Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften Antrag der Fraktion der FDP – Entschließung – – Drucksache 15/2280 –

Die Grundredezeit beträgt fünf Minuten. Ich bitte um Wortmeldungen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Pörksen das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, heute ist ein guter Zeitpunkt für die Diskussion über den Datenschutz, da dieses Thema tagesaktuell ist. Vor einiger Zeit hat Herr Professor Dr. Hassemer, der ehemals Verfassungsrichter und ehemaliger Datenschutzbeauftragter in Hessen war, auf einer Veranstaltung in Mainz erklärt, er sei der Auffassung, der Datenschutz sei

gegenüber den 80er- und frühen 90er-Jahren auf dem Rückzug. Er war eigentlich sehr pessimistisch in dieser Frage.

Begründet hat er dies durch das Verhalten des Staates und insbesondere der Bundesregierung, die ständig an den Gesetzen herumgedreht hat, weil man der Auffassung war, die Sicherheit müsse zuungunsten der Freiheitsrechte ausgebaut werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen, die wir des Öfteren diskutiert haben, dem Staat aufgezeigt, wo die Grenzen hinsichtlich der Einschränkung von Freiheitsrechten liegen. Ich denke, dies sind ganz wichtige Entscheidungen.

Wir in Rheinland-Pfalz sind immer schon mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorsichtig umgegangen. Ich erinnere an die Diskussion vor wenigen Jahren in diesem Haus über die Neufassung des Polizei- und Ordnungswidrigkeitengesetzes.

Ich habe mir aber vor einiger Zeit die Augen gerieben, als ich lesen konnte, dass Herr Bundesinnenminister Schäuble erklärt hat, es bedürfe keiner neuen Gesetze. Man muss natürlich den Text noch weiterlesen. Ich habe gesagt: Recht hat der Mann! Wir bedürfen in diesem Bereich keiner weiteren neuen Gesetze.

Aber gerade am heutigen Tag hat er im Bundeskabinett, wie wir heute lesen konnten, ein BKA-Gesetz vorgelegt, das wir uns sehr genau anschauen sollten, da genau dort wieder Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vorgesehen sind. Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf seine Ausführungen zur Online-Durchsuchung. Man muss also bei dem, was Herr Schäuble sagt, sehr vorsichtig sein und sehr genau hinschauen.

Meiner Ansicht nach bleibt es weiterhin wichtig für uns, die Balance zwischen der Sicherheit einerseits und der Wahrung der Freiheitsrechte andererseits einzuhalten. Diese ist leider sehr oft in Gefahr geraten.

Heute ist eine gute Gelegenheit, über den privaten Datenschutz zu sprechen; denn genau damit befasst sich der Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben und bei dem die FDP zwischenzeitlich so tut, als habe sie uns dazu auffordern müssen. Herr Kollege Eymael, ich verweise auf unser Regierungsprogramm, in dem es bereits steht. Wir haben lediglich eine gewisse Verzögerung erfahren, da wir es zunächst mit einem anderen Gesetzgebungsverfahren verbunden hatten, es dann aber wieder getrennt haben, um das Gesetz möglichst schnell zu verabschieden.

Wir haben deswegen guten Grund, über den privaten Datenschutz zu sprechen, weil uns LIDL vor wenigen Wochen gezeigt hat, wie man mit dem privaten Datenschutz umgeht, und auch Telekom, eines der größten Unternehmen in unserem Land, nicht gerade zimperlich gewesen ist, was diese Frage anbelangt. Wir wissen im Übrigen auch noch gar nicht, ob dies tatsächlich die einzigen Fälle sind oder ob wir nicht noch mit weiteren Verstößen in dieser Richtung zu rechnen haben.

(Beifall der SPD)

Dies ist also ein wichtiger Zeitpunkt, über den privaten Datenschutz in diesem Haus zu reden.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Aber nicht nur große Unternehmen verhalten sich in einer Weise, die wir nicht akzeptieren können, sondern wir müssen auch sehr viel stärker dafür Sorge tragen, dass insbesondere junge Menschen wissen, was sie tun, wenn sie sich in sogenannten Internet-Foren offenbaren. Ich nenne die Internet-Foren schülerVZ.net und studiVZ.net, Foren, in denen Schülerinnen und Schüler bzw. Studentinnen und Studenten alle möglichen persönlichen Daten bis hin zu Filmen oder Trinkgelage einstellen können und in denen jedermann sie sehen kann. Dabei übersehen sie völlig, dass diese Daten, selbst wenn sie sie irgendwann einmal wieder löschen, in der Welt sind; denn ich oder ein Nutzer aus China kann sie sich zwischenzeitlich heruntergeladen haben.

