Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

(Zurufe im Hause)

Keine Angst, meine Damen und Herren, das, was ich zu sagen habe, kann ich in einer Minute sagen.

Herr Minister, die SPD hat in dieser Frage – ich kann es nur immer wiederholen – zwei Gesichter, hier im Landtag das einer Mittelstandspartei. Draußen auf Ihren Parteitagen pflegen Sie die linke Seele.

(Zurufe von der SPD)

Achten wir einmal darauf: Anträge auf Wiedereinführung der Vermögensteuer und vor allem Ihr Konzept im Bund über die Erbschaftsteuer. Das beste Konzept zur Unternehmensnachfolgesicherung wäre, wenn Sie Ihre Vorschläge zur Erbschaftsteuer zurückziehen und damit die Verunsicherung, die in diesem Bereich vorhanden ist, wegnehmen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich stelle fest, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen daher zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst unmittelbar über den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP „Marketing Unternehmensnachfolge“ – Drucksache 15/2110 – ab, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme empfiehlt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist mit den Stim

men der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen nun zur unmittelbaren Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD „Mitarbeiterbeteiligung RLPplus“ – Drucksache 15/2111 –, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme empfiehlt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU und der FDP angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:

Postversorgung in Rheinland-Pfalz sichern Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und CDU – Drucksache 15/2170 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache15/2286 –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Eymael das Wort zur Berichterstattung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Präsident des Landtags hat den Antrag auf Verlangen der Antragstellenden gemäß § 60 Abs. 2 GOLT unmittelbar an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen.

Der Antrag hat den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/1445 – und den Alternativantrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 15/1763 – ersetzt, die bereits in der 14. Sitzung am 15. Januar 2008 und in der 17. Sitzung am 10. April 2008 beraten wurden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat den Antrag in seiner 20. Sitzung am 27. Mai 2008 beraten. Da es sich um einen Gemeinschaftsantrag von SPD, FDP und CDU handelt, wird es kaum überraschen, dass die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird angenommen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Klamm das Wort.

Lieber Herr Präsident Bauckhage, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern wir uns zurück: Vor 30 Jahren war die postalische Welt noch in Ordnung. Die flächendeckende Postversorgung war durch die Bundespost gesichert. Die Bürgerinnen und Bürger hatten ihren Briefträ

ger, der gerade für viele ältere Bürgerinnen und Bürger Ansprechpartner war.

Der Briefkasten war in der Nähe. In jeder Poststelle und in jedem Postamt konnte man von seinem Postsparbuch oder Postscheckkonto Geld abheben. Und überhaupt, es gab in jedem Ort eine Post und mehrere Zehntausend Briefkästen mehr.

(Beifall bei der SPD – Harald Schweitzer, SPD: Das war auch gut so!) )

Nun, in diesem Bereich hat sich inzwischen vieles verändert. Die ehemalige Bundespost wurde privatisiert und ist eine Aktiengesellschaft geworden, die sich an der Börse behaupten muss. Private Anbieter kamen auf den Markt und wollten natürlich auch ein Stück des postalischen Kuchens. Dies war und ist so gewollt.

Für die Post AG galt zuletzt wie für alle EU-Mitgliedstaaten die Exklusivlizenz für Briefsendungen unter 50 Gramm, das sogenannte Briefmonopol. Mit der PostUniversaldienstleistungsverordung (PUDLV) wurden die inhaltlichen Parameter der Postversorgung, die die Post AG zu erbringen hatte, beschrieben und festgesetzt.

Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste wurde die Exklusivlizenz für Briefsendungen unter 50 Gramm in der Bundesrepublik Deutschland zum 31. Dezember 2007 aufgehoben. Leider wurde kein zeitlich harmonisierter Liberalisierungspfad für Postdienstleistungen auf europäischer Ebene erreicht. So lief z. B. in Frankreich im Gegensatz zu Deutschland das Briefmonopol nicht Ende 2007 aus, sondern es wurde die vom Rat beschlossene Änderung in Anspruch genommen und die Marktöffnung weiter hinausgeschoben.

