Den Bürgerinnen und Bürgern sage ich immer: Wenn man sich in der Freiwilligkeitsphase bewegt – über diese
reden wir erst einmal –, muss man eine Zukunftssituation schaffen, dass man sagen kann, die neue Gebietskörperschaft, wie sie auch heißt, wird sich dadurch, dass sie sich neu bildet, mit neuen Strukturen zukunftsfähig organisieren müssen. Ich nenne es einmal so.
Dabei will das Land helfen. Wir werden auch helfen, und zwar zielgerichtet in die Struktur der neuen Gebietskörperschaft hinein. Ich wiederhole es hier, weil ich immer wieder auch danach gefragt werde. Wir reden nicht über eine Auflösung von irgendeiner Gemeinde. Wir reden über eine Veränderung von Verwaltungsgrenzen.
Ich weiß auch, dass da und dort emotionale Bindungen mit Verwaltungsgrenzen bestehen. Man muss dann immer nachfragen. Es geht dabei um die Heimat. Seltsamerweise wird mir oft gesagt, dass es gar nicht um Aufgaben der Verbandsgemeinde, sondern der Ortsgemeinde geht, über die geredet wird und die da und dort erfüllt werden. Von daher gesehen werden wir darüber reden müssen, wie wir die Strukturen neu schaffen. Wir wollen diese zukunftsgerichtet entsprechend entwickeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dies ist der erste Schritt. Wenn Sie sich mit der Situation des Landes – 4 Millionen Einwohner –, der jetzigen Verwaltungsstruktur und damit beschäftigen, was in den letzten 20 Jahren passiert ist, werden Sie feststellen, dass es immer wieder Veränderungen der Strukturen gegeben hat. Es gab keine statische Entwicklung. Es gab immer eine Veränderung.
Diese Veränderung wird weitergehen. Sie wird auch nicht von bestimmten Entwicklungen abgeschottet sein. Wir werden auch über Städte zu reden haben. Wir lösen nämlich in diesem Gesetzentwurf – auch das sage ich mit Klarheit – nicht die Situation der sogenannten Speckgürtel. Darüber machen sich nicht nur wir, sondern auch andere Länder Gedanken.
Ich denke, die Freiwilligkeitsphase sollte genutzt werden, um diesen ersten Schritt entsprechend vorzunehmen.
Ich will noch ein paar Hinweise geben, was neu ist. Wir haben eine Experimentierklausel geschaffen. Das wird in der Diskussion ganz vergessen. Es war hier schon oft Thema. Im Moment rückt es in den Hintergrund, weil diese Experimentierklausel in der Weiterentwicklung für kooperative Verwaltung oder überhaupt für Entwicklung von großer Bedeutung ist. Denn ich kann mich mit dieser Experimentierklausel über bestimmte Hinweise, Richtlinien und Verordnungen hinwegsetzen. Von daher gesehen, denke ich, ist das ein wichtiger Punkt.
Der zweite wichtige Punkt ist, wir haben das Zweckverbandsrecht geändert. Auch das waren große Diskussionen im Fachbereich. Früher gab es Zweckverbände nur für einen Zweck – ich nenne es mal so –, für Wasser und Abwasser. Dann war Schluss. Sie können heute einen Zweckverband gründen und können damit kooperativ ihre Entwicklung in der Region steuern. Ich denke, wenn ich so in die Reihen der Bürgermeister schaue, wird sich da einiges verändern.
Ein Drittes werden wir tun. Wir werden vom Ministerium aus einen Modellversuch zu einem mobilen Bürgerservice starten. Das Stichwort heißt „Bürgerkoffer“.
Wir werden mit der neuen Technologie neuen Service anbieten können. Das ist der vierte Punkt, der auf uns zukommt. Geld, Demografie, die Entwicklung von Bürgerservice, das ist der Punkt, der uns mit Sicherheit berühren wird. Denn Breitband wird kommen und damit wird es Möglichkeiten geben, die wir heute noch gar nicht haben. Ich denke, dieser Modellversuch wird uns auch weitere gute Schritte aufzeigen.
Ich denke, dass wir mit dieser Entwicklung im Bundesvergleich gut dastehen. Ich will zur 64er-Liste übergehen, weil das auch noch ein Punkt ist. Nachdem Schleswig-Holstein einen Teil abgeschlossen hat und der Kollege Schünemann in Niedersachsen Ähnliches im Moment vorhat, der übrigens auch eine völlige Freiwilligkeitsphase vorgesehen hat und von dieser völligen Freiwilligkeitsphase jetzt abrückt, weil keiner freiwillig gekommen ist. Von daher gesehen geht er jetzt den Weg, den Rheinland-Pfalz geht. Er sagt, es gibt einen bestimmten Punkt, dann muss diese Freiwilligkeitsphase entschieden werden. Übrigens sagen uns alle Professoren, ihr habt das richtig gemacht, Freiwilligkeitsphase und dann einen Entscheidungspunkt. Da ist dasselbe im Gange.
