Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Frau Dr. Lejeune, wir werden sicherlich im zuständigen Ausschuss noch ausführlicher Gelegenheit haben, dies miteinander zu diskutieren.

Aber Ihr Vergleich stimmt meines Erachtens so nicht; denn die Frage, mit der sich das Bundesverfassungsgericht auseinandergesetzt hat, ist der Tatbestand der Religionsfreiheit. An diesem Tatbestand ist die gesamte Frage zu bewerten. Dies ist eben nicht vergleichbar mit den anderen Fällen, die Sie genannt haben.

(Beifall der SPD)

Herr Dr. Wilke, Sie haben nun das Wort.

(Harald Schweitzer, SPD: Er trägt selbst ein Kopftuch in seiner Freizeit!)

Jede Fraktion hat noch drei Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben soeben gesagt, dass kein Bedarf für ein solches Gesetz bestehe, da es lediglich einen einzigen Fall gegeben habe.

Ich erinnere mich an die Fragestunde in der Plenarsitzung Anfang März. Auf unsere Frage, wie viele Lehrerinnen es überhaupt im Land Rheinland-Pfalz gibt, die ein Kopftuch tragen, sagten Sie, es seien zwei Lehrerinnen. Wenn ich es mathematisch hochrechne, bedeutet dies, 50 % der Fälle sorgen für Probleme und 50 % nicht.

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie lachen jetzt! Aber so wenig, wie ich akzeptieren kann, dass man angeblich das Gesetz nicht brauche, da es nur einen einzigen Fall betreffe, wollen Sie meine Rechnung akzeptieren, die ich gerade aufgestellt habe.

(Beifall bei der CDU)

Wir halten daran fest: Sowohl in Worms als auch in Speyer gab es mit dieser Lehrerin größte Probleme, und es war eine Basta-Politik, was die ADD gemacht hat. Sie hat gesagt, es wird nicht mehr weiter diskutiert, die Lehrerin bleibt. – Fertig, aus, Ende! – Wenn das keine Bas

ta-Politik ist – Entschuldigung –, was soll dann BastaPolitik sein?

Ich möchte mit einem Zitat schließen, das mir sehr wichtig ist, um zu zeigen, dass die Trennlinien doch etwas anders verlaufen, als es die Kolleginnen und Kollegen von der SPD soeben dargestellt haben. Als das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2005 oder 2006 das badenwürttembergische Gesetz bestätigt hat, hat der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD im baden-württembergischen Landtag, Wolfgang Drexler – heute ist er Landtagsvizepräsident in Stuttgart –, in aller Deutlichkeit formuliert: Er begrüßt dieses Urteil, und er hält gar nichts davon, es der Entscheidung der Schulleitung im Einzelfall zu überlassen. Dies würde nur zu Beliebigkeit führen und würde Rechtsunsicherheit nach sich ziehen.

Recht hat der Mann! Genau das ist auch in RheinlandPfalz eingetreten, wie wir in Worms und in Speyer jüngst gesehen haben. Deswegen brauchen wir dieses Gesetz, und ich freue mich auf eine vertiefte Beratung. Ich sehe auch, dass die FDP ein wenig ins Grübeln geraten ist und noch vertieften Diskussionsbedarf sieht. Ich denke, am Ende wird eine gute Entscheidung von allen Beteiligten stehen, ich hoffe, auch bei Ihnen, Frau Ahnen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Sahler-Fesel.

Schönen Dank, Herr Präsident! Wir lernen zu der BastaPolitik und dem ernsthaften Diskutieren, wir haben im Juni letzten Jahres auf gemeinsamen Beschluss und gemeinsamen Antrag aller Fraktionen in diesem Landtag eine Enquete-Kommission „Integration und Migration in Rheinland-Pfalz“ eingesetzt. In dieser EnqueteKommission nimmt das Thema „Frauen“ einen ganz wichtigen Stellenwert ein. Diesem Thema ist ein Kapitel gewidmet.

Das war das, was mich so gewundert hat: Wenn man das Ganze ernst nimmt – in der Enquete-Kommission sind Sachverständige von der CDU und von der SPD anwesend, die sehr belesen sind –, sollte man dieses Thema, insbesondere die Stellung der Frauen, in dieser Enquete-Kommission diskutieren. Dort sollten Handlungsrichtlinien entwickelt werden. In diesem Gremium hätte man eventuell darauf hinwirken und einen Gesetzentwurf erarbeiten können; denn darin ist alles offen.

