…tes Landesgesetz zur Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 15/4673 – Zweite Beratung
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 2. September 2010 über das Landesgesetz zur Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes beraten. Mit Beschluss vom 23. Juni 2010 war der Gesetzentwurf überwiesen worden. Der Rechtsausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Diese Aufhebung des Betroffenenstatus, die hier in Rede steht, ist einvernehmlich diskutiert worden, und auch die Notwendigkeit wird einvernehmlich so gesehen.
Wir haben insbesondere im Untersuchungsausschuss „Nürburgring 2009“ festgestellt, dass sich das Institut des Betroffenen in der Praxis überhaupt nicht bewährt. Die Entscheidung und die Feststellung des Betroffenenstatus wirft meistens mehr Fragen auf, als es uns nachher nutzt. Gerade in der letzten Sitzung mussten wir auch wieder in einem Fall einen Antrag auf Betroffenenstatus ablehnen.
Insofern ist es konsequent zu sagen, dass diejenigen, die als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss auftreten, dort auch aussagen sollen, und in den Fällen, in denen sie besonderer Schutzrechte bedürfen, werden diese Schutzrechte durch andere Normen, zum Beispiel der StPO bei laufenden Ermittlungsverfahren, gewährleistet.
Zuvor hatte es einmal einen Antrag der CDU gegeben, einfach im laufenden Verfahren die Spielregeln zu ändern und nur die Geschäftsführer der Gesellschaften einzubeziehen. Eine solche Rückwirkung hätte ganz erhebliche verfassungsrechtliche Probleme aufgeworfen.
Insofern ist das hier eine konsequente Regelung. Mit Beginn der nächsten Wahlperiode wird der Betroffenenstatus aufgehoben und ein Anachronismus beseitigt, den ohnehin schon viele andere Untersuchungsausschussgesetze, wie zum Beispiel das des Bundes, nicht kennen. Ich werbe also heute noch einmal um die Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum vierten Mal innerhalb kurzer Zeit, nämlich zwischen dem 29. April und heute, befasst sich die Tagesordnung des Plenums mit diesem Punkt der Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes.
Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass man vieles an Details als bekannt voraussetzen und unterstellen durfte und wollte mich ganz kurz fassen. Nach den Ausführungen des Kollegen Hoch sei es erlaubt, noch einmal kurz zwei, drei Stichpunkte aufzugreifen.
In den beiden ersten Terminen ging es in der Tat um den Gesetzentwurf der CDU, der vom Inhalt her ab sofort das Aussageverweigerungsrecht für Geschäftsführer von Landesgesellschaften beseitigen wollte, weil es auch nicht einzusehen ist, dass Geschäftsführer von Landesgesellschaften anders behandelt werden als Minister, Staatssekretäre und öffentliche Bedienstete aus den Ministerien.
Dies sollte auch für laufende Untersuchungsausschüsse gelten, auch dann, wenn der Betroffenenstatus zuerkannt worden ist. Die SPD lehnte ab – darauf haben Sie eben hingewiesen, Herr Kollege Hoch –, obwohl – ich sage es noch einmal – das sehr sinnvoll gewesen wäre und für den laufenden Untersuchungsausschuss „Nürburgring“ viel gebracht hätte,
Zwei Monate später haben wir dann zum ersten Mal den Gesetzentwurf der SPD beraten, der den Betroffenenstatus gänzlich abschaffen will, das aber erst ab der nächsten Wahlperiode. Das heißt, in der Zukunft gibt es dann nicht nur kein allgemeines Aussageverweigerungsrecht mehr, sondern auch kein Recht mehr, andere Zeugen selbst zu befragen, kein Recht mehr, Protokolle einzusehen und keine Erstattung von Anwaltskosten mehr aus Sicht der formal Betroffenen.
