Die Grundredezeit beträgt zehn Minuten. Ich bitte um Wortmeldungen. – Ich erteile Herrn Abgeordneten Hüttner das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am vergangenen Freitag war in einer hiesigen Tageszeitung im Hauptartikel auf der Seite 2 die Überschrift zu lesen „Bei der Integration noch große
Wir beraten heute in zweiter und dann auch in dritter Lesung das Landesgesetz über die Einrichtung von kommunalen Beiräten für Migration und Integration. Mit dieser Verabschiedung des Gesetzes werden wir wieder einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Integration von ausländischen Bürgern, aber auch von allen Bürgern mit einem Migrationshintergrund getan haben, damit man wieder ein Stück gegen diese Defizite arbeiten kann.
Mit diesen Änderungen sind wir in Rheinland-Pfalz in einer Vorreiterrolle bei der Einbindung von Menschen mit einem Migrationshintergrund. Was besonders zu erwähnen ist, ist die Tatsache, dass alle Interessengruppen, alle Parteien hinter diesem Thema und hinter diesen Anpassungen stehen.
Welche Bedeutung das Thema „Migration und Integration“ für uns, den Landtag, hat, zeigt auch die Tatsache, dass man eine Enquete-Kommission eingerichtet hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor welcher Ausgangslage stehen wir? – Mit der Einführung von Ausländerbeiräten im Jahr 1994 war es die Zielsetzung, dass Ausländer, denen das kommunale Wahlrecht leider keine Chance bietet, sich zu engagieren, sich in einem Ausländerbeirat engagieren können. Damit hatten Sie die Möglichkeit, sich in der Gemeinde einzubringen und auch eine Mittlerrolle zwischen ihnen selbst und den Kommunen einzunehmen.
In vielen Fällen ist dies gelungen. Wir haben ganz aktive Ausländerbeiräte, die sich intensiv um die kommunale Integrationspolitik bemühen. Diese machen eine sehr gute Arbeit.
Wir mussten auf der anderen Seite aber zur Kenntnis nehmen, dass die Wahlbeteiligung, die anfänglich bei 25 % lag, in vielen Fällen deutlich gesunken ist und oftmals die Hürde von 10 % nicht mehr erreicht werden konnte.
Aber was noch viel stärker wiegt, ist die Tatsache, dass die engagiertesten Bürger nach und nach – wie wurde in der Anhörung so schön gesagt – „wegeingebürgert“ wurden. Das heißt, dass diejenigen, die sich im Ausländerbeirat am intensivsten bemüht haben, oftmals die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben und dann als Interessenvertreter für ihre Belange, für ihre Völkergruppe nicht mehr da waren.
Wenn aber immer die Besten gehen, so hat das für das System, in diesem Fall für den Ausländerbeirat, eine enorme Bedeutung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns bedeutet dies, dass wir uns Gedanken zu machen haben, mit welchen Veränderungen wir weiterhin für eine gute Arbeit sorgen können. Unsere Aufgabe ist es, immer wieder die politische Partizipation von Migrantinnen und
Neben allen politischen Initiativen ist dabei in der vorliegenden Änderung für mich von ganz besonderer Bedeutung, dass von den Bürgerkongressen und unter Beteiligung aller betroffenen Gruppen und Institutionen Ideen entwickelt wurden, die insbesondere auch in der Anhörung noch einmal verdeutlicht wurden und die im Gesetz ihren Niederschlag finden. Mit diesem Gesetzesvorschlag wird die Situation in der Art aufgefangen, dass nunmehr nicht nur Ausländer wahlberechtigt sind, sondern dass alle, die einen Migrationshintergrund haben, das Recht auf eine aktive Wahl haben.
In der Anhörung kam auch deutlich heraus, dass gerade die Neujustierung der Rahmenbedingungen einen entscheidenden Beitrag darstellt, um die Beiräte fortentwickeln und damit den Anforderungen gerecht werden zu können, die in der Kommune heutzutage vorliegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist heute nicht mehr einfach so säuberlich zu trennen, wie das früher einmal war, als wir noch den klassischen Gastarbeiter hatten. Wir haben heute ganz, ganz viele Indikatoren, die Auswirkungen auf die Zuwanderung haben. Es sind die verschiedenen Altersstrukturen, es sind die Aufenthaltsdauer, es ist der Aufenthaltsstatus, es sind die Herkunftsländer. Da gibt es ganz große Unterschiede. Wir alle, Sie alle kennen die Unterschiede. Wir kennen die Schicksale, wir kennen die Situationen, und wir kennen die Umstände. Deshalb ist es wichtig, dass wir allen die Möglichkeit einräumen, sich aktiv in ihre Kommunen einzubringen, aktiv Politik zu gestalten und als Personen wahrgenommen zu werden und die Integration voranzutreiben.
