Protokoll der Sitzung vom 11.11.2009

(Beifall bei der FDP)

Ich habe gesagt, das finanzielle Grundproblem ist bei allen gemachten Vorschlägen dasselbe. Die Hürde sowohl bei der Lernmittelausleihe als auch bei der generellen Lernmittelfreiheit besteht darin, alle auszustatten. Das ist in der Tat ein enormer Kraftakt. Auch das hat meine Fraktion von vornherein offen gesagt. Wir haben nie gesagt, das ist einfach so eben aus dem Haushalt herauszuschneiden und dann locker zu finanzieren, weil so viel überflüssiges Geld ausgegeben wird. Aber heute haben wir einen Vorschlag gemacht, von dem wir sehr seriös sagen können, dass zumindest ein Teil dieses enormen Kraftakts bewältigt werden könnte. Wir sind der festen Überzeugung, dass die 10 Millionen Euro, die im Rahmen – – –

(Glocke der Präsidentin)

Gibt es nur noch fünf Minuten Redezeit?

(Schweitzer, SPD: Das hätte auch gereicht!)

Pardon. Das war ein Versehen.

Dann ist es gut. Da bin ich beruhigt, sonst hätte ich ein großes Problem.

(Heiterkeit im Hause)

Es ist die Redezeit für die FDP-Fraktion halbiert worden. Gut.

Ich würde jetzt gerne fortsetzen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die 10 Millionen Euro, die heute im Rahmen des Nachtragshaushalts zusätzlich für den Nürburgring veranschlagt werden, besser in Bildungsinvestitionen angelegt wären. Hier und heute hätte die Chance bestanden, im Rahmen des Nachtragshaushalts in die generelle Lernmittelfreiheit einzusteigen. Diese Chance hat die Mehrheit des Hauses nicht genutzt. Sie haben andere Prioritäten gesetzt. Sie machen einen eher halbherzigen und dann auch noch schuldenfinanzierten Schritt.

Wir haben heute auch vorgeschlagen, in einem ersten Schritt hin zur generellen echten Lernmittelfreiheit zuerst Grundschulkindern die Bücher kostenlos zur Verfügung zu stellen, weil man das System Lernmittelfreiheit dann sukzessive von unten nach oben aufbauen kann und die Schülerjahrgänge, die jetzt die Grundschule besuchen, früh lernen würden, mit den geliehenen Büchern sorgfältig und angemessen umzugehen.

Interessant fand ich die sachlich-fachliche Kritik von Frau Kollegin Brede-Hoffmann, die am 5. November eine Presseerklärung zu unserem Vorschlag abgesetzt hat. Sie hat angemerkt, dass insbesondere deshalb kein Geld für die generelle Lernmittelfreiheit in RheinlandPfalz vorhanden sei, weil Schwarz-Gelb künftig in Berlin die Steuern senken wolle.

Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die große Befürchtung haben Sie heute einen äußerst sparsamen Nachtrag verabschiedet. Das halte ich dann doch nicht für eine seriöse Argumentation.

Die Presseerklärung gibt uns außerdem Einblick in eine neue Sicht der Dinge. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: Pikant dabei ist, dass der Finanzierungsvorschlag, der eine Reduzierung der Risikovorsorge für die Nürburgring GmbH um 10 Millionen Euro bedeutet, die erfolgreiche Entwicklung des Projekts „Nürburgring 2009“ als zentrale Infrastrukturmaßnahme des Landes gefährden könnte. – So Brede-Hoffmann.

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat eine interessante Wahrnehmung, dass gerade unser Haushaltsdeckblatt am heutigen Tage die grandiose Entwicklung des Nürburgrings als zentrale Infrastrukturmaßnahme des Landes gefährdet.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie sagen jedenfalls, Sie legen noch einmal die 10 Millionen, über die wir mehrfach geredet haben, drauf, und die Bücher, die die Eltern dann zum Großteil kostenpflichtig entleihen müssen, finanzieren Sie mit neuen Schulden.

Ich möchte abschließend noch einmal zu einer Bewertung der beiden Gesetzentwürfe von CDU und SPD kommen.

