Protokoll der Sitzung vom 01.10.2008

Wir befürworten eine finanzwirtschaftlich sinnvolle Weiterentwicklung der Schuldenbegrenzung. Drei zentrale Bausteine sind zu nennen:

Erstens, die strukturelle Verschuldung muss messbar gemacht werden. Wir brauchen ein nachvollziehbares, streitunanfälliges Verfahren, das die konjunkturell verur

sachten Defizite und Überschüsse identifiziert. Nur so lässt sich die strukturelle Verschuldung feststellen, kontrollieren und sinnvoll begrenzen, und nur so lässt sich sicherstellen, dass die automatischen Stabilisatoren des Staatsbudgets auch weiterhin ungestört ihre Wirkung entfalten können. Vor allem aber wird uns ein wirksames Konjunkturbereinigungsverfahren davor warnen, konjunkturelle Überschüsse für dauerhafte Mehrausgaben oder Steuersenkungen einzuplanen, die wir uns nicht leisten können.

(Ministerpräsident Beck: Sehr richtig!)

Wir haben hierzu für die Länderebene die Einrichtung eines Stabilisierungsfonds vorgeschlagen, der sich am Modell des rheinland-pfälzischen Stabilisierungsfonds für die Kommunen orientiert.

Zweitens haben wir eine gesamtstaatliche Begrenzung der strukturellen Verschuldung auf 0,75 % des Bruttoinlandsprodukts vorgeschlagen, davon 0,25 % für die Länder. Ein vollständiges Verschuldungsverbot lehnen wir ab. Es muss weiterhin möglich sein, große Nettoinvestitionen auf die Schultern mehrerer Generationen zu verteilen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nochmals an die Herausforderungen der Konversion. Eine maximale Defizitquote von 0,75 % des Bruttoinlandsprodukts – rund 18 Milliarden Euro zurzeit – wäre im Übrigen alles andere als eine „weiche“ Vorgabe.

Abhängig vom zu erwartenden Wachstumspfad würde dies bedeuten, dass die Schuldenstandsquote von derzeit rund 63 % des Bruttoinlandsprodukts – 60 % lässt Maastricht zu – längerfristig auf 20 % bis 25 % sinken und sich damit im Vergleich zu heute mehr als halbieren würde.

Drittens ist eine gute Schuldenbegrenzung um eine Notfallregelung zu ergänzen, die die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisenzeiten sichert und nur mit Zustimmung einer breiten parlamentarischen Mehrheit aktivierbar wäre.

Eine neue Schuldenbegrenzung braucht darüber hinaus Übergangspfade und sehr begrenzt, mit hohen Auflagen versehen, Hilfen für diejenigen, die objektiv ohne Hilfen die neue Regelung nicht werden einhalten können, also insbesondere das Land Bremen. Eine sinnvolle Schuldenregelung muss Vorsorgeleistungen entsprechend ihrer finanzwirtschaftlichen Bedeutung anders als normale Ausgaben bewerten.

Meine Damen und Herren, wir haben mit unserer Finanzplanung die realistischen Perspektiven unseres relativ finanzschwachen Landes aufgezeigt, die Finanzen weiter zu konsolidieren. Dabei hält unser Ansatz die Balance zwischen Konsolidierung und Investitionen in die Zukunft.

Wir haben Ihnen unsere Vorstellungen einer finanzwirtschaftlich sinnvollen Schuldenbremse skizziert.

Wie steht es nun mit der finanzpolitischen Alternative der rheinland-pfälzischen CDU-Opposition?

(Zurufe von der SPD)

Seit Anfang des Jahres haben Sie Ihren Pressemitteilungen zufolge neunmal gefordert, Ausgaben zu erhöhen. In vier Pressemitteilungen fordern Sie mehr Personal. Ebenfalls viermal werden niedrigere Steuern propagiert, um dann dreimal festzustellen, dass das Land sich zu hoch verschulde.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Licht, CDU: Wobei diese drei Mal zu wenig waren!)

In einem Fall werfen Sie der Landesregierung sogar Einsparabsichten vor. Besonders bemerkenswert ist es, Personalmehrausgaben von dauerhaft 80 Millionen Euro zu fordern und gleichzeitig die Landesregierung der hemmungslosen Ausgabenpolitik zu bezichtigen.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ihr finanzpolitisches Konzept besteht darin, bei jeder Gelegenheit höhere Ausgaben zu fordern, nahezu gleichzeitig Steuersenkungen vorzuschlagen, um dann in der Synthese festzustellen, dass die Landesregierung zu viel Schulden mache.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

An dieser Stelle frage ich mich schon, wer der Bock ist und wer der Gärtner.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Sie haben nichts verstanden!)

