Protokoll der Sitzung vom 03.09.2009

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich heute noch einmal die Gelegenheit habe, in diesem Parlament zu reden. Das wird meine letzte Rede sein.

(Pörksen, SPD: Hier!)

Ich freue mich auch, dass ich die Behandlung des Themas „Klimawandel im Weinbau“ in der EnqueteKommission begleiten durfte; denn es ist ein wichtiges Thema, das uns noch lange beschäftigen wird.

Die beiden Experten, die unsere Arbeit in der EnqueteKommission begleitet haben, Herr Dr. Müller aus Bad Kreuznach und Herr Professor Fischer vom DLR in Neustadt, haben deutliche Worte gefunden. Am Anfang stand die Aussage, dass der Weinbau in Deutschland – der Weinbau in Rheinland-Pfalz – der Gewinner in Zeiten des Klimawandels ist: weil wir dank längerer und wärmerer Vegetationsperioden einfach bessere Weine erzeugen können, weil wir schon seit vielen Jahren keine schlechten Jahrgänge mehr zu verzeichnen haben – was wunderbar für die Winzerinnen und Winzer ist, aber auch für uns Konsumenten – und weil unsere Winzerinnen und Winzer Rotweine erzeugen, die mittlerweile besser sind als Weine aus den sogenannten Renommierregionen Frankreichs. Wir – damit meine ich natürlich die Winzerinnen und Winzer – können in RheinlandPfalz Weine erzeugen, die von sehr hoher Qualität sind.

Es gibt aber auch Verlierer in diesem ganzen Spiel. Verlierer sind die Weinbauregionen der südlichen Welthalbkugel, zum Beispiel Australien, aber auch Weinländer Südeuropas. Dort kann sich der Charakter der Weine stark verändern. Dort können sich aber auch noch viele andere kritische Situationen einstellen.

Meine Damen und Herren, bisher haben sich die klimatischen Entwicklungen im Allgemeinen positiv auf den deutschen Weinbau ausgewirkt. Die Zukunft wird einige Herausforderungen bringen. Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen jetzt einige davon stichwortartig benenne. Aufgrund der Veränderungen des Klimas, also auch aufgrund des Temperaturanstiegs, verschieben sich die Anbauzonen der Reben. Das heißt für unsere Winzerinnen und Winzer, sie können später reifende Rebsorten anpflanzen, die früher nur in den südlichen Regionen reiften. Aber wir haben gehört, dass die Niederschläge häufig auch heftiger ausfallen. Es kommt zu Erosionen, und es folgen häufig Trockenperioden. Das bedeutet auch für die Reben einen höheren Wasserverbrauch. Das kann sich auf die Krankheitsproblematik der Reben negativ auswirken.

Diesen und vielen weiteren Herausforderungen gilt es mit den richtigen Anpassungsstrategien zu begegnen; denn wenn heute ein Weinberg neu angelegt wird, ist es geboten, schon für die nächsten 50 Jahre vorauszuden

ken. Dieses Vorausdenken findet sich bereits in unserer jüngeren Winzergeneration. Durch ihre hervorragende Ausbildung und auch durch das Arbeiten in anderen Weinbauregionen der Welt ist für sie der Weinbau in heißen Zeiten schon Realität. Für zwei junge Winzerinnen von der Aar, Meike und Dörte Meyer-Näkel, ist eines klar: Rebsorten wie zum Beispiel Merlot und Cabernet Sauvignon sind für sie keine Alternativen zum Burgunder. Sie sagen, auf den Burgunder zu verzichten hieße für die Aar, ihre Identität aufzugeben. Das Gleiche sage ich für die Mosel: Wenn der Riesling aufgegeben wird, ist es auch an der Mosel in gewisser Weise mit der Identität vorbei.

Diese zwei jungen Frauen geben Antworten auf die Herausforderungen. Sie sagen, wenn der Regen noch sparsamer fällt und die Sonne noch heißer brennt, müssen die Winzer schon beim Anbau der Rebstöcke umdenken. Zum Beispiel müssten sie die Reihen enger pflanzen, wodurch die Konkurrenz größer wird und die Wurzeln der Pflanzen tiefer in das Erdreich eindringen.

