hat auch der Rechtsbeistand des Landes dazu geraten, die Planungs- und Ausschreibungsarbeiten während des Verfahrens nicht weiterzuführen. Im Übrigen wären im Falle eines für das Land nachteiligen Gerichtsurteils erhebliche Planungskosten vollkommen verloren gewesen.

Nach dem positiven Urteil des Gerichts hat sich die Situation nunmehr grundlegend geändert. Jetzt können

die notwendigen planerischen Detailarbeiten und die Vorbereitungen der weiteren Ausschreibungsverfahren angegangen werden.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochmoselübergang nach den bisherigen Überlegungen und Vereinbarungen auf der Grundlage des FernstraßenbauPrivatfinanzierungsgesetzes zumindest teilweise über Mauteinnahmen als sogenanntes F-Modell realisiert werden soll.

Die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Einsatz von solchen – auch PPP-Modelle genannt – Formen der Privatfinanzierung haben sich zwischenzeitlich aber deutlich verändert. Dies gilt sowohl für den Bund als Baulastträger als auch insbesondere für die Privatinvestoren.

Hintergrund sind die bislang eher ernüchternden Ergebnisse, die bei den bisher nach dem F-Modell durchgeführten Privatfinanzierungsprojekten zu beobachten waren.

Sowohl bei der Warnow-Querung in Rostock als auch beim Herrenbergtunnel in Lübeck liegen die tatsächlichen Nutzerzahlen und damit die wirtschaftlichen Ergebnisse weit unter den Erwartungen.

Deshalb fordert der Bund als Baulastträger jetzt weit intensivere Untersuchungen, um den Nachweis zu erbringen, dass das Vorhaben als Privatfinanzierungsmodell tatsächlich eine Chance auf Erfolg hat.

Der Bund will weitere PPP-Projekte, die sich im Nachhinein als nicht tragfähig erweisen, verständlicherweise vermeiden.

Deshalb steht jetzt eine Reihe von Untersuchungen an, mit denen die Chancen für eine erfolgreiche Privatfinanzierung vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen fundiert ermittelt werden sollen.

Mit diesen auf den heutigen Stand gebrachten Eingangsdaten ist dann im Rahmen einer ergänzenden Machbarkeitsstudie die Rentabilität und Machbarkeit des F-Modells für den Hochmoselübergang nach Vorgaben des Bundes erneut zu überprüfen. Diese Schritte brauchen Zeit, wenn eine seriöse Beurteilungsgrundlage für die Tragfähigkeit einer F-Modellfinanzierung geschaffen werden sollen.

(Pörksen, SPD: Der Begriff „seriös“ ist wichtig!)

Zu Frage 2: Der Bund ist Straßenbaulastträger für dieses Vorhaben und damit auch der Hauptlastenträger der Finanzierung. Er entscheidet letztlich in Abstimmung mit dem Land, welche Finanzierungsmodelle angewandt werden.

Im Jahr 1998 war zur Finanzierung des Gesamtprojekts Hochmoselübergang zwischen dem Land und dem damaligen Bundesminister für Verkehr, Herrn Wissmann, vereinbart worden, den eigentlichen Hochmoselübergang mit der Brücke als PPP-Projekt nach dem Fernstraßenbau-Privatfinanzierungsgesetz zu finanzieren.

Hierzu wollten sich Bund und Land in einem Teilabschnitt mit einer Anschubfinanzierung bei den Baukosten in einer Größenordnung von je 20 Prozent der Bausumme – je rund 25 Millionen Euro – beteiligen, die das Land zu finanzieren hat. Die weiteren rund 70 Millionen Euro für den Bau der Teilstrecke einschließlich des Hochmoselübergangs soll ein privater Betreiber beistellen, der sich dann durch Mauteinnahmen beim Zweirad-, PKW- und LKW-Verkehr refinanziert. Diese Vereinbarung hat grundsätzlich weiter Bestand.

Voraussetzung dabei ist, dass die vorgenannte Aktualisierung der Unterlagen weiter eine wirtschaftliche Trägfähigkeit des Vorhabens unter den veränderten Rahmenbedingungen ergibt. Eine rasche Umsetzung als Privatfinanzierungsvorhaben setzt im Übrigen voraus, dass sowohl die über die Haushalte zu finanzierenden Abschnitte als auch der Mautabschnitt zeitgleich fertiggestellt werden müssen, da ansonsten eine Refinanzierung für den Privaten nicht sichergestellt werden kann.

