Protokoll der Sitzung vom 21.09.2006

Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt den Präsidenten des Landesrechnungshofs, Herrn Hartloff, im Landtag begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall der SPD und des Abg. Eymael, FDP)

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Ich darf um Wortmeldungen bitten! – Herr Kollege Schreiner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte bei meiner Rede mit dem Dank an den Landesrechnungshof beginnen. Sie kontrollieren kontinuierlich die Arbeit der Landesregierung mit dem Haushalt, Sie bereiten – wie dies der Berichterstatter, Herr Bracht, schon erwähnt hat – die Zahlen hervorragend auf, sodass wir als Abgeordnete in einem Haushaltssystem, das immer komplexer wird, unsere Kontrollrechte auch wahrnehmen können. Vor allen Dingen – was mir wichtig ist – fechten Sie für Klarheit und Haushaltswahrheit. Sie kämpfen dafür, dass dieser Haushalt mit Landesmitteln wieder nachhaltig umgeht, Sie benennen deutlich den hohen Schuldenstand, die hohe Neuverschuldung, die Probleme, die aus kommenden Pensionslasten auf uns zukommen, und letztendlich kämpfen Sie damit für die Rechte von uns allen, für die Rechte von uns als Parlament. Dafür vielen Dank an Sie, Herr Hartloff, und an all Ihre Mitarbeiter.

(Beifall bei der CDU)

Das Budgetrecht und das Kontrollrecht, das wir als Parlament haben: Es ist nicht selbstverständlich, dass es von allen Kollegen in gleicher Art und Weise ausgeübt wird. Es ist nämlich ein Recht, das nicht nur wir als Abgeordnete der Opposition haben, sondern gerade auch ein Recht der regierungstragenden Fraktionen.

Wenn man ältere Kollegen fragt, – sei es beispielsweise Herr Gölter oder Herr Itzek –, dann ist es in der Vergangenheit so gewesen, dass auch die regierungstragenden Fraktionen dieses Kontrollrecht gegenüber der Landesregierung, dieses Recht, die Arbeit der Verwaltung kritisch sowohl bei der Haushaltsaufstellung als auch im Haushaltsvollzug zu begleiten, intensiv ausgeübt haben. Das ist leider nicht mehr oder nicht mehr immer so im Großen – dazu komme ich später – wie auch im Kleinen;

(Frau Schmitt, SPD: Das ist aber eine heftige Unterstellung an die Kommission!)

denn, liebe Frau Schmitt, ich möchte es an einem Beispiel benennen, an dem sich die Diskussion in der Rechnungsprüfungskommission entzündet hat. Es ist ein kleines Beispiel, das Pars pro Toto für viele Diskussionen, die wir in diesem Haus führen, stehen kann, und zwar am Beispiel der Förderung kommunaler Kulturprojekte.

Was passiert da? Das Land nimmt sich Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich, Mittel, die die Kommunen auch im Wege von Schlüsselzuweisungen nach eigenem Ermessen gut einsetzen können, Mittel, die die Kommunen auch brauchen, um ihre Haushalte angesichts knapper Kassen sauber zu fahren. Es gibt den Kommunen diese Mittel wieder. Selbstverständlich. Es gibt sie ihnen zur Förderung kommunaler Kulturprojekte,

nur mit dem feinen Unterschied: Jetzt entscheidet das Land, wofür das Geld ausgegeben wird. Das kann sinnvoll sein. Das kann vor allen Dingen dann sinnvoll sein, wenn es um die so genannten Leuchttürme geht.

Es gibt auch in der Kulturpolitik Leuchttürme, mit denen Kommunen vielleicht im Einzelnen überfordert wären. Wir haben aber im Wege der Rechnungsprüfung festgestellt, dass man bei diesen kommunalen Kulturprojekten ganz oft um Cent-Beträge diskutiert, es eben nicht so ist, dass Leuchttürme gefördert werden, sondern Klein-Klein gefördert wird, dass dann der sehr aufwändige Verwaltungsaufwand der Landesverwaltung hinzukommt und das Ministerium seine eigenen Richtlinien nicht beachtet. Es ist oft nur der Tropfen auf den heißen Stein.

