Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Ich sage deutlich, ein Konversionsfall Baumholder hätte mit Sicherheit die Möglichkeiten der Region und des Landes bei Weitem gesprengt. Das weiß jeder, der einmal in Baumholder war und weiß, dass etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Stadt nur amerikanische Liegenschaften sind, die gar nicht zu entsorgen und zu besetzen wären. Ich glaube, von daher war die Entscheidung goldrichtig.

Ich möchte noch etwas betonen, was vorhin schon vom Minister angesprochen worden ist. Die Amerikaner werden in Baumholder gut aufgenommen. Viele ehemalige amerikanischen Generäle und Offiziere sind mittlerweile entsprechend in höheren Dienststellungen angekommen. Diese kommen immer wieder nach Baumholder und freuen sich, dass sie hier sind. Sie haben sich auch für Baumholder verwendet.

Gleichzeitig wird auch bei den Amerikanern anerkannt, dass sich die Landesregierung voll hinter die amerikanische Stationierung stellt. Wir haben öfter in Baumholder Veranstaltungen, wenn Truppen zum Kampfeinsatz in den Irak abziehen oder wenn sie zurückkommen. Es gibt dann immer größere Aufmärsche. Stets sind Vertreter der Landesregierung dort. Ich glaube, das ist durchaus auch nicht überall die Regel. Das wird sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Der Herr Minister sprach es vorhin an, die erforderlichen Verbesserungen und eine Attraktivierung des Standorts werden und müssen angegangen werden. Der Truppenübungsplatz, der auch von der Bundeswehr noch sehr rege genutzt wird, ist ein ganz wichtiger Punkt des Gesamtkonzeptes. Zu nennen ist auch die Verbesserung der Infrastruktur, die ohnehin bereits im Ranking sehr hoch angesiedelt ist.

Ich glaube, mit dieser Entscheidung, über die wir uns alle freuen und die von uns allen noch etwas an Arbeit verlangt, können wir alle sehr gut leben. Wir können uns freuen. Ich sage nochmals, es war eine gute Woche für Baumholder, für die Region und für das Land.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Damit sind wir am Ende der Diskussion zum dritten Teil der Aktuellen Stunde und treten in die Mittagspause bis 14:15 Uhr ein.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 13:14 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 14:15 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Sitzung fort. Zunächst darf ich Gäste begrüßen, und zwar Seniorinnen und Senioren der Seniorenresidenz St. Sebastian in Dudenhofen. Herzlich willkommen in Mainz im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Regierungserklärung

„Wir bringen Potenziale zur Entfaltung“

Ich erteile Herrn Wirtschafts- und Verkehrsminister Hering das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bild unseres Landes wird geprägt von seinen romantischen Flusslandschaften, dem Wechsel zwischen Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Es ist der Reichtum an unterschiedlichen Landschaften, der Rheinland-Pfalz so attraktiv macht. Unsere Kulturlandschaften wurden durch landwirtschaftliche Nutzung geboren und leben durch sie weiter. Sie sind Grundlage für den Tourismus und dienen den Menschen als Wohn- und Erholungsraum.

In den ländlichen Räumen lebt und arbeit die Mehrheit der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer. Die ländlichen Räume machen knapp zwei Drittel der Landesfläche aus.

Die ländlichen Räume stehen vor einem Veränderungsprozess, der eng mit der demografischen Entwicklung verbunden ist. Es geht darum, die Chancen und Potenziale zu erkennen und zu nutzen, die ein solcher Veränderungsprozess mit sich bringt.

Meine Damen und Herren, dem Prozess des Wandels einen Rahmen zu geben, in dem sich die Potenziale entfalten können, dafür steht unsere Politik für die ländlichen Räume. Es geht um eine moderne Landwirtschaftspolitik, es geht um eine moderne Wirtschaftspolitik, es geht um infrastrukturelle Voraussetzungen für die Entwicklung ländlicher Räume, wie die Nahversorgung und die Verkehrsanbindung.

Wer gute Politik für die Menschen in den ländlichen Räumen machen möchte, muss neben einer nachhaltigen Landwirtschaftspolitik vor allem auch die positive Entwicklung von Wertschöpfung und Infrastruktur in ländlichen Räumen fördern.

(Beifall der SPD)

Die Ziele der Landesregierung bestehen daher aus einer wirtschaftlichen Stärkung dieser Gebiete auch außerhalb der Land- und Forstwirtschaft, der Erhaltung und Schaffung geeigneter Infrastruktur und der Bewahrung der Kulturlandschaft. Wir wollen in Rheinland-Pfalz weiter an einem Netz arbeiten, in dem jeder Teil des Landes seinen Beitrag zum Gelingen des Ganzen beiträgt, einem Netz, das alle Teile trägt; denn dieses Netz ist die große Stärke unseres Landes. Dabei konzentrieren wir uns darauf, die Stärken zu stärken.