(Zuruf des Abg. Harald Schweitzer, SPD)

Ich natürlich nicht, Herr Kollege Schweitzer,

(Heiterkeit im Hause)

aber meine Mitarbeiterin. – Danke für den Hinweis!

Man kann die Daten herunterladen und kann sie speichern. Dann nützt das Löschen im Internet nichts mehr. Dann sind die Daten in der Welt. Junge Menschen scheinen offensichtlich nicht zu erkennen, dass diese Daten eines Tages einmal zu einer Gefahr für sie selbst werden können; denn auch Personalchefs wissen, was es in solchen Foren zu lesen und zu sehen gibt. Von daher ist es ganz wichtig, in diesem Bereich mehr Informationen zu geben. Daher ist der private Datenschutz auch gut bei unserem Landesdatenschutzbeauftragten angesiedelt.

(Beifall der SPD)

Ich denke, die Hauptaufgabe im privaten Datenschutz ist nicht die Kontrolle, sondern die Aufklärung. Wir müssen in Schulen Aufklärung betreiben und darüber informieren, was geschieht, wenn man mit seinen Daten leichtfertig umgeht. Aus diesem Grund ist es auch wichtig und richtig, den Datenschutz, wie dies im Übrigen eine europäische Richtlinie fordert, beim Datenschutzbeauftragten zu konzentrieren, wie dies unser Gesetzentwurf vorsieht.

Wir werden uns auch in der Datenschutzkommission mit diesen Fragen beschäftigen und die Frage klären müssen, inwieweit wir in dieser Kommission für eine Verbesserung der Kenntnisse über die Gefährdung durch persönliche Daten Sorge tragen können.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einige Sätze zum Entschließungsantrag der FDP sagen. Vor einigen Wochen ist in diesem Hause darüber geklagt worden, dass die SPD-Fraktion so spät einen Antrag eingebracht habe, sodass man ihn nicht rechtzeitig habe lesen können. Gleiches gilt aber sicherlich auch für diese Resolution. Deswegen ist es besser, diese Resolution heute nicht zu verabschieden, sondern sie gemeinsam im Ausschuss zu beraten, um möglicherweise einen ge

meinsamen Antrag einbringen zu können, wie wir dies vor wenigen Wochen auch beim Datenschutzbericht getan haben. Dies scheint mir der bessere Weg zu sein. Deswegen sollten wir heute über das Gesetz entscheiden und im Ausschuss eine Beratung des Antrags der FDP vornehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Schneiders das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich die Tagesordnung gelesen habe, habe ich mir die Frage gestellt, warum wir diesen Punkt heute im Plenum groß debattieren, weil wir eigentlich von Beginn an Einigkeit hatten. Es geht um die Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften im Landesdatenschutzgesetz von 1994, ein gemeinsames Anliegen aller Fraktionen, auch wenn die SPD mit einem eigenen Gesetzesantrag – Drucksache 15/2109 – vorgeeilt ist. Erst heute habe ich erfahren, worum es wirklich ging.

Herr Kollege Pörksen, es freut mich, dass Sie am Ende noch einmal zu dem Gesetzentwurf, den wir verändern wollen, gekommen sind. Es ging darum, dass Sie die Aufklärungsarbeit des Landesdatenschutzbeauftragten in verschiedenen Veranstaltungen völlig zu Recht gelobt haben. Man hatte den Eindruck, es war das Bedürfnis, dass die SPD-Fraktion mit Ihrer Person noch einmal deutlich machen wollte, was es alles noch geben könnte.

Ich möchte mich auf den vorliegenden Gesetzentwurf beschränken. Zum einen geht es darum, den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Rechnung zu tragen, wonach die in den Mitgliedstaaten einzurichtenden Kontrollstellen die ihnen zugewiesenen Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrzunehmen haben.

Zum anderen ist mit Blick auf die technischen Entwicklungen und die steigende Zusammenarbeit im automationsgestützten Bereich eine effektive Datenschutzkontrolle dauerhaft nur zu gewährleisten, wenn die vorhandenen Ressourcen gebündelt werden. Deswegen soll die bisher bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion angesiedelte Aufsicht im Bereich nicht öffentlicher Stellen und öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsunternehmen ebenso dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zugeordnet werden wie bisher schon die Kontrolle bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen.

