Herr Kollege Kuhn hat angedeutet, dass wir in der Region mit neuen Arbeitsplätzen und Systemen, die uns nach vorne gebracht haben, gute Fortschritte gemacht haben. Dies darf nicht durch eine Situation konterkariert werden, die auf uns zutrifft.
Wir alle haben in den letzten Jahrzehnten gelernt, wie sehr die Arbeitnehmerschaft, der Betriebsrat und die Werkleitung sich immer wieder auf neue Situationen haben einstellen müssen. Ich habe bei meinen Besuchen und Gesprächen immer wieder erlebt, es war ein Stück weit vorbildlich, was vonseiten des Betriebsrats und der Mitarbeiter geleistet worden ist. Man hat sich flexibel und anpassungsfähig gezeigt.
Man hat es geschafft, in die Qualität des Produkts Opel zu investieren und damit den Ruf der Automarke Opel nach vorne zu bringen. Ich denke, das ist ein großer Verdienst der Arbeitnehmer. Deswegen haben sie ein gutes Stück weit unsere Unterstützung verdient; denn sie tragen mit dazu bei, dass das Interesse Gott sei Dank weltweit vorhanden ist und es inzwischen mehrere Investoren gibt, die in einen Wettbewerb um diese Standorte von Opel in Deutschland und Europa treten und es damit eine Auswahl für GM, aber auch für die Bundesregierung und die Länder gibt, an dieser Stelle den richtigen Investor zu finden, der uns helfen kann, dass es weitergeht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ein herzliches Wort des Dankes für die Debatte und das Maß an Gemeinsamkeit, das in dieser Debatte deutlich geworden ist.
Erlauben Sie mir, in Ergänzung und in Absprache mit dem, was Herr Wirtschaftsminister gesagt hat, noch einige Anmerkungen zur aktuellen Diskussion und zum aktuellen Stand der Bemühungen um Opel zu machen.
Ich will vorweg deutlich machen, dass uns die Sorge eint und wir uns darum bemühen wollen, dass dieser internationalen Finanzkrise, aus der eine weltweite veritable Wirtschaftskrise geworden ist, mit den Möglichkeiten, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, gegengesteuert wird. Deshalb haben wir in Rheinland-Pfalz ein zusätzliches Abschirmkonzept entwickelt, das kleinen und mittleren Unternehmen eine Chance gibt, bei Liquiditätsschwierigkeiten und ähnlichen temporären Herausforderungen geholfen zu bekommen. Ich bin dankbar dafür, dass es gerade in den letzten Tagen zwischen unserer ISB und einer privaten Bank eine Übereinkunft gab, die Refinanzierungsvorteile an solche Unternehmen weiterzugeben, die einen Kapitalbedarf in dieser Situation haben.
Wir haben darüber hinaus, erwartend, dass diese Finanzkrise durchschlägt, im Zusammenhang mit der Nachtragshaushaltsberatung die Bürgschaftsinstrumentarien des Landes erweitert.
Wir haben unser Bürgschaftsinstrumentarium mit Zustimmung der Mehrheitsfraktion von 400 Millionen Euro auf 800 Millionen Euro verdoppelt. Wir sind damit in der Lage, sowohl was Opel anbelangt als auch was Bedarfe von mittelständischen und kleineren Unternehmen angeht, Hilfe zu leisten.
Lassen Sie mich unterstreichen, dass wir alle, die wir unterwegs sind und mit unterschiedlich betroffenen Gruppierungen in Rheinland-Pfalz reden, von der Sorge der Menschen beeindruckt sind. Ich habe in den letzten Wochen auf einer Reihe von Betriebsversammlungen, von Rasselstein bis zu Mittelständlern und kleinen Unternehmen, gesprochen. Ich habe auch auf Kundgebungen gesprochen. Allen ist eines gleich, die Menschen haben Sorgen, wie es weitergeht. Diese Sorge wird natürlich dadurch vertieft, dass derzeit niemand in der Lage ist, seriös zu beantworten, wie lang diese Krise noch anhält, auch wenn es derzeit einige Zeichen der Stabilisierung auf sehr niedrigem Niveau gibt.