Die FDP-Fraktion glaubt, dass der Einstieg in ein entgeltliches Leihsystem ein erster sinnvoller Schritt in Richtung einer generellen Lernmittelfreiheit sein könnte. Wir glauben allerdings, dass es im Sinne aller Beteiligten sinnvoller wäre, direkt schrittweise die Einführung einer echten Lernmittelfreiheit anzusteuern und einzusteigen. Zumindest die Perspektive auf eine wirkliche Lernmittelfreiheit würden wir uns im Rahmen der Vorschläge der anderen Fraktionen wünschen.

Unser Vorschlag würde auch kleingliedrige Diskussionen darüber, welcher Prozentsatz von der Gebühr freigestellt werden solle, erübrigen. Deshalb brauche ich mich an dieser Stelle auch nicht darüber auszulassen, welcher der vorliegenden Gesetzentwürfe die soziale Komponente besser berücksichtigt.

Wir wünschen uns, dass mit dem Einstieg in die Lernmittelfreiheit so wenig bürokratischer Aufwand wie möglich verursacht wird. Auch hier steht eine Gebühr dem in gewisser Weise entgegen. Unser Vorschlag ist heute im Rahmen der Haushaltsberatung leider abgelehnt worden. Wir wollten aber an dieser Stelle den ersten Schritt vor dem zweiten machen, nämlich erst einmal sagen, wo das Geld herkommen soll, wie wir finanziell einsteigen wollen, bevor wir einen Gesetzentwurf vorlegen. Wir behalten uns das natürlich für die Beratungen des SPDGesetzentwurfs vor, eine Alternative zu bieten.

Wir wollen uns im Sinne der berechtigten Wünsche der Eltern in Rheinland-Pfalz nicht komplett dem offensichtlich mit den großen Fraktionen einzig machbarem Vorschlag verschließen. Deshalb werden wir uns heute enthalten, und auch bei dem Gesetzentwurf der SPD werden wir uns enthalten. Wir appellieren noch einmal dringend an die Regierungsfraktion, sich eingehend über eine seriösere Finanzierung ihres Vorhabens Gedanken zu machen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatministerin Ahnen das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die positive Botschaft vorweg: Auch ich bin froh, dass nach den großen Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben, um Kinder und Familien in diesem Land besser zu unterstützen – volle Halbtagsschule, Ganztagsschule, Studiengebührenfreiheit –, wir diesem Gesamtkonzept jetzt einen weiteren Schritt mit dem Ausbau der Lernmittelfreiheit hinzufügen können. Sie wissen, wir sind an dieser Stelle so weit wie kein anderes Land.

(Beifall der SPD)

Dann wird die Welt schon ein bisschen differenzierter.

Frau Dickes, Sie müssen wissen, wie Sie argumentieren. Wir haben es mehrfach im Plenum gehört und in zigfachen Presseerklärungen gelesen. Im Ausschuss haben Sie uns auch damit konfrontiert, dass die Regierung bei der CDU abschreibt.

Eines vorweg: Wenn die eigene Politik – das ist Ihre – darin besteht, wenn irgendjemand im Land irgendetwas fordert zu sagen, das ist auch meine Forderung, wird die Regierung bald gar nichts mehr machen können, was Sie nicht schon gefordert haben, weil es dann nämlich nichts mehr gibt, was Sie nicht schon gefordert haben. So gehen Sie an die Dinge heran. Ich muss Ihnen ehrlicherweise sagen: Machen Sie an der Stelle nur weiter so. Das ist nicht besonders glaubwürdig.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Die Ministerin ist sehr getroffen!)

Herr Bracht, eine getroffene Ministerin sieht anders aus.

Ich sage Ihnen gleich noch etwas dazu. Ich finde es nicht der Rede wert. Wir beschäftigen uns seit fünf Sitzungen mit der Frage des Urheberrechts. Ich will Frau Kollegin Dickes an dieser Stelle helfen. Bezogen auf den CDU-Entwurf ist die Frage total einfach zu beantworten. The winner is Niedersachsen. Sie haben komplett bei Niedersachsen abgeschrieben. Das ist nicht schlimm, dass aber ausgerechnet Sie Urheberrechtsfragen stellen, finde ich an dieser Stelle witzig, um das deutlich zu sagen.