Aber wie ich gerade an den abwertenden Handzeichen sehe, die Enquete-Kommission interessiert Sie überhaupt nicht. Sie sehen sie scheinbar als reine Beschäftigungspolitik oder etwas Ähnliches an. Aber ganz im Gegenteil, darin werden sehr wichtige Dinge diskutiert. Es gibt nur einen Nachteil, das muss ich Ihnen leider einmal sagen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Der Termin für das Thema „Frauen“, der gemein

schaftlich festgelegt wurde, findet erst nach dem 7. Juni statt.

Schönen Dank.

(Beifall der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung und Jugend – federführend – sowie an den Rechtsausschuss und den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe allgemeines Kopfnicken. Damit wird der Gesetzentwurf in die von mir angeführten Ausschüsse überwiesen.

Wir kommen nun zu Punkt 14 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren des Bau- und Wirtschaftsrechts Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3192 – Erste Beratung

Die Begründung erfolgt durch die Landesregierung. Ich erteile dazu Herrn Staatssekretär Dr. Kühl das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bürokratieabbau ist eine ständige Aufgabe von Landesregierungen. Wir haben in den vergangenen Legislaturperioden die Vorschriften kritisch überprüft und haben es uns auch in dieser Legislaturperiode wieder vorgenommen. Herr Ministerpräsident Beck hat dies in seiner Regierungserklärung im Jahr 2006 ausgeführt.

Es ist nicht ganz einfach, wenn man als Land Bürokratie abbauen will. Die Bertelsmann-Stiftung hat festgestellt, dass nur 1 % der Bürokratiekosten auf Vorschriften zurückzuführen sind, die von den Ländern erlassen werden. Der Löwenanteil der Vorschriften entsteht durch die Europäische Union und durch den Bund. Deswegen begrüßen wir als Landesregierung das Ziel der Europäischen Kommission, die Bürokratiekosten im Bereich ihrer Vorschriften in den nächsten Jahren um 25 % zu senken. Wir begrüßen des Weiteren den Vorschlag der Kommission zur Entlastung von Kleinstunternehmen, den sie in diesem Zusammenhang im Februar dieses Jahres vorgelegt hat.

Mit diesem Gesetz werden vier Änderungen vorgenommen, die dazu führen sollen, dass Bürokratiekosten in diesem Land gesenkt werden:

Zum einen wird eine Genehmigungsfiktion für verschiedene straßenbaurechtliche Genehmigungs- und Erlaubnisverfahren eingeführt. Mit dieser Genehmigungsfiktion ist auch für den Fall, dass sie wirksam wird, eine Gebührenreduzierung verbunden. Dann treten nur noch 50 % der Gebühren auf.

Zum Zweiten wird das Genehmigungserfordernis für den Versand von Bims ersatzlos gestrichen.

Schließlich gibt es zwei Veränderungen in der Landesbauordnung, die Unternehmen bzw. Unternehmensgründer unmittelbar begünstigen. Zum einen soll die Baugenehmigungspflicht für Imbiss- und Verkaufswagen auf öffentlichen Verkehrsflächen und gewerblich genutzten Flächen entfallen, und zum anderen – dies ist insbesondere für Existenzgründer von Bedeutung – soll die Genehmigung für untergeordnete gewerbliche oder geschäftliche Mitbenutzung von Wohnraum ohne Änderung der Bausubstanz durch freiberuflich Tätige oder Gewerbetreibende entfallen. Dies ist etwas, von dem uns die Kammern und die Betroffenen in den vergangenen Jahren gesagt haben, dass dies sehr häufig ein Hindernis war, wenn sich jemand selbstständig machen, also eine Existenz gründen wollte.

Ich begrüße es sehr, das der Kommunale Rat bei nur einer Gegenstimme eines kommunalen Vertreters, der wohl schlechte Erfahrungen mit Imbisswagen in seiner Kommune gemacht hat, aber ansonsten einstimmig diesem Gesetzentwurf zugestimmt hat; denn die Kommunen sind es, die die konkreten Erfahrungen in diesen Fällen vor Ort haben und uns gesagt haben, dass das im Sinne von Bürokratieabbau und von Existenzgründung einen Fortschritt darstellt.

Es könnte jetzt der Eindruck entstehen, dass sich die Bürokratieabbaubemühungen der Landesregierung einzig und allein auf diese vier Gesetzesvorhaben beschränken. Das ist nicht der Fall. Diese vier Vorhaben bedürfen der gesetzlichen Änderung, und deswegen werden sie hier heute eingebracht. Ich darf in diesem Zusammenhang an die bisherigen Maßnahmen erinnern, die die Landesregierung in dieser Legislaturperiode im Sinne von Bürokratieabbau etabliert hat.

