Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Im Ältestenrat wurde eine Behandlung ohne Aussprache beschlossen. Es wird vorgeschlagen, den Antrag an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau – federführend – sowie an den Ausschuss für Europafragen zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Besseres Konzept für mehr Organspenden in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/3017 –

Im Ältestenrat wurde beschlossen, eine Behandlung ohne Aussprache vorzusehen. Es ist vorgeschlagen, den Antrag an den Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

Einrichtung eines Zukunftstages für Mädchen und Jungen Antrag der Fraktionen der CDU und FDP – Drucksache 15/3042 –

Auch hier wurde vorgeschlagen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln und ihn an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung zu überweisen. – Das findet Ihre Zustimmung. Danke schön.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Situation der Polizei in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 15/2336/2558/2602 –

Im Ältestenrat wurde eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart. Herr Kollege Lammert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion informiert auf rund 122 Seiten mit aufschlussreichen Daten und Informationen. Wir sind sehr dankbar, dass diese Informationen vonseiten des Ministeriums zusammengestellt wurden; denn sie bilden eine durchweg gute Grundlage für die zukünftige Arbeit und auch für Auswertungen, die wir in der Zukunft im

Bereich der Situation der Polizei und auch im Bereich der Inneren Sicherheit dringend benötigen.

Ich darf darauf aufmerksam machen, die Anfrage ist Ende August 2008 beantwortet worden. Natürlich sind einige Zahlen nicht mehr ganz aktuell, aber ich beziehe mich natürlich insbesondere auf diese Zahlen, die in der Großen Anfrage vorkommen. Zusammengefasst kann man im Vorfeld feststellen, es gibt ein massives Problem im Bereich der Personalsituation der Polizei, im Bereich der hohen Altersstruktur, der zunehmenden Einsatzbelastungen, der Krankenstände sowie Probleme bei der Anzahl der eingeschränkt Dienstfähigen, bei den Überstundenzahlen, bei den Beförderungen usw.

Die unzureichende Personalausstattung bei der Polizei ist nach wie vor eines der dringendsten Probleme im Bereich der Inneren Sicherheit auf Landesebene. Das derzeitige Personal reicht häufig nicht einmal mehr aus, um bei einer Normallage den präventiven und repressiven Aufgaben in vollem Umfang nachzukommen. Die landesweite Sollstärke für Schutz- und Kriminalpolizei liegt nach dieser Anfrage bei rund 9.300 Stellen. Tatsächlich verfügbar sind aber nur 8.800 Polizeibeamtinnen und -beamte.

Interessant ist dabei zu beobachten, dass die Soll- und Orientierungsstärken in den letzten Jahren kontinuierlich nach unten gesenkt wurden. Das sieht man auch in dieser Großen Anfrage. Offensichtlich soll hier lediglich die Differenz zwischen Soll- und Ist-Stärke verringert werden, damit das entsprechende Personalproblem nicht so offenkundig wird. Wenn man es nämlich entsprechend herausrechnet und sich wirklich auf diese Soll- und Orientierungsstärken konzentriert, dann fehlen uns letztendlich 500 Polizeibeamtinnen und -beamte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kommt natürlich wie immer offensichtlich vonseiten des Ministeriums und der SPD das Argument der Polizeilichen Kriminalstatistik. Es ist keine Frage, wir haben eine tolle Aufklärungsquote von rund 62 %.

(Pörksen, SPD: Mehr!)

(Pörksen, SPD: Sehen Sie!)

