Protokoll der Sitzung vom 26.05.2010

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoch von der SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Wilke, ich bin ein bisschen überrascht,

(Pörksen, SPD: Wie? Überrascht?)

dass Sie angeblich aus den Medien erfahren, dass die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf vorlegt, der den Betroffenenstatus ganz abschaffen will. Ich habe es Ihnen gestern von Angesicht zu Angesicht – Sie saßen mir gegenüber – ausführlich im Rechtsausschuss erklärt, und wir haben auch im Vorfeld schon mehrere Gespräche hier rund ums Plenum gehabt.

Wenn Sie dann heute immerhin wissen, dass es von Ihrem Fraktionsvorsitzenden ein Angebot, angeblich, worauf Sie nichts mehr gehört haben, an unseren Fraktionsvorsitzenden gab – gestern haben Sie noch behauptet, es hätten überhaupt keine Gespräche stattgefunden –, dann muss ich sagen, ein bisschen müssen Sie schon bei der Wahrheit bleiben, wenn Sie hier einen Verfahrenshergang schildern.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD – Pörksen, SPD: Am besten ganz bei der Wahrheit!)

Sie haben völlig recht, die Ausgangslage, dass es unbefriedigend ist, einen solchen Betroffenenstatus zu haben,

und die Ausgangslage, dass es ein Anachronismus ist und das parlamentarische Untersuchungsverfahren nicht – – –

Herr Hoch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herr Abgeordneten Baldauf?

Bitte sehr.

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Kollege, nachdem Sie mich jetzt hier mit erwähnt haben mit „angeblichem Gespräch“, wären Sie bitte so gut und würden Sie dieses Wort „angeblich“ wieder zurücknehmen und erst Ihren Fraktionsvorsitzenden fragen? Sind Sie bitte so gut?

Falls ich „angeblich“ gesagt habe, nehme ich das zurück. Es hat ein Gespräch von Ihnen mit unserem Fraktionsvorsitzenden gegeben. Gestern hat Herr Dr. Wilke behauptet, ein solches Gespräch hätte niemals stattgefunden, es hätte keine Gespräche gegeben.

(Beifall bei der SPD – Ramsauer, SPD: Darum ging es!)

Darum ging es. Das hat er gestern im Rechtsausschuss behauptet.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wilke, Herr Hoch?

Nein, es ist jetzt Schluss. Herr Dr. Wilke hat gleich noch Zeit, darauf etwas zu entgegnen. Ich habe jetzt meine Redezeit, gleich können Sie ja wunderbar wieder reden.

(Heiterkeit bei der CDU – Schweitzer, SPD: Er ist sowieso nur körperlich anwesend!)

Herr Dr. Wilke, jetzt monieren Sie den ganzen Gesprächshergang. Ich habe es beim letzten Mal schon gesagt: Das ist ein Parlamentsgesetz. Sie schmeißen ein solches Parlamentsgesetz binnen 24 Stunden, als das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes vorlag,

hier ins Plenum und wundern sich dann, dass nicht alle „juchhe“ schreien.

Über so etwas redet man vorher. Üblicherweise – das wissen Sie auch – regelt man solche Statusgesetze im Parlament tatsächlich mit Inkrafttreten einer neuen Wahlperiode, damit dort Klarheit ist. Das wird unser Gesetzentwurf auch vorsehen. Das ist eine blitzsaubere Regelung.

Das, was Sie machen, ist überhaupt keine blitzsaubere Regelung.

Sie machen eine weitere Ausnahme in einem bestehenden Gesetz, und Sie ordnen darüber hinaus noch, wie Sie sagen, eine sofortige Wirkung an. Dies hat aber für die Betroffenen den Effekt der Rückwirkung, weil sie in dem Status, der ihnen eingeräumt wird, beeinträchtigt werden.

Herr Abgeordneter Hoch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schneiders?

Nein.

Ich habe Ihnen beim letzten Mal schon gesagt, Spielregeln ändert man nicht während des Spiels. Das ist nicht nur ein mieser Stil, sondern man muss auch vernünftig damit umgehen: So, wie man sich selbst seine Spielregeln schafft, wird es auch draußen wahrgenommen.

