Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Auch dies ist ein Erfolgsrezept.

Meine Damen und Herren, heute haben wir es mit einer veränderten Ausgangslage zu tun. Die Krise der interna

tionalen Finanzmärkte hat Deutschland erreicht. Experten sehen eine negative Konjunkturentwicklung voraus.

Auch in unserem Land wird verstärkt kurzgearbeitet, Urlaub verordnet und Überstundenzeiten abgebaut. Die ersten Betroffenen einer wirtschaftlichen Stagnation sind die Angehörigen von Zeitarbeitsfirmen.

Die Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz liegt jetzt bei 5,2 %. Das ist nach wie vor die drittniedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer. Vor einem Jahr hat die Quote noch 5,7 % betragen. Eine drohende Stagnation ist in Rheinland-Pfalz, also in Bezug auf den Arbeitsmarkt, bislang noch nicht in vollem Umfang angekommen.

Es gibt auch gute Nachrichten. Lassen Sie uns das nicht vergessen in einer solchen Situation, und lassen Sie uns die Situation – so dramatisch sie ist – nicht schlechtreden.

Wenn die Firma Schott, wie gestern in der Zeitung zu lesen war, hier in Mainz investiert und über 130 neue Arbeitsplätze schafft, dann ist das ein gutes Zeichen, neben vielen anderen Investitionen in unserem Land, die fortgeführt werden.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Allerdings müssen wir uns auf schwierige Verhältnisse einstellen. Eine schwächer werdende Nachfrage nach Arbeitskräften und zunehmende Kurzarbeit, insbesondere in der Automobilindustrie – beispielsweise die Ankündigung von Daimler-Benz oder bei Opel – sind bereits heute Beleg dafür.

Das gibt Anlass zur Sorge, aber man darf nicht in Panik verfallen. Insofern legen die Landesregierung und die SPD-Fraktion einen Haushaltsantrag und einen -plan vor, der nicht in der Furcht vor den Entwicklungen steht, sondern der diesen Entwicklungen Rechnung trägt und deshalb gerade nicht alles, was an Investitionen, an Zukunftssicherung vorhanden ist, abschneidet, um das Sparziel als einziges vorrangiges Ziel zu erreichen.

Er ist ausgewogen in den Zielen, damit Konjunktur, Arbeitsmarkt und die Menschen in Rheinland-Pfalz nicht weiter geschädigt werden.

(Beifall der SPD)

Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt mit einem Sonderprogramm Unternehmen, die mit den Folgen der aktuellen Finanzkrise kämpfen. Rheinland-Pfalz ist damit das erste Land, das auf die derzeitige Situation in der Wirtschaft in Form eines die Ministerien übergreifenden abgestimmten Maßnahmenbündels reagiert.

Das Maßnahmenpaket der Landesregierung wird schnelle Hilfe für unverschuldet in Liquiditätsprobleme geratene Unternehmen sicherstellen. Es ist dabei vor allem auf die mittelständisch strukturierte Wirtschaft im Land ausgerichtet und bietet gezielt Hilfen für die kleineren und mittleren Unternehmen.

Die Erhaltung der Arbeitsplätze ist hier besonders wichtig. Das Programm umfasst eine Aufstockung des Bürgschaftsrahmens um 400 Millionen Euro auf 800 Millionen Euro. Wir haben einen entsprechenden Änderungsantrag für den Doppelhaushalt gestellt.

Ich sage ausdrücklich, es freut mich, dass die anderen Fraktionen das vom Grundsatz mittragen und für sinnvoll erachten, damit wir die Spielräume der Landesregierung, auf die Krise zu reagieren, damit erweitern.

(Beifall der SPD)

Die Auflage eines Sonderbürgschafts- und Darlehensprogramms der Investitions- und Strukturbank, das über den erweiterten Bürgschaftsrahmen abgedeckt wird, eine Beschleunigung der Bürgschaftsverfahren, die innerhalb von zehn Tagen bearbeitet werden, unternehmensbezogener Einsatz von Mitteln der Arbeitsmarktförderung und schließlich die Einrichtung einer ressortübergreifenden Koordinierungsstelle, die auch mit den Kommunen engen Kontakt hält, weil man vor Ort weiß, was dort passiert, all das wird während des Doppelhaushalts – was hat das damit zu tun? – umgesetzt, Herr Kollege. Das hat mehr damit zu tun als die Szenarien, die Sie an die Wand geschrieben haben.

Das Land tut das ihm Mögliche, um den realwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise zu begegnen. Ziel des Maßnahmenpakets ist neben der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit von unverschuldet in Liquiditätsprobleme geratenen Unternehmen auch die Schaffung von Perspektiven für von Entlassungen bedrohte oder bereits entlassene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gerade auch die Arbeitnehmerorientierung des Maßnahmenpakets soll mögliche negative Auswirkungen auf Mitarbeiter und Familien abwehren und begrenzen. Ich freue mich, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite das Programm und seine schnelle Initiierung gelobt haben.

