Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Damit Sie wissen, dass die Landesregierung nicht für eine „Zupflasterungspolitik“ ist, wie Herr Weiner das eben unterstellt hat, möchte ich betonen, wir haben immer gesagt, wir wollen, dass die hoch ertragreichen produktiven Böden von solchen Anlagen frei bleiben. Aber wir haben in Rheinland-Pfalz Grenzertragsstandorte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie kennen solche Flächen an der Mosel, in den Seitentälern, wo auch durch Rückzug des Weinbaus Flächen zumindest überprüft werden dürften, ob sie für Solaranlagen auch vom Kulturlandschaftsbild her geeignet sind.

Das heißt, wir wollen eine gesteuerte begrenzte Entwicklung. Dies kann man über das Planungsrecht machen. Dies wäre wesentlich sinnvoller als diese Kahlschlagspolitik mit all ihren Auswirkungen, die Sie jetzt vorhaben.

(Beifall bei der SPD – Frau Schneider, CDU: Was sagt denn der Landwirt- schaftsminister dazu? – Ministerpräsident Beck: Fragen Sie den Herrn Seehofer, was er dazu sagt!)

Das ist gerade die Position auch des Landwirtschaftsministers in diesem Punkt. Das war und ist sie.

(Frau Schneider, CDU: Was sagt Minister Hering dazu?)

Fragen Sie doch lieber einmal Herrn Seehofer. Er hat das Ganze doch angezettelt.

(Frau Schneider, CDU: Was sagt Minister Hering dazu?)

Jetzt hat er gemerkt, dass er selbst große Solarproduzenten in Bayern hat. Jetzt rudert er wieder zurück. Das ist doch nicht das erste Mal, dass eine solche Politik von Bayern auf Bundesebene formuliert wird.

(Beifall bei der SPD – Frau Schneider, CDU: Was sagt Minister Hering dazu?)

Was sind die Auswirkungen? Wissen Sie, beide Akzente, sowohl die schnelle und drastische Kürzung der Einspeisevergütung auf der einen Seite als auch der weitreichende Verzicht auf Freiflächenanlagen auf der anderen Seite werden Auswirkungen auf Arbeitsplätze

haben, und zwar in der ganzen Wertschöpfungskette. Darauf hat auch Frau Mohr hingewiesen.

(Unruhe im Hause)

Das hat aber auch Auswirkungen ganz aktuell auf Unternehmen. Herr Eymael, wissen Sie, ein rheinlandpfälzisches Unternehmen – – –

(Weitere Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, Sie sind entschieden zu laut.

Wissen Sie, Sie waren der Meinung, das wäre ja nicht so unheimlich interessant.

(Dr. Weiland, CDU: Die Ministerin ist laut! Die Ministerin kommt etwas schrill rüber!)

Ein rheinland-pfälzisches Unternehmen hat deutlich gemacht – wir können es auch nennen, es ist juwi –, dass es allein an Vorlaufkosten für Projekte in Deutschland einen zweistelligen Millionenbetrag abschreiben kann, wenn dieses Regierungsvorhaben tatsächlich umgesetzt wird, ganz konkret.

Wir wissen, dass viele Gemeinden über mehrere Jahre geplant und entsprechend Aufträge vergeben haben, Gutachten zur Beurteilung von geeigneten Standorten. Dazu kommt, dass Gemeinden jetzt und in Zukunft auf Erträge verzichten müssen; denn wir wissen, dass mit Wind, aber auch mit der Fotovoltaik zum Beispiel Einnahmen in Gemeindekassen möglich sind, zum Beispiel durch Pachteinnahmen, aber auch durch Gewerbesteuer.

Es war doch diese Landesregierung gewesen – hier bin ich meinem Kollegen Finanzminister auch dankbar –, die einen Antrag gestellt hat, dass wie bei der Windkraft in Zukunft auch bei Freiflächensolaranlagen eine Gewerbesteuerteilung erfolgen soll, dass damit die Standortgemeinden und nicht nur die Sitzgemeinden der Unternehmen etwas davon haben sollen. Deswegen war dies unser Beitrag gewesen. Welch ein Unterschied zu Ihrer Argumentation, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sie können gern einmal zu einigen Gemeinden gehen und fragen, was das ganz konkret für die Haushalte in der Zukunft bedeutet.

