Entschuldigung, in Zeiten der Regierung Schröder sind die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt worden auf 40 % und drunter heute. Sie waren ohne den Eingriff des Staates, und zwar – – –
Herr Dr. Schmitz, hören Sie doch auch einmal einen Moment zu. Hören Sie doch auch einmal einen Moment zu, auch wenn Sie – – –
Ich versuche es noch einmal. Ja, die Große Koalition hat entschieden, dass wir etwas machen müssen, und vorher ist entschieden worden, dass wir die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt erhöhen, weil ansonsten die Sozialversicherungsbeiträge, die Lohnzusatzkosten, auf 45 % gestiegen wären. Das ist doch die historische Wahrheit. Da kann man doch nicht herumrufen und sagen, es wäre nicht wahr. Sie leiden an Verdrängung.
Nein, ich möchte jetzt argumentieren. Entschuldigung, manche Dinge muss man auch im Zusammenhang tun.
Ich habe einen Zwischenruf gemacht. Ich will da noch einmal ansetzen. Es ist eine Sache, ob man Steuern senkt und damit Handlungsspielräume einengt. Das sind auch dann weniger Einnahmen, wenn sich ein Teil wieder auf der Zeitschiene refinanziert. Damit könnte ich Familien, die jeden Euro brauchen und für ihre Kinder einsetzen, um rund 740 Euro pro Kind im Kindergarten, wie das in Rheinland-Pfalz der Fall ist, entlasten. Wenn diese 740 Euro von den Eltern bezahlt werden müssen, dann heißt dies, dass sie deutlich weniger am Wirtschaftsgeschehen teilnehmen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst wenn Sie den Ansatz der CDU Rheinland-Pfalz nehmen würden – ich habe das alles nachgerechnet –, dann hätten Sie für eine Familie mit einem in Deutschland üblichen statistischen Durchschnittsverdienst – zu dem gehört ein Teil an selbstständiger Tätigkeit usw. – und zwei Kindern eine zusätzliche Entlastung von 505 Euro. Allein durch unsere Kindergartenoperation haben wir im Jahr eine Entlastung von 740 Euro. Wenn man noch ein Kind im Studium hat, dann kommen noch weitere 1.000 Euro an Entlastung hinzu.
Es ist die Wahrheit, dass wir die Dinge sozial gerecht machen und Steuern zu anderen Effekten führen.
Herr Kollege Billen, ich weiß nicht, ob es parlamentarisch angebracht ist, wenn man sich den Scheibenwischer zeigt. Die von mir aufgezeigte Argumentation ist logisch und schlüssig.
Wir bleiben dabei, dass eine zielgenaue Politik gemacht wird, die den Bildungsansatz von Anfang an im Vordergrund sieht, aber auch die Gelegenheit nutzt, Familien mit Kindern in besonderer Weise zu entlasten. Eltern mit zwei Kindern im Kindergarten sind in BadenWürttemberg mit über 1.500 Euro mehr belastet als in Rheinland-Pfalz. Wenn man zwei Kinder im Studium hat, ist die Belastung um 2.000 Euro höher als in RheinlandPfalz. Das ist die blanke Wahrheit, meine Damen und Herren.
Sie haben eine andere Ideologie. Das respektiere ich. Ich halte die Linie der rheinland-pfälzischen Landesregierung dagegen. Ich wiederhole es gerne fünfmal. Das bedeutet, mit zwei Kindern im Kindergarten muss man in Rheinland-Pfalz 1.500 Euro weniger als in BadenWürttemberg zahlen. Bei zwei Kindern im Studium liegt die Summe bei 2.000 Euro. Ich sage, das ist gut so.
Wenn wir uns solche Entwicklungen in den Ländern, in denen sich die soziale Stabilität abgeschwächt hat und die Gesellschaften drohen auseinanderzudriften, betrachten, glaube ich, es kommt darauf an, um eine Grundorientierung in der Politik zu ringen, damit wir die Mehrzahl der Menschen und die Breite der Bevölkerung mitnehmen können.
