Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Ich sage nur, es ist kein kleines Problem; denn die Aufgabe ist bei der Kommune dann weg, das Personal ist aber da. Ich sage, es ist auch kein kleines Problem für die Bürger und Bürgerinnen, dass sie zwei Bescheide bekommen. Da kann man versuchen zu organisieren,

dass die vor Ort in einen Umschlag gesteckt werden. Nichtsdestotrotz muss verfassungsrechtlich klar sein, wer den Bescheid erstellt.

Es ist auch keine Kleinigkeit den Kommunen gegenüber, dass die BA in Zukunft feststellt, wer erwerbsfähig ist, und die Kommune überhaupt keinen Spielraum in ihrer Entscheidung hat, nach dem Motto: Friss oder stirb. – Was die BA entscheidet, ist von der Kommune zu vollziehen. Ich sage auch noch einmal, wenn ich an die Worte von Herrn Niebel denke, als er in der BA war, da ging es immer um die Zerschlagung der Bundesagentur für Arbeit. Heute werten wir die BA mit diesem Weg weiter auf. Wir blähen sie auf und bauen sie weiter aus. Wir entmündigen die Kommunen in ihrer Kompetenz.

(Beifall bei der SPD)

Alles in allem finde ich schon, dass man über dieses Thema streiten muss.

Herr Dr. Schmitz, es ist immer schlecht, wenn es zwei Gräben gibt. Aber ich kann sagen, wir liegen nicht allein in dem einen Graben. Wir haben uns damals bei diesem Kompromiss bemüht, alle ins Boot zu bringen. Sie waren eigentlich alle drin. Daran erinnern Sie sich auch ziemlich genau. Das, was wir uns inhaltlich wünschen – ich kann das nur noch einmal sagen –, ist mit unserer jetzigen Verfassung nicht vereinbar. Entweder wir gehen den Schritt zur Verfassungsänderung, oder wir gehen den Weg in eine getrennte Aufgabenwahrnehmung. Dann sollten wir aber nicht so tun, als wäre es etwas anderes.

(Beifall der SPD)

Gibt es zu diesem Punkt weitere Wortmeldungen? – Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin davon überzeugt, dass diese Haltung, die Sie jetzt wieder präsentiert haben, wir haben recht, ich und meine Kollegen haben recht, und die anderen haben unrecht, nicht weiterführt. Das ist der Kern dessen, was ich sagen will.

Ich bin überzeugt davon, dass Sie auf dieser Basis keine Regelung hinbekommen und in die Falle laufen, dass 2010 etwas passiert, was wir alle nicht wollen, was auf Bundesebene niemand will und was wir hier nicht wollen.

Bei den Vorschlägen, die Frau Thelen Ihnen gesagt hat, sich darauf zu beziehen – – –

Herr Ministerpräsident, auch Sie. Wir waren in langen Verhandlungen. Wir wissen das alles besser. Das mag sein.

(Ministerpräsident Beck: Ich sage nicht, wir wissen es besser, ich sage, wie es ist!)

Dass eine Wahrnehmung aus einer Hand, die eine entmischte Verwaltung hat, eine Zuständigkeit und keine Mischverwaltung hat – das ist der Kern dieses Vorschlags –, nicht verfassungskonform ist, hätte ich gerne erläutert, weil das Problem der Verfassungsinkonformität die Mischverwaltung betrifft. Wenn man jetzt einen Vorschlag macht, bei dem die Verwaltung in einer Hand vorgenommen wird, ist das Problem der Mischverwaltung weg. Ob man es politisch will, ist eine andere Frage.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Das ist doch eine ganz andere Frage. Das ist das zweite Problem.

Sie können doch diese beiden Dinge nicht miteinander verquicken und unter dem Beifall der Fraktion noch einmal beteuern, es gibt einen, der recht hat, und der wird es durchsetzen. Wie wollen die Bundesländer das durchsetzen? – Es gibt doch politisch überhaupt keinen Weg. Das muss doch beantwortet werden. Die Diskussion, die wir hier führen, ist eine Diskussion, die quasi irreal ist.

(Beifall bei der FDP – Hartloff, SPD: Sagen Sie doch, wir wollen es nicht!)