Natürlich ist es nicht so, dass mit diesem Vorhaben der Koalition, welches im Übrigen im Bundestag noch gar nicht eingebracht ist – es soll ein Fraktionsantrag werden –, die Entwicklung der solaren Energieerzeugung ganz kaputtgemacht wird. Das behauptet auch niemand. Das ist vollkommen klar. Aber sie wird drastisch gebremst. Sie wird in einem Zeitraum gebremst, in dem andere diese Entwicklung beschleunigen. Gehen Sie

einmal nach Amerika. Schauen Sie sich die asiatischen Märkte an. Dort rechnet man mit zweistelligen Zuwachsraten. Dort rechnet man mit Zuwachsraten von 100 %. Just in dieser Phase treffen Sie die deutsche Solarbranche.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zuerst wird es die Produzenten von Modulen treffen. Dazu kann ich Ihnen gerne aus dem zitieren, was Schott Solar relativ deutlich gemacht hat gegenüber dem Bundesminister, der Landesregierung und, soviel ich weiß, auch gegenüber Ihrer Spitzenkandidatin, von der ich nicht weiß, wie sie sich gegenüber diesem Thema verhält. Sie haben deutlich gemacht, dass in ihrem Unternehmen ca. 1.000 Arbeitsplätze gefährdet sind. Sie können das gerne nachlesen.

Aber es wird mehr bedeuten, weil es einen massiven Einfluss auf die Forschung und Entwicklung haben wird; denn Forschung und Entwicklung folgen immer den nationalen Märkten. Das muss man einfach wissen. Wenn Sie die nationalen Märkte für die deutschen Solarunternehmen infrage stellen oder kaputtmachen, dann wird das Auswirkungen auf dieses Innovationsfeld in einem unglaublichen Wachstumsmarkt weltweit haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen zitiere ich einen Brief aus Ihren Reihen. Ich sage Ihnen nachher, von wem: „Sicherlich muss eine Überförderung vermieden werden.“

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Das habe ich vorhin auch gesagt.

„Mit einem plötzlichen Förderkahlschlag ohne Augenmaß verliert Deutschland jedoch unweigerlich und irreversibel seine Vorreiterrolle und Technologieführerschaft bei einer der wichtigsten Zukunftstechnologien dieses Jahrhunderts!“ Ein Brief von Professor Dr. Friedbert Pflüger. Ich denke, Sie kennen Ihn noch als ehemaligen Staatssekretär und ehemaligen CDU-Vorsitzenden von Berlin.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Es kann ja sein, dass Sie Ihre eigenen Leute nicht besonders schätzen, wenn ich so Ihre Regungen dazu sehe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ich will Ihnen auch etwas zu dem Thema „Innovation und Rückführungsbeträge“ sagen. Sehen Sie, ein Unternehmen wie Schott hat begonnen, in diese Branche zu investieren und einen Unternehmenszweig aufzubauen, eine Unternehmensentwicklung darauf zu stützen, als wir ein Erneuerbare-Energien-Gesetz hatten, bei dem die jährliche Rückführung 5 % der Einspeisevergütung betrug. Diese jährliche Rückführung, die jedes Unternehmen verkraften muss, beträgt nach EEG im Durchschnitt heute bereits – ich glaube, das seit 2004/2005 – 10 %. Das heißt, Ihre Absicht bedeutet, dass Unternehmen wie Schott im Januar eine 10 %ige Kürzung zu verkraften haben. Sie sollen jetzt im Juli noch einmal eine Kürzung von 16 % akzeptieren. Am 1. Januar 2011 kommt die nächste

