Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP unterstützt die Einrichtung einer AntiTerror-Datei des Bundes und der Länder. Sie ist mit dem Beschluss der Innenministerkonferenz einverstanden, dass vom Bundesinnenminister ein Gesetzentwurf in dieser Richtung auf den Weg gebracht wird.
Das Kabinett in Berlin hat gestern einen entsprechenden Beschluss gefasst. Was die Ausgestaltung einer AntiTerror-Datei angeht, hat sich die FDP für eine Indexdatei und gegen eine Volltextdatei ausgesprochen. Die Indexdatei ist erfreulicherweise durch die Innenminister beschlossen worden. Sie enthält Grunddaten, die zur Identifizierung einer Person erforderlich sind. Diese Grunddaten werden allen zugriffsberechtigten Behörden offen angezeigt. Wer zugriffsberechtigt ist, wurde bereits durch meine Vorredner dargestellt.
Darüber hinaus werden so genannte erweiterte Grunddaten erfasst, die eine zuverlässige Gefährdungsein
schätzung durch die Sicherheitsbehörden ermöglichen. Hierzu gehören im Wesentlichen die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung, Waffenbesitz, Telekommunikations- und Internetdaten, Bankverbindungen, Arbeitsstelle, Reisebewegungen und bekannte Aufenthalte an Orten mit terroristischem Hintergrund. Diese erweiterten Grunddaten sind verdeckt im System hinterlegt. Es wird lediglich angezeigt, welche Behörde über Erkenntnisse verfügt. Wir halten die Einrichtung eines Freitextfeldes für bedenklich, weil die Datei im Falle einer automatischen Datenweitergabe dadurch Sachverhalte enthalten würde, die zu missverständlichen Bewertungen führen können. Die Datei wäre durch ein Freitextfeld außerdem mit Sachverhalten überfrachtet, die für den Zuständigkeitsbereich irrelevant sind und deshalb auch nicht übermittelt werden dürfen.
In diesem Zusammenhang verweise ich besonders auf das Trennungsgebot. Das polizeiliche Legalitätsprinzip darf nicht infrage gestellt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie schwierig die Einrichtung einer Anti-Terror-Datei ist, möchte ich einmal an folgendem Beispiel darlegen: Ich selbst bin von Beruf Polizeibeamter und Kriminalbeamter und wurde 1975 in den Polizeidienst des Landes RheinlandPfalz eingestellt. Die Polizei wurde, und so auch ich, immer „erzogen“, dass wir offen sein sollen, Vertrauen nach außen zum Bürger schaffen sollen. Die Nachrichtendienste, z. B. Verfassungsschutz, sind im Prinzip genau das Gegenteil. Ich erinnere an den hochgeklappten Mantelkragen.
Es ist eigentlich genau das Gegenteil. Deswegen tun sich sehr viele sehr schwer mit der Einrichtung einer Anti-Terror-Datei.
Die FDP ist ferner der Auffassung, dass die der Datenspeicherung zugrunde liegenden Kriterien, nämlich betroffener Personenkreis, Grunddaten und erweiterte Grunddaten, nach Ablauf von zwei Jahren zu evaluieren sind.
Entscheidend wird auch die von Ihnen angesprochene Datenpflege sein, Herr Minister Bruch. Zu ihr gehört nicht nur die regelmäßige Überprüfung der Richtigkeit der aufgenommenen Daten, sondern auch die Löschung nicht mehr benötigter Daten.
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist auch die fristgemäße Löschung der Daten notwendig. Auch dazu muss es Regelungen geben.
Es kann und darf nicht sein, dass die Anti-Terror-Datei das gleiche Schicksal erleidet wie andere Dateien. Ich möchte beispielgebend die DNA-Datei des Bundeskriminalamts nennen, in der Daten zwar gespeichert, aber nicht aufgrund von Löschungsfristen auch gelöscht werden müssen. Dies sollte und darf bei der Anti-TerrorDatei nicht geschehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Fraktion begrüßt den Beschluss der Innenministerkonferenz ausdrücklich und sieht darin eine Möglichkeit, die Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden wesentlich zu
optimieren, das heißt, mögliche Gefahrenlagen frühzeitig zu erkennen, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und eine schnellstmögliche Ermittlung von Tatverdächtigen zu gewährleisten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung. Ich möchte mich ausdrücklich beim Kollegen Lammert für die Art und Weise bedanken, wie er heute dieses Thema behandelt hat. Ich sitze schon seit längerer Zeit im Parlament. Die sicherheitspolitische Dampfwalze der CDU, Herr Hörter, hat dieses Thema immer ganz anders angefasst. Also vielen Dank, Herr Lammert.
Die Kultur der Diskussion über Sicherheitspolitik ist wichtig im Landtag. Die ist leider nicht immer so eingehalten worden, dass die Menschen es draußen verstanden haben.
Zur Frage der Extremisten im Land: Ich glaube, unser Verfassungsschutz leistet eine sehr gute Arbeit. Die Erkenntnisse gerade dieses Verfassungsschutzes sollen in die Datei Einfluss finden, nicht neue Erkenntnisse, natürlich außer denen, die gewonnen werden.
Sie haben auf die Bombenanschläge abgehoben. Ich habe es kurz getan. Dabei muss man sagen, selbst eine vollständige Datei, egal in welcher Form, hätte diese Täter nicht erfasst. Deswegen muss man sich davor hüten, den Eindruck zu erwecken, man würde durch die Datei das Problem weitgehend lösen.
