Protokoll der Sitzung vom 04.02.2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen vor schwierigen Zeiten. In einer Finanz- und Wirtschaftskrise den richtigen Weg zu finden, ist eine enorme Herausforderung an die Politik – Herr Ministerpräsident, Sie haben dies selbst ausgeführt –, und zwar sowohl im Bund als auch in den Ländern und selbstverständlich auch in den Kommunen.

Wir gehen keinen normalen Zeiten entgegen. Wir haben auch keine normalen Zeiten mehr. Es geht momentan im Wesentlichen um den Erhalt ganzer Märkte und Wirtschaftszweige, aber natürlich auch um die Frage, wie hoch soll, wie hoch darf sich dieser unser Staat zulasten nachfolgender Generationen noch verschulden.

Es ist hoch riskant, in einer Finanzkrise einfach nur neue Schulden und neues billiges Geld hineinzubringen – das möchte ich hier schon einmal sagen –, ohne darüber nachzudenken, welche Strukturen ich auch brauche, um irgendwann diese hohe Kreditierung, diese hohe Verschuldung, diese hohe Verzinsung – Zinsen sind verlorenes Geld – wieder zurückzufahren.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, im Hinblick auf alles, was jetzt notwendig und erforderlich ist, hätte ich mir gewünscht, dass Sie uns auch etwas dazu gesagt hätten, wie Sie sich vorstellen, wie Sie in Zukunft in Form einer Schuldenbremse, eines Einschnitts in die weitere Verschuldung, vorgehen. Dazu habe ich leider gar nichts gehört.

(Beifall der CDU)

Die Bundesregierung hat es vor. Bei Ihnen hat man das Gefühl, dass Ihnen das irgendwie abhanden gekommen ist.

Ich darf nur ernsthaft an Sie appellieren – bei allen Dingen, die wir heute positiv besprechen –, denken Sie an die Zukunft, an die nachfolgenden Generationen, und kümmern Sie sich auch darum, dass wir eine Schulden

bremse vereinbaren. Sie werden uns dann bei sich in Ihrem Boot finden.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Friedrich Merz hat in diesen Tagen einmal gesagt, er sehe ein Schreckgespenst am Horizont aufziehen.

(Ministerpräsident Beck: Das ist der Richtige!)

Ja, es ist aber ein gutes Beispiel. Es ist eine bewusst in Kauf genommene Inflation, die wir im Moment betreiben, mit der der Staat seine Schulden bequem reduzieren könnte. Inflation sei aber – so sagt er – der Taschendieb des kleinen Mannes, der vor allem von seinem Gehalt lebt und eben kaum Sachwerte besitzt.

(Hartloff, SPD: Die Inflationsrate ist gerade erheblich zurückgegangen!)

Das ist so. Das müssen wir natürlich in diesem Zusammenhang immer beachten.

Unser Alltag, unser Lebensumfeld ist unsicherer geworden. Das spüren die Menschen. Davor haben sie auch Angst. Wir sind da natürlich als Staat schon in der Pflicht, Sicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität zu geben.

Ich sage es aber noch einmal: Wie viel und wie weit können wir uns das alles leisten? Auf jeden Fall ist der Staat alleine – das ist ganz sicher – überfordert. Deshalb muss auch jeder Einzelne von uns dafür Sorge tragen, dass seine eigenen Lebensverhältnisse auf einem gesunden Fundament stehen. Wir sollten unsere Anspruchshaltung gegenüber dem Staat manchmal tatsächlich auch kritisch überprüfen, wenn wir einen Kollaps unserer öffentlichen Einrichtungen, die auch jetzt natürlich wieder bezuschusst werden sollen, verhindern wollen.

Ich gebe nur zu bedenken, dass Investitionen in der Wirtschaft in der Regel dazu dienen, Gewinn- und Umsatzsteigerungen zu erreichen, während man bei Investitionen in kommunalen und auch Landeseinrichtungen immer Folgekosten zu beachten hat, die nicht als gering anzusehen sind.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Hartloff, den Menschen in Rheinland-Pfalz wurde in den vergangenen Jahren auch einiges zugemutet: Reallohnverluste, Kaufkraftverluste bei den Rentnern, zahlreiche Einsparungen bei den Beamten, über 40 in den letzten zehn Jahren, aber auch in der öffentlichen Infrastruktur, Herr Ministerpräsident. Deswegen verwundert uns auch, dass Sie jetzt ein Sonderprogramm auflegen, obwohl die Haushaltsberatungen gerade einmal eineinhalb Monate her sind.

