Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Verkürzung des Wehrdienstes und die Verkürzung des Zivildienstes haben erhebliche Auswirkungen auch für das Land Rheinland-Pfalz, für die Standorte bei der Bundeswehr und natürlich – wie Frau Kohnle-Gros vorhin gesagt hat – für die Wehrpflichtigen als solche, für den Ausbildungsstand bei der Bundeswehr und für die zivildienstleistenden Organisationen, die erheblich betroffen sind.
Sie wissen, es waren im Vorfeld große Ängste, ob sich das überhaupt im Zivildienst noch vernünftig planen lässt. Dem kommt jetzt entgegen, was Herr Minister Bruch vorhin dargestellt hat, nämlich diese freiwillige Verlängerung mit anderen Zahlungen. Das hat dazu geführt, dass die Verbände, die mit Zivildienstleistenden arbeiten, sagen, ja, das kann vielleicht so gehen.
Aber ich will ein Gespräch mit dem Kollegen Norbert Stretz wiedergeben, der in seiner Funktion als ASBGeschäftsführer in Pirmasens Zivildienstleistende ausgebildet hat und sagt, die konnten bislang eine Ausbildung als Rettungssanitäter in diesem Bereich machen und haben sich im Übrigen in ihrem weiteren Berufsleben damit qualifizieren oder auch Geld verdienen können.
Vor diesem Hintergrund will ich fragen – darüber haben wir uns unterhalten –: Ist mit diesen verkürzten Zeiten noch sinnvoll eine Ausbildung zu machen? Haben die Menschen neben den Fragen der Gerechtigkeit – Wer geht denn überhaupt dorthin? – hinreichend Möglichkeiten, sich in sechs Monaten zu qualifizieren, oder werden Berufswege einfach nur durch solche Unterbrechungen gehemmt? Ist das also noch sinnvoll, wie wir aufgestellt sind?
Bei aller Grundübereinstimmung, dass wir sagen, eine allgemeine Wehrpflicht ist sinnvoll – und die Bundes
wehr hat bisher davon profitiert –, glaube ich, dass im Angesicht dieser verkürzten Zeiten eine Lösung zukunftsweisend dahin zeigen muss, dass man sagt, man versucht, allgemeine Freiwilligendienste zu entwickeln, die dann auch für Männer und Frauen gleichermaßen offenstehen, die ein Konzept beinhalten, in dem nicht nur Zivildienst enthalten ist, sondern auch das freiwillige soziale Jahr mit umfasst ist und wo man bei der Bundeswehr die entsprechenden Ausbildungsabschnitte mit hereinbringt.
Das wird insgesamt nicht billiger für den Staat, wage ich als Prognose. Aber ich glaube, diese umfassende Weitergestaltung im Bereich des Wehr- und Zivildienstes darf man nicht nur unter dem Spardiktat aktueller Tagespolitik sehen, sondern es ist notwendig, dass wir ein Konzept entwickeln, das darüber hinausgeht.
Sie ist auch noch schuldig – das ist für den Herbst angekündigt –, wie denn das Konzept für den freiwilligen Dienst tatsächlich im Detail ausgestaltet sein soll. Das liegt derzeit noch nicht vor. Das bringt natürlich Verunsicherungen bei denjenigen, die die Dienste ableisten sollen, und es bringt Verunsicherungen bei Einrichtungen, die diese Stellen zur Verfügung halten sollen, was wir wünschen.
Der frühere Minister Brüderle hat immer diesen Satz gesagt: Erst grübeln, dann dübeln. – Das ist hier nicht erfolgt, meine Damen und Herren. Deshalb muss ich die Erwartung äußern, dass das die Bundesregierung schleunigst macht.
Wir beteiligen uns gerne an dieser Diskussion, weil wir glauben, es ist sowohl für den Bundeswehrbereich als auch für den zivilen Bereich notwendig, dass Verlässlichkeit für Jugendliche besteht, die davorstehen, solche Dienste anzutreten, und auch Verlässlichkeiten für eine vernünftige Ausbildung bei der Bundeswehr vorhanden sind, sodass sie auch ihren qualifizierten Nachwuchs rekrutieren können, und letztlich Anreize dafür da sind, dass sich junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr, im Zivildienst engagieren und einen Dienst an der Gemeinschaft, an uns allen vollbringen, der dringend gesellschaftlich notwendig ist, bei dem sie auch lernen können.
Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Katholische Frauen Deutschlands aus Nickenich. Seien Sie herzlichen willkommen im Landtag!
Darüber hinaus begrüße ich auf der Zuschauertribüne Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Schülerlandtagsseminar. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren hier über ein sehr kontroverses Thema. Herr Hartloff, es geht hier nicht primär darum, Geld zu sparen; denn eine Berufsarmee ist teurer als eine Wehrpflichtarmee, das wissen Sie auch,
es geht um das Thema „Gerechtigkeit“. Darauf komme ich gleich noch zurück. Da wir zehn Minuten zur Verfügung haben, kann man etwas weiter ausholen.
Den meisten hier ist logischerweise bekannt, dass die Bundeswehr in den 50er-Jahren als Freiwilligen- und Wehrpflichtarmee im Rahmen des Ost-West-Konfliktes aufgestellt wurde. Aus gutem Grund gibt es eine Wehrpflichtarmee.
Sie hat ganz entscheidend mit dazu beigetragen, dass der Warschauer Pakt Ende der 80er-Jahre freiwillig kampflos in die Knie gegangen ist und Demokratien auch im Osten Europas kamen.
Man konnte das vor zwei Jahren in der Zeitung „Neue Zürcher Zeitung“ im Herbst lesen, als die Archive in Moskau einmal geöffnet wurden, was man dort eigentlich alles vorhatte. Das sprengt die Dimensionen mehr, als die Nato je geahnt hat.
Der Zivildienst hat sich aus dem Wehrdienst ergeben, weil man gesagt hat, bei denjenigen, die aus Gewissensgründen nicht zum Militär wollen, muss man das akzeptieren. Das war anfänglich die Ausnahme, später wurde es so, dass wir teilweise mehr Zivildienstleistende hatten als Wehrdienstleistende.
Dann kam eine ganz interessante Wende nach Ende des Warschauer Paktes, nämlich eine Änderung der Bedrohungslage. Wir haben mit der Zusammenführung der NVA mehrfach Reduzierungen der Streitkräfte gehabt, was auch richtig war.
Daraus folgerte aber, dass die Begriffe der Wehr-, und vor allen Dingen auch der Dienstgerechtigkeit zunehmend nicht mehr vorhanden waren, sich teilweise ad absurdum führten.
Nun hat der Bundestag in der letzten Woche mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von SPD, GRÜNEN und Linken diese Reform zum 1. Juli beschlossen. GRÜNE und Linke sprachen sich für eine Abschaffung des Dienstes aus, die SPD plädierte für eine Reform.
Ich darf in diesem Zusammenhang erwähnen, dass bereits 2006 in der Sozialdemokratie die Diskussion geführt wurde – so 50 : 50 waren die Lager –, Wehrpflicht abschaffen, ja oder nein? Die CDU hat immer für die Wehrpflicht gestanden und tut das auch heute.
Wir haben damals in der Staatskanzlei diesen Begriff diskutiert, Herr Ministerpräsident. Da saßen wir gemeinsam im Podium.
Wenn die Wehrpflicht jedenfalls freiwillig ist, dann ist sie es vom Begriff her. Sie haben mir damals nicht widersprochen. Ich lasse es einmal so stehen, wie ich es jetzt sage. Sie haben eine andere Auffassung dazu.
Wir haben darüber diskutiert, da sind wir uns einig. Einig sind wir uns auch, dass es in der SPD zwei Lager gibt. Die einen wollen es beibehalten, die anderen nicht.
Man konnte Ende Oktober im Internetpressedienst DerWesten.de am 23. Oktober nachlesen – ich darf das mit Genehmigung des Präsidenten zitieren –: „Die von Union und FDP geplante Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate erhöht aus Sicht des Bundeswehrverbandes die Wehrgerechtigkeit.
Der Vorsitzende sieht die Chance, ,mehr Grundwehrdienstleistende einzuziehen’. In 2008 zog die Bundeswehr nur 15 Prozent der Gemusterten ein.“ Das sagt vieles.
Die Kernfrage ist aber jetzt bei sechs Monaten: Was können wir in sechs Monaten erreichen? Zu welchem Zweck bilden wir Grundwehrdienstleistende aus? – Danach richten sich dann Aufbau, Inhalt und Organisation des Grundwehrdienstes. Alle wissen, dass der
Grundwehrdienst, egal wie lange er dauert, für die Nachwuchsgewinnung von Soldaten und auch für die Integration der Bundeswehr in die Bevölkerung wichtig ist.