Liebe Frau Kollegin, wir konnten uns in der Diskussion nur mühevoll auf einen Kompromiss verständigen. Der Kompromiss lautet, die Förderungen in Höhe von weniger als 5.000 Euro in Zukunft soweit wie möglich zu unterlassen und die Förderzwecke künftig zu beachten. Das heißt, was passiert da? Da werden Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich genommen, und am Ende zieht der Minister, ziehen die Minister mit den SPDLandtagsabgeordneten – so viel zum Thema „Kontrollrecht des Parlaments“ – segnend durch das Land.

(Zurufe von der SPD)

Den Kommunen werden die Mittel genommen, und danach werden sie den Kommunen wieder gegeben, und zwar in kleinen Dosen.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Wenn Sie mich fragen: So wichtig, wie die Mittel in der Kulturpolitik sind und genau dort auch richtig angewandt sind, so, wie Sie es benutzen und wie es uns vor Augen geführt worden ist in der Arbeit der Rechnungsprüfungskommission, ist es Wahlkampf der SPD und mitnichten Kulturpolitik für unser Land.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Hartloff, SPD: Das ist doch noch nicht einmal gesagt worden! Das ist eine Behauptung von Ihnen!)

Aber das Schlimme ist, dass es noch nicht einmal ein Einzelfall ist, sondern ein generelles Muster. Das Land regiert den Kommunen hinein, das Land bedient sich bei den Kommunen, das Land sieht zu, wie die Kommunen zunehmend in die Schuldenfalle tappen.

(Hartloff, SPD: Das ist das Ergebnis der Rechnungsprüfungskommission?)

Herr Hartloff, Sie als SPD-Abgeordneter sehen zu, Sie machen mit, Sie verantworten den Haushalt und Sie wissen es; denn der Rechnungshof – über den Bericht diskutieren wir heute – schreibt es Ihnen in das Stammbuch: Die Finanzlage – ich darf zitieren – der rheinlandpfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände blieb trotz der erheblichen Konsolidierungsbemühungen (der Kommunen) der letzten Jahre angespannt. Die Kassenkredite, die nach den rechtlichen Vorgaben der Gemeindehaushaltsordnung zur Überbrückung kurzfristiger

Liquiditätsengpässe dienen sollen, haben sich zu einem dauerhaften Finanzierungsinstrument entwickelt. Sie dienen bei vielen Kommunen zur Finanzierung von Fehlbeträgen aus früheren Haushaltsjahren.

Der für 2006 prognostizierte Zuwachs bei Steuern hilft zwar, die Defizite zu vermindern, aber – Zitat – eine Entspannung der prekären Haushaltslage der Kommunen ist damit noch nicht in Sicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die Kommunen stehen mit dem Rücken an der Wand, und das Land greift ihnen weiter in die Tasche, und zwar nicht für unerlässliche Leistungen, nein, nur um gut dazustehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aber es bedient sich nicht nur bei den Kommunen hemmungslos. Auch 2004 hat das Land hemmungslos Schulden gemacht.

Ich zitiere wieder, weil Sie den Zahlen der CDU immer so skeptisch gegenüberstehen.

(Schweitzer, SPD: Sie haben Erfahrung mit Finanzberichten!)

Ich zitiere auch wieder den Bericht des Landesrechnungshofs: Der Haushaltsausgleich wurde wie in den Vorjahren durch Kreditaufnahmen herbeigeführt, die sich im Jahr 2004 auf 1,3 Milliarden Euro, 1.300 Millionen Euro, netto beliefen. – Dies war die bislang dritthöchste Neuverschuldung. Herr Bracht hat es angesprochen. Die Kreditfinanzierungsquote lag bei 11 % und damit über dem Durchschnitt der Flächenländer, und die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze, die im Haushaltsentwurf noch knapp eingehalten worden war, wurde im Haushaltsvollzug gerissen, und zwar um 235 Millionen Euro.