Ich muss mir dann schon die Frage stellen, warum es in der jetzigen Situation plötzlich doch so großen Bedarf gibt, und dies gerade im Bereich der Bildung und Infrastruktur. Wir haben genau das gefordert. Unsere Anträ

ge sind allerdings abgelehnt worden. Jetzt ist das plötzlich so erforderlich, dass man es in einem Nachtragshaushalt machen muss.

(Noss, SPD: Am Thema vorbei!)

War denn vorher alles in Ordnung? Oder ist Ihnen plötzlich über Weihnachten die allheilbringende Schlauheit gekommen? Sie müssten mir einmal erklären, warum das nicht schon vor eineinhalb Monaten möglich gewesen ist.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, es ist alles gut und schön. Wir sind sehr glücklich darüber – aber ich weise darauf hin, dass der überwiegende Teil der hier heute diskutierten Gelder Bundesgelder sind –,

(Pörksen, SPD: Ja und? Auch Geld des Steuerzahlers!)

dass Sie jetzt plötzlich auch dazu kommen zu sagen, wir haben ein Problem in dem Bereich der Ausstattung der Schulen. Wir haben ein Problem bei der Infrastruktur. Wir haben eine ganze Menge Schlaglöcher im Land, und wir haben auch ein Problem bei der kommunalen Finanzausstattung. Das ist tatsächlich so der Fall. Sonst hätten Sie nicht in Ihrem Programm, das wir sehr befürworten, gesagt, dass der Eigenanteil, wenn er von den Kommunen nicht erbracht werden kann, dann eben über das Land, Sie sagen jetzt vorfinanziert, ohne Zinsen, ohne Tilgung für einen gewissen Zeitraum, aber vorfinanziert werden müsste.

Wenn unsere Kommunen finanziell so ausgestattet wären, dass sie diesen Eigenanteil selbst erbringen könnten, bräuchten wir über dieses Sonderprogramm gar nicht nachzudenken.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Das glaubt Ihr doch selbst nicht! – Ministerpräsident Beck: Er hat es gar nicht verstanden, um was es geht!)

Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen gleich noch, wo ich noch ein paar Lösungen sehe,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

die Sie vor einem halben bzw. einem Jahr abgelehnt haben. Gehen Sie bitte davon aus, wir beobachten genau, was Sie auf Bundesebene erzählt haben und was Sie jetzt machen.

Jeder darf dazulernen. Dagegen sagt kein Mensch etwas. Aber man sollte so ehrlich sein, wenn etwas nicht in Ordnung war, dass man es dann auch sagt. Das tue ich jetzt hier. Dann können auch Sie sagen: In Ordnung, das haben wir eingesehen, das ändern wir. –

Wenn Sie aus Ihrer Erklärung heute mit dem Schluss herausgehen, dass wir in Zukunft die kommunale Finanzausstattung so regeln, dass die Kommunen vor Ort auch ihre eigene Verantwortlichkeit wahrnehmen können, Herr Ministerpräsident, dann wäre ich Ihnen sehr

dankbar. Dann werde auch ich applaudieren. Aber dann sagen Sie es auch bitte so.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf in diesem Zusammenhang auch ausführen, dass einige unserer Punkte übernommen worden sind. Dafür sind wir sehr dankbar. Herr Deubel, wir hatten im Vorfeld einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, wie man denn mit den dann zu erwartenden Mitteln in naher Zukunft umgehen soll. Diesen Katalog hatten wir mit zehn Punkten auch entsprechend skizziert. Diese unterschiedlichen Positionen sind Grundlage dafür, wie wir uns vorstellen, was mit den Mitteln zu passieren hat. Herr Ministerpräsident und Herr Minister, wir hatten Sie gebeten, die entsprechenden Gespräche zu führen und zu berichten. Das haben Sie getan.