Wir haben recht, und entweder es wird so – – –

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Entweder es wird so gemacht, wie es Herr Hartloff der Bundesrepublik Deutschland vorschlägt, oder wir laufen in die Verfassungsfalle. Das ist doch wirklich absurd.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP – Ministerpräsident Beck: Weil alle Länder das vorschlagen!)

Ich erteile Frau Abgeordneter Grosse das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde schon, dass die Diskussion, die wir jetzt führen, ein bisschen kuriose Züge hat.

Herr Dr. Schmitz, das, was im Koalitionsvertrag steht, ist doch – – –

(Dr. Schmitz, FDP: Dazu habe ich kein Wort gesagt!)

Eben. Pikanterweise nicht.

Im Koalitionsvertrag steht, es wird keine Verfassungsänderung vorgenommen werden. Das steht im Koalitions

vertrag. Die Schlussfolgerung daraus, dass laut Koalitionsvertrag keine Verfassungsänderung vorgenommen werden soll, ist zwingend die getrennte Aufgabenwahrnehmung, sonst sind Sie juristisch völlig auf dem Holzweg.

Wenn Sie Nein sagen, widersprechen Sie all dem, worüber wir jahrelang gesprochen haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Im Übrigen glaube ich schon, dass Sie bemerkt haben, dass Sie sich in dem, was Sie jetzt in der Argumentation versucht haben, einen schlanken Fuß machen. Also keine Verfassungsänderung, aber wir können doch gemeinsam Aufgaben wahrnehmen, was aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichts nicht geht.

Herr Dr. Schmitz, wenn wir oder Sie davon sprechen, dass wir einen albernen Streit durchführen würden, dann – finde ich – ist Ihr parlamentarisches Verständnis an der Stelle sehr fragwürdig.

Wenn nicht hier, wo sonst sollen wir uns darüber auseinandersetzen?

(Beifall der SPD)

Der Streit ist nun wirklich nicht albern.

Meine Damen und Herren, ich glaube – dabei bleibe ich auch, Frau Thelen und Herr Schmitz, bei aller Hochachtung –, wenn wir das Eckpunkteprogramm, das jetzt von der Bundesregierung vorliegt, vollziehen, dann geht die Arbeitsmarktstruktur bei uns in den Kommunen kaputt. Davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

Meine Damen und Herren, den Langzeitarbeitslosen, also denjenigen, denen die Vermittlung aus einer Hand dienen soll, ist im Wesentlichen überhaupt nicht klar, was das in letzter Konsequenz bedeuten würde, wenn das, was im Koalitionsvertrag steht, realisiert würde, und wenn das Eckpunkteprogramm realisiert wird, das jetzt vorliegt.

Wenn dem nicht so sein sollte, also wenn Frau Thelen sagt, auf Bundesebene müssen wir noch einmal schauen, dann frage ich mich, warum der Koalitionsvertrag so unterschrieben worden ist, wie er unterschrieben worden ist, und ich frage mich auch, warum das Eckpunkteprogramm jetzt so vorliegt, wie es vorliegt.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Frau Staatsministerin Malu Dreyer das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank.

Herr Dr. Schmitz, einfach noch einmal zu Ihnen. Es geht zum Ersten überhaupt kein bisschen darum, wir wissen es besser. Außerdem, wer ist „wir“? Ich möchte es hier einfach noch einmal sagen. Das ist nicht die rheinlandpfälzische Landesregierung alleine. Es sind alle Länder außer Baden-Württemberg. Es sind Schwarze, Rote und Grüne. Es sind Länder und Kommunen, egal auf welcher Ebene. Es sind auch große Teile des Bundestages und große Teile der ehemaligen Bundesregierung, die der Auffassung sind, dass dies das richtige Konzept ist und verfassungsrechtlich haltbar wäre.

Zweiter Punkt. Ich glaube, Sie vermischen ab und zu diese unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Ebenen.

Zum einen geht es um die Mischverwaltung.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Vielleicht hören Sie noch einmal kurz zu. Es wäre vielleicht auch für Herrn Baldauf ganz interessant.

Sie vermischen unterschiedliche verfassungsrechtliche Ebenen. Es geht zum einen um die Mischverwaltung. Das ist klar. Es geht aber zum anderen um die Eckpunkte. Die Eckpunkte machen den Versuch einer Kooperation trotz getrennter Aufgabenwahrnehmung. In den Eckpunkten gibt es drei Punkte, die verfassungsrechtlich mehr als bedenklich sind.