Was heißt das? Das heißt, wir haben im Land Rheinland-Pfalz 235 Millionen Euro mehr Kredite gebraucht, als wir investiert haben. Wie man mit einer solchen Entwicklung über Jahre dauerhaft glaubt, ein Land in eine gute Zukunft zu führen, das müssen Sie mir erst einmal erklären. (Beifall der CDU)

Das glauben Ihnen auch die Bürger nicht mehr, die Bürger, die ausweislich des Berichts des Rechnungshofs inzwischen im Jahr 2004 mit 5.700 Euro pro Einwohner ausweislich der Berichte und Eckzahlen, die Sie selbst immer wieder im Vorfeld des Haushalts veröffentlicht haben, aktuell mit 6.000 Euro pro Nase und im Jahr 2008, am Ende des kommenden Haushalts, mit 7.200 Euro pro Einwohner in der Kreide stehen.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Das Problem ist, wir müssen aus dem Bericht des Rechnungshofs lernen.

(Schweitzer, SPD: Vor allem Ihre Fraktion!)

Wir müssen durch die notwendigen finanzwirtschaftlichen Maßnahmen und durch eine nachhaltige Haus

haltskonsolidierung auch den Spielraum wieder zurückgewinnen, um das zu tun, was erforderlich ist.

Was tut das Land? Schauen wir uns die Eckwerte des neuen Haushalts, den Sie aufgestellt haben, an. Schauen wir hin. Haben Sie aus dem gelernt, was der Rechnungshof uns in das Stammbuch geschrieben hat? Die Eckwerte 2007/2008 – so, wie sie veröffentlicht sind – gehen von einer Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt über die ganzen Jahre auch in der dauerhaften Finanzplanung von mehr als 900 Millionen Euro aus. Wenn Sie die ganzen Nebenhaushalte noch dazu nehmen – LBB, LSV oder das, was Sie über PLP an Krediten aufnehmen –, dann kommen wir auf jährliche Beträge von weit über 1,5 Milliarden Euro.

So können wir dauerhaft nicht weitermachen. Vielleicht denken Sie, Verschuldung ist gar nicht so schlimm. Vielleicht denken Sie, wir gehen auf ein goldenes Zeitalter zu. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Der Rechnungshofbericht zeigt uns, die Versorgungslasten steigen Jahr für Jahr um ungefähr 3 %, aber die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der Steuerzahler, nimmt kontinuierlich ab.

Ich frage Sie: Wann wollen Sie endlich anfangen mit der Konsolidierung? Wann, wenn nicht jetzt? Wann lernen Sie endlich aus den Feststellungen des Rechnungshofs? Wann korrigieren Sie endlich die Eckwerte des kommenden Haushalts, weil Sie aus dem Vollzug in der Vergangenheit lernen? Wann beginnen Sie endlich mit strukturellen Veränderungen?

Herr Ministerpräsident, ich weiß, Sie sind in Gedanken schon in Berlin – nach mir die Sintflut –, aber die Rheinland-Pfälzer bleiben hier.

(Unruhe bei der SPD)

Die Rheinland-Pfälzer machen sich Gedanken um ihre Zukunft. Dieses Land und seine Kommunen werden von den Schulden aufgefressen. Sie werden das noch erleben, aber in erster Linie werden das unsere Kinder erleben.

Bitte beginnen Sie endlich mit einer ehrlichen und nachhaltigen Haushaltspolitik.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Schmitt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion beim Präsidenten des Landesrechnungshofs, bei Ihnen, Herr Hartloff, für die gute und konstruktive Zusammenarbeit in sehr sachlicher – ich füge hinzu – und zu späterer Stun

de in sehr angenehmer Atmosphäre bedanken. Das gilt natürlich auch für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Landesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie in den vergangenen Jahren auch wurden – das hat der Berichterstatter eben deutlich gemacht – aufgrund der Beratung meistens einstimmige Beschlüsse gefasst. Das gilt nicht nur für die Einzelprüfungen, sondern auch für das vom Rechnungshof vorgeschlagene Maßnahmenpaket zur Haushaltslage.

In dieser allgemeinen Form sind die Grundforderungen des Rechnungshofs völlig unstrittig. Bei der konkreten Bewertung und den konkreten Möglichkeiten – das ist jedes Mal so – sind wir dann aber ein ganzes Stück auseinander, Herr Kollege Schreiner.