Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Heiterkeit im Hause – Pörksen, SPD: Gleich kommt die Wolke! Vorsicht!)

Getrennte Laufbahnen bedeuten keineswegs eine Abschottung, sofern man klare Kriterien und Anforderungen hat, an denen man die Aufstiegsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Laufbahnen bemisst. Man muss sich aber auch eingestehen, dass man denen, die vielleicht gar nicht den Willen oder die Befähigung haben, sich entsprechend fortzubilden, auch über die Einheitslaufbahn nicht den Weg zu höheren Weihen wird ebnen können.

Die Einheitslaufbahn birgt zumindest die Gefahr, von objektiven Zugangskriterien für bestimmte Aufgabenfelder in ihren Leistungsstufen abzurücken.

Der politische Wille, dass künftig jeder alles können soll, jedenfalls in der Theorie, wird voraussichtlich nicht dazu führen, dass künftig auch jeder alles kann.

(Beifall bei der FDP)

Es mag sein, dass dies nicht der eigentliche Gedanke ist, den die Landesregierung hiermit verfolgt. Aber ich höre immer wieder in den Gesprächen, die ich vor Ort führe, dass es gerade in den Reihen der Beamtinnen und Beamten durchaus so gesehen wird.

(Beifall bei der FDP)

Eine Flut von Fortbildungsangeboten wird geschaffen. Das ist zunächst im Interesse der Beamtinnen und Beamten durchaus nichts Schlimmes.

Nun wird abzuwarten sein, welche dieser Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote auch tatsächlich einen Mehrwert für die Beamtinnen oder Beamten mit sich bringen, geschweige denn einen Mehrwert für die Verwaltung, oder ob dies dazu führt, dass man gezwungen wird, regelmäßig auf Fortbildungen zu verschwinden, um eine gewisse Zahl an Anwesenheitskursen zu sammeln, damit man für die nächste Beförderung in Betracht kommt.

Dies wird dem Leistungsgedanken meines Erachtens nicht gerecht. Ich finde, es würde auch unserer Beamtenschaft mit ihrem hohen Engagement und ihrer hohen Leistungsbereitschaft nicht gerecht.

Vermisst habe ich auch innovative Neuerungen. Ich denke da zum Beispiel an Lebensarbeitszeitkonten, die wir sehr gut nutzen könnten, die das Land zunächst einmal nicht viel Geld kosten würden und die besonders in den Bereichen Polizei, Erschwerniszulagen und was wir dort alles benötigen, sinnvoll wären. Ich denke auch an die Erschwerniszulage, wie ich gelesen habe, beim SEK in Rheinland-Pfalz, die immer noch weit unter der des Bundes, aber auch noch weit unter der von Hessen liegt. Ich denke, mit der Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten könnten wir individuelle Leistungen erheblich mehr würdigen und belohnen. Dafür sind Lebensarbeitszeitkonten auch, dass sie den Landeshaushalt entlasten.

(Beifall bei der FDP)

Die Beamtinnen und Beamten im Landesdienst wissen, dass sie in der FDP einen verlässlichen und treuen Partner haben, auf den sie stets bauen können. Daher werden wir uns dem offenen Dialog im Ausschuss auch keinesfalls sperren. Ich freue mich auf die Gespräche.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP – Pörksen, SPD: Sehr verhaltener Beifall!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Somit ist die Ausschussüberweisung einstimmig angenommen.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung personalvertre- tungsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/4466 – Erste Beratung

Es ist eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart worden. Das Wort hat der Herr Innenminister. Auch dieser Gesetzentwurf ist aus seinem Ressort, also beamten- und natürlich auch personalvertretungsrechtliche Vorschriften.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf stärkt die Rechte der Personalvertretungen, ohne, wie ich finde, die Effizienz und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu beeinträchtigen. Sie erinnern sich, dass wir Verfassungsgerichtsurteile vom 18. April 1994 und auch von 1995 haben. Von daher war es klar, dass diese Urteile einfließen müssen, aber auch in der Zeitfolge. Wir haben gerade über das Landesbeamtengesetz geredet. Da gibt es entsprechende Zusammenhänge.

