Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Gute wie schlechte Pflege hat Ursachen. Aus diesem Grund diskutieren und beraten wir unser neues Heimgesetz. Hier hat die CDU-Fraktion eine wichtige Vorreiterrolle übernommen. Uns ist besonders wichtig, dass die Rechte der Betreuten und Angehörigen gestärkt werden, die Transparenz von Betreuung und Pflege verbessert wird, eine Vielfalt an Einrichtungen existiert und diese Einrichtungen sich flexibel weiterentwickeln können.

Mehr Transparenz und Informationsmöglichkeiten wollen wir durch öffentlich zugängliche Informationsangebote und Prüfberichte erreichen. Die Träger werden verpflichtet, ihre Leistungsangebote in geeigneter Weise für alle Interessierten zugänglich zu machen und auch ihre Kunden darüber zu informieren.

Form und Inhalt der Prüfberichte sollen von den Einrichtungsträgerverbänden, der Heimaufsicht und den Kassen gemeinsam erarbeitet werden.

Wir wollen eine verbraucherfreundliche, also verständliche Darstellung der Qualität einer Einrichtung. Qualitätsmängel müssen aber auch bis ins kleinste Detail schonungslos ans Tageslicht kommen. Nur so schaffen wir Vertrauen in Einrichtungen und in Pflege.

(Beifall der CDU und des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Die Informationen, die der Verbraucher erhält, müssen also einfach im Verständnis und ehrlich in der Aussagekraft sein. Diese Herausforderung ergab sich als Folge des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes, als Selbstverwaltungsaufgabe der Vereinbarungspartner, der Pflegeselbstverwaltung. Diese wiederum arbeitete unter einem erheblichen zeitlichen Druck, der seitens des Berliner Gesundheitsministeriums aufgebaut war.

Heraus kam ein Schulnotensystem, da fast jeder Bürger sich unter dem Wert einer Note etwas vorstellen kann. Stationäre Pflegeeinrichtungen werden beispielsweise anhand von 82 Kriterien beurteilt, die wiederum in fünf Themenbereiche geordnet sind. Aus dem Ergebnis der ersten vier Themenbereiche wird dann eine Gesamtnote errechnet.

Kritiker bemängeln nun, dass die Gesamtnote für eine Pflegeeinrichtung kaum Aussagekraft habe, da alle 82 Kriterien und Themenbereiche miteinander verrechnet werden könnten. Durch die Bildung von Mittelwerten würden einzelne und strukturelle Mängel in der Gesamtnote untergehen. So könnte ein „mangelhaft“ bei schwe

ren Pflegemängeln durch andere positive Leistungen ausgeglichen werden.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Die Bewertung dieses Systems sollten wir uns vornehmen, wenn der erste offizielle Bericht vorliegt. Dann sollten wir auch diskutieren, ob es sinnvoll ist, sogenannte K.-o.-Kriterien einzuführen, wie das zum Beispiel bei der Stiftung Warentest möglich ist.

Grundsätzlich ist es aber für den Verbraucher auch heute schon nicht ausgeschlossen, wie in anderen Lebenssituationen auch, Noten zu hinterfragen. Das neue System erreicht sicherlich, dass der Verbraucher sensibilisiert wird. Er bekommt Orientierung, und als mündiger Bürger werden ihm Bewertungskriterien an die Hand gegeben.

Sollte sich dieses neue System nicht bewähren, muss es geändert und verbessert werden.

(Keller, CDU: So ist es!)

Aber wir sollten vorsichtig sein, bereits in der Aufbauphase schon wieder alles infrage zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Im Sozialausschuss erhalten wir regelmäßig Auskunft über die Pflege in Rheinland-Pfalz, die grundsätzlich gut ist. Dieser Beurteilung schließe ich mich an, aber auch meine Fraktion. Deshalb sollten wir uns auch nicht wundern, wenn die Pflege gut ist, dass also jetzt in den Prüfkriterien bei der Gesamtnote herauskommt, dass 50 % der Einrichtungen mit gut oder sehr gut eingestuft werden.

(Glocke des Präsidenten)

Pflege in Rheinland-Pfalz ist gut. Sie ist deshalb gut, weil es viele verantwortungsvolle Träger und viele engagierte, kompetente und fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt.

Wir müssen etwas tun für die Verbraucher, müssen aber auch etwas tun für diejenigen, die in der Pflege tätig sind. Deshalb müssen wir weiter an einer guten Pflegepolitik arbeiten.

(Beifall der Abg. Frau Thelen, CDU)

Ich komme nun zum Schluss.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken, dass ich diesem Haus angehören durfte. Ich durfte Erfahrungen sammeln. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, in interessanten Ausschüssen mitzuwirken. Gemeinsam haben wir um gute Positionen, wie ich denke, meistens in guter, angenehmer Atmosphäre gerungen.

Ich wünsche meinen Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag persönlich alles Gute für die Zukunft.

(Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, wir wünschen auch dem Kollegen Rüddel alles Gute in Berlin. Er soll die Interessen von Rheinland-Pfalz dort wirklich ordentlich vertreten.

(Beifall der CDU und bei SPD und FDP – Ministerpräsident Beck: Das ist wahr!)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Schmitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Pflege“ hat hier im rheinland-pfälzischen Landtag bei Regierung und Opposition einen ganz besonders hohen Stellenwert. Das möchte ich ausdrücklich zu Beginn meiner Ausführungen festhalten. Deshalb ist dieses Thema „Pflege-TÜV“ nicht nur populär, sondern auch wichtig und trifft unser gemeinsames Interesse.