62,4 % ist eine gute Aufklärungsquote. Das ist überhaupt keine Frage. Das ist aber keine Leistung von Ihnen, Herr Pörksen,

(Pörksen, SPD: Habe ich das gesagt?)

oder von der Landesregierung, sondern die Aufklärungsquote ist eine Leistung unserer Polizeibeamtinnen und -beamten, die einen hohen Einsatz dafür bringen. Dafür gilt es auch einmal ein Dankeschön zu sagen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss auf der einen Seite sehen, wir haben eine hohe Aufklä

rungsquote, wir haben auf der anderen Seite aber auch eine hohe Anzahl von Straftaten in den letzten Jahren. Seit 1991 sind die Straftaten von rund 213.000 auf nahezu 294.000 im Jahr 2008 gestiegen. Das ist in diesem Zeitraum ein Anstieg von rund 37 %. Ich finde, das ist alles andere als positiv. Auch in diesem Jahr hat sich diese Zahl laut der Kriminalstatistik bedauerlicherweise wieder erhöht. Wenn man das insgesamt im Bundesdurchschnitt betrachtet, ist im Zeitraum von 1993 bis 2007 die Fallzahl von 500.000 Fällen nach unten gegangen. Auch da sieht man einen Trend, der offensichtlich auf Bundesebene anders als im Land Rheinland-Pfalz aussieht.

Auch wenn man nach Hessen blickt, sieht man, dass sich die Straftaten dort entsprechend nach unten entwickelt haben und wir hier auch im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 3,2 % zu verzeichnen haben. Da fragt man sich manchmal, warum es in anderen Bundesländern besser klappt als bei uns in Rheinland-Pfalz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich die einzelnen Deliktfelder anschaut – ich weiß, dass wir durchaus Rückgänge bei den Rohheitsdelikten und auch bei anderen Delikten geringe Rückgänge haben –, haben wir aber bedauerlicherweise Anstiege bei den Sexualdelikten, extremen Betrugs- und Fälschungsdelikten, aber eben auch bei der Straßenkriminalität. Gerade die Straßenkriminalität ist für viele Bürgerinnen und Bürger ein Zeichen des subjektiven Sicherheitsgefühls, weil sie dort entsprechend feststellen, dass es mehr Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum, Anpöbelungen usw. gibt. In diesem Bereich ist ein Anstieg von rund 3,1 % im Jahr 2008 zu verzeichnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenminister läuft derzeit bei Veranstaltungen – wir hatten in der letzten Zeit öfter die Gelegenheit, bei Veranstaltungen zusammen zu sein – durch das Land und spricht von einem Stand der Polizeibeamtinnen und -beamten von insgesamt rund 9.500.

(Harald Schweitzer, SPD: Es gab niemals mehr!)

Diese werden wir sicherlich in diesem Jahr erreichen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass wir uns im Grunde genommen noch auf dem Niveau von 1995 bewegen; denn 1995 hatten wir schon einmal 9.450. Am 1. Januar 2009 hatten wir gerade einmal 9.350. Ich kann Ihnen nur sagen, Ihre Rechnung ist letztendlich eine Milchmädchenrechnung; denn wir werden in diesem Jahr wieder deutlich nach unten gehen, weil Sie natürlich diejenigen, die jetzt noch abgehen werden, noch nicht in diese Rechnung mit hineinrechnen, sondern Sie gehen im Augenblick nur von den entsprechenden Steigerungen aus.

(Pörksen, SPD: Natürlich!)

Die von der Landesregierung angekündigten Neueinstellungen von Polizeianwärterinnen und -anwärtern reichen im weitesten Sinne nicht aus, um das massive Personalproblem zu lösen. Ich denke, das wissen Sie auch. Ab 2011 werden bei der Polizei deutliche Abgänge zu verzeichnen sein. Bei rund 320 Abgängen nähert sich

das praktisch jetzt schon der Zahl derjenigen an, die derzeit eingestellt werden. Im Jahr 2013 liegen die Abgänge durch Pensionierungen bei über 400 Polizeibeamtinnen und -beamten, 2017 sogar bei 500. Wenn man überlegt, dass die Ausbildungszeit drei Jahre und länger dauert, bis sie dann wirklich vor Ort sind, dann ist das keine seriöse Personalpolitik und keine seriöse Personalentwicklung. Ich denke, das ist auch kein vorausschauendes Handeln. Es ist alles andere als eine Arbeit, um die Angelegenheit in den Griff zu bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss es noch einmal deutlich sagen, Herr Minister Bruch, wir waren bei Veranstaltungen der Deutschen Polizeigewerkschaft und der Gewerkschaft der Polizei. Wenn ich mir dort die kritischen Worte der Gewerkschaften noch einmal vor Augen führen darf, spricht die Gewerkschaft der Polizei sogar von Fehlbedarf von rund 900 Polizeibeamtinnen und -beamten im Wechselschichtdienst.