Ich missgönne niemanden etwas. Von mir aus kann jemand goldene Türklinken an der Toilette haben. Das ist mir alles recht. Derzeit haben wir ein Problem damit, dass diejenigen, die Bedarfe haben, diese nicht finanzieren können. Andere stehen sehr gut da. Das geht aus den Umsätzen der Luxusgeschäfte hervor, die hervorragende Umsätze machen. Ich muss schauen, dass ich an der Stelle ansetze, an der die Leute Bedarf haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so weit waren das meine Ausführungen zu den Grundideen und zu der Grundannahme, von der wir ausgehen, wenn wir den Haushalt zu Ende beraten. Dabei bin ich froh, dass wir in diese Rezessionsphase nicht aus einer schlechten Position heraus hineingehen. Die Beschäftigung in Rheinland-Pfalz ist immer noch so hoch wie noch nie in der Geschichte dieses Landes. Ich hoffe, es wird sich so halten. Die Arbeitslosenzahlen sind seit 20 Jahren nicht mehr so niedrig gewesen wie im November dieses Jahres. Die Entwicklung bei den Ausbildungsplätzen ist Gott sei Dank positiv. Dafür haben wir den Betrieben in Rheinland-Pfalz, den Kammern und allen am ovalen Tisch Beteiligten zu danken. Das war eine große Anstrengung, ohne diese hätte man es nicht schaffen können.
Nein, das hat noch nicht viel mit Demografie zu tun, aber auch schon. Durch die Altbewerber, die wir unterbringen mussten, ist das mehr als ausgeglichen worden. Das war eine Kraftanstrengung der Unternehmen. Ich will ausdrücklich anerkennen und dafür danken, dass diese bereits hohe Zahl noch gesteigert werden konnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben hinsichtlich der Produktivitätsentwicklung in den gewerblichen Unternehmen einen Spitzenplatz. Im letzten Jahr hatten wir in Rheinland-Pfalz eine Steigerung von 1,1 % der Produktivität. Bundesweit lag der Wert bei 0,8 %, der auch sehr gut ist.
Das drückt sich in der Exportquote aus. In diesem harten Markt sind unsere Unternehmen wettbewerbsfähig gewesen. Ich sage das, um deutlich zu machen, dass die Ausgangslage aus unserer Sicht so ist, dass wir eine Chance haben, dass der Abwärtstrend nicht so tief geht. Wenn es uns gelingt, die Beschäftigung zu stabilisieren, die Fachkräfte in den Betrieben zu halten und zu qualifizieren, dann haben wir vielleicht eine Chance, schneller aus dem auf uns zukommenden Tal herauskommen zu können. Das muss zumindest unser Ziel sein. Soweit ein Land das kann, wollen wir das mit diesem Haushalt unterstreichen und wollen versuchen, dies zu unterstützen.
Ich will als Beleg heranführen, dass die Betrachtung der Wirtschaftsstandorte durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit für dieses Jahr eine hervorragende Spitzenentwicklung in Rheinland-Pfalz bestätigt. Ich sage dies, damit klar ist, es ist nicht Selbstsuggestion, sondern es wird auch von außen so gesehen. Daran haben viele mitgearbeitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, darüber hinaus ist es wichtig, uns klarzumachen, wie wir uns gegenüber dem, was bundesweit diskutiert wird, verhalten. Die Landesregierung hat diesem Vier-TageGesetz, diesem Finanzschirm über 480 Milliarden Euro, zugestimmt. Ich muss ehrlich sagen, es ist wahrscheinlich niemandem von uns leicht gefallen; denn es sind gigantische Größenordnungen. Ich glaube, es ist gut, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dies war nicht, wie es häufig polemisch in der Öffentlichkeit gesagt wird, eine Hilfe für irgendwelche reichen Leute, die Bankanteile besitzen, oder für Bankmanager, die über große Einkommen verfügen. Solche Argumentationen hört man landauf landab. Es ging darum, dass jedem Mann oder jeder Frau klar sein muss, dass der Wirtschaftskreislauf tief gestört sein wird, wenn wir den Finanzkreislauf nicht wieder in Ordnung bringen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als das Vertrauen, das Banker untereinander in vielen Fällen verloren und verspielt haben, durch Handeln des Staates, in dem Fall des Bundes und der Länder, zu stabilisieren.
Wir haben unser Risiko als Länder auf insgesamt 7,7 Milliarden Euro begrenzt, aber wir haben einen Anteil von 35 % an diesem Risiko zu tragen. Daran hat kein verantwortbarer Weg vorbeigeführt.
Es ist wohl wahr, dass man das Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspaket, das in der vergangenen Woche in einer Sondersitzung des Bundesrats verabschiedet wurde,
unter anderen Vorzeichen sehr viel intensiver und kritischer diskutieren würde. Ich meine, dass es notwendig gewesen wäre, über die Frage der Lastenverteilung, die zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen ungerecht genug ist, noch einmal zu verhandeln. Ich habe es sehr bedauert, dass die CDU-geführten Länder nicht an der ursprünglichen Absprache festgehalten haben, eine Runde im Vermittlungsausschuss zu drehen, um dort zu einer gerechteren Verteilung zu kommen.