Immer wertvoller werden deshalb auch alte Rebstöcke, die ihre Wurzeln im Laufe von Jahrzehnten tiefer und tiefer ins Erdreich gegraben haben und damit eine krisenfeste Wasserversorgung sicherstellen. Warum überlegt man sich nicht, so sagen sie, neue Klone auf diese knorrigen Veteranen zu setzen? Da alte Rebstöcke generell kürzere Ranken ausbilden und weniger Ertrag bringen, wäre das Beschneiden einfacher, und das Ausdünnen des Fruchtansatzes könnte vielleicht ganz entfallen. Ein weiterer Vorteil, von dem die Besitzer alter Anlagen schon jetzt profitieren, ist: Die Trauben liefern Weine mit besten Aromen und konzentriertem Extrakt. – An der Mosel ist übrigens schon eine Unterlage im Versuch, nämlich der Börner. Er ist getestet worden. Die Wurzeln sind mittlerweile so tief, dass manche sagen, sie kämen am Ufer der Mosel wieder heraus. Das heißt, es gibt eine Möglichkeit, mit neuen Unterlagen Erfolg zu haben.

(Licht, CDU: Jetzt weiß ich, was bei mir unten drückt! – Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für den Weinbau in Rheinland-Pfalz gilt es, Anpassungsstrategien zu entwickeln, und für spezifische Weinbaulagen – sie sind spezifisch an der Nahe, an der Mosel, an der Aar, in Rheinhessen, in der Pfalz und am Mittelrhein – gilt es, einen Katalog von Handlungsoptionen zu erarbeiten. Dazu gehören die Ausweitung der Forschung und natürlich auch die Aus- und Weiterbildung der Winzerinnen und Winzer. Ich denke, zusätzliche Maßnahmen werden sich bei der Kellertechnik ergeben, beispielsweise etwas, wovon wir immer ein wenig Abstand genommen haben: Aber der Einsatz der Umkehrosmose bei regenreichen Jahrgängen ist nicht mehr ganz von der Hand zu weisen. Ich glaube, es werden Dinge auf uns zukommen, die wir bisher immer ein bisschen negiert haben. Aber die Zukunft wird zeigen, wir brauchen sie.

(Licht, CDU: Das haben nur ganz wenige verstanden! Erklären Sie einmal die Umkehrosmose!)

Meine Damen und Herren, eines ist klar: Der Weinbau in Rheinland-Pfalz wird eine gute Zukunft haben; denn die Erwärmung ist für unseren Weinbau eigentlich nur von Vorteil. Wir haben viele Möglichkeiten der Steuerung und viele Möglichkeiten, dem Klimawandel zu begegnen. Deswegen bin ich froh, dass Herr Maximini für unsere Fraktion dieses Kompetenzzentrum ins Spiel gebracht hat. Das ist ein Bereich, mit dem man auch in die Forschung eingreifen kann. Ich bitte Sie alle: Gestalten Sie diese Entwicklungen mit. –

(Beifall der SPD)

Herr Präsident, ich möchte noch einige persönliche Anmerkungen machen, bevor ich nach zwölf Jahren die für mich letzte Plenarsitzung in diesem Haus verlasse. Ich nehme nach zwölf wirklich interessanten und intensiven Jahren in Mainz Abschied.

Ich bin sehr glücklich, dass ich die Weinbaupolitik ein kleines Stück mit begleiten durfte. Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen danken. Es war meistens ein sehr fairer Umgang, und meistens sind wir auch zu Ergebnissen gekommen, die für die Winzerinnen und Winzer von Vorteil waren und sind. Dafür sage ich den Weinbaumenschen in diesem Raum einen ganz herzlichen Dank.

Ein anderes Thema, das mich in diesen zwölf Jahren ebenfalls begleitet hat, war die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Ich möchte allen ans Herz legen – und zwar nicht nur denen, die weiterhin grenzüberschreitende Arbeit leisten –, dies nicht als Nische zu betrachten, sondern zu bedenken, dies ist ein Stück gelebtes Europa vor unserer Haustür. Es ist es wert, dass man sich damit beschäftigt.

