Protokoll der Sitzung vom 21.09.2006

Die Rechnungsprüfungskommission des Landtags berät darüber gemeinsam mit dem Rechnungshof und Vertretern der Ministerien. Grundlagen sind die Haushaltsrechnung, der Jahresbericht des Rechnungshofs und die Stellungnahme der Landesregierung hierzu. Es geht darum, ob Regierung und Verwaltung den Haushalt rechtmäßig vollzogen haben, ob sie sparsam und wirtschaftlich mit dem Geld umgegangen sind und welche Konsequenzen aus Fehlern und Mängeln zu ziehen sind.

Die Rechnungsprüfungskommission entwirft für den Haushalts- und Finanzausschuss einen Bericht und eine Beschlussempfehlung. Der Ausschuss legt beides dem Plenum zur Beratung und endgültigen Beschlussfassung vor. Meine Damen und Herren, die entsprechenden Drucksachen liegen Ihnen vor.

Es geht heute um die Entlastung für das Haushaltsjahr 2004. Das ist für parlamentarische Verhältnisse schon recht lange her, zumal eine Landtagswahl dazwischen liegt. Allerdings dient das Entlastungsverfahren keineswegs nur der Kontrolle von Vergangenem – so wichtig sie ist. Es geht vielmehr auch darum, dass Regierung und Verwaltung in Zukunft ihre Aufgaben sparsamer und möglichst auch besser erfüllen.

Deshalb hat sich der Landtag zum Ziel gesetzt, das Entlastungsverfahren jeweils vor den nächsten Haushaltsberatungen abzuschließen. Dann können aus der Entlastung unmittelbar Konsequenzen gezogen werden. Dies ist uns auch in diesem Jahr wieder gelungen.

Meine Damen und Herren, zunächst will ich zwei Anmerkungen zum Entlastungsverfahren selbst machen.

1. Die schriftliche Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht des Rechnungshofs nimmt gelegentlich Stellung zu Punkten, die im Rechnungshofbericht gar nicht auftauchen. Außerdem wiederholt sie in einigen Fällen nur diejenigen Argumente, die bereits während der Prüfung durch den Rechnungshof vorgetragen wurden. Der Bericht des Rechnungshofs gibt aber selbst bereits die wesentlichen Argumente der geprüften Ressorts wieder.

Wir meinen, die Landesregierung sollte Wiederholungen und Überflüssiges vermeiden. In ihrer Stellungnahme sollte sie vielmehr darstellen, wie sie beabsichtigt, auf die Feststellungen des Rechnungshofs zu reagieren, und was sie bereits veranlasst hat. Die Regierung hat in vielen Fällen unmittelbar auf die Beanstandungen des

Rechnungshofs reagiert. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, das ist nichts, was man dem Parlament verheimlichen müsste. Wir sollten uns in den Beratungen auf diejenigen Punkte konzentrieren, die noch offen sind.

2. Weiterhin mussten wir uns mit etwa einem Dutzend Altfällen aus den Vorjahren beschäftigen. Das ist ein Spitzenwert. Auch wenn mancher Fall kompliziert ist – die Regierung sollte alles daransetzen, Beanstandungen aus früheren Entlastungsverfahren zügig zu erledigen.

Meine Damen und Herren, die Lage des Landeshaushalts hat sich auch 2004 nicht grundlegend verbessert. Die Neuverschuldung war zwar geringer als im Jahr 2003, aber immer noch die dritthöchste, die es in Rheinland-Pfalz jemals gab.

Zum dritten Mal hintereinander wurde die Kreditobergrenze der Verfassung im Laufe des Haushaltsvollzugs überschritten. Das Land nahm 235 Millionen Euro mehr an Krediten auf, als es für Investitionen ausgab. Rechtlich bleibt das zweifelhaft, finanzpolitisch ist es ein Alarmsignal.

Meine Damen und Herren, dabei müssen wir berücksichtigen, dass der zurzeit gültige Investitionsbegriff einige durchaus fragwürdige Buchungen zulässt, welche die Kreditobergrenze erhöhen. Der Landtag hat deshalb im Entlastungsverfahren für das Jahr 2002 gefordert, den Investitionsbegriff enger zu fassen. Das ist unter den gegenwärtigen Umständen zwar politisch schwer durchsetzbar, wie wir feststellen mussten, bleibt aber notwendig.

Insgesamt wuchs die Verschuldung weiter an, und zwar auf 24,4 Milliarden Euro Ende 2004. Pro Einwohner waren das über 5.700 Euro. Das lag damals schon deutlich über dem Durchschnitt der Flächenländer von knapp 4.700 Euro.

