Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

(Pörksen, SPD: Weiterlesen!)

Meine Damen und Herren, zweite Feststellung: Nicht die Wirkung ist verheerend – die meinetwegen auch –, sondern die Tatsachen sind verheerend.

(Beifall der CDU – Schweitzer, SPD: So wie Ihre Rede!)

Die Tatsachen, die schon jetzt bekannt sind, sind verheerend; denn offensichtlich gab es mündliche Verträge. Sie sind nicht frei erfunden. Sie sind bestätigt worden durch den jetzigen Minister. Es gab mündliche Verträge über 300.000 Euro. Die Frage ist: Gab es weitere mündliche Verträge? – Ich traue den Angaben der Nürburgring GmbH in diesen Fragen überhaupt nicht mehr; denn ich bin sicher, dass es weitere mündliche Verträge gab.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang sind auch die 220.000 Euro zu klären, die Sie im Ausschuss angesprochen haben, Herr Minister Kühl. Das sind Zahlungen, die es auch an Pinebeck gab. Gab es darüber auch mündliche Verträge? Wie sahen die aus? Auch das ist bis jetzt ungeklärt.

Meine Damen und Herren, wenn es ein solches Tohuwabohu an mündlichen, nicht mündlichen Anweisungen und dann doch nicht Anweisungen gab, wenn es also diese Widersprüche gibt, sind sie aufzuklären.

Meine Damen und Herren, wenn dann in diesen Aussagen erneut zutage tritt, dass es dort bei 100.000 Euro um eine neue Firma ging – Herr Kollege, Sie haben das gerade umschrieben, aber ich muss das anders ausdrücken –, ist das offensichtlich ein neuer „Geld-ring˚racer“. Da sollte noch schneller Geld transportiert werden. Auch

das wirft neue Fragen auf. Wer hat denn diese Anweisung gegeben? Kann Herr Lippelt selbst über 100.000 Euro verfügen, so wie das in der Zeitung stand, und kann er einfach sagen, damit wird der Geldfluss aus der Schweiz beschleunigt? Ist das ohne Weiteres die Aufgabe des Geschäftsführers ohne Abstimmung mit dem Aufsichtsrat? Wann hat der Aufsichtsrat das gewusst? Meine Damen und Herren, das sind Komplexe, die mehr Aufklärung erfordern.

Herr Minister Kühl, es tut mir leid, Sie sind vielleicht in einer ganz, ganz schwierigen und vielleicht auch traurigen Rolle, aber wir wollen nicht Versionen hören, sondern wir wollen hören, was der Minister Kühl weiß und wusste. Wir wollen wissen, was das Aufsichtsratsmitglied Kühl wissen musste, wissen sollte, wissen konnte, und wir wollen wissen, was der Staatssekretär wissen musste und wissen konnte.

Meine Damen und Herren, darum geht es. Da ist heftigste Verwirrung entstanden. Ich hoffe, dass Sie vielleicht heute an diesem Pult zur weiteren Aufklärung beitragen. Herr Minister, Sie sind heute an diesem Pult gefragt. Was ist gelaufen, wie ist das gelaufen, welche Verträge gab es, was war mündlich, was wussten Sie, und wie ist Ihre Verantwortung in diesem ganzen Zusammenhang?

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hartloff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manches, was Sie da so sagen, hat eine Scheinheiligkeit, dass der Schatten weit drüben über dem Rhein ist, auch wenn die Sonne überhaupt nicht tief steht. Ich weiß, dass Sie gerne Freude daran hätten, wenn solche Schlagzeilen wie „Streit in der SPD“ vorhanden wären. Das ist nicht so.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist noch viel weniger so, dass wir einen Rufmord, so wie Herr Licht das unterstellt hat, an einem ehemaligen Minister in irgendeiner Form begehen. Wir wissen um seine Verdienste für dieses Land. Ich habe das an dieser Stelle mehrfach gesagt. Sie wissen, wie schmerzhaft es für eine Regierung ist, wenn einer wie Minister Deubel zurücktritt, weil er politische Verantwortung übernimmt, wenn er sie so übernimmt, wie es in der Verfassung steht, nämlich nach Artikel 104 unserer Verfassung, der eben sagt, dass innerhalb der Richtlinien jeder Minister seinen Geschäftsbereich selbstständig unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag leitet.

Herr Kollege Eymael, wir waren lange genug in einer Koalition. In der Koalition haben wir uns gegenseitig oft genug anhören müssen, dass die Minister betont haben, dass das so ist mit der Eigenverantwortung. Insofern geht es überhaupt nicht darum, jemandem etwas zuzuschieben.

Es ist eine abgestimmte Linie der SPD-Fraktion, der Regierung, dass wir in aller Offenheit das auf den Tisch legen, zu dem Aufklärungsbedarf besteht. Wir haben das dadurch dokumentiert, dass wir den Rechnungshof gebeten haben, Zahlungsflüsse zu prüfen, und dass wir einen gemeinsamen Antrag gestellt haben, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird, der seine Arbeit aufgenommen hat. Da wird es weitere Aufklärung geben.