Ich freue mich auch, dass viele Unternehmen signalisiert haben, dass sie wegen der Probleme eines Facharbeitermangels, der sich am Horizont abzeichnet, nicht schnelle Entlassungen und Kündigungen vornehmen, sondern – wenn es irgendwie geht – mit anderen Beschäftigungsmaßnahmen Beschäftigung weiterführen wollen. Deshalb danke ich den Unternehmerinnen und Unternehmern, die das so machen, dass sie es in dieser verantwortlichen Weise tun.

(Beifall der SPD)

In der Politik und weit darüber hinaus wird zurzeit heftig darüber diskutiert, was der Staat – insbesondere der Bund und Europa – an weiteren Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft leisten kann. Es findet geradezu ein Wettbewerb an Vorschlägen statt, der sicher nicht hilfreich ist, die bestehenden Verunsicherungen abzubauen. Ich möchte dem Affen gar keinen Zucker geben und mich auch nicht groß daran beteiligen, aber Herr Kollege Baldauf und auch Herr Kollege Mertin von der FDP beten fast litaneihaft die aus der Besenkammer geholten Vorschläge zur Steuersenkung herunter, die angeblich das Allheilmittel sind: Vorher waren sie das

Allheilmittel, um alle am Aufschwung zu beteiligen, und nun sind sie das Allheilmittel, um die Konjunktur zu beleben. Ich verhehle gar nicht, dass man eine Steuerreform machen kann, aber suggerieren Sie nicht, dass durch kurzfristige Steuersenkungen – – –

(Baldauf, CDU: Sie werden das noch mitmachen, in einem halben Jahr! Warten Sie einmal ab! So lange dauert es nicht mehr!)

Ja, sie wurde auf Ihrem Parteitag von Ihrer Chefin abgelehnt. Das ist ein gutes Forum, um zusammen zu regieren, wenn man immer gegen die Vorschläge ist, die die eigene Regierung macht. Aber das ist Politik à la Baldauf.

(Beifall der SPD)

Steuersenkungen sind kein kurzfristiges Mittel, um die Konjunktur zu beleben und die europäische bzw. weltweite Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen. Nicht alle Programme, die man startet, werden wirksam sein, und ich gebe Ihnen den guten Ratschlag, sehr genau zu analysieren, ob die Programme am Markt tatsächlich kurz- oder mittelfristig wirksam sein können und welche Wirkungen sie tatsächlich entfalten. Man muss sich fragen: Kann sie der Markt aufnehmen?

(Bauckhage, FDP: Zum Beispiel die Kfz-Steuer ist wirksam! – Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

Herr Eymael, ich mache aus meiner persönlichen Meinung über die Maßnahme bezüglich der Kfz-Steuer gar keinen Hehl: Ich hätte sie nicht gemacht. Das ist keine Frage, aber man kann darüber streiten, und man muss Kompromisse finden.

Wir haben 2005 angekündigt, in Rheinland-Pfalz die Beitragsfreiheit in den Kindertagesstätten umzusetzen, um auf diesem Wege die Familien zu fördern. Dies möchte ich noch einmal ausdrücklich erwähnen. In den Jahren 2009 und 2010 werden die nächsten Schritte verwirklicht werden, und dies bedeutet immerhin, dass wir im Jahr 2009 dafür insgesamt 78 Millionen Euro und 2010 über 108 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt aufwenden. Dies bedeutet auch, dass eine junge Familie mit zwei Kindern im Kindergarten dadurch pro Kind und Jahr um ca. 750 Euro entlastet wird, bei zwei Kindern also um insgesamt 1.500 Euro. Dies bedeutet auch, dass eine Familie, deren Kinder nach dem 1. September 2008 geboren wurden, bei der Inanspruchnahme von vier Kindergartenjahren um satte 6.000 Euro entlastet sein wird. Dies sind zielgerichtete Hilfen für junge Familien,

(Zuruf von der SPD: Das ist sozial!)

und die kommen auch an, und das ist sozial. Deshalb wiederhole ich es an dieser Stelle.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Baldauf, dagegen sehen Sie mit Ihren Steuersenkungsplänen, die Sie überdies noch nicht

verwirklichen, letztlich alt aus. „Wir machen’s einfach“, wirksamer und zielführender.

Mehr Geld für kinderreiche Familien und die unteren Einkommensbereiche. – Dies sind die von einer Krise am meisten Betroffenen, und ihnen hilft die Senkung der Sozialbeiträge mehr als tatsächliche Steuersenkungen, da sie bei ihnen gar nicht in dem Maße ankommen.