Immerhin gibt es einen Lichtblick: Die Verschuldung des Landes hat sich 2004 weniger stark erhöht als in manchen anderen Ländern.

Insgesamt aber bleibt die finanzielle Lage des Landes weiter äußerst angespannt. Der Schuldenberg wächst. Strukturelle Belastungen bleiben oder nehmen zu. Dazu zählen etwa Zinslasten und Pensionen.

Vor einigen Jahren musste die Landesregierung ihr Ziel aufgeben, die Neuverschuldung in diesem Jahrzehnt auf null zu reduzieren. Die Finanzpolitik sollte nach unserer Meinung aber weiterhin darauf ausgerichtet sein, ohne neue Schulden auszukommen. Gerade weil das Land vor großen Herausforderungen steht, muss es seinen finanziellen Handlungsspielraum Schritt für Schritt zurückgewinnen. Deshalb muss gespart werden, auch wenn die Steuerquellen wieder kräftiger sprudeln. Mehreinnahmen und Minderausgaben sind vorrangig zur Verringerung der Neuverschuldung zu nutzen. So fordert es der Rechnungshof. Dies sieht auch unsere heutige Beschlussempfehlung vor.

Meine Damen und Herren, es gibt Möglichkeiten zu sparen, auch innerhalb der bestehenden gesetzlichen und politischen Vorgaben. Der Bericht des Rechnungshofs und die Empfehlungen des Haushalts- und Finanzausschusses zeigen dies. Ich möchte im Folgenden auf einige Beispiele eingehen.

Auch nach ihrer Reform begleitet der Rechnungshof die Mittelbehörden des Landes. Seine Prüfungen haben wiederum Möglichkeiten gezeigt, die Arbeit noch rationeller zu organisieren; etwa durch den Einsatz der Informationstechnologie, durch das Bündeln von Beschaffungen, durch die Konzentration von Querschnittsaufgaben in den Zentralabteilungen und durch den Abbau von überflüssiger Doppelarbeit. Hier ist noch Luft für deutliche Einsparungen, auch beim Personal.

Bei der Prüfung verschiedener Maßnahmen der Kommunalförderung wurden verschiedene Mängel festgestellt, um ein weiteres Beispiel zu nennen.

Zusammengefasst geht es insbesondere darum, dass das Land seine eigenen Förderrichtlinien einhält, was eigentlich selbstverständlich ist. Es geht darum, dass es grundsätzlich nur dann fördert, wenn der Empfänger das Vorhaben nicht aus eigener Kraft finanzieren kann. Außerdem müssen die Behörden bei Verstößen gegen die Förderbedingungen Konsequenzen ziehen und die Fördermittel notfalls auch zurückfordern. Sonst bestraft man letztlich diejenigen Empfänger, die sich korrekt verhalten.

Bei der Förderung kommunaler Verwaltungsgebäude sollte sich das Land im Grundsatz an denjenigen Maßstäben orientieren, die es an die Ausstattung seiner eigenen Verwaltungsgebäude anlegt. Das ist ein weiteres Beispiel.

Auch bei der Wirtschaftsförderung war nicht alles Gold, was glänzt. Der Rechnungshof hat die Beteiligung des Landes an den Technologiezentren und die Landesförderung kommunaler und privater Gründerzentren geprüft. Dabei stellte sich heraus, dass die Erfolgsmeldungen über Gründungen und neue Arbeitsplätze nicht immer akkurat waren. Auch war manche Förderung nicht zielgenau, es gab unnötige Mitnahmeeffekte, und öfter wurde nebeneinanderher statt miteinander gearbeitet.

Vor diesem Hintergrund sollten die Fördermaßnahmen vereinfacht und gestrafft und Erfolg und Wirtschaftlichkeit der Förderung konsequent überprüft werden. Die Beteiligten sollten ihre Kooperation verbessern, so die Empfehlung, die wir Ihnen heute geben.

Gegenstand des Entlastungsverfahrens waren erneut die Kosten der Altersteilzeit. Es ging dabei insbesondere um die Angleichung der Altersgrenzen von angestellten und beamteten Lehrern. Ich belasse es bei dieser Anmerkung; denn die Altersteilzeit war in diesem Hause bereits mehrfach Thema und wird es auch in Zukunft bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem Sozialgesetzbuch muss die Geschäftsführung der Kranken- und Pflegeversicherungen mindestens alle fünf Jahre geprüft werden. Dafür gibt es den Landesprüf

dienst beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass der Prüfdienst weder in der Lage war, den fünfjährigen Prüfungsturnus einzuhalten noch den gesamten Geschäftsbetrieb der Kassen zu prüfen, so wie es das Gesetz vorschreibt.

