Protokoll der Sitzung vom 21.09.2006

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kohnle-Gros; bitte schön.

Vielen Dank! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, dass es notwendig war, dass wir nun fünf

Jahre nach dem 11. September 2001 in diesem wichtigen Bereich einen Fortschritt erzielt haben. Wir haben lange diskutiert. Mit „wir“ meine ich alle politischen Kräfte in Deutschland, aber natürlich auch in diesem Landtag.

Es ist nun gelungen, einen Weg zu finden, den – wie ich denke – alle mittragen können. Wir haben dies nun auch von der FDP gehört.

Ich habe vorhin in der Fragestunde darauf hingewiesen, dass die Rolle, die der Bundesinnenminister – ob nun Otto Schily oder Wolfgang Schäuble – in diesen Fragen gespielt hat, auch aus seinem Amt heraus zu verstehen ist; denn er hat natürlich auch die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nach außen zu vertreten. Die Volltextdatei hat Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Sicherheitsbehörden bereitet. Daher war es schon aus diesem Grunde von Anfang an sehr schwierig, überhaupt einen Kompromiss zu finden.

Die Franzosen hätten große Probleme damit gehabt, wenn sie Daten an die Bundesrepublik hätten liefern sollen und wüssten, dass 34 andere Behörden hineinschauen können. Dies ist unserem föderalen System geschuldet, das im Grundgesetz verankert ist. Wir sind sehr stolz darauf, dass insbesondere die Polizeibefugnisse in den Ländern liegen und alles so ausdifferenziert ist, wie es derzeit ist. Dazu gehört natürlich auch das Trennungsgebot, ein Phänomen, das in anderen Ländern überhaupt nicht bekannt ist. Wir haben dieses Trennungsgebot aufgrund unserer historischen Situation, da die Alliierten seinerzeit nicht wollten, dass es noch einmal eine Geheime Staatspolizei in der Bundesrepublik Deutschland geben kann. Ich denke, wir tun gut daran, an diesem Trennungsgebot festzuhalten.

Herr Präsident, auf der Tagung, die letzte Woche im Landtag zum internationalen Terrorismus stattgefunden hat, hat sich gezeigt, wir sind immer aufgrund aktueller Gefährdungslagen – ob nun durch die RAF, die Organisierte Kriminalität oder durch den internationalen Terrorismus – mit unseren Instrumenten für die Polizei diesen Phänomenen nachgegangen und haben der Polizei auch Instrumente geliefert, die klassischerweise bei uns eigentlich nur der Verfassungsschutz hatte. Aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass es gut war, dass wir so gearbeitet haben. Nun haben wir ein Instrument gefunden, wie wir es vor dem Hintergrund der konkreten Gefährdungslage wieder zusammenführen können.

Lassen Sie mich noch auf einen aktuellen Punkt hinweisen. Wie Sie seit zwei Tagen der Zeitung entnehmen können, hat Frau Bundesjustizministerin Zypries ein neues Schlagwort in die Diskussion eingebracht. Ich möchte an dieser Stelle meinen Widerspruch zum Besten geben. Sie spricht vom Präventionsstaat und von der Gefahr, die dieser Präventionsstaat zum Ausdruck bringt. Dies klingt fast wie Polizeistaat, und sie meint es auch so.

(Pörksen, SPD: Beides fängt mit P an!)

Sie möchte zum Ausdruck bringen, dass es gefährlich sei. Sie hat den Eindruck erweckt – und dies ist schon während der ganzen Zeit ihre Haltung gewesen –, die Volltextdatei sei immer noch im Gespräch und man

müsse sich dagegen verwehren. Herr Pörksen, Sie haben es ebenfalls so dargestellt, als ob es eine Gefahr wäre.

Herr Bruch und Herr Pörksen, Sie haben beide darauf hingewiesen, man hätte die Täter nicht im Vorfeld erfassen können. Ich glaube, man muss schon noch etwas genauer differenzieren. Natürlich ist es schwierig, jeden zu überwachen, der infrage kommt, um festzustellen, was er tut. Aber wir wissen auch aus der konkreten Erfahrung in Rheinland-Pfalz, dass wir gerade durch das Überwachen von Personen, die zunächst unverdächtig waren, auf die Spur von Menschen gekommen sind, die später eine wirkliche Gefahr dargestellt haben.