Ich habe letzte Woche an der Trauerfeier für Adrien Zeller teilgenommen. Ministerpräsident Kurt Beck war auch anwesend. Es war bewegend zu sehen, wie ein großer Europäer, der die Zusammenarbeit in den Grenzräumen zum Elsass, zur Schweiz und zu BadenWürttemberg mitgestaltet hat, noch nach seinem Tod geehrt wurde. Ich kann nur zurufen: Gestalten Sie mit! Es ist einfach nur gut. –

Ich gehe nicht mit Wehmut, sondern ich kann Ihnen sagen, ich gehe, um ein neues Leben zu beginnen. Darauf freue ich mich. Ich wünsche aber allen hier, dass Sie weiterhin die Kraft haben, für unser Land RheinlandPfalz ganz stark zu kämpfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Werte Kolleginnen und Kollegen, auch ich darf mich bei Ihnen, Frau Kollegin Baumann, im Namen des gesamten Landtags ganz herzlich bedanken. Sie sind seit 1997 in diesem Gremium und haben sich durch hohe Sachlichkeit, viel Fleiß und viel Charme ausgezeichnet. Ich kann das ein Stück beurteilen, weil ich einmal Weinbauminister war.

Sie waren für die Weinbaupolitik in Ihrer Fraktion zuständig und haben viel dafür getan, dass der Weinbau in Rheinland-Pfalz ein Stück nach vorne gekommen ist, weil Sie nicht einfach schwarz und weiß gemalt haben, sondern die Situation des Weinbaus in Rheinland-Pfalz erstens analysieren und zweitens die richtigen Schlüsse daraus ziehen konnten.

Es war eine angenehme Zusammenarbeit mit Ihnen im Parlament. Sie haben im Parlament Ihre Meinung vertreten, und zwar nicht mit dem Degen, sondern dem Florett. Sie waren immer in der Lage, Kompromisse zu machen. Vielen Dank. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie alle Gute und viel Fortune.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schellhaaß von der FDP-Fraktion.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Auch ich will die Gelegenheit ergreifen und Ihnen, Frau Baumann, alles Gute wünschen. Ansonsten habe ich die Aufgabe, zum Thema Enquete-Kommission „Klimawandel“ zu kommen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Enquete-Kommission hat fast zwei Jahre lang getagt. Wir haben pro Fraktion 15 Minuten Redezeit, um über dieses wichtige Thema reden zu können. Leider ist der Zeitpunkt für Umweltthemen wie immer so, dass der Tagesordnungspunkt nur wenig Beachtung findet.

Allerdings sind die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Klimawandel“ journalistisch auch nicht mit Streit oder Sensationen gewürzt. Die Sitzungen der Kommission verliefen immer sehr angenehm sachlich im Gegensatz zu der Diskussion gerade eben.

Mein Dank dafür geht an die Kollegen und die Vorsitzende, Frau Margit Mohr. Vor allem aber haben wir den Sachverständigen und den Anzuhörenden zu danken, die ihre Zeit und ihr Wissen zur Verfügung stellten.

Mein Dank geht auch an den Wissenschaftlichen Dienst für die stets kompetente und freundliche Begleitung. Schon während der Kommission hatte ich hin und wieder Anlass, dem Stenografischen Dienst nicht nur zu danken, sondern ihm auch mein Mitgefühl auszudrücken.

Beim Thema zu bleiben, hat manchem Teilnehmer Probleme bereitet, sogar dem einen oder anderen Anzuhörenden. Deshalb will ich für alle, die nicht Mitglied der Enquete-Kommission waren, noch einmal klarstellen, dass es sich bei dem Thema dieser EnqueteKommission um die Auswirkungen des Klimawandels in Rheinland-Pfalz und nicht um die Ursachen oder die Bekämpfung des Klimawandels handelt.

Damit sollte sämtliche Polemik zur Energiepolitik ausgespart gewesen bleiben, was nicht immer gelang. Im

Kapitel „Auswirkungen des Klimawandels auf die soziale Gerechtigkeit“ wurden zum Beispiel ausführlich die sozialen Folgen steigender Energiepreise behandelt. Steigende Energiepreise stehen aber in keinem direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel, sondern sind eine direkte Folge der Nachfragesteigerung. Deren Ursachen sind im Wesentlichen das weltweite Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum und nicht der Klimawandel.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Bezahlbare Energie ist wichtig, gerade in sozialer Hinsicht. – Nicht umsonst hat Westerwelle vom Energiepreis als dem Brotpreis des 21. Jahrhunderts gesprochen. Die FDP hat in Berlin deshalb vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer für Energie zu senken und die Gewinne großer Dachflächenbesitzer – allein 7.000 Quadratmeter bei Aldi – aus ihren Photovoltaikanlagen nicht allzu lange über den Strompreis vom kleinen Rentner mitbezahlen zu lassen.