Hier geht es auch um die Verwaltungskosten der Kassen. Im Jahr 2002 waren das 8 Milliarden Euro, also immerhin 159 Euro pro Mitglied. Die Verwaltungskosten sind zuletzt erheblich gestiegen, und es gibt große Unterschiede zwischen den Kassen. Das spricht dafür, dass einige Kassen ihre Verwaltung wirtschaftlicher führen könnten.

Meine Damen und Herren, deshalb ist es zum einen notwendig, den Landesprüfdienst so zu organisieren, dass er seiner gesetzlichen Aufgabe ordnungsgemäß nachkommen kann. Das hat das Ministerium zugesagt. Zum anderen erscheint es sinnvoll, auch dem Rechnungshof eine zusätzliche, ergänzende Prüfungskompetenz einzuräumen. Das würde ebenfalls dazu beitragen, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Kassen zu erhöhen. Dazu ist allerdings eine Änderung von Bundesrecht erforderlich. Die Landesregierung sollte im Bund auf eine solche Gesetzesänderung hinwirken.

Meine Damen und Herren, zu Recht legt der Rechungshof bei seinen Prüfungen sein Augenmerk darauf, dass die Behörden und die geförderten Stellen das Vergaberecht einhalten. Leider muss der Rechnungshof jedes Jahr Mängel und Rechtsverstöße feststellen. Ich möchte an dieser Stelle keine Einzelfälle aufzählen. Wichtig ist, dass das Land das Seine dazu tut, damit Vergaben ordnungsgemäß durchgeführt werden; denn bei Vergaben ist Wettbewerb unverzichtbar. Das ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Verstöße müssen geahndet werde, auch bei Zuwendungsempfängern.

Ich möchte aber auch anmerken, das Vergaberecht ist sehr komplex. Es sollte für die Behörden vor Ort handhabbar bleiben. Das ist eine Aufgabe der Politik.

Meine Damen und Herren, der Rechnungshof hat auch Möglichkeiten aufgezeigt, die Einnahmen zu verbessern. So wiesen viele Steuerveranlagungen Mängel auf. Mehr als 13 Millionen Euro wurden allein aufgrund der Hinweise des Rechnungshofs nachgefordert. Bei der Schenkungssteuer gab es organisatorische Mängel innerhalb der Finanzämter und beim Informationsaustausch zwischen Standesämtern und Finanzämtern. Auch das führte dazu, dass Steuern nicht rechtzeitig und vollständig erhoben wurden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben zu Beginn dieses Jahrtausends das Haushaltsrecht reformiert. Der Landtag hat der Landesregierung beim Haushaltsvollzug mehr Spielraum eingeräumt, indem er die Übertragbarkeit von Mitteln ins nächste Jahr und die Deckungsfähigkeit unterschiedlicher Titel wesentlich erleichtert hat.

Im Gegenzug sind neue Steuerungsinstrumente vorgesehen: Die Kosten- und Leistungsrechnung soll zum Beispiel deutlich machen, was die einzelnen Leistungen

der Verwaltung kosten. Damit wird es möglich, Kosten zu vergleichen. Außerdem werden Aussagen zu Menge, Qualität und anderen Eigenschaften des Verwaltungsoutputs möglich.

Mit Leistungsaufträgen als weiterem Steuerungsinstrument soll stärker als bisher gesteuert werden, was die Verwaltung mit dem bewilligten Geld macht. Mehr Steuerung über den Output anstelle des Inputs ist dabei das Ziel.

Meine Damen und Herren, diese Instrumente funktionieren offenbar noch nicht überall zufriedenstellend. Das hat der Rechnungshof festgestellt. Man braucht aber auch nur den letzten Budgetbericht, der dem Landtag, insbesondere dem Haushalts- und Finanzausschuss, vorliegt, zu lesen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine persönliche Anmerkung: Die Reform des Haushalts wirft viele Fragen auf, die noch nicht beantwortet sind. Das kann gar nicht anders sein. Dem Bund und den anderen Ländern geht es genauso.

