keine Proteste, dann geht mit Blick auf das, was ich eben berichtet habe, Ihre Glaubwürdigkeit gegen null.
Sehen Sie, das ist Ihre Wahrnehmung. Genau das ist Ihre Haltung, die Sie hier zutage bringen. Das ist nicht nur beim Thema „Schule“ so, das ist beim Thema „Nürburgring“ und bei allen Themen so, die wir hier behandeln.
Es geht um alles, was kritisch hinterfragt wird. Entschuldigen Sie, es ist doch nicht die böse Opposition, die die Dinge nennt. All diejenigen, die jeden Tag mit der Schule zu tun haben, haben die gleichen Anliegen. Sie sagen: Das gibt es alles nicht, es gibt keine Proteste, wir starten hervorragend. –
Sie verkünden von dieser Stelle aus – das wird gleich wieder der Fall sein –, alles ist schon ein Erfolg, obwohl es erst zwei Tage alt ist. Das muss man einmal hinterfragen. Ich bin gespannt auf die Einzeldiskussionen, die wir führen werden. Ich kann nur sagen, das, was die Kollegin gesagt hat, ist völlig richtig.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich versuche, mich ein bisschen an die vorgegebene Struktur zu halten, sodass ich nach der ersten Runde vor allen Dingen auf die Neuerungen zum Schuljahresbeginn eingehen möchte und in der zweiten Runde sehr gerne differenziert zur Frage der Lehrerversorgung Stellung nehmen will. Das gibt Herrn Dr. Rosenbauer die Möglichkeit, einzelne Punkte, bei denen er behauptet hat, dass sie in der Großen Anfrage stünden, noch einmal nachzuschauen und in der zweiten Runde zu zitieren. Die Aussagen, die Sie hier getätigt haben, werden Sie in der Großen Anfrage so nicht finden. Sie dürfen davon ausgehen, dass ich die Große Anfrage kenne.
Aber lassen Sie mich zunächst auf die Situation zum Schuljahresbeginn eingehen. Sie war in der Tat geprägt
neben dem, was immer ein Schuljahr prägt – die Aufregung von Schülerinnen und Schülern, der neue Start für Lehrerinnen und Lehrer, die viele Vorbereitungsarbeit in den Schulleitungen und bei der Schulaufsicht –, ganz besonders auch durch die Schulstrukturreform. Ich mache keinen Hehl daraus, ich bin sehr, sehr zufrieden damit, wie diese Schulstrukturreform gestartet ist.
Das ist nicht nur mein persönlicher Eindruck, sondern das ist der Eindruck, den Sie in den betroffenen Schulen wiederfinden. Das ist der Eindruck, den Ihnen die Schulträger vermitteln, die sie nicht ganz eindeutig zusortieren können. Das ist eine politisch sehr differenzierte Landschaft. Die melden mir allenthalben zurück, dass das gut begonnen hat. Die Eltern haben durch ihre Anmeldezahlen dokumentiert, dass sie diese neue Schulform – die Realschule plus – sehr gut akzeptieren.
Frau Morsblech, Sie haben heute Gott sei Dank erstmals den Vorwurf nicht erhoben, wir hätten einen Run auf das Gymnasium, weil Sie inzwischen wissen, dass die Zahlen so nicht sind. Deswegen bin ich dankbar, dass Sie diese Behauptung nicht mehr erhoben haben.
Die zweite Behauptung, die Ihre Fraktion gegen die neue Schulstruktur immer ins Felde führt, hat sich auch nicht bewahrheitet. Weil ich wusste, dass wieder die Frage mit den großen Klassen in der Realschule plus käme, habe ich tatsächlich auf dem Stand, auf dem man es jetzt machen kann – wir werden es endgültig erst mit der Schulstatistik wissen –, die fünften Klassen händig auszählen lassen, wie groß sie wirklich sind. Wir wissen es jetzt. Die durchschnittliche Klassengröße liegt bei 20,98. Das sind optimale Förderbedingungen in den Realschulen plus. Das heißt, auch diese Behauptung werden Sie nicht mehr gegen die Schulstrukturreform ins Felde führen können.
Man kann anderer Meinung sein. Wenn ich mich mit der Meinung, die hier heute gegen die Schulstrukturreform geäußert worden ist, auseinandersetze, dann ist die eigentlich recht einfach zusammengefasst. Sie meinen, lernen in heterogenen Gruppen sei schlecht.
Wir sagen, man kann in heterogenen Gruppen sehr gut fördern, wenn man die entsprechenden Rahmenbedingungen gewährleistet.
Das tun wir mit dem Klassenteiler 25, der dann zu einer durchschnittlichen Klassengröße von 20,98 führt. Wir tun es damit, dass in der Realschule plus eine Klasse mit 25 Schülerinnen und Schülern deutlich mehr – 7 Stunden mehr – für Förderung und Differenzierung hat, als das in den vorhergehenden Realschulen der Fall war. Wir tun es, indem wir dann noch zusätzlich besondere Förderstunden zur Verfügung stellen, wenn vor Ort besondere Problemlagen sind. Wir sind der Meinung, unter diesen Bedingungen kann man nicht nur in heterogenen Gruppen gut fördern, sondern es war notwendig, mehr Heterogenität zu schaffen, als wir es in der Hauptschule hatten, weil das auch klar ist, Schülerinnen und Schüler brauchen positive Vorbilder, die ihren Lernprozess fördern und die sich gegenseitig auch ein Stück aneifern und Eifer verschaffen. Das haben wir in den neuen Realschulen plus. Das haben wir erfolgreich an den Start gebracht. Wir werden dafür sorgen, dass das auch im weiteren Fortgang ein gutes Förderkonzept bleibt.
