Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Max Frisch hat einmal formuliert: „Demokratie heißt, dass Menschen sich in ihre Angelegenheiten einmischen können.“ Dies war auch das Leitmotiv der EnqueteKommission „Jugend und Politik“, die aus meiner Sicht eine sehr verdienstvolle Arbeit geleistet hat, die uns in der heutigen Plenarsitzung nicht zum ersten Mal beschäftigt, sondern – so war es ursprünglich auch angelegt – mit der wir uns in der Konsequenz in diesem Parlament immer wieder befassen. Es gilt, aus der Arbeit der Enquete-Kommission Konsequenzen zu ziehen.
Das ist an vielen Stellen geschehen. Das geschieht zum Beispiel jetzt aktuell beim Tag des politischen Gesprächs, der auch in enger Abstimmung zwischen dem Landtag und dem Ministerium konzipiert und auf den Weg gebracht worden ist. Das gilt heute wieder mit dieser gemeinsamen fraktionsübergreifenden Initiative, eine gemeinsame Schülerinnen- und Schülervertretung einzurichten. Ich darf Ihnen gern die Unterstützung der Landesregierung signalisieren. Sollte es das Parlament heute so beschließen, dann wäre unser Vorschlag auch, diese Änderung bereits in die Schulgesetznovelle mit aufzunehmen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war auch ein Leitmotiv der Enquete-Kommission, dass immer sehr deutlich gesagt worden ist, das eine ist die Kenntnis demokratischer Strukturen, das andere ist das direkte Erleben von Demokratie. Ich glaube, das wird bei dem Antrag, um den es heute geht, bei der Landesvertretung für die Schülerinnen und Schüler besonders deutlich. Es gibt aber auch viele andere Beispiele, bei denen wir uns immer wieder an diesem doppelten Anspruch messen lassen müssen, einerseits das theoretische Wissen zu vermitteln, andererseits aber sofort Beteiligungsmöglichkeiten zu eröffnen.
In den letzten Jahren sind wir diesen Weg kontinuierlich gegangen. Im Rahmen der Schulgesetznovelle 1992 stand eine eindeutige Schwerpunktsetzung auf der Stärkung der Schülerrechte. Aber auch mit dem letzten Schulgesetz im Jahr 2004 haben wir noch einmal einen Schritt getan, indem wir die Bildung von Schülervertretungen nicht nur ab der Sekundarstufe I ermöglicht ha
ben, sondern auch bereits für die Grundschulen. Ich gestehe gerne zu, dass das noch nicht flächendeckend genutzt wird. Aber dort, wo es genutzt wird, ist es besonders beeindruckend, wenn ich zum Beispiel an funktionierende Klassenräte in Grundschulen denke.
Meine Conclusio: Wir bringen mit dieser Veränderung für die Schülerinnen- und Schülervertretungen auf Landesebene einen weiteren wichtigen Schritt auf den Weg. Ich bin sehr froh, dass dies in einem so großen Konsens möglich ist, und möchte mich vor allen Dingen bei den Fraktionen des Landtags bedanken, die dies politisch aufgegriffen haben, aber natürlich auch bei denen, die es initiiert haben, das heißt bei der Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung. Ich möchte gleichzeitig versichern, dass wir auf dem Weg, den wir bisher gegangen sind, das heißt in der Parallelität, rechtliche Rahmenbedingungen zu verbessern und Kenntnisse über Strukturen zu vermitteln, immer auch dafür sorgen wollen, dass dies in der Schule praktisch erfahrbar wird. Ich glaube, da wird uns in den nächsten Jahren noch eine ganze Menge einfallen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wird eine Ausschussüberweisung beantragt? – Das ist nicht der Fall. Wir stimmen dann über den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/1944 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Personalsituation der Polizei in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksachen 15/854/1064/1703 –
Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Kollegen Auler das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben gute Gründe, unseren Polizistinnen und Polizisten dankbar dafür zu sein, dass die Innere Sicherheit im Land stabil ist. In Rheinland-Pfalz ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Opfer einer Straftat wird, relativ gering. In der sogenannten Häufigkeitszahl, dass jemand Opfer einer Straftat wird, liegt das Land an sechster Stelle der Bundesländer und unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Polizei hat die Aufklärungsquote im Jahr 2006 erneut steigern können. Sie lag im Durchschnitt aller Arten von Straftaten bei 62,6% für das Jahr 2006.