Auch die SPD wollte aus Gründen der Chancengleichheit in der EU für Deutschland eine Verlängerung des Briefmonopols um zwei Jahre. Die CDU wollte dies auch in ihrem ersten Antrag. Aber leider hatte diese Forderung keine Aussicht auf Erfolg in Berlin. Somit lief das Briefmonopol aus und damit auch die Selbstverpflichtung der Post AG zur flächendeckenden Postversorgung.

Auch sind zum 31. Dezember 2007 zwei wichtige Merkmale der PUDLV ausgelaufen, nämlich die Überprüfung der Einhaltung der Mindestzahl von 12.000 stationären Einrichtungen, also die Überprüfung – die Mindestzahl gilt allerdings dessen ungeachtet zurzeit unbeschadet fort –, und die Verpflichtung zum Betrieb von 5.000 stationären Einrichtungen mit unternehmenseigenem Personal. Diese Verpflichtung war ohnehin aber bereits durch eine rechtliche Spitzfindigkeit des Unternehmens, also sprich der Post AG, faktisch unterlaufen worden; denn es wurden z. B. Beschäftigte durch Abschluss von Werkverträgen mit Quelle-Shop-Betreibern zu Beschäftigten des Unternehmens gemacht.

Für uns stellt sich nun die Frage: Wie geht es mit der Postversorgung in Deutschland und in Rheinland-Pfalz weiter? – Das Postgesetz regelt die Rahmenbedingungen für die Postmärkte in Deutschland. Unter anderem soll durch das Gesetz die sogenannte „Rosinenpickerei“

von Postdienstleistern unterbunden werden. Das heißt, der vom Europäischen Parlament geforderte sogenannte Ausgleichsfonds steht in Deutschland bereits vergleichbar im Postgesetz. In Deutschland wird dies Gewährleistung des Universaldienstes genannt mit der Möglichkeit einer Ausgleichsabgabe.

Da die Post zurzeit ca. einen Marktanteil von 90 % hat, ist sie daher auch am stärksten gefordert. Die Deutsche Post AG ist im Prinzip weiterhin faktisch verpflichtet, den Postuniversaldienst bundesweit und damit auch für Rheinland-Pfalz zu erbringen.

Es ist aber durch das Auslaufen des sogenannten Briefmonopols dringend erforderlich, dass die PUDLV und das Postgesetz überarbeitet und den neuen Gegebenheiten angepasst werden.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Da auch die Zusagen der Post AG aus ihrer Selbstverpflichtungserklärung vom April 2004 außer Kraft getreten sind, ist zu befürchten und stellenweise auch schon festzustellen, dass die Qualität im Bereich der Briefdienstleistungen nicht mehr in dem Maße gewährleistet ist, wie dies bis Ende 2007 der Fall war. Dies ist gerade im Hinblick auf die Interessen der älteren Menschen und für den ländlichen Raum inakzeptabel. Hier hätte das Bundeswirtschaftsministerium schon längst tätig werden müssen und können. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat bereits im Juni 2007 vor dem Auslaufen der Exklusivlizenz einen neuen Entwurf gefordert, und der Bundesrat hat sich der Aufforderung im März 2008 mit den Stimmen von Rheinland-Pfalz angeschlossen. Leider gab es bisher kein Tätigwerden des Bundeswirtschaftsministers.

Doch wie auch immer die neue PUDLV aussehen wird, eines steht fest, die Postversorgung in Rheinland-Pfalz muss flächendeckend und für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar sein; denn durch die demografische Entwicklung in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz mit einer immer älter werdenden Gesellschaft ist daher insbesondere den Interessen der älteren Menschen bei der Versorgung mit Postdienstleistungen Rechnung zu tragen. Dazu gehören die Briefzustellung, die Paketzustellung, die Möglichkeit, Briefmarken zu kaufen usw. Es darf nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger nur noch dann, wenn sie bereit sind, kilometerweit zu fahren, Postdienstleistungen in Anspruch nehmen können.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang muss es gewährleistet sein, dass der mobile Postservice überall dort zur postalischen Grundversorgung beiträgt, wo sich keine Postfiliale vor Ort befindet. Dies gilt auch für die Versorgung mit Briefkästen, die momentan noch nach den Mindestvorgaben der PUDLV vorgehalten werden. Dieser Standard, nämlich 108.000 Briefkästen bundesweit, muss erhalten bleiben. Eine weitere Reduzierung wie in der Vergangenheit darf nicht mehr erfolgen.