Im Rahmen des internen Anhörungsverfahrens des Ministeriums trugen insbesondere der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Beamtenbund eine Vielzahl von Änderungswünschen vor. Eine ganze Reihe dieser Änderungswünsche sind eingeflossen in den jetzigen Gesetzentwurf, einige konnten wir nicht übernehmen. Da gibt es verfassungsrechtliche Risiken und Hürden. Diese haben wir dann auch herausgenommen.

Ich möchte sagen, was wir herausgenommen haben, damit nicht jemand denkt, es wäre ein großes Geheimnis. Herausgenommen haben wir die Erweiterung des Initiativrechts auf alle organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, auf personelle Einzelangelegenheiten und auf Dienstvereinbarungen. Das haben wir nicht übernommen. Ich glaube, dann hätten wir auch keinen Dienststellenleiter mehr gebraucht. Dann wäre das eine Vereinbarung gewesen zwischen mehreren Beteiligten oder wie auch immer, ohne Führung.

Herausgenommen haben wir beispielsweise auch die Ausdehnung des Letztentscheidungsrechts der Einigungsstelle auf allgemeine personelle sowie auf einzelne organisatorische und wirtschaftliche Angelegenheiten. Auch das haben wir nicht übernommen.

Des Weiteren haben wir nicht übernommen einen Weiterbeschäftigungsanspruch der Auszubildenden in Personalvertretungen auch für Beamtinnen und Beamte.

Zentrales Element dieses Gesetzentwurfs ist die Mitbestimmung bei den Maßnahmen, die nur mit Zustimmung der Personalvertretung getroffen werden können und bei denen im Falle der Nichteinigung der Dienststelle eine paritätisch besetzte Einigungsstelle mit einer oder einem unparteiischen Vorsitzenden zu entscheiden hat. Dieses zentrale Element haben wir gestärkt.

So werden als neue Mitbestimmungstatbestände folgende aufgenommen:

in Abgrenzung zur Übertragung einer anderen Tätigkeit von mehr als zwei Monaten die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit für eine Dauer von mehr als zwei Monaten,

angesichts der Änderung des Tarifrechts das Versehen einer Nebentätigkeit mit Auflagen, die Erteilung einer mündlichen Abmahnung – neben der bereits mitbestimmungspflichtigen schriftlichen Abmahnung –, soweit die oder der Beschäftigte die Mitbestimmung beantragt und

die Durchführung der Berufsbildung, die die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung einschließt.

Bei den Beamtinnen und Beamten werden die Ablehnung eines Antrages auf Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit und ebenso wie bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Aufstellung von Grundsätzen über die Durchführung von Stellenausschreibungen mitbestimmungspflichtig. Die Mitbestimmung bei den organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten wird aufgrund der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts um die Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden, soweit sie vorauszusehen sind, und im Hinblick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz um die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der Beschwerdestelle ergänzt.

Auch das sogenannte Initiativrecht, das der Personalvertretung die Möglichkeit gibt, selbst Maßnahmen bei der Dienststelle zu beantragen, bei deren Ablehnung die Einigungsstelle entscheidet, wird erweitert. Es erstreckt sich erstmals auf folgende Angelegenheiten – auch das will ich vortragen – des organisatorischen und wirtschaftlichen Bereichs:

die Einführung neuer Arbeitsmethoden,

die Änderung technischer Einrichtungen und Verfahren, die geeignet sind, die Daten von Beschäftigten zu verarbeiten oder zu nutzen,

Fragen des Arbeitszeitsystems sowie des Dienstes in Bereitschaft und auf Abruf,

die Verlängerung oder Verkürzung der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und

die Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes einschließlich der Erstellung von Arbeitsschutzprogrammen sowie Einzelregelungen.

Den Personalräten der im Wettbewerb mit Privatunternehmen stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie zum Beispiel der Sparkassen, wird in den organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, in denen bislang eine förmliche Beteiligung ausgeschlossen war, nunmehr die Mitwirkung eingeräumt. Bei dieser zweitstärksten Beteiligungsform der Mitwirkung der Personalvertretung entscheidet bei Einwendungen des Personalrats die oberste Dienstbehörde endgültig ohne Einschaltung der Einigungsstelle. Dieser angemessene Kompromiss löst, wie ich meine, einen lange schwelenden Streit zwischen Dienststelle und Personalvertretung.