Meine Damen und Herren, nach dem eben Dargelegten ist es sinnvoll, auch eine konventionelle Finanzierung mit dem Bund zu beraten. Eine solche Haushaltsfinanzierung hätte in der Tat auch im Hinblick auf die zeitliche Komponente durchaus Vorteile: Wegfall intensiver und teurer weiterer Untersuchungen – Machbarkeitsstudie –, Wegfall eines umfangreichen und zeitraubenden sowie streitanfälligen Verhandlungsverfahrens mit den Bieterkonsortien. Ich möchte daran erinnern, dass sich beispielsweise die Verhandlungen der bayerischen Straßenbauverwaltung zur Realisierung des A-Modells für den Ausbau der A 8-Strecke Ulm-Augsburg-München über eineinhalb Jahre hingezogen haben.

Ein Baubeginn wäre daher bei einer Finanzierung aus dem Bundeshaushalt voraussichtlich schneller möglich. Es könnte in vergleichsweise kurzer Zeit mit den ersten Brückenbauwerken und dem Bau des Zubringers ErdenLösinch begonnen werden.

Zu Frage 3: Bei den jährlich stattfindenden Haushaltsbesprechungen mit dem Bund auf der Fachebene wurde die Finanzierung des Hochmoselübergangs im Abschnitt I von Wittlich nach Platten regelmäßig thematisiert. Dabei ist es gelungen, die notwendigen Finanzmittel für den laufenden Bau sicherzustellen.

Auch die Finanzierung des eigentlichen Hochmoselübergangs, des Abschnitts II, wurde in den vergangenen Haushaltsbesprechungen thematisiert und aktuell nach Vorliegen des Urteils von uns erneut angesprochen.

Es wird jetzt möglichst rasch zu klären sein, ob der Bund als Baulastträger an der Finanzierung des F-Modells unter den geänderten Rahmenbedingungen festhalten möchte.

Wir bereiten intensiv alles vor, um ein F-Modell zügig umzusetzen.

Soweit das F-Modell weiter verfolgt werden sollte, wird die anstehende Anteilsfinanzierung auch im Land Beratungsbedarf erfordern. Die Ansätze müssen dann in die Haushalte entsprechend aufgenommen und die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.

Zu Frage 4: Um eine Entscheidungsgrundlage dafür zu schaffen, ob weiter das F-Modell verfolgt werden soll, sind, wie dargestellt, kurzfristig weitere Untersuchungen vorzunehmen. Der Zeitbedarf für solche Untersuchungen dürfte bei einem umfassenden Untersuchungsprogramm voraussichtlich etwa eineinhalb Jahre betragen. Das Land steht insoweit mit dem Bund in Kontakt, um zu klären, ob eine Beschleunigung durch eine geeignete Gestaltung der jeweiligen Untersuchungstiefe erreicht werden kann. Diese Gespräche wurden von uns schon geführt.

Im Anschluss an die grundlegende Entscheidung würde sich dann der Wettbewerb zur Ermittlung eines Konzessionärs anschließen.

Als gesamter Zeitbedarf bis hin zum Vertragsabschluss mit einem Konzessionär muss nach den Erfahrungen mit solchen Modellen in anderen Bundesländern – wie bereits angemerkt – insgesamt von mindestens drei Jahren ausgegangen werden. Daran wird sich eine Bauzeit von voraussichtlich mindestens vier Jahren anschließen.

So weit die Beantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es Zusatzfragen? – Bitte schön, Herr Kollege Eymael.

Herr Minister, beim Hochmoselübergang handelt es sich, wie wir alle wissen, um eines der wichtigsten Verkehrsprojekte des Landes Rheinland-Pfalz. Ich freue mich über den Erfolg, den das Land erzielt hat, dass nämlich im Grundsatz Baurecht vorhanden ist.