(Bauckhage, FDP: Die muss man aber auch finan- zieren! Man muss sie gegenfinanzieren!)

Die muss man auch finanzieren, damit hat Hans-Artur Bauckhage vollkommen recht. Ich sage nur, wenn es Spielräume gibt, sollten sie eher im Bereich der Senkung der Sozialbeiträge liegen als im Steuerbereich.

Meine Damen und Herren, im Bereich der öffentlichen Investitionen werden wir beim Haushaltsvollzug selbstverständlich prüfen, wo es sinnvoll ist, Investitionen vorzuziehen, und dann werden wir dies auch tun, ob beim LBM, beim LBB oder in anderen Bereichen des Haushaltsvollzuges. Diese Aufgabe ist an uns gestellt worden, und wir werden ihr auch nachkommen.

Mit dem Haushaltsentwurf der Landesregierung lassen sich gute Zukunftsperspektiven für unser Land gestalten. Die Landespolitik kann in dieser Ausgewogenheit die Impulse, die sie setzen möchte, langfristig auch bei den Personalausgaben, bei den Versorgungsbezügen oder bei den Zinslasten setzen. Vorfestlegungen tangieren natürlich auch unsere Haushaltsgestaltung. So schön die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale für die Pendlerinnen und Pendler in Rheinland-Pfalz auch ist, weil sie Geld zurück erhalten und weil diese Entscheidung vielleicht auch konjunkturell wirksam ist, so muss man aber gleichzeitig wissen, dass sie den Haushalt jährlich mit 50 Millionen Euro belastet. Da die Gelder rückwirkend bis zum Jahr 2007 zurückzuerstatten sind, sind damit Belastungen für den Haushalt im Jahr 2009 in Höhe von rund 150 Millionen Euro und im Jahr 2010 in Höhe von rund 50 Millionen Euro verbunden. Insgesamt ergibt dies 200 Millionen Euro.

Wegen solcher und anderer Unwägbarkeiten haben wir aus den Steuermehreinnahmen, die in den letzten zwei Jahren an das Land geflossen sind, eine Rücklage gebildet, die zur Verfügung steht. Die Opposition hat im Übrigen kritisiert, dass wir dies so machen. Aber ich glaube, es zeigt sich, es ist gut, dass man vorausschauend arbeitet, weil man dann nicht von jeder Unwägbarkeit gleich aufs Kreuz geworfen wird, sondern zukunftsfähig gestalten kann, Herr Finanzminister. Das gilt auch für diese Frage.

(Beifall der SPD)

Lassen Sie mich zum Haushaltsentwurf auch noch einmal kurz die „Rhein-Zeitung“ vom 13. August zitieren. Dort heißt es, „die politisch gesetzten Ausgabenschwerpunkte sind die richtigen: Mehr Betreuungsplätze für Kinder, mehr Unterrichtsstunden in Schulen, eine bessere Ausstattung für die Hochschulen sind zwar nicht im haushalterischen Sinne Investitionen, aber Investitionen in Köpfe und in die Wirtschaftskraft des Landes. In die

sem Sinne ist Rheinland-Pfalz Vorreiter.“ Diese Vorreiterrolle wollen wir auch weiterhin wahrnehmen, und das zeigen wir mit diesem Haushalt.

(Beifall der SPD)

Der Haushalt ist natürlich auch schon im frühen Stadium seiner Erarbeitung – das wissen Sie auch – Gegenstand von Vorgesprächen zwischen der regierungstragenden Fraktion und der Landesregierung gewesen. Deshalb wird meine Fraktion diesen Haushalt mit den Änderungen mittragen und beschließen. Wir diskutieren nun noch zwei Tage darüber, welche Änderungs- und Entschließungsanträge aufgenommen werden. Ich möchte mich mit dem, was Sie gesagt haben, sowie auch mit Ihren Anträgen durchaus noch näher befassen.

Meine Damen und Herren von der CDU, erlauben Sie mir noch einen kleinen Einschub zum bereits erwähnten Thema „Schulden“. Ihr Vorsitzender, Herr Kollege Baldauf, hat vorhin Menetekel dazu an die Wand geschrieben und dargelegt, wie Sie bis 2011 den Haushalt mit Ihren Vorschlägen schuldenfrei gestalten wollen. Sie haben auf die Bausteine hingewiesen und haben Ihre Rede zur Einbringung des Haushaltes vor zwei Monaten mit den Worten geschlossen: Wir erwarten von Ihnen einen schuldenfreien Haushalt.

Auf der anderen Seite fordern Sie aber weniger Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Ja, hören Sie gut zu. Das hilft weiter, selbst bei dem, was man selbst gesagt hat.