Ihre Forderungen seit Anfang der Legislaturperiode addieren sich auf deutlich mehr als 2,5 Milliarden Euro neue Schulden im Jahr. Dies ist eine sehr vorsichtige Schätzung; denn da sind noch nicht Ihre vielfachen Forderungen, Steuern zu senken oder gar ganz abzuschaffen, inbegriffen.

(Bracht, CDU: Das ist sehr viel dummes Zeug, Herr Minister!)

Bezieht man dies ein, kommt man – je nach Betrachtungsweise – auf ein Minimum von 3 Milliarden Euro und auf ein Maximum von 4 Milliarden Euro Haushaltsbelastung. (Ramsauer, SPD: Es stimmt, das war dummes Zeug!)

Um ein aktuelles Thema zu nehmen: Die Erbschaftsteuer, die Sie abschaffen wollen – eine reine Landessteuer –, kostet das Land jährlich, wenn sie abgeschafft würde – glücklicherweise haben Sie nicht die Mehrheit –, jährlich rund 200 Millionen Euro.

(Billen, CDU: Personaleinsparung!)

Sie fordern die Abschaffung. Aber Sie erklären nicht, wie Sie die Einnahmenlücke schließen wollen. Ob im Gegenzug weniger in innere Sicherheit, weniger in Bildung und Forschung oder weniger in den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft investiert werden soll? – Keine Äußerung.

(Bracht, CDU: Wer ist denn hier an der Regierung?)

Oder sind Sie der Meinung, dass der Wegfall der Erbschaftsteuer, die vor allem die Mitbürger trifft, die große Vermögen erben, ausnahmsweise öffentliche Kreditaufnahme erlaubt, deren Verzinsung ebenfalls denjenigen zufließt, die große Vermögen ansammeln konnten?

Wenn Sie die Abschaffung der Erbschaftsteuer propagieren, bedienen Sie zwar eine populistische Forderung, aber Sie handeln nicht im Interesse der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

(Beifall der SPD)

Die Landesregierung ist jedenfalls der Auffassung – – –

(Licht, CDU: Rechnen Sie einmal die Einsparungs- vorschläge des Rechnungshofs zusammen!)

Die Landesregierung und auch die Bundeskanzlerin sind jedenfalls der Ansicht, dass zu einem gerechten Steuersystem auch eine maßvolle Besteuerung hoher Erbschaften gehört.

(Pörksen, SPD: Sehr vernünftig!)

Dabei geht es nicht um den Normalerbfall im Familienkreis.

Im Übrigen zeigt die Erfahrung der Finanzverwaltung, dass für die unterlassene Fortführung von Familienunternehmen nie die Zahlung von Erbschaftsteuer ursächlich ist. Die Aufgabe von Familienbetrieben im Erbfall ist vielmehr regelmäßig auf Auseinandersetzungen unter den Erben zurückzuführen.

Im Übrigen fordert der CDU-Vorsitzende in RheinlandPfalz mit seinem neuesten Vorschlag als Antwort auf den Absturz der CSU in Bayern öffentlich, nunmehr schnell die Einkommensteuer abzusenken und dafür die Haushaltskonsolidierung auf die lange Bank zu schieben.

(Baldauf, CDU: Das ist schon älter!)

Es sei denn, die Zeitung hat sich wieder einmal etwas aus den Fingern gesogen. Aber Interviews sind in aller Regel autorisiert.

(Bracht, CDU: Vielleicht sollten Sie einmal etwas zum Regierungsentwurf sagen!)

Meine Damen und Herren, diese Forderung ist mehr als entlarvend und zeigt, dass es nicht um das Wohl des Landes, sondern nur um Wahlkampftaktik geht.

(Beifall der SPD)

Wie die Wahl in Bayern gezeigt hat, durchschaut der Wähler solche durchsichtigen Spielchen allerdings sehr schnell.

(Dr. Weiland, CDU: Wie viel Prozent hat die SPD da?)

Meine Damen und Herren, wir wollen die Chancen nutzen, die unser Land bietet. Wir wollen das Land und

seine Menschen voranbringen. Wir nutzen die Vorteile unseres Landes im Wettbewerb um Unternehmen und junge Familien.

Wir haben gute Verkehrsanbindungen zu den benachbarten Ballungsräumen. Einzigartige Kulturlandschaften machen die Region als Wohn- und Erholungsraum interessant. Die Grundstückspreise sind niedrig. Die Infrastrukturversorgung vor Ort ist gut und günstig. Die Kinderbetreuung in Rheinland-Pfalz gehört zu den besten in ganz Deutschland.

(Beifall der CDU)

Nach den jüngsten Zahlen liegen wir bei der Betreuung der unter Dreijährigen bereits deutlich über 15 %.

(Frau Schmidt, CDU: Die Unterrichtsversorgung!)