Durch die entsprechende Änderung und Ergänzung des § 24 Abs. 1 des Landesdatenschutzgesetzes wird dieses Ziel erreicht. Damit geht die Aufhebung der Landesverordnung über die Zuständigkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz einher.

Wir sollten uns zumindest alle darüber im Klaren sein, dass dies auch Verschiebungen bzw. Anpassungen bei Personal- und Sachmitteln nach sich ziehen wird. Herr Kollege Pörksen, wenn wir es gutheißen, dass die Arbeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz, was Kontrolle und Aufklärung angeht, zu intensivieren und fortzusetzen ist und im Vergleich zu den letzten Veranstaltungen, die auch in der Öffentlichkeit gelaufen sind, gutzuheißen ist, dann müssen wir wissen, dass die Mittel umgeschichtet, vielleicht sogar auch aufgestockt werden müssen.

Sie haben es angesprochen, seit heute liegt uns auch ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion – Drucksache 15/2280 – zum Gesetzentwurf vor. Wir haben die Möglichkeit, die Sie angesprochen haben, den Antrag an den Innenausschuss zu überweisen, der ihn federführend beraten soll, und gleichwohl heute die Gesetzesänderung zu beschließen. Dem folgen wir.

Wir sind mit der Überweisung des Entschließungsantrags an den Innenausschuss einverstanden und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.

Ich erteile Herrn Kollegen Auler das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Handeln im Bereich des Datenschutzes ist dringend geboten. Gerade die aktuellen Datenschutzskandale in der heutigen Zeit bei der Deutschen Telekom, aber auch bei LIDL und anderen Lebensmittelketten zeigen, dass dringend Handlungsbedarf für eine Stärkung des Datenschutzes im nicht öffentlichen Bereich besteht.

Ich habe an dieser Stelle bereits im letzten Jahr gefordert und dies auch mit einer Anfrage an die Landesregierung unterlegt, dass in diesem Bereich unbedingt eine Verschiebung des Datenschutzes bei den nicht öffentlichen Bereichen hin zum Landesdatenschutzbeauftragten erfolgen muss.

Für den Bürger muss es bürgerfreundlich sein. Der Bürger kann nicht wissen, dass der Datenschutz bei nicht öffentlichen Stellen noch bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bearbeitet wird. Der Bürger braucht einen Ansprechpartner. Das muss der Landesdatenschutzbeauftragte sein, egal, ob es sich um öffentliche oder nicht öffentliche Stellen handelt.

Es ist heute ganz klar, dass die Nutzung von modernen Datenverarbeitungssystemen unausweichlich ist, damit jedoch auch eine verstärkte Nutzung von personenbezogenen Daten verbunden ist, die die Gefahr wachsen

lässt, dass Kunden- und Arbeitnehmerdaten auch missbraucht werden können.

Jedes Unternehmen, aber auch jeder einzelne Bürger muss verpflichtet werden, die bestehenden datenschutzrechtlichen Regelungen zu beachten.

Auch leistet Rheinland-Pfalz einen Beitrag dann, wenn wir dies so vollziehen, um mögliche Strafzahlungen von Deutschland abzuwenden, nachdem die EUKommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Vertragsverletzung verklagt hat, weil in den Bundesländern die in der EU-Datenschutzrichtlinie vorgeschriebene vollständige Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht für den nicht öffentlichen Bereich nicht umgesetzt werde.

Der nicht öffentliche Datenschutz muss über die Neuregelung der Datenschutzkontrolle hinaus in RheinlandPfalz gestärkt werden.

Wir haben deshalb seitens der FDP-Fraktion den Ihnen allen vorliegenden Entschließungsantrag eingebracht und fordern die Landesregierung auf, „im Rahmen ihrer Kompetenz sicherzustellen, dass die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme auch im Bereich des nicht öffentlichen Datenschutzes umfassend geachtet werden“.

Wir fordern die Landesregierung außerdem auf, „sich dafür einzusetzen, dass keine zentrale Speicherung von Unternehmensdaten“ – wie etwa die Verbindungsdaten sämtlicher Telefonkunden – „durch den Staat erfolgt, den Grundsatz der Datensparsamkeit zu stärken und seine Achtung zu gewährleisten und bei weiteren datenschutzrechtlichen Regelungen im nicht öffentlichen Bereich das Fundament für größtmögliche Transparenz und Überprüfbarkeit der Verarbeitungsprozesse zu legen, damit die Beteiligten eigenverantwortlich über ihre Daten bestimmen können“.