Insgesamt musste der Staat meiner Meinung nach aber zeigen, dass er handelt. Dazu kann man wohl sagen, man hätte einen größeren Schritt gehen müssen. Nach der klassischen Lehre, was man in einer Krisensituation tut – schnell, ausgiebig und zeitlich begrenzt handeln, lautet die Antwort –, kann man sicherlich fragen, ob dieses Paket groß genug ist.
An der Stelle will ich aber auch noch einmal in Erinnerung rufen, was ich einleitend gesagt habe: Wir haben eine tiefe Unsicherheit zur weiteren Entwicklung. Laufen zunächst nur die Lager leer, und wird es dann wieder zu einer gewissen Stabilisierung der Nachfrage kommen? Wir wissen das nicht. Die Unternehmen wissen das nicht. Deshalb ist es nicht unvernünftig, auf Sicht zu fahren und sich die Dinge im Januar noch einmal vorzunehmen, um dann darüber zu entscheiden, ob man einen weiteren Schritt gehen muss.
Ich stehe nicht zurück, dazu auch eine Grundpositionierung anzusprechen: Wenn wir einen solchen Weg gehen, müssen wir ihn meiner Meinung nach so gehen, dass Nachhaltigkeit – nicht als missbrauchter Begriff, sondern als echtes Vorzeichen – erreicht wird. Das heißt Energiesanierung, das heißt Technologiesanierung, das heißt Infrastrukturverbesserung usw. Wir haben in Deutschland pro Jahr einen Bedarf von 70 Milliarden Euro bis 80 Milliarden Euro, um unsere öffentliche Infrastruktur à jour zu halten. Wir geben 17 Milliarden Euro bis 20 Milliarden Euro pro Jahr aus. Das ist deutlich zu wenig. Eine Vervierfachung der Ausgaben wäre notwendig. Da besteht also ein Spielraum. Das wirkt in eine Richtung, die gebraucht wird und notwendig ist.
Wir müssen auch darauf achten, dass die Aufträge, die ausgelöst werden, breit gestreut werden. Wir haben in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Monaten eine Auftragseingangslage – Gott sei Dank ist das so – im Bereich des Hochbaus von 19,6 % oder 19,4 %. Das heißt, dass wir aufpassen müssen, dass wir dort keine Überhitzung bekommen und sich die Aufträge nur auf die Preise auswirken, aber dadurch nicht viel bewirkt wird. Es müssen möglichst viele Gewerke, die in die Breite gehen – ich nenne das Beispiel Krankenhaussanierung –, in ein solches Paket hineinkommen.
Wir werden die Chance haben, bei der Meinungsbildung auf der Bundesebene dabei zu sein. Wir werden versuchen, uns in diesem Sinne zu positionieren. Damit will ich nur deutlich machen, wo es hingeht.
Meine Bitte an das Hohe Haus lautet, dass wir miteinander die Bereitschaft haben, unseren Anteil hinzuzugeben, wenn ein solches Programm läuft. Wir können unseren Anteil beispielsweise in der Form hinzugeben,
dass wir dann, wenn die Krankenhaussanierung kommt, notwendige Investitionen vorziehen und das mit dem, was wir uns an Vorsorge angelegt haben, finanzieren. Die Illusion, der Bund finanziert zu 100 %, hat sicherlich niemand. Es hat sicherlich auch niemand die Illusion, dass es ausreichend wirken würde, wenn wir nicht den Kommunen, die finanziell schwach sind, helfen, sodass von denen nur ein geringer Eigenanteil zu erbringen ist. Deshalb werden wir als Land gefordert sein, wenn das in die Richtung geht, für die meine Regierung grundsätzlich einsteht und sich verwendet. Wir bitten, dass wir nach Notwendigkeit, Bedarf und Sinnhaftigkeit darüber reden und flexibel reagieren. Die Vorkehrungen dafür haben wir versucht zu treffen.
Meine Damen und Herren, natürlich hätten wir die 250 Millionen Euro in den Jahren 2007 und 2008 ins Feuer werfen und die Nettokreditaufnahme senken können. Natürlich hätten wir die von Ihnen genehmigten Veräußerungsgewinne realisieren und damit eine schwarze Null im Bereich der Nettokreditaufnahme darstellen können. Es war aber meiner Meinung nach die richtige Entscheidung des Finanzministers, uns vorzuschlagen, lasst uns sehen, dass sich da Veränderungen ergeben können. Niemand von uns hat vorhergesehen, dass es diese Finanzkrise so schnell geben wird, aber wir haben gewusst, dass wir auf eine Konjunkturdelle zulaufen. Darauf haben wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten eingestellt, sodass wir jetzt Handlungsspielräume haben.
Das ist meiner Meinung nach eine sehr vernünftige Politik. Sie wird uns helfen, weitere gemeinsame Schritte zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zu gehen.