Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Kreis-, Verbandsgemeinde- und Bezirksverbands- umlage im Rahmen der kommunalen Doppik Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1773 –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Landesgesetz zur Einführung der kommunalen Doppik erstellen die Gebietskörperschaften in Zukunft sowohl einen Finanz- als auch einen Ergebnishaushalt. Der Ergebnishaushalt umfasst neben den bisher bekannten Einnahmen und Ausgaben, die wir aus der Kameralistik kennen, auch Aufwendungen, die zu einem späteren Zeitpunkt zu Ausgaben führen, wie beispielsweise Rückstellungen, oder zu einem früheren Zeitpunkt geführt haben, wie Abschreibungen auf Investitionen.

Da die umlageberechtigten Gebietskörperschaften wie Kreise, Verbandsgemeinden und der Bezirksverband der Pfalz ihre Umlagen in der Höhe bemessen müssten, die zu einem Haushaltsausgleich führen, entstehen in Zukunft ceteris paribus – d. h. unter sonst gleichen Umständen – oder wenn sich die Parameter nicht verändern höhere Umlageanforderungen.

In einer kurzgutachterlichen Stellungnahme, erstellt im Auftrag des Gemeinde- und Städtebunds RheinlandPfalz, über Rechtsfragen der rheinland-pfälzischen Kreis-, Verbandsgemeinde- und Bezirksumlage in der kommunalen Doppik kommen die Gutachter zu folgendem Ergebnis:

Da der in § 58 Abs. 3 der Landkreisordnung, § 72 der Gemeindeordnung und § 12 Satz 1 der Bezirksordnung

maßgebliche Begriff der Finanzmittel in den kommunalrechtlichen Regelwerken nicht explizit legal definiert wird, muss daher für die Auslegung des Wortlauts zunächst auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden.

Nach Auffassung der Gutachter ist der Begriff „Finanzmittel“ im Sinne von liquiden Mitteln zu verstehen. Von daher sind allein die Finanzrechnungen maßgeblich für die Höhe der Umlagen, nicht jedoch die Ergebnisrechnung.

Die Umlagevorschriften dienten lediglich dazu – so die Gutachter –, einen real bestehenden Fehlbetrag bei den umlageberechtigten Körperschaften auszugleichen, nicht aber, um ihnen zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Festsetzung der Umlage zu verschaffen.

Wörtlich heißt es – ich zitiere –: Die Anknüpfung der Umlagehöhe am Ergebnishaushalt kann sich vor dem Hintergrund vor allem in zweierlei Hinsicht als nicht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar erweisen, sodass in verfassungskonformer Auslegung ausschließlich auf den Finanzhaushalt abzustellen wäre. –

Meine Damen und Herren, würde man den Vorstellungen der Gutachter folgen, so würde sich die Einführung der kommunalen Doppik in Rheinland-Pfalz als nutzlos erweisen; denn faktisch würde man die Kameralistik beibehalten, weil man die Umlagenhöhe einer Gebietskörperschaft an den Finanzerfordernissen weiterhin messen würde.

Es ist sicher richtig, dass eine Umlage, die zu einem Ausgleich sämtlicher Aufwendungen im Ergebnishaushalt führen würde, ceteris paribus das Vermögen der umlageberechtigten Körperschaft auf Kosten der Umlageschuld erhöhen würde.

Meine Damen und Herren, was sich so ein bisschen trocken anhört, hat große Konsequenzen. Alle, die eigentlich umlageverpflichtete Einnehmende seien, sollten gut zuhören.

Auf Dauer findet zwar ein Ausgleich der Belastung zwischen umlageverpflichteter und umlageberechtigter Gebietskörperschaft statt. Über einen kürzeren oder längeren Zeitraum führen nämlich Aufwendungen auch zu Ausgaben und Erträge zu Einnahmen.

Bedenklich könnte es allerdings sein, wenn eine Ortsgemeinde, die ihren Haushalt nicht ausgleichen kann, eine Verbands- und Kreisumlage zahlen müsste, die ihre jährlichen Schulden erhöht, während der Kreis und die Verbandsgemeinde dann Cashflow zum Vermögensaufbau verwenden können. Hier hätten die Gutachter mit ihren Aussagen recht, dass in verfassungskonformer Auslegung ausschließlich auf den Finanzhaushalt abzuheben wäre, so nutzt es wenig, wenn das Ministerium des Innern eine andere Rechtsauffassung vertritt.

Nach Auffassung der FDP-Landtagsfraktion muss in der Landkreisordnung, Gemeindeordnung und Bezirksordnung – Herr Kollege Ramsauer – klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die erforderlichen Umlagen

grundsätzlich zum Ausgleich eines Ergebnishaushalts führen.