(Noss, SPD: Sie glauben denen auch alles, was die erzählen!)

Interessanterweise hat der Minister – darauf komme ich jetzt zu sprechen – durchaus zugegeben, dass es Probleme gibt und er viele fehlende Kräfte sieht. Ich sage grundsätzlich, Einsicht ist immer gut. Das begrüßen wir. Aber warum handeln Sie dann nicht anders? Warum stellen Sie nicht wenigstens ein paar weniger zusätzlich ein, wenigstens die 400, die wir damals gefordert haben? Dann kommt immer das Argument – – –

(Pörksen, SPD: Weniger zusätzlich? – Staatsminister Bruch: Ein paar mehr!)

Ein paar mehr? Entschuldigung, ein paar mehr. Dann kommt aber immer das Argument, der Finanzminister würde sie bremsen. Da muss man natürlich fragen: Sind Sie der stellvertretende Ministerpräsident, oder ist es der Finanzminister? –

(Zurufe von der SPD)

Ich denke, vielleicht können Sie dann Ihr politisches Gewicht entsprechend mit einbringen und dort vielleicht einmal für Ordnung sorgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zeit ist viel zu kurz, um auf alle Details einzugehen. Die Polizei hat trotz der knappen Personaldecke zusätzliche Belastungen. Allein im Zusammenhang mit Einsätzen bei Fußballspielen hat sich die Anzahl der eingesetzten Beamten seit 2003, also innerhalb von fünf Jahren, verdoppelt. Wir haben in den letzten Jahren – das sind die gravierenden Probleme, die wir eben auch haben – insbesondere bei den eingeschränkt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten dramatische Steigerungen erfahren. Wenn ich das aufführe, haben wir im Jahr 2003 noch rund 400 eingeschränkt Dienstfähige und heute über 900 eingeschränkt Dienstfähige. Ich denke, das ist schon eine gewaltige Anzahl.

Wenn ich mir anschaue, dass wir auch im Bereich der Krankenstände in den letzten Jahren einen Anstieg von 5,4 % im Jahr 2003 auf jetzt 7,7 % verzeichnen können, dann ist das ein Anstieg von rund 40 %. Ich finde, auch

das ist sehr bedauerlich und sicherlich auch ein Zeichen, dass die Landesregierung vor fünf Jahren die Lebensarbeitszeit verlängert hat und wir vor dem Hintergrund hier die ersten Auswüchse zu verzeichnen haben, weil eine Überalterung der Polizeibeamtinnen und -beamten einsetzt und jetzt greift und natürlich dann auch oftmals der Tatsache Rechnung getragen werden muss, dass man nicht mehr ganz so fit ist.

Die Zahl der Überstunden von 1,7 Millionen kann ich nur kurz streifen. Sie kennen das Problem. Ich meine, an diesem Problem muss gearbeitet werden.

Zum Ende meiner Redezeit will ich noch kurz auf die Forderungen von unserer Seite aus eingehen. Wir wollen den Personalbestand deutlich angehoben sehen. Der Altersdurchschnitt, insbesondere im Wechselschichtdienst, muss gesenkt werden. Sie kennen die Probleme insbesondere bei den Polizeipräsidien Westpfalz und Trier. Wir wollen, wenn neue Aufgabenstellungen auf die Polizei zukommen,

(Glocke der Präsidentin)

dass Personal dafür nicht wieder aus den Pools der Bereitschaftspolizei und des Wechselschichtdiensts herausgeholt wird. Wir wollen, dass eine ordentliche Nachwuchsarbeit betrieben wird.

(Glocke der Präsidentin)

Wir wollen auch den Beförderungsstau absenken. Insbesondere würden wir uns für ein Beförderungsverlaufsmodell aussprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Dinge werden wir weiter vorantreiben.