Ich gebe Ihnen vollkommen recht: Ohne adäquate Erstattung der Soziallasten durch den Bund werden wir die Probleme nicht in den Griff bekommen. Das Land tut das ihm Mögliche hierzu.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf das eingehen, was meine beiden Vorredner gesagt haben. Wir sind uns in diesem
Haus einig, dass etwas passieren muss. Wir sind uns sicherlich auch darüber einig, dass wir in diesem Hause das strukturelle Problem der kommunalen Finanzausstattung gerade in Bezug auf den Sozialhaushalt nicht werden lösen können. Deshalb ist es erforderlich, im Konsens auf Bundesebene dafür Sorge zu tragen, dass es eine andere Finanzausstattung gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren heute über den Vorschlag eines Entschuldungsfonds. Ich frage jetzt nicht: Wer hat’s erfunden?
Aber wer ihn erfunden hat, spielt auch keine Rolle, wenn es darum geht, wie er hinterher umgesetzt wird.
Der Entschuldungsfonds soll eines bewirken: Wir haben eine Niedrigzinsphase, und das ist der Grund, weshalb wir darüber reden. Aus Sicht der Union ist es dringend und vor allem auch schnell erforderlich, den Kommunen gerade im Bereich der Kassenkredite, die in unserem Land Rheinland-Pfalz weitaus höher liegen als in anderen Bundesländern – deswegen sind wir auch im Bundesländerranking schlechter; ich werde gleich noch zwei oder drei Zahlen dazu nennen –, helfen zu können, wohl wissend, dass dies zunächst nicht die strukturelle Situation lösen wird, aber kurzfristig zum Atmen verhilft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Noss, in den einzelnen Bundesländern ist die Situation natürlich schon unterschiedlich. Die Pro-Kopf-Ver- schuldung in Rheinland-Pfalz ist um 11 % gestiegen. Die Investitionsdarlehen und Kassenkredite sind allein im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr von 1,1 Milliarden Euro auf 9,6 Milliarden Euro angestiegen.
Die Summe, über die wir jetzt beim Entschuldungsfonds reden, beträgt geschätzt 5 Milliarden Euro. Bei dem Vorschlag, den der Kollege Matheis mit mir vorgestellt hat, lag sie noch bei 4 Milliarden. Daran sieht man, wie schnell sich alles entwickelt.
Wir meinen, dass es dringend geboten ist – ich wiederhole das noch einmal –, in einem Konsens auch in diesem Hause dafür Sorge zu tragen, dass die Kommunen atmen können. Dazu gehören für uns zwei Dinge.
Wir haben einen Vorschlag gemacht, der die 100 % der Kassenkredite, nämlich die 5 Milliarden, in diesem Land abdecken soll, weil wir der Meinung sind, dass es eine Wettbewerbsverzerrung gerade in den Ballungsgebieten gibt – nehmen Sie beispielsweise Ludwigshafen und Mannheim –, bei denen es auch grenzüberschreitend ganz unterschiedliche Höhen gibt. Wir haben gesagt, wir möchten dann, wenn wir den Vorschlag machen, auch diese 5 Milliarden finanziert haben.
Da unterscheiden wir uns von dem Vorschlag des Innenministeriums, der lediglich davon ausgeht, dass zwei Drittel dieser Summe entsprechend abgefedert werden sollen. Das erscheint uns zu wenig.
Wir sagen in unserem Vorschlag auch, das Land als ein Baustein eines Konzerns – wir reden über einen Haushalt auf kommunaler Ebene und Landesebene, aber immer über staatliche Haushalte, einen Konzernhaushalt – muss den Kommunen entgegenkommen, weil die Kommunen aus unserer Sicht in den letzten 20 Jahren mit über 3 Milliarden Euro vernachlässigt wurden.
Deshalb sagen wir, wir brauchen natürlich – jetzt wurde die Frage gestellt, wie man das machen soll – eine Beteiligung der Kommunen selbst. Damit fange ich an.