Diese Aufgabenkritik findet überall statt. Wir haben die 64er-Liste gemeinsam mit dem kommunalen Bereich und den Ministerien erstellt. Wir haben aus der 64erListe mittlerweile eine Sache herausgenommen, und zwar die Zuständigkeitsübertragung im Bereich der Jugendämter bei den großen kreisangehörigen Gemeinden. Ansonsten könnte ich jetzt die 64er-Liste ergänzen. Wir haben in der Zwischenzeit – wir haben das noch einmal geprüft – verschiedene Veränderungen in der Verwaltungsorganisation vorgenommen, die eine völlig andere Aufgabenstellung vorsehen, nämlich weg von der Landesverwaltung hin zu den Kommunalverwaltungen. Die ADD hat mittlerweile im Bereich über die 64erListe hinaus Aufgaben an die Kommunen abgegeben. Übrigens wird sich das sicherlich weiterentwickeln.
Wir haben in der 64er-Liste Zuständigkeitsverlagerungen von den Ministerien, wir haben Zuständigkeitsverlagerungen von den Kreisverwaltungen auf den kommunalen Bereich, und wir haben Veränderungen auf die Verbandsgemeinden. Ich denke, das ist ein Schritt, der notwendig und richtig war, und er korrespondiert mit der Forderung, die immer wieder gestellt wird: Macht doch Aufgabenkritik. – Das haben wir gemacht. Von daher geht dieser Vorwurf, wir hätten es nicht genügend getan – das kann man immer sagen – ins Leere.
Die Professoren Ziekow und Junkernheinrich haben die Gesetzesfolgenabschätzung auch für die 64er-Liste vorgenommen und sagen: Die verfolgten Ziele können damit erreicht werden. – Sie sagen aber auch: Man muss überlegen, was zukünftig noch weiter verlagert werden kann. –
Professor Hesse geht soweit zu sagen, wir wollen nur eine zweistufige Verwaltung. Das ist ein Punkt, da krempeln sie das ganze Land um. Das wird ganz schwierig werden, wenn das so kommt. Das gibt er auch gerne zu. Er sagt, das sei ein Ziel, das er schon tausendmal für den Bund der Deutschen Steuerzahler formuliert hat. Von daher gesehen ist da ein Hinweis aufzunehmen.
Ich denke, diese Aufgabenkritik ist in Ordnung. Es wird uns gesagt, dass wir proaktiv gehandelt hätten. Wir seien eines der wenigen Flächenländer in dieser Größenordnung, die in dieser Frage nicht nur über die innere Organisationsstruktur reden, sondern auch über die Fläche und über die Gebietsabgrenzung. Das macht sonst kein Land oder hat es bisher nicht gemacht. Selbst Herr Kollege Teufel, mit dem ich eine Podiumsdiskussion bestritten habe, hat gesagt, dass er davon tunlichst die Finger gelassen hat. Er hat nur im Inneren eine Veränderung herbeigeführt.
Wir gehen den mutigen Weg, eine Veränderung vorzuschlagen, die eine Gebietsveränderung vorsieht. Wir wollen die Ortsgemeinden stärken, wir wollen Verbandsgemeinden erhalten, aber sie so wirtschaftlich gestalten, dass die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden eine gute Zukunft haben.
Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Karmeliter Realschule Worms. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Gibt es Wortmeldungen? – Das Wort hat Herr Kollege Hartloff von der SPD-Fraktion. Tut mir leid, Herr Baldauf.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Gesetze zur Kommunal- und Verwaltungsreform liegen dem Landtag vor und werden beraten. Warum macht man so etwas? Einmal machen wir das, weil wir in dem Regierungsprogramm, das wir vor der letzten Legislaturperiode aufgestellt haben, den Menschen im Land gesagt haben: Das wollen wir umsetzen, weil es notwendig ist, dass wir unsere Kommunalverwaltung weiterentwickeln. – Der Minister hat eben die Gründe dafür noch einmal zusammengefasst und auch die Notwendigkeiten für eine solche Reform dargelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man macht eine solche Reform nicht, um die Menschen im Lande zu ärgern oder ihnen Unmut zu bereiten, sondern man macht es, weil Notwendigkeiten bestehen, die sich aus
den demografischen Herausforderungen ergeben, die sich daraus ergeben, weil man heute mit Elektronik auch vieles anders machen kann, weil man bürgernäher arbeiten kann – das muss sich ergänzen – und natürlich – das sei dabei nicht vergessen –, weil die Finanzen auch auf der kommunalen Ebene sehr knapp sind und auch durch eine gut aufgestellte Verwaltung ein Beitrag dazu geleistet werden kann, dass unsere Kommunen gut verwaltet sind und entsprechend gehandelt werden kann.
Ich will genau herausstreichen, was ich in einem Artikel in meinem Ordner eben noch gelesen habe. Da wurde aus Sicht der CDU-Kollegen, die auch kommunalpolitisch tätig sind, gesagt, das sei mit heißer Nadel gestrickt und sei ganz schnell gekommen.