Dann hatten wir Sie gebeten, schnellstmöglich die kommunalen Haushalte für das letzte Jahr schon zu genehmigen und auch dafür Sorge zu tragen, dass nicht zusätzliche Bürokratie durch Nachtragshaushalte entsteht, die vor Ort zu beschließen wären, durch Genehmigungsverfahren, die auf den unterschiedlichsten Ebenen unterschiedlich sind, sondern dass dies vereinfacht wird. Auch das ist zwischenzeitlich zum Teil verwirklicht, wobei ich schon einen Wermutstropfen hineinwerfen möchte.

Wir hätten uns schon gewünscht, dass im kommunalen Straßenbau und auch bei den Ver- und Entsorgungseinrichtungen und im öffentlichen Personennahverkehr, der jetzt ausgenommen ist, noch etwas mehr in diesem Bereich getan wird. Das ist nicht erfolgt.

(Hartloff, SPD: Das steht nicht im Bundesprogramm!)

Das hat sich verändert. Natürlich wird auch noch die entscheidende Frage sein, Herr Ministerpräsident, die Sie heute etwas blumig in Ihrer Regierungserklärung dargestellt haben, wie denn die Krankenhausfinanzierung aussehen wird.

Zunächst einmal ist die Krankenhausfinanzierung eine Landessache. Was soll im Einzelnen zukünftig kommen? Wie soll der Lärmschutz bei den Kommunen gestaltet sein? Dann die energetische Sanierung der Schulen. Das ist die Vorgabe des Bundes. Wie setzen wir das auf Landesebene um?

Herr Ministerpräsident, in den letzten Wochen haben wir auch durchaus andere Stellungnahmen erhalten, beispielsweise von Lehrern und Schülern, wie sich die Gebäudesituation in diesem Land darstellt. Das hat nicht allein etwas mit Energie und energetischer Einsparung zu tun. Da wurde klar und deutlich ausgeführt, es wird Unterricht in Containern gehalten, es gibt nasse Wände, dreckige Toilettenanlagen, kaputte Heizungen, Schimmel, undichte Fenster, kaputte Fußböden, Matheunterricht in der Küche.

Die GEW hat gesagt, eigentlich müssten schon viele Schulen dichtgemacht werden. Da gibt es doch den allergrößten Nachholbedarf, Herr Ministerpräsident. Ich

darf mich dann in diesem Zusammenhang, auch wenn wir uns heute über das Paket freuen und die Umsetzung von Ihnen noch erklärt bekommen, schon fragen, wie so etwas überhaupt passieren konnte, wenn doch alles so ganz toll in diesem Lande läuft und die Bildung so nach oben gehalten wird. Frau Ahnen, da kann ich nicht erkennen, dass Sie dort nachhaltig gearbeitet haben.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, als Weiteres hatten wir in unserem 10-Punkte-Programm gefordert, dass eine zweckgebundene Investitionspauschale von minimum 50 % in die Kommunen gegeben wird. Wir sind der Meinung, kommunale Selbstverwaltung, kommunale Gebietskörperschaften können besser entscheiden, was für sie vor Ort wichtig ist, um genau das, was Sie, Herr Ministerpräsident, ausgeführt haben, nämlich das Windhundprinzip, auch zu vermeiden.

Jetzt lasse ich weg, dass schon an verschiedenen Stellen über den Ticker gelaufen ist, in welchen Bereichen dieses Landes schon angeblich Zusagen gemacht wurden. Wenn dem so ist, dann würde das diesem Konzept nicht entsprechen. Wenn Sie es tatsächlich in regionalisierter Form durch zweckgebundene Investitionspauschalen mit der Möglichkeit der Räte, vor Ort zu entscheiden, was damit passiert, unter den von Bund und Ländern vorgegebenen Prämissen durchziehen, dann finden Sie uns auf Ihrer Seite, Herr Ministerpräsident. Wir möchten, dass die Kommunen entscheiden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Zu begrüßen ist, dass Nachtragshaushalte nicht aufgestellt werden müssen. Das ist eine wesentliche Erleichterung.

Natürlich ist eine wichtige Frage, wie wir die Abrechnungen gestalten. Ich muss sagen, da sind Sie unserem Vorschlag gefolgt, die Maßnahme nicht bis Ende 2010 abschließen zu müssen, sondern auch bis in das Jahr 2011 Abrechenbares vorlegen zu können. Das ist eine Flexibilisierung, die wir in diesem Bereich brauchen, weil man nicht von vornherein sagen kann, dass das zur Verfügung gestellte Geld direkt verbaut werden kann. Das muss man so festhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.