Wenn wir von Integration reden, müssen wir leider auch sehen, dass es viele Menschen gibt, die insbesondere in den 90er-Jahren zu uns gekommen sind, die nicht richtig integriert sind. Sie sind zumindest nach meiner Auffassung nicht richtig integriert. Egal, ob es Russlanddeutsche, Baltendeutsche sind oder ob sie aus dem heutigen Rumänien, der Slowakei oder vielen anderen Ländern kommen, sie haben die deutsche Staatsbürgerschaft, aber sie sind nicht richtig integriert. Sie haben aber die gleichen Probleme, wie sie auch andere Zuwanderer haben. Sie haben auf der einen Seite ihre Verbände und Institutionen, die ihre Interessen vertreten, aber es fehlen ihnen auf der anderen Seite insbesondere in die Kommunen hinein die Vernetzungen. Gerade diese Vernetzungen sind von eklatanter Bedeutung. Daher ist es wichtig, dass auch sie in diesem Gesetz ihren Niederschlag finden, damit diese notwendige Verzahnung stattfinden kann.
Ich bin davon überzeugt, dass über dieses neue Gremium gerade auch für diese Gruppen von Menschen die Möglichkeit besteht, sich viel besser einbringen zu können und damit auch in ihrer neuen Heimat wohlzufühlen.
Es gibt einen weiteren ganz wichtigen Aspekt; denn nun sollen alle deutschen Staatsbürger ebenfalls wählbar sein. Ich meine, in jeder Stadt, in jeder Gemeinde gibt es Menschen, für die die Integration ein ganz, ganz wichtiges und vordringliches Thema ist, so wie es für uns auch ist und auch sein soll. Für mich sind ein interessantes Beispiel der Vorsitzende der Enquete-Kommission, Dieter Klöckner, aber auch viele andere Kollegen, die im Landtag, in den Gemeinderäten und in den Kommunen tätig sind.
Sie alle leisten eine gute Arbeit. Bis dato konnten sie aber quasi nur kooptiert ihre Arbeit leisten. Daher ist es wichtig, dass wir diese Einbindung schaffen können; denn gerade diese engagierten Bürgerinnen und Bürger leisten den Ansatz zur Integration von einer anderen Seite.
Damit die Wahl der Beiräte für Migration und Integration tatsächlich stattfinden kann, haben wir uns entschlossen, die bisherige 10 %-Hürde zu streichen. Künftig ist es nur noch notwendig, dass sich mehr Personen zur Wahl stellen als Plätze im Beirat zur Verfügung stehen. Sollte dennoch keine Wahl stattfinden, kann man den Beirat immer noch berufen, um diese Arbeit in der Kommune leisten zu können.
Im Rahmen der Diskussion war es natürlich auch notwendig, darüber zu diskutieren, welchen Status man diesen Beiräten gibt. Dabei sind wir der Auffassung, dass durch eine konsultative und eine beratende Funktion insbesondere ein kooperatives und gemeinsames Miteinander begünstigt wird und dadurch alle relevanten Themen richtig eingebracht werden können.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eines ist aber auch klar: Gesetzliche Möglichkeiten zu schaffen, ist die eine Sache. Das ist aber zu wenig. Wir alle, das Land genauso wie wir als Personen, als Fraktionen oder als Parteien, müssen auf die Menschen zugehen. Wir müssen sie ermutigen, sich zu engagieren, sich einzubringen und damit in aller Konsequenz nicht nur für sich selbst, sondern für die Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zu leisten.
Es gab im Rahmen der Beratungen noch einige – ich nenne das einmal so – formale Belange. So sind im Muttergesetz, im kommunalen Wahlgesetz, einige Textpassagen in den Artikeln 1 und 2 zu ändern gewesen. Genauso war der frühere „Wahlumschlag“ in „Stimmzettelumschlag“ umzubenennen. Darüber hinaus war in § 38 des Kommunalwahlgesetzes noch eine Teilungsklausel einzufügen, wonach das Listenkreuz bewirkt, dass die nicht ausgeschöpften Stimmen zugeteilt werden können. Ferner entfällt künftig bei der Beantragung der Briefwahlunterlagen die Nennung des Grundes; denn wenn man ehrlich ist, haben die Menschen immer einen Grund gefunden, um das anzukreuzen. Wir haben
1. Mit dem neuen kommunalen Beirat für Migration und Integration wird das Wahlrecht auf alle ausgedehnt, die einen Migrationshintergrund haben, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft.
2. Alle Spätaussiedler können sich nun an der Wahl beteiligen und ihre Interessen einbringen, da sie in Bezug auf die Integration oft die gleichen Probleme haben.