(Beifall bei der SPD)

Dies gilt ebenso für die tägliche Leerung der Briefkästen und die Briefzustellung an den sechs Werktagen in der Woche.

Ebenso muss in einer neu gefassten PUDLV festgeschrieben werden, dass nicht nur in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine stationäre Einrichtung vorhanden sein muss, sondern dies innerhalb zusammenhängend bebauter Wohngebiete künftig gelten muss. Hier liegen wir mit der Gewerkschaft ver.di auf einer Linie, mit der wir in dieser Woche erneut ein Gespräch zu diesem Thema führten.

Wir brauchen stationäre Einrichtungen in der Fläche, die kundenfreundliche Öffnungszeiten haben, fußläufig zu erreichen sind und nicht im vierteljährlichen Wechsel eröffnet und wieder geschlossen werden, weil die Agenturnehmer nicht mehr bereit sind, für die schlechte Bezahlung durch die Post AG die erforderlichen Postdienste anzubieten. Wir haben inzwischen Gemeinden, in denen alle vorhandenen Geschäfte schon einmal Agenturnehmer waren und über kurz oder lang ihre Verträge wieder gekündigt haben, auch weil die Geschäftsinhaber den in den Agenturen beschäftigten Arbeitnehmern nicht genug Gehalt bezahlen konnten, weil sie von der Post zu wenig Geld bekamen. Ich sage, das sind unhaltbare Zustände.

In Gesprächen mit Agenturnehmern wurde auf die Mentalität der Post „Vogel friss oder stirb“ hingewiesen.

(Glocke des Präsidenten)

Wir fordern daher, dass die Post endlich für eine angemessene Bezahlung der Agenturen sorgt, damit eine flächendeckende Versorgung erhalten bleiben kann.

Unsere Ziele sind in dem Antrag erneut genannt. Ich darf mich bei der Landesregierung und bei Herrn Wirtschaftsminister Hering bedanken, dass er diese Ziele auch in unserem Namen bisher konsequent verfolgt hat und weiterhin verfolgt.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Weiner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Post behauptet immer noch, ihr Service sei besser geworden. Die Bürger sagen uns, der Postservice hat sich verschlechtert. Besonders betroffen fühlen sich die Menschen, die auf dem Dorf wohnen. Der Briefkasten um die Ecke – Frau Kollegin Klamm hat das eindrucksvoll geschildert – ist schon vor Jahren abmontiert worden. Die Poststellen wurden geschlossen. Die Läden, in denen vorübergehend Postdienste angeboten wurden, haben aufgegeben oder zumindest den Postdienst aufgegeben.

Jetzt kommt noch hinzu, dass in vielen kleinen Orten, in denen noch ein Kindergarten oder eine Schule existieren, ein paar junge Familien weniger sich wegen fehlender Einkaufsmöglichkeiten oder Infrastruktur ihren Wohnsitz nehmen, und dann stehen auch noch die Kindertagesstätten und Grundschulen auf der Kippe. Es kommt noch hinzu, dass den Berufstätigen die Pendlerpauschale gekürzt wurde. Die Spritpreise steigen und steigen.

(Zuruf von der SPD)

Was hat das mit der Post zu tun? Ich will es Ihnen gleich sagen. Die Landflucht hat längst begonnen. Zurück bleiben auf den Dörfern überwiegend ältere Menschen, genau die Gruppe, die mit Online-Banking und E-Mails wenig am Hut haben.