Dies war insbesondere begründet durch die Veränderung äußerer Anzeichen: Jemand lässt sich einen Bart wachsen, er taucht nicht mehr dort auf, wo er vorher war, sondern er macht etwas anderes, oder er trifft sich mit anderen. – Daher stellt sich die Frage: Was ist Prävention? – Frau Zypries will diese Prävention nicht. Sie sagt: Ich will nicht jeden erfasst wissen. – Wir müssen abgleichen zwischen der Frage, was Prävention ist, und der Frage, wo wir Prävention betreiben können, um Gefahren tatsächlich abzuwenden. Es ist mir zu einfach zu sagen, alles hätte nichts genützt, um den Täter zu erkennen; denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass man das eine oder andere doch erkennen kann und auch zusammentragen kann, um nachher tatsächlich Straftaten zu verhindern. Ich denke, das ist ganz wichtig.

Wie sind wir mit dieser Situation umgegangen? Was wird sich verbessern? – Der Gesetzentwurf wird demnächst vorliegen, und ich teile Ihre Ansicht, dass wir uns das gemeinsam anschauen müssen, Herr Pörksen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme noch einmal auf das zurück, was Herr Kollege Lammert in Bezug auf den Staatssekretär gesagt hat. Ich denke, man sollte mit Jubelmeldungen, die das als solche gar nicht hergeben, ein bisschen vorsichtig sein.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Staatsminister Karl Peter Bruch.

Frau Abgeordnete Kohnle-Gros, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich denke, Sie sollten mehr präzisieren. Ich glaube, ich habe mit Frau Zypries nicht über die Frage eines Präventionsstaates gesprochen. Aber ich habe mit ihr über die Frage der Indexdatei und der erweiterten Grunddaten gesprochen, und sie war ausdrücklich für die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, nämlich Verdeckung und Trennung, das, was wir und was auch Bundesinnenminister Schäuble wollte. Von daher muss ich Ihre Behauptung zurückweisen, Frau Zypries habe sich in dieser Frage in irgendeiner Form

gegen diese Datei gewendet. Im Übrigen denke ich, dass eine Justizministerin oder ein Justizminister immer gut beraten ist, genau hinzuschauen, weil sie oder er die Gesetzesvorlagen beurteilt.

(Beifall der SPD)

Des Weiteren bitte ich Sie, sehr sorgfältig über die Frage der Überwachung und Prävention zu diskutieren. Wir können dies gern an anderer Stelle tun. Zwischen Überwachung und Prävention besteht ein Unterschied. Sie haben einen Teil Ihrer Rede – möglicherweise ohne es zu wollen – in Richtung Überwachungsstaat gehalten. Das will ich nicht, sondern ich möchte Prävention im vernünftigen Maße,

(Beifall der SPD)

gesetzlich geregelt nach unserem POG, aber ich möchte keinen Überwachungsstaat. Das möchte ich nur dazu sagen.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Jede Fraktion hätte nun noch eine Minute Redezeit. Gibt es noch Bedarf? – Das ist nicht der Fall.

Dann danke ich Ihnen und rufe nun den zweiten Teil der Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Nicole Morsblech, Sprachförderung in Kindertagesstätten – Nummer 3 der Drucksache 15/272 – betreffend, auf.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Morsblech.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der entscheidende Schlüssel zur Chancengerechtigkeit am Start einer Schullaufbahn ist für jedes Kind zunächst einmal die deutsche Sprache. Kinder, die sie nicht ausreichend verstehen und nicht anwenden können, können dem Unterricht nicht folgen, Zusammenhänge nicht verstehen, nicht mit anderen Kindern kommunizieren und sich nicht selbst ausdrücken. Deshalb muss es uns allen auch ein besonderes Anliegen sein und im Hinblick auf den Start in die Grundschulzeit erste Priorität genießen, den Sprachstand von Kindern sicherzustellen.

Deshalb hält es die FDP-Landtagsfraktion nach wie vor für einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung, dass mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ in der letzten Legislaturperiode ein Sprachförderprogramm im Rahmen des letzten kostenfreien Kindergartenjahres mit Mitteln in Höhe von 8 Millionen Euro angelegt wurde. Nun geht es darum, die Maßnahmen sorgfältig umzusetzen und seitens der Landesregierung die nötige Unterstützung, Begleitung und Evaluation sowie Qualitätssicherung zu gewährleisten. Wir hätten uns in diesem Bereich etwas mehr Ver

bindlichkeit und vor allem mehr Qualitätssicherung gewünscht.

Dies beginnt bei der Diagnose. In der Grundschule liegt ein verbindliches und sehr gut ausgearbeitetes Instrument vor. In der Kindertagesstätte gibt es den SISMIKBeobachtungsbogen, es wird aber nicht sichergestellt, dass dieser auch flächendeckend eingesetzt wird und er qualifiziert angewendet werden kann. Allein mit Angeboten zur Fortbildung wird dies nicht sichergestellt.