3. Auch Bürger mit deutscher Staatsbürgerschaft können in das Gremium gewählt werden und sich damit für Migration und Integration engagieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Integrationspolitik ist ein sehr, sehr wichtiges Thema. Es lässt sich nur als Gemeinschaftsaufgabe und nur im kooperativen Charakter lösen. Mit diesem Gesetz schaffen wir die Grundlage für 700.000 Menschen in Rheinland-Pfalz, die einen Migrationshintergrund haben, eine verbesserte Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben zu erhalten. Ich bitte daher um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Ich bedanke mich bei all denen ganz herzlich, die durch ihre Arbeit einen wichtigen Beitrag dazu geleistet haben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die vorgesehenen Änderungen, die zu einer Verbesserung der Situation von Ausländerbeiräten führen sollen, die aber vor allen Dingen auch zu mehr Ausländerbeiräten und damit nicht nur zu Ausländerbeiräten, sondern zu Beiräten für Migration und Integration führen sollen. Wir haben die große Hoffnung, dass mit diesen Regelungen das Ziel landesweit erreicht wird.
Wir sind uns darin einig, dass die Integration von zugezogenen Menschen eine ganz schwierige, aber auch eine ebenso bedeutsame Aufgabe ist. Wir erleben es, dass viele schon vor vielen Jahren zugezogen sind, sie aber trotzdem noch große Probleme haben, sich in unserer Gesellschaft aufgenommen zu fühlen und in gleicher Weise ihre Rechte in unserer Gesellschaft wahrnehmen zu können, die aber auch Probleme damit haben, für sich und für ihre Kinder gleiche Chancen im Bildungssystem und im Arbeitsmarkt wahrzunehmen.
Deshalb müssen wir alles daransetzen, um diese Situation wahrzunehmen und für diese Menschen, vor allen Dingen aber auch mit diesen betroffenen Menschen, auf allen Ebenen daran zu arbeiten, dass sich die Situation im Land Rheinland-Pfalz verbessert.
Wir freuen uns, dass mit diesen Vorschlägen hierzu eine gute Vorlage gegeben wird. Wir sind uns sicher, dass viele Kommunen im Land die Möglichkeiten und Chancen, die diese Regelungen bieten, aktiv nutzen werden.
Wie ist die Ausgangssituation? Die Ausgangssituation war die, dass wir seit 1994 Ausländerbeiräte haben, die allerdings durchaus einige Hürden zu nehmen hatten. Es musste eine gewisse Mindestanzahl von Ausländern in der Kommune leben, und es musste eine gewisse Wahlbeteiligung zu registrieren sein. Es musste sich eine bestimmte Anzahl dieser Ausländer an den Wahlen beteiligen, damit Ausländerbeiräte zustandekamen. Das führte gerade durch die nachlassende Wahlbeteiligung dazu – Herr Hüttner hat bereits erwähnt, dass es einmal fast 25 % waren, 1994 waren es 23,7 %, aber bis 2004 ist die Wahlbeteiligung auf bis zu 9 % heruntergegangen –, dass in vielen Kommunen keine Ausländerbeiräte zustandekamen.
Unser Ziel ist es, möglichst in allen Kommunen entsprechende Beiräte für Migration und Integration zu gründen, weil wir der Auffassung sind, dass es nur in einem guten Miteinander und in einer engen Anbindung an die kommunalen Räte gelingen wird, die örtlichen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Integration in unsere Gesellschaft besser als bislang gelingt.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird mit diesen Änderungen das aktive und passive Wahlrecht ausgedehnt. Herr Hüttner hat dies angesprochen. Das heißt, es ist richtig und wichtig zu erkennen, dass Spätaussiedler, auch wenn sie Deutsche sind, in vielen Bereichen ähnliche Probleme haben, den Anschluss an unsere Gesellschaft zu finden. Aber auch viele andere Menschen, selbst diejenigen, die zwischenzeitlich die deutsche Staatsbürgerschaft haben, brauchen immer noch ein Stück weit Unterstützung, um den Weg in diese Gesellschaft zu finden.
Wir werden deshalb die Mindestwahlbeteiligung streichen, weil wir der Auffassung sind, dass dieses Quorum allein nicht rechtfertigt, darüber zu entscheiden, ob es einen Beirat gibt oder nicht. Die Voraussetzung, die daran geknüpft ist, ist die Frage, ob es genügend Bewerber gibt, die aktiv mitmachen wollen. Die Schlussfolgerung, nämlich festzustellen, ob es bei genügend Bewerbern auch genügend Menschen gibt, die sich aktiv um die Integration bemühen wollen, müsste tragen. Wir können schon in Nordrhein-Westfalen beobachten, dass es tatsächlich ein guter Weg ist.