An einem kleinen Beispiel des Bezirksverbands will ich es klarmachen. Wir haben jetzt einen Verlust von 2 Millionen Euro aufgrund der Doppik gehabt. Hätten wir die alte kameralistische Form, hätten wir einen Überschuss von 300.000 Euro gehabt. Das sind schon starke Konsequenzen; denn die kommunale Doppik wird mittel- und langfristig zu völlig veränderten Finanzstrukturen in den einzelnen Haushalten führen.

(Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)

Dies beginnt zum einen damit, dass im Ergebnishaushalt Aufwendungen ausgewiesen werden, die zu einem späteren Zeitpunkt zu Ausgaben geführt haben, beispielsweise Abschreibungen für Investitionen. Aber auch Instandhaltungsmaßnahmen größeren Ausmaßes, die in die Hunderttausende Euro gehen können, werden jetzt im Ergebnishaushalt sofort als Aufwand und damit als Ausgaben ausgewiesen, die bisher im Vermögenshaushalt abgebildet und meistens fremdfinanziert waren.

Ich konnte es in unserer Verbandsgemeinde erleben. Wir haben jetzt 300.000 Euro für die Sanierung der Sporthalle enthalten gehabt. Frau Kollegin Ebli kennt übrigens das Problem. Es geht munter in den Ergebnishaushalt hinein. Das war früher im Finanzhaushalt abgebildet und ist über Fremdmittel finanziert worden.

Könnte man Aufwendungen und Ausgaben wie beispielsweise für Instandhaltungsmaßnahmen großzügig vernachlässigen, so beginnt die eigentliche Problematik bei Aufwendungen, die zu einem späteren Zeitpunkt zu Ausgaben führen. Es handelt sich dabei beispielsweise um Rückstellungen für Pensionen, Ehrensold, Altersteilzeit, Beihilfen und Dienstjubiläen.

Selbst Rückstellungen für latente Steuern führen zu Aufwendungen, die unter Umständen niemals zu den tatsächlichen Ausgaben führen. Aber auch Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, Altlastensanierungen, nicht genommenen Urlaub, Gewährleistungen und Prozesse müssten in der dafür gebildeten Höhe zu einem späteren Zeitpunkt nicht eintreten.

Was aber ist die Folge, wenn diese Aufwendungen durch Umlagen von den gebietspflichtigen Körperschaften erhoben werden? – Die umlageberechtigten Gebietskörperschaften generieren einen Cashflow, der gegebenenfalls zu einer Erhöhung des Vermögens führt, während die umlageverpflichteten Gebietskörperschaften diese Vermögensmehrung derzeit sehr oft mit Schulden finanzieren.

Frau Kollegin Ebli ist gerade nicht anwesend.

Das ist das typische Beispiel. Frau Kollegin Ebli weiß dies. Für ihren Haushalt in der Ortsgemeinde Hanhofen musste sie eine Umlage finanzieren, die zur Vermögensmehrung der Verbandsgemeinde geführt hat, die keine Schulden aufgenommen hat. Sie muss dafür die Schulden aufnehmen.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Kollege Hartloff.

Wenn der Gesetzgeber nicht klar regelt, dass die Umlagen auch zu einem Ausgleich des Ergebnishaushalts führen sollten, werden finanzschwache Gemeinden den Klageweg beschreiten, weil sie nicht einsehen können, dass sie Vermögensmehrungen der umlageberechtigten Gebietskörperschaften mit weiteren Schulden und damit mit höheren Zinsbelastungen finanzieren.

In der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 72 der Gemeindeordnung wird für die Verbandsgemeindeumlage ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die als Umlagebedarf einzuplanenden Einzahlungen aus der Verbandsgemeindeumlage mindestens so zu bemessen sind, dass im Finanzhaushalt der Saldo der außerordentlichen Ein- und Auszahlungen ausreicht, um Auszahlungen zur planmäßigen Tilgung von Investitionskrediten zu decken.

Meine Damen und Herren, es ist unproblematisch. Wenn dann noch ausgeführt wird, dass einzuplanende Erträge aus der Verbandsgemeindeumlage so bemessen sein sollen, dass im Ergebnishaushalt mindestens ein ausgeglichenes Jahresergebnis ausgewiesen wird, so wird diese Auffassung, Herr Minister, von der FDP-Fraktion zwar geteilt, aus dem Gesetzestext ist diese Aussage – deswegen unser Antrag – jedoch nicht herzuleiten, meine Damen und Herren.

Die FDP-Fraktion befürchtet, dass eine klagende Gemeinde, die ihre Umlage an ihre Gebietskörperschaft leisten muss, die dort zu einem Vermögensaufbau führt, während sie mit einer Kreditaufnahme in eine weitere Schieflage gerät, im Klageweg bei nicht klarer Gesetzeslage obsiegen könnte, zumal § 93 der Gemeindeordnung in Abs. 6 postuliert – ich zitiere –: „Die Gemeinde darf sich nicht überschulden.“

Die FDP-Fraktion bittet deshalb, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen, damit die Gemeinden eine klare und sichere Rechtsgrundlage haben und die Gerichte nicht gezwungen werden, den Vorstellungen des Ministeriums des Innern Einhalt zu gebieten.