Kürzung. Das würde eine Kürzung von über 30 % der Einspeisevergütung innerhalb von zwölf Monaten bedeuten. Welche Branche, welches Unternehmen kann bei solchen Sprüngen noch kalkulieren?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt, dann kann man dieses Gesetz, wie beabsichtigt, mit Formulierungshilfen der Bundesregierung vorbereitet, so nicht einbringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat immer die erneuerbaren Energien und die Solarenergie als eine tragende Säule unserer energie- und klimapolitischen Konzeption bezeichnet. Sie gehört bisher immer noch zu einem Klima- und Energiekonzept der Bundesregierung. Dieses wird nachhaltig gefährdet bzw. infrage gestellt.

Die Landesregierung hat deutlich gemacht und angekündigt, dass wir uns gegen diese Kürzungen stemmen werden und jede politische Möglichkeit dazu nutzen werden. Der Herr Ministerpräsident hat sich bereits an beide zuständigen Minister in diesem Sinne gewandt. Wir haben im Bundesrat einen Antrag eingebracht. Ich darf auch sagen, wir haben einen Zwischenerfolg erreicht. Der zuständige Umweltausschuss hat mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Den Antrag haben wir ergänzt. Der Antrag wird unterstützt von anderen Bundesländern wie Brandenburg, Bremen, Hamburg und dem Saarland. Es ist ein Fünf-Länder-Antrag. Ich bin gespannt, wie die Debatte weitergeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe – das sage ich sehr deutlich im Interesse auch des bisherigen Konsenses, den es einmal zu den erneuerbaren Energien gegeben hat –, dass wir so weitermachen. Ich stelle aber fest, dass Sie bereit sind, diesen zu opfern, jedenfalls Stand heute, dass bei Ihnen die Frage der Förderung der Atomenergie wichtiger ist als die Zukunftstechnologien der erneuerbaren Energien.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das musste jetzt kommen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir begrüßen Gäste, und zwar politisch interessierte Jugendliche aus Steinfeld ebenso wie den SPD-Seniorenstammtisch Altenkirchen/Weyerbusch. Dabei begrüße ich ganz besonders Hans Helzer, langjähriger Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Kulturpolitischen Ausschusses.

(Beifall im Hause)

Lieber Herr Hans Helzer, Sie werden gesehen haben, es wird immer noch genauso engagiert über Schulfragen diskutiert wie zu Ihrer Zeit.

Der Ministerpräsident hat sich für die zweite Runde gemeldet. Wegen der längeren Ausführungen stehen für die Fraktionen noch weitere zwei Minuten Redezeit zur

Verfügung, also anstatt zwei Minuten vier Minuten. Danach sehen wir weiter.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Anschluss an das, was Frau Kollegin Conrad zu diesem Thema gesagt hat, mache ich aus meiner Sicht wenige Bemerkungen, weil es in der Tat um eine sehr grundsätzliche Weichenstellung geht, wie wir mit der Energieversorgung in Deutschland umgehen wollen und welche Chancen wir erneuerbaren Energien im wirtschaftlichen Kontext geben wollen.

Es ist zweifelsfrei so, dass es dabei darauf ankommt, dass wir Anstoßfinanzierungen und Übergangsregelungen schaffen, um bestimmten Stromerzeugungsformen eine wirtschaftliche Grundlage zu ermöglichen, die dann da ist, wenn die Rentabilität aus der Energieeinsparung von fossilen Energieträgern etc. und einem entsprechenden Verhältnis zu den Investitionskosten und Abschreibungszeit in einer guten Relation stehen.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Bei allen Fachleuten, die ich bisher dazu gehört habe, ist es so, dass sie sagen, wir stehen relativ dicht vor dieser Rentabilitätsschwelle, aber wir haben sie noch nicht erreicht. Deshalb wenden wir uns im Deutschen Bundesrat und hier im Parlament gegen diese Kürzungen, weil wir es für fatal halten, sozusagen kurz vor dem Ziel innezuhalten und damit die Erreichung des Ziels insgesamt zu gefährden.

(Beifall der SPD)