Natürlich muss passieren, dass sich der kommunale Haushalt auch an der einen oder anderen Stelle verändert, beispielsweise, indem man eine Verwaltungs- und Gebietsreform vielleicht anders macht, als sie gestern vorgesehen war, beispielsweise dadurch, dass man mehr Verwaltungseinheiten bildet, beispielsweise dass man in Einzelfällen ganz regional auf die Themen eingeht. Das müssen die Kommunen in Verträgen mit dem Land gestalten. Vertragsfreiheit besteht. Es kann jeder für sich entscheiden, wie weit er sich aus dem Fenster lehnt. Herr Kollege Mertin, deshalb habe ich diese Angst nicht, weil eine Kommune keinen Vertrag abschließen wird, der ihr nicht irgendwo noch etwas Positives bringt.
Unser Modell sieht vor, dass die Zinslast, die bei diesem Fonds entsteht, vom Land getragen wird, weil wir der Meinung sind, dass das Land aufgrund der Vernachlässigung in den letzten Jahren auch eine Bringschuld hat, diese Zinslast, die bei den Kommunen entstanden ist, wieder zurückzuführen.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, in unserem Modell ist des Weiteren vorgesehen, dass in diesem Entschuldungsschirm zunächst einmal tatsächlich Geld eingezahlt wird. In unserem Land kommt es oft vor – beispielsweise beim Pensionsfonds –, dass man behauptet, es sei Geld drin. In Wirklichkeit liegen aber nur Schuldscheine drin, weil man sich dieses Geld schon wieder genommen hat, um es an anderer Stelle auszugeben.
Bei diesem Tilgungsfonds muss das Geld eingestellt werden. Natürlich müssen die Kommunen mit ins Boot genommen werden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich an Ihrem Modell noch stört, Herr Innenminister, ist Folgendes – das kam in dem gemeinsamen Gespräch, das wir geführt haben, zum Ausdruck –,
Sie überlegen natürlich auch, dass Sie dann die allgemeinen Zuweisungen und die Zweckzuweisungen zurückführen. Das heißt im Klartext, Sie führen an dieser Stelle wieder Dinge, die den Kommunen zukommen sollen, zurück.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Nach dem, wie ich es rechnen kann, komme ich auf eine Quote von über 50 %, die wiederum den Kommunen zur Last gelegt und nicht über das Land ausfinanziert wird. Deshalb möchte ich Sie an dieser Stelle bitten – wir werden in der
nächsten Woche ein erneutes Gespräch führen –, über Ihren Vorschlag noch einmal nachzudenken und unseren besseren Vorschlag zu unterstützen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist nicht notwendig, dass Herr Kollege Mertin erklärt, warum wir das Schuldenmanagement hier zur Diskussion stellen. Ich denke, es ist ein Thema, das in den Landtag gehört und hier besprochen werden muss. Von daher war das auch der richtige Anlass.
Die Schuldenfrage, das Schuldenmanagement und die Entschuldung berühren den Innenminister natürlich besonders, weil es um die kommunalen Finanzen geht, aber auch um den kommunalen Finanzausgleich.
Ich kann mich gut daran erinnern, als wir in diesem Hause zum ersten Mal über die Frage diskutiert haben, wie wir denn mehr Geld in den kommunalen Finanzausgleich geben können, Herr Abgeordneter Schweitzer, haben wir über die Bedarfszuweisungen geredet. Wir haben damals die Bedarfszuweisungen genommen und haben sie, wenn Sie so wollen, aus der Zweckzuweisung herausgelöst. Wir haben sie in die allgemeinen Zuweisungen hineingegeben. Wenn man die Gesamtsituation sieht, war das nur eine leichte Entkrampfung, um es einmal so auszudrücken.
Ich denke an die Konnexität, ich denke aber auch an die Angebote des Finanzministers – damals Finanzminister Deubel –, zu sagen, wir können euch im Finanzmanagement helfen. Das machen einige, aber es war nicht so, dass wir alle treffen konnten. Von daher gesehen haben wir eine Agenda aufgebaut, um zu schauen, wie wir denn diese Situation der Kommunen, die sicherlich bedrohlich ist, verbessern und den Kommunen helfen können.
Wir reden in diesem Parlament über die Änderung des kommunalen Finanzausgleichs. Das ist ein Punkt, weil wir genau das tun wollen, Herr Abgeordneter Mertin, nämlich mehr Geld dorthin zu lenken, wo wir die Sozialleistungen abbilden müssen, also Landkreise und Städte, und nicht sosehr bei der Verbandsgemeinde bzw. bei den Ortsgemeinden.