Es hat angefangen. Ich werde es Ihnen im Einzelnen noch nennen. Es gab eine beispielhafte Bürgerbeteiligung. Im Herbst 2007 gab es Regionalkonferenzen, im Frühjahr 2008 gab es Bürgerkongresse mit entsprechenden Dokumentationen, im Juni 2008 wurden Planungszellen als ein Instrument der Beteiligung hierzu durchgeführt, und es wurde ein Bürgergutachten erstellt. Daneben gab es eine wissenschaftliche Begleitung der Universität Koblenz-Landau, und – der Minister hat es vorhin gesagt – es gab parallel immer Gesprächsrunden mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Parteien im Land, die das auch begleitet haben.
Ich glaube, es ist ein Stil der Regierung hier, der besonders gut ist, dass man eine Reform mit den Bürgern begleitend vorbereitet, die Bürger mitnimmt und gerade nicht über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg entscheidet. Das ist gut gemacht, und das setzen wir jetzt um.
Ich habe mich für die Fraktion zu Wort gemeldet, auch weil ich in der Presse lesen konnte, die Fraktion würde sich mit der Umsetzung dieser Gesetze schwer tun.
Ich kann Ihnen sagen, die Fraktion wird die Umsetzung dieser Gesetze ernst nehmen. Sie wird dazu auch eine Anhörung beantragen. Sie wird sicher auch Anregungen, die wir jetzt schon haben, aufnehmen und die eine oder andere Änderung einarbeiten. Ich sage jetzt einmal, zum Beispiel im 64er-Listenbereich Zuordnungen ein Stück verändern, wo es vielleicht doch sinnvoller ist, im Bereich des Bodenschutzes oder im Bereich des Wasserschutzes etwas eventuell zentraler zu lassen. Ich nenne das nur beispielhaft. Da hören wir sehr genau hin, was die Fachlichkeiten sagen. Es muss die Devise gelten, dass das, was man verändert, nachher auch besser, qualifizierter und ohne unnötigen Aufwand erledigt werden kann. Das muss oberste Devise sein.
Der Minister hat ausgeführt, was noch alles an Veränderungen mit dabei ist, nämlich eine Experimentierklausel, eine Änderung des Zweckverbandsgesetzes, das nämlich auch einen viel schöneren Titel hat, nämlich Landesgesetz über die kommunale Zusammenarbeit. Das ist etwas, das wir wollen, dass die Kommunen verstärkter noch, als sie es ohnehin schon machen, zusammenarbeiten, um zusammen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Probleme zu lösen. Verwaltungen sind kein Selbstzweck, sondern sie sollen ihre Arbeit machen, damit Probleme gelöst werden.
Jetzt gibt es wie immer Kritik. Die einen sagen, man kann mit einer solchen Reform erst anfangen – das ist die CDU –, wenn man alles noch einmal auf den Prüfstand stellt. Dann müssen wir das alles noch einmal herumdrehen und schauen. Wenn das alles geklärt ist, dann fangen wir vielleicht mit einer Reform an.
Das ist ein klassisches Modell, wie man etwas vor sich herschiebt, ohne ein Konzept zu haben, und sagt, dann wollen wir auch nicht die Schritte gehen, die jetzt in einem Gesetz vorliegen.
Sie waren mehrfach dazu eingeladen, daran mitzutun. Wenn man das nicht möchte, weil man Angst vor der Courage hat, klar zu sagen, wo Veränderungsnotwendigkeiten gegeben sind, so, wie es der Minister gemacht hat, und so, wie er sich vor Ort in vielen Diskussionen und Gesprächen dem stellt, was die Bürgerinnen und Bürger an Fragen haben – – – Er wirbt dafür, dass es sinnvoll ist, diese umzusetzen.
Natürlich gibt es auch in den Gutachten, ob bei Herrn Hesse oder auch Herrn Ziekow, den Wunsch, man könnte das alles noch viel schneller und umfassender, quasi auf der Landkarte sofort neu geordnet nach den idealen Dimensionierungen über alle Ebenen hinweg machen. Was wäre der Erfolg? – Wir können es teilweise in anderen Ländern besichtigen. Eine sehr große Unruhe im ganzen Land, wenn Sie ganze Strukturen verändern.
Ich glaube deshalb, der Reformweg, den wir mit diesen Gesetzen weitergehen, ist ein vernünftiger Schritt, um Schritt für Schritt unsere öffentliche Verwaltung zu modernisieren und es auch in der Kommunalverwaltung vernünftig zu tun.
Herr Minister Bruch hat einige Beispiele genannt: Wir können die Mittelbehörden, wir können die Fachbehörden nennen, wir können die Finanzverwaltung, die Katasterverwaltung und und und nennen. Es sind alles Modernisierungsschritte in diese Richtung. In dieses Modernisierungsvorhaben reiht sich die Kommunal- und Verwaltungsreform ein.
Mein Kollege Harald Schweitzer wird gleich als – ich bin fast versucht zu sagen – geborener Innenpolitiker mit Herzblut darlegen, was die Wege und wo die Positionen der SPD sind.
Sie können sicher davon ausgehen, dass die SPDFraktion keine Probleme damit hat, ein vernünftiges Gesetz oder zwei vernünftige Gesetze zur Kommunal- und Verwaltungsreform letztlich auch umzusetzen.