Um was geht es? Es geht darum, die Schwierigkeiten, die wir alle sehen und für die wir alle keine einfachen Rezepte haben, die Schwierigkeiten in der Unterfinanzierung des Systems, die Schwierigkeiten bei den Pflegeberufen, was Nachwuchsförderung, Nachwuchssituation und hohe Fluktuation angeht, und auch die Schwierigkeiten mit einem wahnsinnigen bürokratischen Aufwand, zu sehen und nach und nach den Versuch zu unternehmen, das abzuarbeiten.

In diesem Zusammenhang hatte das Pflegeweiterentwicklungsgesetz eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Landesregierung hat im Bundesrat diesem Pflegeweiterentwicklungsgesetz zugestimmt und damit letztlich auch die Verwaltungsvorschriften mit zu verantworten, die jetzt Grundlage dieses Pflege-TÜVs sind.

Da schwingt dann schon ein wenig Kritik mit, dass man im Aushandeln der Kriterien offensichtlich die Brisanz nicht gesehen hat. Andere Verbände und Organisationen haben die Brisanz gesehen. Schon vor einem halben Jahr – zu diesem Zeitpunkt war es, glaube ich – hat der VdK mit der Überschrift „Skandal“ dieses Thema aufgerufen, mit der gleichen Überschrift, die jetzt auch die Stellungnahmen der MDK prägt.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal deutlich machen, was auch Kollege Rüddel und Kollege Dröscher beschrieben haben: Wenn wir uns jetzt beim Wunsch, ein bundesweit gültiges Transparenzsystem aufzubauen, auf diese Kriterien festlegen, dann kommt das zu all den Transparenz-, Informations- und Servicebemühungen dazu, die es schon gibt.

Ich habe zum Thema eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet und halb besorgt und halb süffisant die Frage 4 wie folgt formuliert: Über welche unterschiedlichen Einrichtungen, Behörden, Servicestellen, Krankenkassen, Internetportale, Trägerinformationen, Verbraucherschutzeinrichtungen, Verbände und Vereine sowie Selbsthilfegruppen etc. können sich Pflegebedürf

tige und deren Angehörige in Rheinland-Pfalz einfach, objektiv und transparent – das ist ja immer das Ziel – ein abschließendes Bild über die Qualität und das Angebot einer Pflegeeinrichtung machen?

Diese MDK-Berichte im Internet sind also nicht das Einzige, aber, Herr Kollege Dröscher hat recht, das einzige überregionale Transparenzsystem. Deshalb ist es von ganz hoher Bedeutung für das Vertrauen der Pflegenden, der Angehörigen und der Betreuer im System.

Wenn wir dann jetzt erfahren – das hätte man früher wissen können; ich habe es schon gesagt –, dass die Bewertungen so untereinander austauschbar sind, dass wirklich komplett schräge Beurteilungen dabei herauskommen können, nicht müssen, Herr Rüddel – – –

Der MDK weist auf ein besonders spektakuläres Beispiel hin. Er beschreibt also – ich zitiere aus seiner Pressekonferenzvorlage mit Genehmigung des Präsidenten –: „Aber auch wenn die Mehrzahl der Bewohner geschädigt worden wäre, könnte die Note ,mangelhaft’ mit einem ,sehr gut’ durch ,regelmäßige Schulung der Mitarbeiter in erster Hilfe’ oder ,mit einem Zaun gesicherte Gartenanlagen’ ausgeglichen werden.“

Da trifft in der Tat der Vorbehalt des VdK zu. Das ist an der Grenze des Skandalösen. Es ist das Gegenteil von Transparenz, meine Damen und Herren.

Das, was Kollege Dröscher jetzt anführt als Hilfestellung der Landesregierung, weist leider Gottes wieder in die falsche Richtung. Ich glaube auch, wir können das System verbessern, und wir werden es verbessern. Man darf das Kind aber nicht mit dem Bade ausschütten.

Aber statt das System zu verbessern und zu sagen, wir organisieren eine Lesehilfe für dieses System und evaluieren auch noch einmal auf anderer Ebene und schaffen einen „Kümmerer“ – den habe ich in der Kleinen Anfrage jetzt noch vergessen, den „Kümmerer“, der kommt jetzt neu hinzu – – –

Frau Ministerin, wir kümmern uns genug auf allen Ebenen. Wir kümmern uns zu Tode. Aber wir brauchen einfache Transparenzsysteme, die auch den Vorwurf des Negativcampaigning in dieser Frage entgegentreten. Wir brauchen ein positives Bild der Pflegeheime.

(Beifall der FDP)

Ich glaube, in der Masse sind Pflegeheime auch so positiv, dass dieses Bild zu Recht gemalt werden kann.

Wir brauchen alles andere als einen Pflege-TÜV,

(Glocke des Präsidenten)

der in sich inkonsistent ist und das Gegenteil von dem schafft, was er schaffen soll, nämlich Vertrauen.

Danke schön.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Dreyer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Ich bin Herrn Kollegen Dröscher sehr dankbar, dass dieses Thema heute noch einmal angesprochen wird. Anlass ist die Berichterstattung in der Zeitung und im SWR aufgrund der Reaktionen des MDK RheinlandPfalz.