Hier sehen wir übrigens, dass das Beruhigungsbonbon, nämlich der rheinland-pfälzisch Durchschnittswert von 21,2 Kindern pro Grundschulklasse, nicht das wirkliche Leben abbildet. Hinzu kommt die neue Grundschulordnung, die vor ca. einem Jahr in Kraft getreten ist. Sie stellt hohe Anforderungen an die Lehrerschaft. Sie soll beobachten, individuell auf Lernfortschritte reagieren, dokumentieren, differenzieren, die Eltern mit einbeziehen usw. Hier klaffen Anspruch und Realisierbarkeit weit auseinander.
Meine Damen und Herren, natürlich kommt es auch vor, dass aus zwei Klassen, in denen ursprünglich 30 Kinder
sitzen, im 3. Schuljahr durch Zuwachs, Zuzüge oder Wiederholer, ein günstigerer Teiler entsteht und drei Klassen mit knapp über 20 Kindern gebildet werden können. Dabei muss aber in Kauf genommen werden, dass eine gewachsene Gemeinschaft, in der sich Freundschaften, persönliche Beziehungen und Bindungen entwickelt haben, auseinandergerissen wird. Für Kinder in diesem Alter entsteht so eine kritische Situation. Gäbe es die niedrigere Klassenmesszahl, so müsste so etwas nicht passieren, weil wir von vornherein die kleineren Gruppen hätten.
Meine Damen und Herren, wir wollen es nicht mehr dem Zufall überlassen, unter welchen Bedingungen unsere Kinder den Lebensabschnitt Schule durchlaufen. Wir wollen den demografischen Wandel gestalten, um die Qualität der schulischen Bildung und der individuellen Förderung für alle Schülerinnen und Schüler zu sichern. Deshalb wollen wir eine geringere Klassenmesszahl von 20 Schülern verbindlich festlegen.
Mit dieser Forderung nach echter Chancengerechtigkeit stehen wir nicht allein. Viele Lehrerinnen und Lehrer, Verbände wie der VBE und Eltern haben sich an uns gewandt und mit uns geredet. Sie kämpfen dafür. In seiner Presseerklärung „Weniger Schüler – größere Klassen? – Bildungspolitik ist nicht fiskalischer Steinbruch“ vom Juli diesen Jahres hat der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmerverbände für die Grundschulen verbesserte Betreuungsverhältnisse bei zurückgehenden Schülerzahlen gefordert. Hier sollten die Finanzmittel investiert werden, anstatt am Ende einer Schullaufbahn viel Geld auszugeben, um gescheiterte junge Menschen ausbildungsreif oder mithilfe von Nachqualifikationen für den Arbeitsmarkt verfügbar zu machen.
Mit großer Beharrlichkeit setzen sich Elterninitiativen für kleine Klassen ein. Einige Vertreter und Vertreterinnen sitzen hier oben. Sie vertreten die Initiative „Kleine Klassen sind das Ziel“. Sie haben uns heute Mittag Unterschriftenlisten überreicht. Es sind stattliche 14.000 aus dem ganzen Land. Sie können sie dort liegen sehen. Die Eltern haben uns diese Unterschriften überreicht, weil weder der Ministerpräsident noch die Bildungsministerin in mehr als eineinhalb Jahren zu einem Gespräch mit ihnen über ihre Sorgen für eine gute Bildung für ihre Kinder bereit waren.
Wir wollen hoffen, dass wir im Ausschuss dieses Thema ausgiebig diskutieren. Das gilt auch für den Personal- und Finanzbedarf. Sie werden sehen, dass wir das solide finanzieren können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Frau Kollegin Hayn! Ich bin dankbar, dass wir heute über dieses Thema „Kleine Klassen, kleine Kinder“ sprechen können. Es gibt uns die Gelegenheit, hier darzustellen, wie sehr die SPD-geführte Landesregierung und unsere Bildungsministerin Doris Ahnen gerade auf die Förderung und Bildung der kleinsten Kinder in unserem Land eingehen.