Die Überwachungsaufgaben der Personalvertretung werden durch die Aufnahme des Benachteiligungsverbots des bereits genannten Allgemeinen Gleichbehand

lungsgesetzes sowie die Grundsätze für die Behandlung der Dienststellenangehörigen gestärkt.

Zusätzlich werden die allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung angesichts der demografischen Entwicklung der Bevölkerung um die Pflege von Angehörigen erweitert. Darüber haben wir sehr intensiv geredet. Wir sind der Meinung, dass wir das tun sollten.

Sie werden das übrigens bei verschiedenen Beschlüssen des Ministerrates bzw. bei Vorlage von Gesetzen, und zwar egal, von welchem Ressort, feststellen, dass wir auf diese Richtung besonderen Wert legen und das einbeziehen. Dazu gehört auch, wie wir es einbeziehen. Ich denke, es ist wichtig, die Pflege von Angehörigen mit einzubeziehen. Damit wird ein Beitrag zur Familienfreundlichkeit geleistet.

Bei der Aufgabenwahrnehmung der Personalvertretung wird klargestellt, dass die Unterrichtung des Personalrats und die Erörterung mit dem Personalrat vonseiten der Dienststellenleitung rechtzeitig und eingehend zu erfolgen haben. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit. Aber man muss es wahrscheinlich immer wieder einmal sagen. Es gibt da und dort entsprechende Entwicklungen.

Die Beschäftigten sind künftig auf ihr Recht hinzuweisen, bei Beurteilungsgesprächen und Gesprächen zur Überprüfung von Pflichtverletzungen ein Mitglied des Personalrats zu beteiligen; denn ohne ihre Kenntnis können keine Rechte geltend gemacht werden.

Im Schulbereich wird der Rhythmus für die Besprechungen zwischen den Stufenvertretungen und der Dienststellenleitung von mindestens einmal im Jahr auf mindestens einmal im Halbjahr verkürzt. So wird die Kommunikation zwischen beiden Partnern vertieft und die Zusammenarbeit gestärkt.

Zur Nutzung moderner Informationstechnologien erhält der Personalrat die Möglichkeit, seine Mitteilungen nicht nur am Schwarzen Brett, sondern auch in einem von der Dienststelle bereits eingerichteten Intranet veröffentlichen zu lassen.

Wir haben die monatliche Aufwandsentschädigung für ganz freigestellte Personalratsmitglieder durch eine Änderung der Wahlordnung zum Personalvertretungsgesetz von 25,56 Euro auf 30 Euro und für mindestens mit der Hälfte ihrer regelmäßigen Arbeitszeit freigestellten Personalratsmitglieder von 12,78 Euro auf 15 Euro erhöht. Ich sage das nur der Vollständigkeit halber.

Für die Rechtsstreitigkeiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz wird das Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung durch das Beschlussverfahren nach dem Arbeitsgerichtsgesetz ersetzt. Dies erleichtert die Einsetzung von Rechtsmitteln und somit den Rechtsschutz der Personalvertretung.

Durch die Aufhebung der Altersgrenze des vollendeten 25. Lebensjahres der Auszubildenden werden die Wahlberechtigten und die Wählbarkeit zur Jugend- und Auszubildendenvertretung ausgedehnt. Ich denke, dies ist dem geänderten Bildungsverhalten geschuldet.

Durch die Verkürzung der Amtszeit der Jugend- und Auszubildendenvertretungen von drei auf zwei Jahre wird angesichts der in der Regel dreijährigen Ausbildungszeit die Bereitschaft der Auszubildenden, sich für die Personalvertretungsarbeit zu engagieren, erhöht. Außerdem wird der Aufgabenbereich der Jugend- und Auszubildendenvertretungen erweitert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Vielzahl von redaktionellen Änderungen beruht auf anderen Gesetzen, den neuen Tarifverträgen, der Rechtssprechung sowie auf Organisationsmaßnahmen der Landesregierung.

Ich denke schon, dass der Gesetzentwurf mit seiner Erweiterung der Beteiligungsrechte, die im Sozialstaatsgedanken verwurzelt sind, zur Steigerung der Motivation der Beschäftigten beiträgt. Dies hebt wiederum die Leistungsfähigkeit der Verwaltung entscheidend. Ich denke, dass damit eine gute Basis zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Personalvertretung und Dienststelle gelegt wird. Ich bitte um entsprechende Beratung in den Ausschüssen.