Dass wir also nicht begründet Hoffnung machen können, belastet die Menschen sicher zusätzlich. Aber umso wichtiger ist es, dass wir das, was wir tun können, auch tun und einsetzen. Die Landesregierung ist dazu willens und bereit. Wir haben eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen – Sie wissen dies –, die in der Lage ist, innerhalb von zehn Banktagen, wenn entsprechende Antragsunterlagen vorliegen, dann auch das Bürgschaftsinstrumentarium einzusetzen und wirksam werden zu lassen.
Wir haben darüber hinaus mit dem Mittelstandslotsen eine weitere Ansprechstelle. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, zu kontaktieren und Hilfen auszuloten.
Erlauben Sie mir, mit Blick auf Opel deutlich zu sagen, die Opelkrise ist keine Krise, die der aktuellen Wirtschaftsproblematik geschuldet ist. Es ist eine Krise, die einen langen Vorlauf hat und von den USA und den dortigen Verantwortlichen bei General Motors ausgeht: eine problematische Modellpolitik, ein problematisches Kostenmanagement, nach meiner Beurteilung ein problematisches Management, das heißt, des europäischen und deutschen Opelmanagements, mit zu wenig Eigenständigkeit. Das alles hat zu dem geführt, was wir jetzt an Problemen haben.
Wir kämpfen seit geraumer Zeit darum. Es ist vorhin erwähnt worden, dass wir schon einmal helfend eingegriffen haben. Ich glaube, Herr Kollege Brüderle war zu dieser Zeit noch Wirtschaftsminister. Ich erinnere mich sehr gut an die Gespräche. Wir haben uns damals alles andere als leicht getan, 40 Millionen DM einzusetzen, um die neuen Motorenlinien überhaupt in Deutschland und in Kaiserslautern zu halten. Wäre dies damals nicht gelungen, müssten wir über Powertrain heute gar nicht mehr reden. Ich glaube, das muss man in diesen Zeiten in Zusammenhang setzen.
Dennoch, die aktuelle Herausforderung ist unglaublich groß. Wir haben nur bedingt Zeit. Ich will mich nicht daran beteiligen, bis wann der Insolvenzfall eintreten könnte, aber ich sage noch einmal, wir haben nur sehr begrenzt Zeit, um es nicht so weit kommen zu lassen.
Insoweit müssen wir fragen, was wir tun können. Eines ist dabei in der Tat von ganz besonderer Bedeutung, nämlich dass wir die Interessen, zunächst einmal die deutschen Interessen, seitens der Politik gebündelt halten. Man muss sagen, das ist zwischen Bund und den vier Ländern sehr gut angelaufen. Aber es gab zwischendurch und gibt aktuell für uns allen Grund, eine dringende Bitte auszusprechen, die Informationspolitik der Anfangstage und -wochen wieder aufzunehmen. Das, was derzeit zwischen Bundeswirtschaftsministerium und den Ländern abläuft, ist nicht ausreichend. Ich sage das nicht nur hier. Das ist auch den Verantwortlichen gegenüber deutlich gemacht worden.
Wir versuchen umso intensiver, zwischen den vier Ländern zu kommunizieren. Das hat heute Morgen mit einer Schaltkonferenz wieder stattgefunden, an der leider Herr Kollege Rüttgers nicht teilnehmen konnte, aber die anderen Kollegen. Das Gespräch werden wir am Freitag am Rande des Bundesrats nachholen können, denke ich.
Ich bin froh darüber, dass wir uns gegenseitig erneut versichert haben, vor dem Hintergrund dessen, was derzeit auf den Weg gebracht ist, um alle deutschen Standorte gemeinsam zu kämpfen.
Es wäre auch für Kaiserslautern oder Rüsselsheim genauso nachteilig, wenn Erfurt geschlossen würde; denn
wir müssen sehen, wie – mit wem auch immer als Investor – strategische Aufstellungen möglich sind und wie eine möglichst optimale Ausnutzung des Presswerks, des Gelenkherstellungsbereichs oder eben von Powertrain in Kaiserslautern möglich ist.