(Beifall der SPD)

Damit es keine Missverständnisse gibt: Das, was Sie uns mit mangelnder Aufklärung vorzuwerfen versuchen, glauben Sie doch selbst nicht.

(Eymael, FDP: Doch, das glauben sie!)

Sie machen es an der Zeugenaussage von Herrn Kafitz und Herrn Lippelt fest, wissend, dass der Betroffenenstatus gar nicht das einzige ist, was ihnen das Zeugnisverweigerungsrecht einräumt, sondern vielmehr § 55 der Strafprozessordnung. Das heißt, ihnen steht ohnehin ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.

(Eymael, FDP: Nein, nein!)

Das heißt, Sie machen eine rechtsstaatlich bedenkliche Option, Abwägung hin oder her. Die Restrisiken, die der Wissenschaftliche Dienst aufzeigt, habe ich Ihnen das letzte Mal schon erläutert, und wir sind nicht gewillt, sie einzugehen.

Ich sage Ihnen, machen Sie eine rechtsstaatlich saubere Lösung. Wir werden einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Betroffenenstatus ganz abschafft. Dann werden im Übrigen auch die weiteren Rechte, die damit verbunden sind, abgeschafft. Diese Rechte bleiben nämlich durch Ihren Gesetzentwurf unberührt. Ich darf also als Betrof

fener in einer vertraulichen Sitzung heute anwesend sein, und ich darf sogar die Zeugen befragen, was den anderen verwehrt ist. Dies wird vernünftig geregelt werden, und Sie haben dann alle Chancen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen und zu zeigen, dass Sie es damit ernst meinen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Dr. Wilke das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Eigentlich würde ich gern eine Langintervention und nicht nur eine Kurzintervention machen; so viel ist bei dem, was mein Vorredner gesagt hat, richtigzustellen.

Ich möchte nur auf drei Punkte eingehen. Ich habe heute nichts anderes gesagt als gestern. Ich habe gesagt, dass wir Gesprächsbereitschaft signalisiert haben, von Ihnen aber nichts kam. Sie waren in der Bringschuld, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der unserem Vorschlag entsprochen hat.

(Ramsauer, SPD: Die Frage ist, was war! – Heiterkeit bei der SPD)

Ja, unser Angebot war glasklar: Abschaffung des Betroffenenstatus. – Darüber lässt sich diskutieren, wenn gleichzeitig das Aussageverweigerungsrecht mit sofortiger Wirkung abgeschafft wird. Dies war das glasklare Angebot des Kollegen Baldauf, und darauf ist Herr Hartloff bis heute nicht eingegangen.

Ich komme zu meinem zweiten Punkt. Sie haben soeben von gutem parlamentarischem Brauch gesprochen: Parlamentsrecht ändern wir immer nur für die nächste Legislaturperiode. – Lieber Herr Hoch, wie war das denn mit der Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes im Zusammenhang mit dem Anwesenheitsrecht von Mitarbeitern bei vertraulichen Sitzungen? Wann haben wir das geändert?

(Ramsauer, SPD: Wer wollte denn das? – Weitere Zurufe von der SPD)

Wann haben wir das geändert? Zu welchem Zeitpunkt haben wir das geändert? – Wir haben es im laufenden Ausschuss geändert, mit sofortiger Wirkung. Nichts anderes schlagen wir in diesem Zusammenhang vor.

(Beifall der CDU – Schweitzer, SPD: Man sollte euch nichts mehr zugestehen! Gar nichts mehr!)

Von daher sind Ihre Argumente an den Haaren herbeigezogen. Sie wollen einfach nicht dem Ausschuss die Möglichkeit geben, die er braucht. Das geht mit Ihnen

heim. Die Menschen oben hören das, und die Menschen draußen werden es hören.

(Pörksen, SPD: Das ist nicht zu fassen! So gehen Sie mit den Menschen um! Das ist schrecklich!)

Es tut mir leid, das bleibt an Ihnen hängen.