Mir ist es an dieser Stelle ein Anliegen, deutlich zu machen, dass wir die Probleme angehen, und zwar gemeinsam, wie bisher; denn es geht um unser Budgetrecht, das Budgetrecht des gesamten Parlaments. Wir können an unseren einstimmigen Beschluss aus dem Jahr 2004 mit dem Titel „Moderne Strukturen für den Landeshaushalt: Transparenz erhöhen, Steuerungsmöglichkeiten verbessern“ anknüpfen.

Es geht dabei zum einen darum, den Haushalt so zu gestalten, dass die Verwaltung effektiv und effizient arbeitet. Zum anderen soll er transparent sein und es dem Landtag ermöglichen, sein Budgetrecht wahrzunehmen. Kosten- und Leistungsrechung und Leistungsaufträge sind dabei wichtige Instrumente.

Anfang 2005 haben die Haushälter der Fraktionen zusammen mit Vertretern des Finanzministeriums und Wissenschaftlern aus der Hochschule in Speyer über Stand und Perspektiven der Leistungsaufträge diskutiert. Wir sollten jetzt die Feststellungen des Rechnungshofs nutzen und unsere Diskussion wieder aufgreifen mit dem Ziel, die neuen Instrumente möglichst wirksam zu gestalten. Dazu ist bereits in den kommenden Haushaltsberatungen Gelegenheit. Wir zählen dabei auch weiterhin auf die Unterstützung des Rechnungshofs.

Meine Damen und Herren, das Zahlenwerk des Haushalts und der Haushaltsrechnung ist in den letzten Jahren nicht durchweg verständlicher geworden. Kaufmännisch rechnende Landesbetriebe stehen dem kameral rechnenden Kernhaushalt gegenüber. Dazu kommen weitere Nebenhaushalte sowie Budgetierung und Flexibilisierung und die Veräußerung und Optimierung von Landesvermögen.

Außerdem entwickeln sich das Haushaltsrecht und das Rechnungswesen von Bund und Ländern auseinander. Es wird immer schwieriger festzustellen, wo RheinlandPfalz im Vergleich der Bundesländer steht. Richtig ist, es gibt zusätzliche Berichte und Informationen der Landesregierung.

Meine Damen und Herren, unabhängig davon bleibt es aber ein großes Verdienst des Rechnungshofs, die Zahlen so aufzuarbeiten, dass der Landtag den Vollzugs des Haushalts kontrollieren kann. Er gibt darüber hinaus immer wieder wertvolle Hinweise zum Budgetrecht, diesmal etwa zur Behandlung über- und außerplanmäßiger Verpflichtungsermächtigungen. Hier hat die Regierung eine Regelung zugesagt, die die Mitwirkung des Parlaments sicherstellt.

Ich sagte bereits eingangs, die Rechnungsprüfung richtet sich nicht allein auf die Vergangenheit, sondern sie zielt darauf ab, wie man es besser machen kann. Dazu noch ein Beispiel aus dem Kommunalbericht des Rechnungshofs, der Ihnen ebenfalls vorliegt: Zurzeit stellen die Kommunen ihr Rechnungswesen auf die Doppik um. Der Rechnungshof hat strichprobenweise die Beschaffung der nötigen Software geprüft. Aufgrund seiner Prüfungsergebnisse gibt er Hinweise für alle Kommunen, auf was bei der Beschaffung zu achten ist. Damit können die Kommunen überflüssige Kosten von vornherein vermeiden.

Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der Rechnungsprüfung sind für das Land und seine Kommunen unverzichtbar, gerade angesichts der angespannten finanziellen Lage. Deshalb gilt mein Dank dem Landesrechnungshof mit seinem Präsidenten Volker Hartloff an der Spitze und allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Mein Dank gilt ferner den Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission und des Haushalts- und Finanzausschusses. Wir haben einige neue Mitglieder. Sie haben sich reibungslos in die gemeinsame Arbeit eingefügt. Wie immer war die Beratung von großer Übereinstimmung über die Fraktionsgrenzen hinweg getragen.

Ich bedanke mich bei den Vertretern der Landesregierung, darunter eine neue Staatssekretärin und einige neue Staatssekretäre, sowie bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist erfreulich, dass die Ressorts die meisten – wenn auch nicht alle – Anregungen des Rechnungshofs aufgreifen. Ebenso gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Landtagsverwaltung, insbesondere des Stenographischen Dienstes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt Ihnen, die Landesregierung und den Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2004 zu entlasten. Der Bericht und die Beschlussempfehlung liegen Ihnen vor. Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall der CDU, der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Herr Kollege Bracht, vielen Dank.

Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt den Präsidenten des Landesrechnungshofs, Herrn Hartloff, im Landtag begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!