Hierzu gehört, dass wir Servicegarantien im Bereich der ISB eingeführt haben, zum einen beim Mittelstandsförderungsprogramm, zum anderen bei den Programmen, die im Rahmen des sogenannten Soforthilfeprogramms erlassen werden.

Zum Zweiten haben wir in dieser Legislaturperiode „Gewerbe-Online“ eingeführt, und wir haben darüber hinaus den Kammern die Zuständigkeit für die Gewerbeanmeldung übertragen.

Darüber hinaus haben wir den Kammern die Zuständigkeit im Rahmen der Feststellung der Eignung von Ausbildern übertragen und damit eine weitere Bürokratieebene weggenommen. Die ADD hat jetzt keinen Letztentscheidungsvorbehalt mehr.

Wir haben außerdem mit dem Mittelstandslotsen und mit der Koordinierungsstelle in dieser Legislaturperiode zwei Personen bzw. Einrichtungen etabliert, die für die mittelständische Wirtschaft ein Ansprechpartner sind, für die einen in der Krisensituation, für den Mittelstandslotsen hatten wir das schon vorher etabliert. Er wird auch in Zukunft ein Ansprechpartner für die mittelständische Wirtschaft sein.

Darüber hinaus werden wir sicherlich noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines einheitlichen Ansprechpartners einbringen. Da geht es um die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Mit diesem Gesetz werden wir – das ist sonst immer etwas kritisch – über das hinausgehen, was die EU-Vorschrift von uns verlangt. Wir werden nämlich diesen einheitlichen Ansprechpartner nicht nur für Dienstleistungsunternehmen, sondern für die gesamte gewerbliche Wirtschaft in Rheinland-Pfalz etablieren.

Sie sehen, wir haben in dieser Legislaturperiode vielfältige Initiativen ergriffen, um Bürokratie in diesem Land sukzessive abzubauen, immer dann, wenn Bürokratie unseres Erachtens mehr Kosten als Nutzen stiftet. Ich darf Sie bitten, diesen Gesetzesantrag sowohl in den Ausschussberatungen als auch später in zweiter und dritter Lesung zu unterstützen.

Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dötsch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Forderungen nach Vereinfachung von Verwaltungsverfahren und von Bürokratieabbau finden beim Mittelstand, bei den Unternehmen und auch in breiten Schichten der Bevölkerung immer breiten Zuspruch.

Man muss zugeben, dass die Verfahren und Bestimmungen, die eingerichtet worden sind, zumeist in der Vergangenheit auch begründet waren. Doch wenn es dann jetzt konkret um den Wegfall von solchen Verordnungen im Sinne des Bürokratieabbaus geht, kommen teilweise – Sie haben eben ein Beispiel genannt, Herr Kühl – auch Gegenargumente. Es kommen auch Gegenstimmen, teilweise massive Argumente und Gründe von interessierter Seite, warum gerade diese Richtlinie nicht wegfallen kann.

Die CDU ist der Meinung, dass sich im Laufe der Zeit zu viel Verordnungen und damit Bürokratie aufgebaut haben. Es lohnt sich, diese zu durchforsten, von denen mittlerweile auch ein Teil überflüssig geworden ist.

Die Bürokratiebelastungen und Planungsunsicherheiten werden von der Wirtschaft als gravierende Standortprobleme angesehen. Wir begrüßen deswegen ausdrücklich die Initiative des Wirtschaftsministeriums zur Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren, die uns heute vorliegt. Dies gilt für den Versand im Zusammenhang mit dem Abbau von Bimsvorkommen, die Änderung des Landesstraßengesetzes und die Änderung der Landesbauordnung, die dankenswerterweise die von uns im Ausschuss seinerzeit thematisierte Regelung zur Genehmigung vom Imbiss- und Verkaufswagen mit enthält, somit die einzelnen Verordnungen.

Bürokratieabbau funktioniert in der Regel in kleinen Schritten, Wegfall verzichtbarer Regelungen, wie hier vorgeschlagen. Es gibt nicht immer die große Lösung, die auf einen Schlag die Abläufe entscheidend beschleunigt.

Selbst wenn der im Land zu gestaltende Anteil am gesamten Bürokratieaufwand, wie eben von Ihnen dargestellt, relativ gering ist, lohnt sich aus meiner Sicht die Arbeit, ist jede Abschaffung von solchen Regelungen konkret ein Vorteil für die Betriebe vor Ort und bringt Vorteile für die Menschen.