Die Lösung der Zukunftsaufgaben unseres Landes muss bei einer vernetzten, integrierten Politik für die ländlichen Räume ansetzen. Die Vernetzung wichtiger Bereich der mittelständisch geprägten Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Daseinsvorsorge und der Infrastruktur setzt die richtigen Impulse für den Erhalt und für die Stärkung regionaler Identität. In diesem Umfeld werden sich die Potenziale der Menschen in den ländlichen Räumen entfalten.

Meine Damen und Herren, die Dynamik, wie wir sie im vergangenen Jahr auf einigen wichtigen Agrarmärkten erlebt haben, lässt die Medien von einem „Comeback der Bauern“ sprechen und sogar ein neues Zeitalter für die Landwirtschaft einläuten. Auch wenn manche Preisentwicklungen in ihrem Ausmaß von kurzfristigen Einflüssen mitbestimmt waren, so lässt sich doch feststellen, die Situation auf wichtigen Agrarmärkten hat sich grundlegend und nachhaltig verändert.

Die Preise für Lebensmittel nähern sich dem Wert dieser an. Hochwertige Lebensmittel zu erzeugen, das ist die Herausforderung unserer Zeit. Das ist zugleich eine große Chance, eine wiedergewonnene Perspektive für unsere Landwirtschaft.

Wir wissen aber auch, es gibt Schattenseiten dieser Entwicklung. Die gestiegene Nachfrage und die vermehrte Nutzung von Rohstoffen der Lebensmittelproduktion als Biokraftstoff haben dazu beigetragen, dass Nahrungsmittel für viele Menschen in den Entwicklungsländern unbezahlbar werden und auch die Lebenshaltungskosten in Deutschland steigen.

Ursächlich für diese Schattenseiten aber – und das muss klar gesagt werden – sind Knappheiten auf der Angebotsseite. Wir brauchen mehr hochwertige Lebensmittel. Wir brauchen eine gesunde Perspektive für die Landwirtschaft. Wir brauchen letztlich eine Agrarpolitik in Europa und darüber hinaus, die wirtschaftliche Anreize für eine nachhaltige Steigerung der Agrarproduktion bietet.

Aus marktverzerrenden Maßnahmen der Vergangenheit gilt es zu lernen. Agrarmärkte dürfen und werden künftig nicht am Subventionstropf hängen. Wer nur den Subventionen das Wort redet, zeigt, dass er kein Vertrauen

in die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft besitzt. Ich glaube an die Landwirtschaft!

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, gerade deshalb ist es nach meiner festen Überzeugung wichtig, in diesen Zeiten des Umbruchs in der Agrarpolitik einen verlässlichen Kurs zu steuern. Diese Grundhaltung bestimmt auch die Position der Landesregierung in der aktuellen Diskussion um den sogenannten „Gesundheitscheck“, zu dem die EUKommission am 20. Mai 2008 ihre legislativen Vorschläge vorgelegt hat.

Ich spreche mich entschieden dagegen aus, zum jetzigen Zeitpunkt die Modulation zu erhöhen. Die Betriebsprämie wurde 2005 für einen Zeitraum bis 2013 eingeführt. Bis dahin sollte sie für die Betriebe eine verlässliche Planungsgröße sein.

Ein zweites wichtiges Thema in der Diskussion um den Gesundheitscheck ist die Zukunft der Milchquote nach 2015. Hier sollten wir uns nichts vormachen, die Zeichen stehen eindeutig auf Ausstieg. Die von der Kommission gesetzten Quotenerhöhungen und Vorschläge zeigen, das Ende der Quote ist eingeläutet. Bis dahin ist ein gleitender Ausstieg zu organisieren. Die Landesregierung wird die Milcherzeuger in diesem Anpassungsprozess mit einer gezielten Strukturförderung unterstützen, damit sich die Milcherzeugung als Rückgrat der Landwirtschaft in den Mittelgebirgsregionen unseres Landes auch weiterhin erfolgreich im Wettbewerb behaupten kann.

(Beifall bei der SPD)

Milch ist ein sehr hochwertiges Nahrungsmittel. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben zu Recht ein großes Vertrauen in heimische Produkte entwickelt. Diese sind nicht zum Nulltarif zu erhalten. Andererseits ist der Lebensmitteleinzelhandel gerade bei Milch von einem teilweise ruinösen Preiskampf geprägt, bei dem kleine und mittlere Betriebe gegenüber den großen Handelsketten auf der Strecke bleiben. Die hohe Qualität der Produkte verdanken wir den heimischen Milchbauern. Bei ihnen muss ein gerechter Teil des Milchpreises ankommen.