Zum Thema dieser Enquete-Kommission gehören nicht die sozialen Folgen hoher Energiepreise. Gerade in sozialer Hinsicht sind besonders die Ergebnisse der Enquete-Kommission hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels im Bereich Gesundheit zu beachten.

Besonders wichtig erscheinen mir deshalb für alle Gruppen der Bevölkerung, insbesondere aber für Alte und Kranke, die Empfehlungen, die sich auf den Schutz vor neuen Infektionsquellen – Infektionen werden insbesondere durch Tiere, überwiegend Insekten, aber auch Hunde, die aus Mittelmeerräumen kommen, übertragen –, auf die Landschaftsplanung, die Raumordnung und den Städtebau, wo teilweise ohne Kosten etwas getan werden kann, wenn man zum Beispiel Frischluftschneisen nicht kaputt macht oder beim Bau gleich auf Wärmeschutz achtet, und auf die Architektur öffentlicher Gebäude beziehen.

Deshalb sollten diese Maßnahmen möglichst bald von uns einer genaueren Untersuchung und Bewertung unterzogen werden. Einer genaueren Untersuchung und Bewertung sollte auch, wie Herr Dr. Gebhart schon sagte, die Tatsache unterzogen werden, dass Naturschutz nicht länger statisch bleiben kann. Es muss eine dynamische Auffassung zugrunde gelegt werden, weil wir den Ist-Zustand mit aller Macht nicht erhalten können.

(Beifall der FDP)

Wir müssen das dynamische Gleichgewicht in und die Funktion der Natur erhalten. Wir werden leider nicht alles so lassen können, wie es ist, auch wenn wir uns alle mit dem am wohlsten fühlen, was wir kennen.

(Beifall der FDP)

Damit bin ich schon mitten im Thema. Ich möchte Sie nicht mit allzu vielen Details langweilen, schließlich haben wir alle unsere Stellungnahmen auch schriftlich abgegeben.

Ich möchte zu einer Feststellung kommen, die eigentlich an den Anfang gehört. Große Teile der Bewertung der

Ergebnisse der Kommission sind zwischen allen Fraktionen unstrittig. Unstrittig ist inzwischen nicht nur in der Enquete-Kommission „Klimawandel“, ihren Anzuhörenden und Sachverständigen, sondern auch bei den Sachkundigen und weiten Teilen der Gesellschaft, dass ein Klimawandel stattfindet und wir bereits mittendrin sind.

In Rheinland-Pfalz hat er nicht nur negative Auswirkungen – das wurde eben schon gesagt –, sondern auch positive. Er bietet gerade für die Landwirtschaft, den Weinbau und den Tourismus Chancen, die genutzt werden können, wenn man sich darauf einstellt.

(Beifall der FDP)

Erfreulicherweise haben sich in Rheinland-Pfalz erhebliche Teile der Wirtschaft und Gesellschaft bereits ausführlich mit den Veränderungen beschäftigt. Viele private Institutionen waren dabei schneller als die Politik. So haben zum Beispiel die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und die Landwirtschaftskammer ihre Mitglieder seit langer Zeit immer wieder unterrichtet, welche Änderungen sie erwarten und welche Strategien sinnvoll sind, um sich darauf einzustellen.

Auch Landesforsten hat übrigens schon seit mehr als zwei Jahren bei allen Waldbesitzern Aufklärung betrieben und Beratung geleistet. Für die weltweite Politik beklagt dagegen der Generalsekretär der Weltwetterorganisation, Michel Jarraud, Politiker würden nur mit einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren denken, Wissenschaftler hingegen mit einer Spanne von 50 bis 100 Jahren. In Rheinland-Pfalz haben wir immerhin mit den Ergebnissen der Enquete-Kommission „Klimawandel“ die Voraussetzungen dafür geschaffen, ebenfalls etwas längerfristig zu denken.

Die Wissenschaft hat bereits seit einigen Jahren den Stand der Erkenntnisse zum Klimawandel selbst und auch zu seinen Folgen kontinuierlich erhöht. Es wird viel geforscht. Es muss noch viel geforscht werden. Alles, was dabei von Hochschulen und anderen öffentlichen Einrichtungen erarbeitet wird, ist allgemein zugänglich.