Verehrte Kollegen von der CDU-Fraktion, mir scheint es, Ihnen geht es heute mehr um Show, um Publicity und sonst irgendwas als wirklich um dieses Thema.
Während wir hier den Nachtragshaushalt beraten, sind Sie nicht da. Sie sind draußen vor dem Tor und haben dort unten pressewirksam einen PR-Gag veranstaltet.
Sie stellen gleichzeitig heute Nachmittag einen Antrag in einer Größenordnung von einem neunstelligen EuroBetrag. Sie kümmern sich nicht darum. Hier sind leere Bänke gewesen.
Politik ist keine Show-Bühne, die wir machen. Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz durchzieht einen roter Faden vom beitragsfreien Kindergarten bis hin zum gebührenfreien Studium. Ich will Ihnen deutlich machen, dass die kleinsten und die größeren, also alle Kinder in guter Hand sind.
Wenn die Unterschriftensammlerinnen und -sammler aus Kaiserslautern etwas erreichen wollten, so wären Sie sicherlich bei der Ministerin oder dem Ministerpräsidenten herzlich eingeladen gewesen, hier vorstellig zu werden,
Kommen wir zum Thema, zu Ihrem Antrag zurück. Kleine Kinder, kleine Klassen – das ist in Rheinland-Pfalz
Das ist trotz der Tatsache der Fall, dass wir vielerorts wegen des demografischen Wandels Kombiklassen bilden müssen.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer anderen großen Herausforderung; denn wir haben noch eine andere Forderung: Kurze Beine, kurze Wege. Es wird für uns immer schwieriger werden, die Grundschule im Dorf zu lassen. Das ist ein Bemühen und Versprechen. Wir werden bezüglich der Forderung, kurze Beine, kurze Wege, Wort halten, also kleine Kinder, kleine Klassen, Realität werden und bleiben lassen in unserem Land.
Wir haben dankenswerterweise überall Schulentwicklungsgespräche und -planungen durchgeführt. Das werden auch Sie vor Ort machen. Man kann sich die Zahlen, die vom Planungsbüro zur Verfügung gestellt werden, betrachten. Ich darf sie für meine Verbandsgemeinde einmal vorstellen. Wir haben jetzt 132 Schülerinnen und Schüler, die die 4. Klasse besuchen. Wir werden im Schuljahr 2015/2016 nur noch 86 Kinder haben, die die 4. Klasse besuchen werden. Wir stehen vor der Herausforderung, Grundschulstandorte zu erhalten und die Grundschule im Dorf zu belassen.
Wir müssen schauen, was heute schon möglich ist. Die ADD und das Ministerium sind beratend bei individuellen Lösungen vor Ort tätig. Ich nenne eine Ganztagsgrundschule aus meinem Wahlkreis. In dieser Schule werden 54 Kinder in einer Jahrgangsstufe in drei Lerngruppen, nennen Sie es Klassen, beschult, nämlich zwei Ganztagslerngruppen und eine Halbtagslerngruppe.
Das sind Modelle, die zukunftsorientiert sind, die Realität sind in Rheinland-Pfalz und wofür die SPD-geführte Landesregierung und unsere Bildungsministerin stehen.
Doch nun zu Ihrem Antrag. Sie erwähnen großartig das Stichwort „Bildungsgerechtigkeit“, doch Bildungsgerechtigkeit ist in Rheinland-Pfalz mehr als individuelle Förderung, die für uns ganz wichtig ist. Bildungsgerechtigkeit ist Chancengerechtigkeit, das ist Teilhabe. Dafür steht auch unser gebührenfreies System.
Ich muss sagen, dann hat mich Ihr Antrag ein bisschen verwirrt. Die Verwirrung wurde noch größer, als ich dann
die Pressemitteilung gelesen habe, die heute per E-Mail verteilt worden ist. In Ihrem Antrag fordern Sie drei zusätzliche Lehrerwochenstunden pro Klasse. In der Pressemitteilung fordern Sie drei zusätzliche Lehrerwochenstunden pro Schule. Was wollen Sie jetzt? Das, was Sie der Presse mitteilen, oder das, was Sie in der Drucksache niedergelegt haben?