(Beifall der SPD)

Ein wichtiges Anliegen von mir ist es, für einen einheitlichen Ausgleich für die gesellschaftlichen Leistungen unserer Landwirte zu sorgen. Die Betriebsprämie vergütet die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Landwirte – die Weiterentwicklung unserer Kulturlandschaften.

Diese Prämie, die keine Subvention ist, die eine Vergütung für eine Leistung darstellt, muss zukunftsfähig ge- staltet werden. Diese Regelung muss nachvollziehbar, transparent und vor allem gerecht sein!

Wieso liegt die Prämie in Rheinland-Pfalz bei rund 290 Euro und in Schleswig-Holstein bei rund 360 Euro? Dies ist durch nichts zu rechtfertigen! Mit dieser Regelung sind eklatante Wettbewerbsverzerrungen und

Nachteile für die rheinland-pfälzische Landwirtschaft verbunden, die wir so auf Dauer nicht hinnehmen.

(Beifall der SPD)

Mit einer gezielten Strukturpolitik wollen wir in Rheinland-Pfalz gute Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft setzen. Für diese Politik steht in Rheinland-Pfalz unser Entwicklungsprogramm PAUL. Die Schwerpunkte liegen in der Investitionsförderung, in der Bodenordnung, in der Marktstrukturverbesserung und in der Junglandwirteförderung. Wir haben zudem die einzelbetriebliche Investitionsförderung finanziell aufgestockt. Gleichzeitig sichern wir mit der Förderung der benachteiligten Gebiete oder den Agrarumweltmaßnahmen – wie beispielsweise bei der Steillagenförderung im Entwicklungsprogramm PAUL – unsere abwechslungsreichen Kulturlandschaften.

Meine Damen und Herren, sprechen wir über Agrarpolitik, so rücken schnell Zahlen in den Vordergrund. Wie viel Geld wird für diese oder jene Maßnahme bereitgestellt? Das ist wichtig. Aber letztlich entscheidend ist, ob wir junge Menschen für die grünen Berufe gewinnen können, ob junge Menschen dort Perspektiven für sich und ihre Familien erkennen, ob sie sich begeistern lassen.

Neben einer gezielten und effizienten Förderung sind dafür vor allem Investitionen in die Köpfe notwendig.

(Beifall der SPD)

An erster Stelle steht daher ein sehr gutes Aus- und Weiterbildungssystem. Der landwirtschaftliche Nachwuchs muss in die Lage versetzt werden, die Betriebe auf die Herausforderungen der Märkte einzustellen. Diese Aufgabe in der Weiterbildung ist eine zentrale Aufgabe eines jeden Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum. Unternehmerisches Handeln bedarf einer soliden Basis. Wir wollen unternehmerisches Handeln, also legen wir auch großen Wert auf die Aus- und Weiterbildung. In diesem Jahr hat die Zahl der Berufsschüler für grüne Berufe erneut zugelegt – um erfreuliche 3 %. Die ländlichen Räume und die Agrarwirtschaft in RheinlandPfalz bieten viele Chancen und benötigen dafür qualifizierten und engagierten Nachwuchs. Ohne kluge Köpfe hilft jede gezielte Förderung nichts!

Meine Damen und Herren, die Stärke unseres Bundeslandes ist die Stärke seiner Regionen. Regionale Identitäten haben eine wichtige Funktion. Die Menschen in Rheinland-Pfalz identifizieren sich in hohem Maße mit ihrer Region, ihrer Heimat! Gemeinsame Aktivitäten erzeugen – wie derzeit z. B. an der Mosel erlebbar – eine beeindruckende Aufbruchstimmung. Die Regionalinitiativen greifen regionale Stärken und Kompetenzen auf und schaffen durch Vernetzung, Kooperationen und Innovation neue Wertschöpfungspotenziale. Erfreulicherweise gibt es auch in vielen anderen Regionen Bestrebungen zu einem neuen Wir-Gefühl.

Ich denke dabei an die jüngste Entwicklung im Westerwald, wo die drei Landkreise noch stärker ihre regionale Identität als „Wäller“ herausstellen und noch enger als bisher zusammenarbeiten wollen. Ich denke an die Re

gion Hunsrück/Nahe, wo die Initiativen „SooNahe“ und „Hunsrück Marketing“ mit unserer Unterstützung gemeinsam an einer regionalen Dachmarke arbeiten. In Rheinhessen und in der Pfalz werden unter dem Dach „Rheinhessen Marketing“ bzw. „Pfalz Marketing“ schon seit längerer Zeit Aktivitäten in den Bereichen Wein und Tourismus gebündelt.

Alles das leistet einen wertvollen Beitrag zum Zusammenwachsen der Regionen und natürlich auch zum regionalen Standortmarketing. Welche Erfolge eine Regionalmarke im agrarischen Bereich feiern kann, zeigt eindrucksvoll die Eifel.