(Beifall der SPD)

Sie haben recht an der Stelle. Frau Brede-Hoffmann hat auch darauf hingewiesen. Wenn man im Grundsatz ein ähnliches Modell wählt, könnte man sich im Prinzip auch darüber verständigen.

(Frau Pepper, SPD: Richtig!)

Sie haben sich an allen Punkten – ich werde sie Ihnen noch einmal aufführen – völlig uneinsichtig gezeigt oder waren gar nicht bereit, irgendeine Antwort zu geben, wenn man nach Ihrem Gesetzentwurf gefragt hat. Am Ende bleibt Ihr Gesetzentwurf nichts anderes als eine politische Idee, die mit der Realisierung und der Umsetzbarkeit nichts zu tun hat.

Wir gehen das jetzt durch.

(Schweitzer, SPD: Aber ganz langsam!)

Der Grundansatz, dass man Bücher auch verleihen kann und dafür eine Gebühr nimmt, findet sich in beiden Gesetzentwürfen wieder. Bis heute haben wir keinerlei Antwort von der CDU-Fraktion bekommen, wie viele Familien von dieser Leihgebühr freigestellt werden sollen.

In Niedersachsen – das wissen wir aus der Anhörung – handelt es sich um 13 %. Beim Saarland besteht die Hoffnung, es könnten 20 % bis 25 % sein. Wir haben

Frau Dickes im Ausschuss gefragt, wie viel Prozent es sein sollen. Die Frage wurde bis heute nicht beantwortet.

Der SPD-Entwurf ist an der Stelle klar. Es handelt sich um 25 %, nämlich diejenigen, die bisher einen Gutschein erhalten haben. Dazu mögen Sie vielleicht Kleinigkeiten sagen. Für die betroffenen Eltern ist das alles andere als eine Kleinigkeit. Wir wollen klare Gesetzentwürfe.

(Beifall der SPD)

In dem Kontext habe ich auch im Ausschuss gefragt – ich will wenigstens wissen, was ein Gesetzentwurf meint –: Was sagt eigentlich § 70 Abs. 3? – Jedes Schulbuch darf nur dreimal ausgeliehen werden. Danach ist es an Schülerinnen und Schüler, die von der Lernmittelausleihe befreit sind, auszuhändigen.

Ist das die Sozialkomponente Ihres Gesetzentwurfs, oder haben Sie sich darüber hinausgehend noch etwas vorgestellt? So haben wir es uns nicht vorgestellt. Wir haben klar gesagt, wir wollen die Eltern, die bisher Gutscheine bekommen haben, auch in Zukunft von dem Eigenanteil freistellen.

Es geht um die zweite „Kleinigkeit“, nämlich wer zuständig ist, die Schulen oder der Schulträger. Ich sage Ihnen eines: Das empfinden die 1.700 Schulen im Land alles andere als eine Kleinigkeit, weil alle Beteiligten wissen, dass hinter diesem Gesetzentwurf auch Arbeit stehen wird. Sie wollen eine Antwort darauf, wer letztlich für die Dinge verantwortlich ist.

Der SPD-Entwurf gibt diese völlig eindeutig. Diese Aufgabe obliegt den Schulträgern. Bei Ihnen steht das Gegenteil. Das ist keine Kleinigkeit.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Frau Kollegin Morsblech hat zu Recht die Kostenfrage angesprochen. In dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion steht nicht nur, dass das in 2010 21,5 Millionen Euro zusätzlich erfordert, sondern dieser enthält auch eine Abschätzung über die mittelfristige Perspektive bis zum Jahr 2016. Dann wird deutlich, dass man je nachdem, welches System man umsetzt, Anfangsinvestitionen und wieder Einnahmen und damit auch Rückläufe an den Landeshaushalt hat. Das stellt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren dar. Das ist detailliert in dem Finanzierungsplan genannt.