Herr Licht, lassen Sie mich auf das zurückkommen, was Sie am Ende gesagt haben. Finanzminister Carsten Kühl hat in der Sitzung am 17. September 2009 deutlich erklärt, was er in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied gewusst hat. Er hat deutlich erklärt, welche Kenntnisse er danach aus den ihm vorliegenden Unterlagen hat, und wir haben uns gemeinsam im Zuge der Diskussion der Landtagsmitglieder in diesem Haushalts- und Finanzausschuss auch darüber unterhalten, wie politische Bewertungen abzugeben sind. Auch das gehört dazu.

Herr Kollege Mertin, wir waren uns darin einig, dass es weiteren Aufklärungsbedarf über diese weiteren Zahlungen gibt, nachdem Minister Deubel im Frühjahr des Jahres gegenüber dem Landtag erklärt hatte, dass an Pinebeck keine weiteren Zahlungen erfolgen sollten.

Das ist im Übrigen überhaupt keine neue Tatsache, sondern etwas, über das wir lange diskutieren und was retroperspektivisch betrachtet sicher auch einer der Gründe ist, weshalb Minister Deubel seiner Verantwortung mit dem Rücktritt gerecht geworden ist. Das ist ein Punkt der politischen Bewertung, aber das ist kein Punkt, der eine Diskrepanz zwischen den Aussagen des jetzigen Finanzministers zu dem Vorhergehenden ergibt.

Jetzt gibt es einen Brief von Minister Deubel, der sich über das geärgert hat, was er über die Sitzung, an der er nicht teilgenommen hat, in der Presse gelesen hat, in der darüber berichtet wurde. Weshalb hat er sich darüber geärgert? Er hat sich deshalb darüber geärgert, weil er als einer der Beteiligten, nämlich als Aufsichtsratsvorsitzender, möglicherweise manches Detail besser weiß, weil er bei Gesprächen dabei gewesen ist, bei denen die anderen, die im Ausschuss waren, nicht dabei waren. Das ist ein relativ normaler Vorgang.

(Licht, CDU: Bis jetzt! Und weiter?)

Weil die, die beteiligt waren, in dem Untersuchungsausschuss selbst ihre Sicht der Dinge darlegen können, haben wir einen Untersuchungsausschuss. Daraus zu konstruieren, dass zwischen den Beteiligten Streit darüber bestehen würde,

(Glocke des Präsidenten – Unruhe bei der CDU)

entspringt der Fantasie, dem Wunsch und dem Glauben der Opposition. Ich verstehe, dass Sie daran ein Interesse haben. Den Gefallen werden wir Ihnen aber nicht tun.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Finanzminister Kühl.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 17. September 2009 auf Antrag der FDP-Fraktion über „Zahlungen an Berater trotz gegenteiliger Information durch den Finanzminister“ – das war Gegenstand des Berichtsantrags – berichtet. Im Übrigen ist der Antrag meiner Erinnerung nach zwei Tage vor der Sitzung gekommen. Wir haben keine Fristeinrede eingelegt, sondern haben uns kurzfristig entschlossen, darauf zu antworten.

Ich habe Ihnen in dieser Sitzung gesagt, dass ich von diesen Zahlungen Mitte Juli durch den Bericht der Kanzlei Redeker – den die Landesregierung in Auftrag gegeben hat – an die Staatsanwaltschaft erfahren habe.

Jetzt stellt Herr Licht die Frage: Was hat der Minister gewusst? – Der Minister muss sagen, was er gewusst hat, und nicht das, was andere ihm gesagt haben. Herr Licht, ich weiß nicht, ob Sie in der Sitzung waren; ich weiß nicht, ob Sie das Protokoll gelesen haben. Ich habe in der Vergangenheit häufiger die Erfahrung gemacht, dass nicht richtig zugehört wird oder Dinge nicht gelesen werden. Ich habe eine klare Auskunft darüber gegeben, zu welchem Zeitpunkt ich von diesen Zahlungen gewusst habe.

Wenn man etwas nicht weiß, weil es damals in den Aufsichtsgremien nicht behandelt worden ist, muss man hingehen und bei denjenigen nachfragen, die das wissen könnten oder wissen sollten. Ich habe daraufhin zwei Quellen zurate gezogen. Zum einen ein Protokoll über die Aufsichtsratssitzung des neuen Aufsichtsrats vom 21. Juli – auch das habe ich in der Ausschusssitzung so berichtet –, und zum anderen habe ich eine Stellungnahme der Geschäftsführung über diesen Finanztransfer eingeholt.

Ich halte das für ein völlig normales und übliches Verfahren.