Ich möchte noch etwas zur Religionszugehörigkeit sagen. Ich denke, das ist ein ganz schwieriges Kapitel; denn es sind gewisse Vorstellungen im Kopf, was diese Frage betrifft. Da Sie davon gesprochen haben, dass es mögliche Täter gibt, die einer gewissen Religion angehören, weiß jeder, was Sie meinen.
Dann kommt wieder die Diskussion über Islam und Islamismus auf. Das durch eine Datei aufzufangen, ist nicht ganz einfach. Wenn wir Irland nehmen, was müsste dazu drinstehen? – Katholisch oder evangelisch.
Es ist ein ganz schwieriger Bereich. Aber wir haben gesagt, damit die Sache geregelt wird, nehmen wir diese Religionszugehörigkeit mit auf.
Zur Frage des Datenschutzes: Herr Kollege Auler, ich habe mir die Angaben zum Kabinettsentwurf aus dem Internet heruntergeladen. Das kann man alles machen, ich nicht, aber bestimmte Menschen können das.
Es heißt zum Datenschutz: Voraussetzung für eine Speicherung dieser Personen ist, dass die jeweiligen Behörden bereits über Erkenntnisse zu ihnen verfügen und diese Erkenntnisse in ihren eigenen Dateien speichern dürfen. Mit der Anti-Terror-Datei wird dementsprechend keine neue Befugnis zur Datenerhebung geschaffen.
Zur Frage der Kontrolle, was ganz wichtig ist, heißt es dann im Weiteren, in § 9 ff.: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie die Datenschutzbehörden der Länder können jederzeit datenschutzrechtliche Kontrollen durchführen.
Zu dem, was Sie zum Schluss angesprochen haben: Die für die jeweiligen Erkenntnisse der beteiligten Behörden geltenden Lösch- und Prüflisten sind auch im Hinblick auf die im ACD – so heißt es abgekürzt – gespeicherten Daten zu beachten. Es existiert auch dort die Vorschrift, dass Löschlisten, wenn sie hier im Land gelten, auch dann gelten, wenn die Daten in die Datei eingestellt sind.
Ich denke, damit ist auch etwas, was als Bedenken durchaus vorgetragen werden kann, berücksichtigt. Wir warten den Gesetzentwurf ab, den wir wahrscheinlich bald debattieren werden, weil er direkt in den Bundesrat geht und damit irgendwann die Landesregierung darüber zu entscheiden hat und wir darüber dann debattieren. Dann werden wir uns über Einzelheiten des Gesetzentwurfs noch unterhalten können.
Herr Lammert, die Diskussion, die heute zum Abschluss kommt, wenn man so will, läuft seit 2001. Seit 2001 hat Rheinland-Pfalz immer erklärt, dass es einer Anti-TerrorDatei zustimmen wird, wobei bei uns die Vorstellung über eine Indexdatei lag, weil klar war, wir müssen die Trennung durch die Verfassung, das Verfassungsgebot einhalten, unabdingbar und nicht ein bisschen wackeln.
Dazwischen gab es verschiedene Diskussionen in der Innenministerkonferenz, die sehr unterschiedlich geprägt waren. Jetzt sage ich noch einmal, nicht A- und BLänder-geprägt, aber Teile der B-Länder haben sehr
Aus diesem Kontext heraus gab es die Protokollnotiz. Es ging nicht darum, dass die rheinland-pfälzische Polizei nicht das tun kann, was dieses Anti-Terror-Gesetz, jetzt nunmehr die Anti-Terror-Datei, vorsieht.
Ich habe ausgeführt, dass der Landesverfassungsschutz, das Landeskriminalamt, die Staatsschutzpolizei bei fünf Präsidien jeweils Zugriff zu den Daten haben können. Die Protokollnotiz muss in den Kontext gestellt werden, dass wir damals ganz klar machen wollten, es geht darum, das Trennungsgebot auch einzuhalten: also dieser Ermahnung bedarf es nicht.
Ich denke auch – es ist wichtig, was Herr Abgeordneter Pörksen gesagt hat –, das informationelle Selbstbestimmungsrecht steht im Endeffekt über allem. Da kann nicht ein bisschen gewackelt werden von uns. Ein bisschen schwanger geht nicht. Das muss man trennen.
Ich denke, dass man sehr vorsichtig in der Frage der Religion sein muss, nicht so sehr, weil es eine aktuelle Diskussion über die Frage des Islamismus gibt. Sie haben von „Extremisten“ gesprochen.
Schauen Sie sich den Verfassungsschutzbericht genau an. Es geht um Gewaltbereite. Das sind weniger als 1.300. Man muss ein bisschen genauer hinschauen bei dieser Diskussion, weil sie sehr gefährlich ist.
Das sieht man jetzt noch einmal in den verkürzten Überlegungen, die in der Presse von verschiedener Art zu den Ausführungen des Papstes gemacht werden. Wenn man diese genau liest, weiß man, dass es im Kontext gar nicht so bewertet wird, wie es viele bewerten.
Ich weise darauf hin, das Gesetz hat zwei Komponenten: diese Datendatei – so nenne ich sie einmal – und die Sachdatei, die neu ist, die wir zu bestimmten Projekten aufbauen müssen. Auch darüber werden wir uns noch zu unterhalten haben.
In dieser Datendatei – das ist unstrittig zwischen den Innenministern – wäre keiner der Täter von London, Madrid, Kiel oder Koblenz gewesen, meine Damen und Herren. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir eine verbundene Datei, das Wissen zwischen den einzelnen Landesbehörden und des Bundes vernetzt haben müssen.