Wir haben mit diesem Projekt in der Tat hohe Erwartungen verbunden. Wir wollen mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass wir diese größere Durchlässigkeit haben. Wir haben die Aufstiegsorientierung in den Realschulen plus. Wir haben die Übergänge auf das Gymnasium klar geregelt. Wir haben mehr Integrierte Gesamtschulen, in denen es auch die Möglichkeit gibt, alle Bildungsabschlüsse zu erwerben. Damit ist es ein klares Zeichen für Durchlässigkeit. Es ist aber auch ein klares Zeichen für Aufstiegsorientierung. Wir wollen jede Schülerin und jeden Schüler zu einem möglichst guten Abschluss führen, und das durch die Schulstrukturreform, nicht zuletzt auch durch die Fachoberschule, die wir an der Realschule plus ansiedeln wollen und die schon heute stark nachgefragt ist, obwohl sie erst in zwei Jahren zum Tragen kommen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube tatsächlich, dass man bezogen auf diese Aspekte von einem sehr guten Schuljahresbeginn sprechen kann. Ich will in der zweiten Runde auch gern auf das Thema „Lehrerversorgung und Unterrichtsversorgung“ eingehen. Herr Rosenbauer, eines will ich aber schon vorweg sagen. Sie sagten eben, der Großen Anfrage sei zu entnehmen, dass mehr Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand gingen, als Studierende und Absolventen aus dem Vorbereitungsdienst kommen. Ich würde Sie bitten, in der zweiten Runde die Stelle zu nennen, wo Sie das in der Großen Anfrage gefunden haben. Dann kann ich mich differenziert damit auseinandersetzen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der werten Kollegin Brede-Hoffmann habe ich jetzt ebenso wie bei der Ministerin schon ein Phänomen beobachten können – gemeinsam mit einigen Kolle- gen –, das man als selektive Wahrnehmung bezeichnen kann.
Der Kollege Rosenbauer hat die Veröffentlichung der Verbände zitiert. Wenn Sie sich auf Ihre abgesenkte Klassenmesszahl in der Orientierungsstufe konzentrieren, dann kommen Sie natürlich zu einem gewissen Ergebnis. Sie müssen aber natürlich die Gesamtheit der Schulen, die Sie mit den Neuerungen versehen, betrachten. Wenn man sich dann tatsächlich einmal die Meldungen ansieht, dann sieht man hier beim VBE, dass er von 2 % strukturellem Defizit in der Unterrichtsversorgung spricht.
Sie sehen bei der GEW, dass in der Blitzumfrage 1,5 % bis 3 % erhoben worden sind, und Sie sehen, dass nach Berechnungen des VDR 2 % bis 4 % strukturelles Versorgungsdefizit an diesen Schulen offensichtlich eingeplant sind. Ich denke, Sie müssen an einer Stelle dann auch einmal diese Meldungen ernst nehmen und sagen, wie Sie grundsätzlich diese Probleme bewältigen wollen.
Eine weitere Facette Ihrer selektiven Wahrnehmung ist die Feststellung, wir – die FDP-Landtagsfraktion – hätten etwas gegen Heterogenität in der Schule. Das ist definitiv nicht der Fall. Aber Heterogenität braucht eine völlig veränderte Unterrichtskultur. Wir brauchen dazu völlig veränderte Rahmenbedingungen und auch andere Qualifikationen derjenigen, die mit der Heterogenität im Unterricht umgehen sollen. Wir brauchen Möglichkeiten, eine wirkliche innere Differenzierung im Unterricht auch stattfinden zu lassen. Wenn Sie sich in skandinavischen Ländern anschauen, wie das dort erfolgt, dann ist das tatsächlich eine ganz andere Kultur, als wir sie hier – auch gewachsen – in Deutschland haben. Das müssen Sie sich dann auch sagen lassen, dass es unter unseren Bedingungen so nicht funktioniert, wie Sie sich das vorstellen.
Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass natürlich auch zu Beginn dieses Schuljahres die Gymnasien nach wie vor belastet sind. Auch wenn jetzt im Moment aufgrund der Demografie und anderer Entwicklungen möglicherweise da eine kleine Entspannung merkbar ist, haben wir nach wie vor Gymnasien, die aus allen Nähten plat
Wir haben es dort mit Mangelfächern zu tun. Wir haben auch dort die Pensionierungswellen, die ins Haus stehen. Um das Gymnasium kümmern Sie sich meiner Ansicht nach auch nicht so, wie man das erwarten würde, wenn Sie sagen, dass das in diesem System künftig noch eine tragende Rolle spielen soll.
Wir haben neben dem Gymnasium in den Integrierten Gesamtschulen – auch das ist bereits angeklungen – die schwierigsten Bedingungen in der Unterrichtsversorgung. Wir haben dort die größten Klassen. Es ist deshalb natürlich besonders schwierig, dass gerade in dieser Schule Schülerinnen und Schüler dann in den heterogenen Lerngruppen, völlig unabhängig auch vom großen Engagement der Lehrerinnen und Lehrer und ihrem politischen Willen, profitieren können.
Fakt ist auch, dass Sie bis heute nicht darstellen können, wie Sie denn nach der Orientierungsstufe konzeptionell und durch Rahmenbedingungen dafür sorgen wollen, dass die individuelle Förderung von Haupt- und Realschülern an der Realschule plus gewährleistet ist, meine Damen und Herren.