(Beifall der SPD)

Herr Eymael, ich weiß nicht, wie Sie das früher gemacht haben. Sind Sie zur Wahrsagerin gegangen und haben gefragt, was wohl passiert ist? Wenn Sie als handelnde, als auskunftspflichtige Person, keine authentische Auskunft geben können, weil Sie es nicht miterlebt haben, dann fragen Sie natürlich jene, die mit diesem Vorgang befasst waren. Das war die Geschäftsführung.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich Ihnen meine Aussage im Ausschuss und die Ausführungen Herrn Deubels dazu in dem Brief an mich gegenüberstelle, sage ich Ihnen: Die Aussagen, die die Nürburgring GmbH getroffen hat und die ich im Ausschuss zitiert habe, und meine darüber hinausgehenden Aus

führungen zu den von Ihnen erfragten rechtlichen Grundlagen – Gegenstand Ihres Berichtsantrags war, ob es erstens eine Gremienbefassung und zweitens so etwas wie Verträge gab –, widersprechen nicht den Aussagen von Herrn Deubel in dem Brief an mich, die ich Ihnen gleich zitieren werde.

Herr Präsident, mit Ihrem Einverständnis zitiere ich aus der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses die Passage, um die es geht. Dort habe ich gesagt: „Danach habe laut der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH den jeweiligen Zahlungen folgender Ablauf zugrunde gelegen: Der Finanzvermittler hat den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden angesprochen und seine entsprechenden Leistungen, Fortschritte und Aufwendungen im Finanzierungsprojekt dargelegt und Zahlungen als Gegenleistung eingefordert (…) Die Geschäftsleitung hat den Geschäftsführer der Nürburgring GmbH eingeschaltet, sich intern mit ihm abgestimmt, und der Geschäftsführer hat aufgrund der Schilderungen die Auszahlung akzeptiert. Dann ist die Zahlung an den Finanzvermittler erfolgt.“

Ich habe dann noch hinzugefügt, dass alle damals beteiligten Parteien vorgesehen hatten, diese bis dato nur mündlichen Vereinbarungen schriftlich zu fassen, und dazu sei es nicht mehr gekommen.

Ich stelle in Bezug auf die beiden von Ihnen im Ausschuss gestellten Fragen fest, zur rechtlichen Grundlage habe ich berichtet, dass es keinen formellen Aufsichtsratsbeschluss gab,

(Bracht, CDU: Gibt es auch informelle Aufsichtsratbeschlüsse?)

und ich habe berichtet, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine schriftliche Vereinbarung gab.

Ich darf Ihnen nun aus dem Schreiben von Herrn Deubel an mich zitieren:

Anfang Mai habe sich nach Einschätzung der Geschäftsleitung eine Realisierung der Finanzierung sehr stark konkretisiert und schien unmittelbar bevorzustehen. Auf dieser Basis habe die Geschäftsführung der Pinebeck Herrn Lippelt auf die eigenen hohen Kosten hingewiesen und einen entsprechenden Kostenersatz verlangt. Herr Lippelt habe ihn, Herrn Deubel, über dieses Begehren informiert und habe vor dem Hintergrund der im Zusammenhang mit dem Aufenthalt und den fortgeschrittenen Finanzierungsbemühungen in Zürich entstehenden Kosten den im Raum stehenden Betrag von 100.000 Euro bestätigen können. Auch Herr Merten – das ist der Geschäftsführer von Pinebeck – habe in einem späteren Telefonat mit ihm, Deubel, dargestellt, dass Pinebeck nicht mehr in der Lage sei, die hohen laufenden Kosten zu finanzieren, und dass damit das Projekt gefährdet sei.

Vor diesem Hintergrund sei er, Deubel, zu der Einschätzung gekommen, dass zum einen die Zahlungen durch den generellen Aufsichtsratsbeschluss abgedeckt und von daher gesehen kein erneuter Aufsichtsratsbeschluss erforderlich sei und dass zum anderen die Zahlung an sich und die Höhe der Zahlung nicht zu beanstanden

seien. Die beiden folgenden Zahlungen seien in ähnlicher Form abgelaufen. – So weit Herr Deubel.

Herr Deubel sagt in Bezug auf die beiden relevanten Fragestellungen aus der Ausschusssitzung auf den GOLT-Antrag von Herrn Mertin: Es sei kein Aufsichtsrat befasst worden, weil dies seiner Auffassung nach nicht notwendig gewesen sei, und zu diesem Zeitpunkt habe es keine schriftliche Vereinbarung gegeben. – Das war übrigens auch nicht Sache von Herrn Deubel, sondern das war Sache der ausführenden Geschäftsführung.

Es gibt zwei vermeintliche Unterschiede, auf die ich gern eingehen möchte; ich sage aber bewusst: Es sind vermeintliche Unterschiede.

Herr Deubel legt Wert auf die Feststellung, dass er vor seinen Gesprächen mit Pinebeck mit der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH und dass diese mit der Geschäftsführung von Pinebeck geredet habe. Dies haben die Geschäftsführer im Übrigen in der Aufsichtsratssitzung am 30. September, also vor wenigen Tagen, auch bestätigt. Insofern stehen meine Aussage und die Aussage von Herrn Deubel nicht in einem Widerspruch.

Es ist im Übrigen das normale Geschäft der Geschäftsführer, die sich in einer Finanzierungsverhandlung befinden, mit den entsprechenden Geschäftspartnern zu verhandeln.