Die FDP-Fraktion fordert die Landesregierung bei dieser Gelegenheit auf, die Gemeindefinanzen im interkommunalen Finanzausgleich zukünftig so zu gestalten, dass die Auswirkungen der kommunalen Doppik auf die einzelnen Haushalte der umlageberechtigten und umlageverpflichteten Gebietskörperschaften berücksichtigt werden.

Ich darf mich bedanken.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat nun Herr Kollege Presl.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Noch ist die kommunale Doppik kein allzu spannendes Thema – Herr

Creutzmann sagte das schon –, aber es ist ein wichtiges Thema für die Kommunen; denn es geht um Berechtigte und Verpflichtete, und es geht um kommunales Geld, das bekanntlich überall knapp ist.

Mit dem vorliegenden Antrag der FDP-Landtagsfraktion wird im Zusammenhang mit der Umstellung der kommunalen Haushaltsführung von der bisher kameralistischen Buchführung auf eine der kaufmännischen Buchführung – ich sage einmal – angenäherten doppischen Buchführung, Haushaltsführung, eben der kommunalen Doppik, ein Thema herausgegriffen, nämlich die Ermittlung des Umlagebedarfs bei den umlageberechtigten Verbandsgemeinden, Landkreisen und dem Bezirksverband der Pfalz.

Der FDP-Antrag hat gegenwärtig nur einen im Wesentlichen theoretischen Hintergrund bzw. Fragegrund. Theoretisch deshalb, weil die neue künftige kommende Haushaltsbuchführung, die Doppik, frühestens ab dem Haushaltsjahr 2007 – wenn überhaupt, nur bei ganz wenigen –,

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

ab dem laufenden Jahr 2008 und spätestens – das wird das Gros sein – ab dem nächsten Haushaltsjahr 2009 einzuführen und zu praktizieren ist. Demnach liegen derzeit zur Beurteilung der in dem Antrag geäußerten Bedenken und Befürchtungen noch so gut wie gar keine Beispiele aus der Praxis vor.

(Creutzmann, FDP: Ha!)

Was ist aber bei dem von Ihnen angesprochenen Thema der Umlageerhebung und der Ermittlung des Bedarfs bei den berechtigten Gemeinden neu, und was ist gegenüber den bisher noch bestehenden und anzuwendenden Rechtsgrundlagen im kommunalen Haushaltsrecht gleichgeblieben? Die Rechtsgrundlagen für die Umlageberechtigung und deren Erhebung waren und sind in der Zukunft in der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und der Bezirksordnung in Verbindung mit dem Finanzausgleichsgesetz geregelt. Dort ist weiter die Berechtigung für die Umlageerhebung entsprechend dem Finanzbedarf bei der Erfüllung der ihnen übertragenen und zulässigen Aufgaben klar geregelt. Das ist also keine Rechtsänderung, sondern es bleibt, wie es war. Auch künftig wird dieser Finanzbedarf anhand und aufgrund der Haushaltsführung bei den Berechtigten im Rahmen der Erfordernisse des Haushaltsausgleichs ermittelt.

Allerdings gab es bisher nur den jährlichen Haushaltsplan, während es künftig zwei Haushaltsnachweise bei der Doppik geben wird, und zwar den Finanzhaushalt und den Ergebnishaushalt. So wie bisher werden auch in der Zukunft beide Haushalte auszugleichen sein. Das schreibt die Gemeindehaushaltsordnung so vor.

(Creutzmann, FDP: Eben nicht!)

Dies wird in der Praxis bedeuten, dass entsprechend der Ausgleichsverpflichtung des § 18 der Gemeindehaushaltsordnung bei den Umlageberechtigten bei der Ermittlung des Umlagebedarfs dies in unmittelbarem Zusammenhang zur Deckungslücke in den jeweiligen Haushal

ten stehen wird. Das heißt, es werden beide Haushalte, es müssen beide Haushalte, nämlich der Finanzhaushalt und der Ergebnishaushalt, zugrunde gelegt werden. Dabei wird wohl von der Sache her der Ergebnishaushalt von zentraler Bedeutung sein.

Was die von der FDP im Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen anbelangt, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sowohl die Umlagefestsetzung in der jeweiligen Haushaltssatzung der Berechtigten als auch die Umlageveranlagung, d. h. die Erhebung der Umlagen, rechtsmittelfähig sind. Die Umlagefestsetzung in der Haushaltssatzung ist im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens und die Umlageveranlagung, die durch einen Verwaltungsakt erfolgen, durch Widerspruch und Klage verwaltungsrechtlich anfechtbar. Das bedeutet die Gewährleistung des Rechtschutzes zugunsten der Umlageverpflichteten. So weit zu den zur Rechtssicherheit oder Rechtsunsicherheit geäußerten Bedenken.