Meine Frage an Sie: Haben Sie in der Zwischenzeit persönlichen Kontakt mit dem Bundesverkehrsminister aufgenommen und ein Gespräch über eine konventionelle Finanzierung geführt, oder aber stehen Sie jetzt fest zu dem F-Modell, was Sie im Wirtschaftsausschuss so nicht zum Ausdruck gebracht haben? Wenn Sie parallel verhandeln, dann kann das natürlich dazu beitragen, dass das Ganze noch weiter verzögert wird.

Sie geben mir sicherlich recht, dass die Bevölkerung jetzt darauf wartet, dass der Hochmoselübergang in der Tat kommt.

Ich habe bezüglich der Finanzierung dieses Großprojektes mit Herrn Kollegen Tiefensee nicht nur Kontakt aufgenommen, sondern wir haben auch einen Termin im Januar vereinbart, an dem wir uns treffen werden, unter anderem auch zu dieser Fragestellung.

Wir werden das mit Nachdruck vorbereiten. Sie hatten auch nach 1998 bis zum Jahr 2006 aus nachvollziehbaren Gründen keine weiteren Schritte unternommen, um das F-Modell weiter vorzubereiten, weil das nur Sinn macht, wenn Rechtsklarheit vorhanden ist, ob ein Hochmoselübergang überhaupt gebaut werden kann.

Es wäre fahrlässig, einzig und allein nur das F-Modell weiter zu untersuchen, was mit Nachdruck geschieht, weil die bisherigen Erfahrungen mit den F-Modellen in Deutschland keine sehr positiven Erfahrungen gewesen sind. Deswegen muss auch über Alternativen gesprochen werden. Das ist das einzig verantwortbare Vorgehen, um das Ziel zu verfolgen, so schnell wie möglich einen Baubeginn am Hochmoselübergang zu bewerkstelligen.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat Herr Kollege Eymael das Wort.

Nach dem bisherigen F-Modell ist vorgesehen, dass das Land und der Bund sich jeweils mit 20 % beteiligen und der Betreiber 60 % über eine Maut einbringt. Darüber gab es schon konkrete Zahlen, und zwar auch darüber, was von den Nutzern zu zahlen ist. Nach Erfahrungen mit anderen PPP-Modellen ist zu fragen, ob das noch ein realistisches Finanzierungsmodell ist oder ob die Anschubfinanzierung vonseiten des Bundes und des Landes erhöht werden muss. In welchem Ausmaß muss das gegebenenfalls erfolgen?

Ich habe Ihnen dargelegt, dass der Bund aufgrund von Erfahrungen mit anderen Maut-Modellen verlangt, dass erneut eine Verkehrsuntersuchung und eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden. Die Zielsetzung dabei ist zu ermitteln, ob es realistisch ist, dass 70 Millionen Euro über einen privaten Dritten am Hochmoselübergang finanziert werden können. Danach können die Fragen beantwortet werden, wie hoch die Finanzierungen des Bundes und des Landes ausfallen müssen und ob die Verfolgung des F-Modells noch Sinn macht.

Zu einer weiteren Zusatzfrage erteile ich Herrn Abgeordneten Licht das Wort.

Vor dem Hintergrund, dass der BUND Revision und ein Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof einleiten kann, frage ich Sie Folgendes: Wie stellt sich der Zeitraum der möglichen Verzögerung dar, wenn einer der beiden Wege eingeschlagen wird? Hätte das

auch Auswirkungen auf das von Ihnen und Herrn Abgeordneten Eymael sehr ausführlich dargestellte Finanzierungskonzept?

Wir haben uns viel Mühe gegeben, den Planfeststellungsbeschluss, der ursprünglich vom Oberverwaltungsgericht wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde, nachzubessern. Wir wollten ihn qualitativ besser ausstatten, was uns gelungen ist. Das OVG hat dann die Rechtmäßigkeit bestätigt und entschieden, dass keine Revision zugelassen wird. Gegen diese Nichtzulassung der Revision hat der BUND die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Wir sind der Überzeugung und haben es gegenüber dem BUND kommuniziert, dass wir eine Rechtsposition erlangt haben, die es erlaubt, die weiteren Untersuchungen in Auftrag zu geben. Wir werden die notwendigen Untersuchungen nach Absprache mit dem Bund in Auftrag geben.