Das sind sicherlich alles Punkte, die man diskutieren kann, keine Frage, aber wie wichtig sind diese Punkte? Ich meine, Sie lenken ein wenig ab und sind eigentlich auch verräterisch. Man muss ja nur in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs nachlesen. Da steht: „Der vorlie
gende Gesetzentwurf führt dazu, dass alle Zeugen ohne die Zuerkennung eines Betroffenenstatus der Aussagepflicht gleichermaßen unterfallen und sich nur im Falle des § 16 Abs. 3 Satz 2 UAG i. V. m. den §§ 52 ff. StPO auf Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrechte berufen können.“
Oha, sage ich da. Da geht es doch vorrangig um Aussageverweigerungen. Bei Ihrem Gesetzentwurf, den Betroffenenstatus gänzlich zu beseitigen, fühle ich mich unweigerlich an den Mann erinnert, der im Garten einen Baum mit einem morschen Ast hat. Statt aber nur den einen Ast zu kappen, fällt er den ganzen Baum.
Da Sie jedoch mit Ihrem Gesetzentwurf im Vergleich zum Gesetzentwurf der CDU den weniger guten Lösungsansatz unterbreiten, setzen Sie sich dennoch dem Verdacht aus, dass Sie nur Aktivitäten entfalten, um Ihre Verweigerungshaltung bei der Frage sofort wirkender Maßnahmen zu übertünchen.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben heute die letzte Gelegenheit, den Verdacht zu entkräften. Ändern Sie Ihren Gesetzentwurf, indem Sie ihn um die notwendigen sofort wirkenden Maßnahmen ergänzen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erfahrungen im Untersuchungsausschuss haben bewiesen, dass bei der Arbeit eines solchen Gremiums ein Betroffenheitsstatus, der ein generelles Zeugnisverweigerungsrecht mit sich bringt, die Wahrheitsfindung erheblich erschwert.
Hier herrscht im Grundsatz auch bei allen anwesenden Fraktionen in der Sache Übereinstimmung. Insbesondere bei der früher seltenen, aber heute sehr häufigen
Konstellation staatlichen Handelns über Gesellschaften des Privatrechts ist für die in diesen Gesellschaften handelnden Personen ein Schlupfloch entstanden. Der eigentliche Zweck des Betroffenenstatus war, Menschen davor zu bewahren, vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dessen Arbeit bekanntlich nahezu immer von hohem öffentlichen Interesse begleitet wird, ihre internen Geschäftsdetails ausbreiten zu müssen und sich damit selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Dies gilt aber ausdrücklich nicht für Beamte und Regierungsmitglieder.
Durch die heute gängige Praxis, staatliche Aufgaben oder Investitionen auch über privatrechtlich organisierte Gestaltungsformen zu tätigen, kommt es zu einer problematischen Situation. Zeugen, die eigentlich prinzipiell dem staatlichen Lager zuzuordnen sind, etwa weil die Gesellschaft ganz überwiegend vom Staat als Eigentümer beherrscht wird, werden dennoch in die Lage versetzt, jede Aussage zu verweigern, sobald sie Betroffene im Rechtssinne sind. Zum Vergleich sieht die Strafprozessordnung in gerichtlichen Verfahren, dem das Verfahren in Untersuchungsausschüssen nachempfunden ist, für Zeugen bei möglicher Selbstbelastung bei wahrheitsgemäßer Antwort in § 55 Abs. 1 StPO nur ein Recht vor, die Antwort zu verweigern.
Wenn nicht der § 15 Untersuchungsausschussgesetz den Betroffenen mehr Rechte zugestehen würde, gälte dies auch für den Untersuchungsausschuss. Da dies der für die Wahrheitsfindung effektivste Weg ist und zugleich auch den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen gleichermaßen entspricht, stimmt die FDP-Fraktion dem Gesetzentwurf zu.
Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf in zweiter Beratung. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 15/4673 – zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist einstimmig, vielen Dank.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Vielen Dank, auch das war einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf angenommen.