Zu Recht darf Rheinland-Pfalz somit als sicheres Land bezeichnet werden, trotz der steigenden Zahl von Straftaten und trotz der zunehmenden Bedrohung durch Terrorismus in all seinen hässlichen Facetten.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass sich die erfolgreiche Bewältigung der Sicherheitsaufgaben auf hohe Motivation und beispielhaftes berufliches Engagement der Polizei gründet. Wir alle wissen auch, dass der Polizeidienst, der für die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr geleistet wird, ein schwieriger, oft gefährlicher und sehr verantwortungsvoller Dienst für die Allgemeinheit ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür möchte ich allen Polizistinnen und Polizisten, wo immer sie eingesetzt sind, von hier aus für die FDP-Fraktion meinen herzlichen Dank und meine volle Anerkennung aussprechen.
Nach wie vor sind wir sowohl durch Chaoten von links als auch von Extremisten von rechts durch Gewaltstraftaten bedroht. Religiöse Fanatiker und in letzter Zeit besonders jugendliche Intensivtäter versuchen, unsere Sicherheit und damit auch unsere Freiheit anzugreifen. Täglich lesen wir es in Zeitungen und sehen es im Fernsehen, wie Menschen am helllichten Tag ohne Grund zusammengeschlagen oder schwer verletzt werden. Wie lange dauert es in solchen Situationen, bis die Polizei zu Hilfe kommen kann?
Lassen wir uns nicht durch die Situation in einer Stadt etwa wie Mainz oder Ludwigshafen täuschen, wo die Polizei relativ schnell zur Stelle sein kann. Auf dem flachen Land, also in der Fläche, ist die Polizei, wenn man Pech hat, nicht nur weit weg, sondern auch mit kurzfristiger Hilfe kann nicht gerechnet werden.
Was die Schnelligkeit des Eintreffens am Tatort durch die Polizei in der Fläche anbelangt, ist es oft Glückssache und hängt grundsätzlich vom Standort einer Streifenwagenbesatzung und der Anzahl der Streifenwagenbesatzungen ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zeigt, was den Wechselschichtdienst bei der Polizei angeht, oder anders ausgedrückt, was die Präsenz der Polizei auf Straßen, Plätzen, Bahnhöfen usw. betrifft, dass von den rund 9.000 Polizeistellen unter Einrechnung der nicht im operativen Polizeidienst eingesetzten Polizisten und nach Abzug der 1.600 Stellen der Kriminalpolizei gerade noch 40% in Vollzeit und voll einsetzbar im Wechselschichtdienst tätig sind. Meine Damen und Herren, 40%, das sind rund 3.660 Beamtinnen und Beamte, nicht mehr und nicht weniger. Ich erinnere an die Ausgangszahl von ca. 9.000 Polizistinnen und Polizisten im gesamten Land.
Aus der Antwort zur Großen Anfrage wird mehr als deutlich, dass das Personal der Polizei im Wechselschicht
dienst nicht ausreichend ist, um die Bürgerinnen und Bürger auch dauerhaft präventiv wirksam zu schützen.
Abschreckend wirkt nur die Sofortintervention. Täter müssen sicher davon ausgehen, bereits vor Ausübung ihrer Tat gestört, spätestens aber nach ihrer kriminellen Tat gefasst und abgeurteilt zu werden.
Ich denke, wir sind uns fraktionsübergreifend darüber einig, dass es ein freiheitlich demokratischer Staat nicht hinnehmen kann, dass eine kleine verbrecherische Minderheit die große friedliebende Mehrheit beherrschen und manipulieren möchte.
Hier ergibt sich nach unserem Dafürhalten konkreter und akuter politischer Handlungsbedarf für die Landesregierung. Der Polizei selbst kann kein Vorwurf gemacht werden. Es geht darum, mehr Polizeibeamtinnen und -beamte in den Wechselschichtdienst und damit besonders in die Fläche zu bringen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Geräuschpegel ist relativ hoch. Ich bitte Sie wirklich, die Gespräche einzustellen oder die Lobby zu benutzen. Herr Kollege Auler, Sie haben das Wort.
Wenn mir beispielsweise Polizeibeamte auf dem Land sagen, sie können keine drei Streifenwagenbesatzungen im Wechselschichtdienst aufbieten, auch nicht zwei, sondern eigentlich nur noch eine einzige, dann wirft das ein bezeichnendes Schlaglicht auf die enge personelle Situation bei der Schutzpolizei.
Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass die Aufgabenzuweisungen zur Polizei mehr und mehr mit der Folge zugenommen haben, dass die eigentliche Aufgabe der Schutzpolizei im Ergebnis nicht in dem Maß erfüllt werden kann, wie es erforderlich ist.