Da kann es natürlich bei der Optimierung und bei der zu Recht von allen Rednern angesprochenen Reduktion der Gesamtkapazitäten zu entsprechenden Anpassungen kommen.
Alles, was außerhalb der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang stattfindet, wird für ein Presswerk allemal wegen der Kosten des Transports höchst problematisch sein. Der Vorteil von Kaiserslautern liegt darin, dass die Montage räumlich sehr nah an Rüsselsheim stattfindet. Diesen Vorteil wollen wir natürlich in der Hoffnung nutzen, eine Erweiterung und eine Modernisierung der Presswerkstruktur in Kaiserslautern hinzubekommen. Das ist durchaus im Bereich des Möglichen und Erreichbaren.
Es geht darum, dass wir politisch zusammenbleiben. Es geht darum, jedes der vorliegenden Angebote oder jede Interessenbekundung auszuloten.
Herr Kollege Hering und ich haben mit den beiden strategischen Hauptinteressenten Kontakt und mit den jeweils Hauptverantwortlichen Gespräche geführt. Das galt zuerst für Magna und dann nachfolgend für Fiat.
Es gibt eine Reihe von Angeboten, die uns fast täglich auf den Tisch kommen, die von der Substanz her leider niemals in die Nähe dessen kommen, was von den Größenordnungen her gefordert ist. Es gibt Interessenten, bei denen sieht man, wenn man deren Interessen näher nachgeht, dass sie selbst eher ein Interesse haben, durch ein solches Investment die drohende Insolvenz zu vermeiden, als dass sie hilfreich sein könnten.
Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich das jetzt nicht herunterbreche auf einzelne Namen, die auch in der Presse gehandelt werden, weil wir kein Interesse daran haben, jemandem zu schaden. Wenn man aber sieht, dass die Situation so ist, dann hat es keinen Sinn, auf ein solches Pferd zu setzen, das selbst kaum noch überlebensfähig ist.
Ich denke, am Ende ist es so, dass mit einem strategischen Partner, der aus dem Business kommt, die Dinge am ehesten gestemmt werden könnten.
Wenn vorhin gesagt worden ist, es würde geredet und Ähnliches mehr, so ziehe ich mir diesen Schuh ausdrücklich nicht an. Genauso wie Herr Kollege Hering habe ich den Mund gehalten zu Zeiten, als andere Konzepte verkündet haben und alle möglichen Dinge. Ich glaube, es war nicht hilfreich.
Es war aber, nach dem Gespräch mit dem Fiat-Chef und nach dem, was er der Presse gesagt hat, unerlässlich, auch eine Bewertung abzugeben. Ich glaube, das ist man sich und dem Interessenten schuldig, dass man eine doch sehr offene Formulierung dann auf die Inter
essenslage der Standorte in Rheinland-Pfalz ein Stück weit zuschneidet. Das haben wir getan. Wir bleiben auch ausdrücklich bei der Bewertung.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Deutschland in Bezug auf Opel oder ein anderes Automobilwerk ein Interesse daran haben könnte, Teillieferant für Plattformen zu sein, deren Antriebe in jedem Fall außerhalb Deutschlands gefertigt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer ein tragfähiges Modell ist.
Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass am Ende dafür ein Bürgschaftsvolumen – wie gefordert – von 7 Milliarden Euro darzustellen sein wird, weil sich unsere Interessen nicht ausreichend in einer solchen Konzeption widerspiegeln. Das ist eine Konzeption, übrigens eine aus Sicht der Verantwortlichen sehr schlüssige Konzeption, aber ich glaube nicht, dass es die ist, die für uns mit ausreichenden Interessen versehen ist.
Der zweite Punkt ist, dass wir jetzt darum ringen müssen, dass die Interessenten bis zum 20. Mai – das ist die Fristsetzung, die der Bundeswirtschaftsminister vorgegeben hat – entsprechende Angebote abgeben, die dann substanziell überprüft werden können.