Sie sagen, dass gerade die Kooperation mit den Eltern eine Differenzialdiagnose in problematischen Fällen sicherstellt, die es mit Blick darauf, wie viele deutsche Kinder in den Gruppen gelandet sind, offensichtlich auch in großer Anzahl gibt. Man spricht also mit den Eltern und kann dann herausfinden, welche Probleme tatsächlich vorliegen. Ich glaube, dass gerade bei dieser Klientel von Kindern oft auch problematische Elternhäuser im Hintergrund stehen und gerade diese Eltern oft nicht sehr gut von den Erzieherinnen erreichbar und für sie zugänglich sind. Deshalb fordern wir an dieser Stelle nicht mehr Bürokratie, wie Sie es ausdrücken, sondern mehr Beratung und mehr qualifizierte Unterstützung, mehr Qualität und Verbindlichkeit.

(Beifall der FDP)

Bei der sehr großen Anzahl von benötigten Fachkräften ist es jedem klar und wahrscheinlich auch unumgänglich, dass diese über unterschiedliche Qualifikationen und berufliche Hintergründe verfügen. Aber gerade dann muss meiner Ansicht nach auch sichergestellt werden, dass es verbindliche Mindeststandards für eine Nachqualifikation oder eine Fortbildung gibt.

(Beifall der FDP)

Ein Jahr ist sehr knapp für manche Kinder, um tatsächlich den nötigen Sprachstand zu erreichen. Es gibt 100 oder 200 Stunden, je nach Intensität der Fördermaßnahme, und diese Zeitstunden müssen sehr qualifiziert und zielgerichtet genutzt werden, um den betroffenen Kindern auch wirklich einen erfolgreichen Start in die Schullaufbahn zu ermöglichen.

Frau Ministerin, damit bin ich bei Ihrer Aussage angelangt, es gebe nicht das eine pädagogische Konzept. Sicherlich gibt es das nicht. Das ist allein schon in der Individualität der Kinder und in der Unterschiedlichkeit der Probleme, die sie mitbringen, begründet. Aber es gibt mittlerweile hinreichend wissenschaftliche Erkenntnisse, es gibt hinreichend praktische Erfahrungen, die sich bündeln lassen, die sich entsprechend aufbereiten lassen und auch flächendeckend eingesetzt werden können. Die Maßnahmen müssten meiner Ansicht nach klaren Qualitätskriterien unterliegen und einen Leitfaden haben, damit auch die Fachkräfte, die aus sehr unterschiedlichen Sparten mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen kommen, eine Sicherheit haben und die Kinder wirklich erfolgreich zum Ziel geführt werden können.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, ich schaue mir dann noch einmal die Situation der kommunalen Jugendämter sehr

genau an. Diese haben nicht nur die Aufgabe, die Budgets zu verteilen, die tatsächlichen Bedarfszahlen zu ermitteln, sich mit um die Gruppenzusammensetzung zu kümmern, was alleine schon ein hoher Verwaltungsaufwand wäre, sondern sie müssen gleichzeitig dokumentieren, welche unterschiedlichen diagnostischen Instrumente zum Einsatz kommen und welche pädagogischen Konzepte von den Einrichtungen und Fachkräften herangezogen werden. Sie sollen beraten. Sie sagen dann, das ist die Evaluation. Darauf komme ich noch zum Schluss.

Ich habe in einer Fußnote in Ihrer Handreichung, die auch im Internet ist, gesehen, Sie können zwar einen verwaltungstechnischen und fachlichen Aufwand von 3 % der beantragten Gesamtkosten für die Maßnahmen geltend machen, wenn ich mir aber die Beträge ansehe, die dabei herauskommen, dann bleibt meiner Ansicht nach schon noch genauer zu untersuchen, ob der tatsächliche Aufwand nicht um einiges höher liegt, ob das Konnexitätsprinzip gewahrt ist.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zunächst einmal zum Schluss. Bei Ihnen jubeln die Betroffenen immer sehr gern. Das tun sie auch manchmal. Bei uns äußern sie aber auch Probleme und Bedarf. Ich denke, Sie können nicht leugnen, dass der eine oder andere schon sagt, dass es jetzt eine enorme Belastung ist und etwas mehr Hilfestellung und Koordination nötig wären.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich ganz herzlich Auszubildende der Stadtwerke Mayen GmbH. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Morsblech, ein kleines Erstaunen erlaube ich mir zu Beginn. Sie haben sich eben in der Aussprache über ein Programm geäußert, dessen Konzeptionierung, Festschreibung und Festlegung auf den Finanzrahmen wir noch in gemeinsamer Verantwortung geplant, entschieden und beschlossen haben, sodass ich das eine oder andere, was eben an Kritik kam, nicht mehr so ganz nachzuvollziehen vermag.