Ich erinnere an regelmäßig stattfindende sportliche Großveranstaltungen. Ich erinnere aber auch daran, dass für Aufgaben der Ordnungsämter zumindest bei den Verbandsgemeinden nach 16:00 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen die Polizei einspringen muss und auch regelmäßig in Anspruch genommen wird. Es war gut gemeint, kleinere Polizeiaufgaben auf die Ordnungsbehörden zu übertragen.
Ich bin davon überzeugt, auch die Landesregierung weiß genau, dass die kommunalen Gebietskörperschaften weder die Finanzen noch das Personal aufbringen können, um diesem gesetzlichen Auftrag auch nur annähernd gerecht werden zu können. Allein die damalige Übertragung des Versammlungsrechts auf die Ordnungsbehörden hat in der Praxis nichts, aber auch gar nichts gebracht. Die Ordnungsbehörden sind nicht in der
Lage, Einsatzpläne für Großereignisse, Versammlungen, Aufzüge oder Demonstrationen aufzustellen, geschweige denn praktisch für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Die Arbeit blieb und bleibt auch weiterhin größtenteils bei der Polizei, aber ohne dass diese dafür Anerkennung findet. Das bindet Arbeitskräfte für polizeifremde Aufgaben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Vorstellung wäre hier, die Ordnungsaufgaben in den Aufgabenkanon der Polizei wieder offiziell einzugliedern und dafür einen angemessenen Stellentransfer zur Polizei vorzunehmen. Bei den erwähnten Großveranstaltungen könnten mehr private Sicherheitsdienste gegen Bezahlung durch den Veranstalter zum Einsatz kommen, ebenso beim Objektschutz.
Auch im Ausländerrecht wird vom Staat zweigleisig gefahren. Einerseits ist die Ausländerbehörde, die bei den Kommunen angegliedert ist, originär zuständig, andererseits ist dort ab 16:00 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen niemand mehr anzutreffen. Wer übernimmt dann nicht nur die Aufnahme, sondern auch die ausländerrechtliche Bearbeitung einer Straftat in diesem Deliktbereich?: Die Polizei.– Gerade bei den Kommunen sollte die Landesregierung darauf hinwirken, dass dort andere Dienstzeiten und Rufbereitschaftsdienste der Ausländerbehörde eingerichtet werden. Eine Entlastung der Polizei von polizeifremden Aufgaben kann darüber hinaus durch eine stärkere Einbeziehung von Tarifangestellten erfolgen. Die Zahl dieser Angestellten kann im Gegensatz zur Zahl der Polizeibeamten kurzfristig vergrößert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Fraktion gibt in der Gesamtbeurteilung ernsthaft zu bedenken, ob wir die Zahl der Stellen der Polizei nicht doch vermehren müssen, wobei wir alle wissen, dass es mehrere Jahre dauert, bis uns das Personal für den operativen Dienst zur Verfügung stehen könnte. Ich plädiere außerdem dafür, wegen der kommenden Pensionierungswelle bei der Polizei bereits jetzt die Nachwuchsquote so weit zu erhöhen, wie das die Kapazität der Polizeischule zulässt. Dadurch kann zusätzlich erreicht werden, dass sich das zurzeit völlig überalterte Altersklassenverhältnis wieder normalisiert. Nebenbei bemerkt, ob es ausreichend geeignete Bewerber für den Polizeidienst gibt, ist eine ganz andere Frage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Gewährleistung der Inneren Sicherheit ist eine staatliche Aufgabe. Sie ist eine Aufgabe mit allerhöchster politischer Priorität. Hier geht der Staat Verpflichtungen gegenüber all seinen Bürgerinnen und Bürgern ein. Das Land muss aber auch seiner Fürsorgepflicht für seine Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nachkommen.
Das Land kann, und hier fokussiere ich in erster Linie auf den operativen Dienst bei der Schutz- und der Kriminalpolizei, die Polizei nicht in eine Situation bringen, wo sie keine Chance mehr hat, das zu erreichen, wozu sie verpflichtet ist. Man muss sich nur die Zahl der Überstunden ansehen, welche die Polizei wie eine Bugwelle vor sich herschiebt. Sie ist nur ein Hinweis darauf, unter
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist mir völlig klar, dass die meisten von Ihnen sich nicht vorstellen können, unter welcher psychischen, aber auch physischen Last Polizistinnen und Polizisten arbeiten müssen.
Nicht nur die ständige Konfrontation mit Opfern, mit Toten, Schwerverletzten und von Tätern übel zugerichteten Menschen ist oft kaum zu ertragen, auch die dann anstehenden Entscheidungen, die nach außen sehr einfach aussehen, stehen an.