Dazu haben wir – alle, die Gespräche geführt haben –, abgestimmt jeweils die Interessenten aufgefordert. Es sieht auch so aus, dass solche Angebote abgegeben werden, zumindest von den beiden Hauptinteressenten.
Dann erst wird man endgültig urteilen können. Aber ein paar Signale, was aus Sicht der Länder – ich kann jetzt nicht für den Bund reden, weil die Kontakte nicht ausreichend sind, um zu wissen, was dort gedacht wird; das bedaure ich sehr, aber es ist die Wahrheit – in diesem Angebot mindestens berücksichtigt sein soll, weil es für uns sonst keine ausreichende Legitimation geben kann, dafür Bürgschaftsmittel oder bare Mittel auf Zeit einzusetzen, müssen wir schon geben.
Ich will zum Dritten sagen, dass wir, um diese Signale zu setzen, in einem engen Kontakt mit den Unternehmensleitungen, mit der IG Metall, die immerhin den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden dieses Unternehmens stellt, und mit den Betriebsräten stehen.
Unmittelbar vor dieser Plenarsitzung haben Herr Kollege Hering und ich mit dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden Klaus Franz und mit Alfred Klingel, der vorhin mit seinen Betriebsräten zu Recht hier gelobt worden ist, zusammengesessen und den aktuellen Stand durchgesprochen, auch vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Reise des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden zu anderen europäischen Standorten und dem Interessensabgleich innerhalb des Unternehmens.
Es gibt sehr enge und fast tägliche Kontakte, um auf dem Laufenden zu bleiben und ausreichend informiert zu sein. Diese Informationen stützen sich auf diese
Kontakte mit den Unternehmen, den Interessenten, den europäischen Verantwortlichen und den deutschen Verantwortlichen für Opel, den Betriebsräten und den Gewerkschaften. Daher haben wir unsere Informationen, leider nur sehr spärliche aus dem Bundeswirtschaftsministerium, wiewohl es eine abgesprochene Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene gibt, die den laufenden Fortgang begleitet und in der Herr Dr. Kühl für uns mit tätig ist.
Ich will darüber hinaus sagen, dass wir möglicherweise sehr schnell vor die Frage gestellt werden, wie wir das jetzt von allen Seiten bekundete Interesse unterlegen. Wir haben die Möglichkeit, mit unserer Investitions- und Strukturbank gemeinsam einen Weg zu finden. Die Landesregierung hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie keinen Weg ausschließt, auch nicht einen, wie er jetzt wieder ins Gespräch gekommen ist, nämlich einer Transfergesellschaft oder einer Treuhandkonstruktion, von der wir alle noch nicht wissen, wie sie aussehen könnte.
Es ist nicht so einfach. Wir werden schwerlich eine Lösung finden können, dass – ich sage jetzt einmal als Beispiel – die KfW, die den Löwenanteil des Bundesanteils verbürgen muss, selbst als Treuhänder auftritt. So einfach wird das nicht gehen.
Es gibt Signale von europäischen Banken, dass man die Einsetzung – wie man es bei einem Kleinunternehmen machen würde – eines Rechtsanwalts oder eines Insolvenzverwalters in anderer Aufgabe, nicht als Insolvenzverwalter, nicht akzeptieren würde, sondern eine belastbare breitere Abdeckung erwartet.
Wir werden auf die eine oder andere Weise die Bereitschaft haben müssen, eine staatliche Beteiligung dann möglicherweise als Übergang zu akzeptieren. Das alles kann noch nicht zu Ende beurteilt werden, aber die Bereitschaft dazu scheint mir zu wachsen. So interpretiere ich auch die völlig veränderte Position des Bundeswirtschaftsministers, die ich an dieser Stelle ausdrücklich begrüße.
Ich habe die herzliche Bitte, dass wir in diesen Fragen zusammenbleiben und – ich möchte es einmal vornehm ausdrücken – ordnungspolitische Schranken uns nicht daran hindern, das zu tun, was nun eingefordert worden ist.