Das ist durchaus in der Diskussion mit den kommunalen Spitzenverbänden am Anfang schwierig darzustellen gewesen, nicht von uns, sondern von den Spitzenverbänden untereinander. Das gibt es auch, weil die Schrauben dann, wenn man sie dreht, bewirken, dass der eine ein bisschen mehr und der andere ein bisschen weniger bekommt. Das ist eben so. Von daher gesehen
Ich möchte bei all dem, was wir reden und was der Abgeordnete Baldauf eben zur Frage der Finanzausstattung gesagt hat, noch einmal in Erinnerung rufen, wir sind das einzige Land, das ein Verstetigungsdarlehen hat.
Wir sind das einzige Land, das dies konsequent durchführt. Ich bitte das immer zu beachten. Auch im Bereich des Stabilisierungsfonds sind wir das einzige Land, das Garantien gibt. Nun kann man sagen, das ist alles nicht genug. Das ist, wenn ich auf der anderen Seite bin, immer richtig. Wenn ich als Bürgermeister reden würde, würde ich natürlich auch immer gerne sagen, ich könnte noch ein bisschen mehr vertragen.
Tatsache ist aber, wir machen es, und wir machen es, soweit wir es überhaupt nur vertreten können. Wir bauen es weiter aus. In diesem Jahr bauen wir es wieder weiter aus. 24 Millionen kommen dazu.
Meine Damen und Herren, von daher gesehen denke ich, dass es wichtig ist, uns um diese Frage des Schuldenmanagements und des Entschuldungsfonds zu kümmern. Es geht mir gar nicht so sehr um das Erstgeburtsrecht bei dieser Geschichte. Ich kann Ihnen sagen, dass wir seit Frühjahr in der Folge der kommunalen Verwaltungsreform mit den Professoren Hesse, Junkernheinrich und Ziekow immer auch über diese Frage geredet haben. Wir haben immer die Frage erörtert, wie wir denn dort etwas tun können.
Klar war auch, so schön es ist, Herr Abgeordneter Baldauf, zu erklären, macht doch noch eine weitere Kommunal- und Verwaltungsreform, diese hilft dann, selbst wenn wir uns einig wären, was wir offensichtlich nicht sind, wie sich gestern gezeigt hat, so wirkt diese nur mittelfristig. Sie wirkt nur, wenn Sie so wollen, langfristig. Bis Sie das Ganze fassen können, dauert es schon eine gewisse Zeit. Aber sie ist natürlich notwendig. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, wir werden uns darüber sicherlich noch weiter unterhalten.
Die andere Frage, die immer wieder von den Kommunen angesprochen wurde, war, ihr müsst uns mehr Geld im kommunalen Finanzausgleich lassen. Wir haben mit Mühe im Ministerrat hinbekommen, dass wir jetzt einen Vorschlag machen, im kommunalen Finanzausgleich sollen von der Gesamtsumme 63 % in die allgemeinen Zuweisungen, 37 % in die Zweckzuweisungen gehen. Jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt, weiß, was das heißt. Das bedeutet weniger im Investitionsstock, weniger Mittel querbeet im Bereich der Krankenhäuser usw. Das ist spürbar. Ich sage das gleich dazu.
Andererseits bekommen wir nur auf diesem Weg überhaupt eine Möglichkeit, wie die Soziallasten bei denen abgebildet werden können, die es betrifft, nämlich insbesondere die Landkreise und die Städte. Es wird natürlich immer gesagt, den Finger auf den Bund zu zeigen, ist immer sehr einfach. Das können wir immer machen. Aber was macht ihr denn selbst?
Wir haben gesagt, das wollen wir nicht. Natürlich brauchen wir den Bund – ich komme nachher noch einmal darauf zurück –, aber erst einmal wollen wir schauen, was wir selbst leisten können. Das ist unser Anspruch. Das tun wir.
Wir haben deswegen diese Veränderungen eingeführt bzw. führen sie herbei. Wir reden über den kommunalen Finanzausgleich noch in diesem Parlament.
Wir kamen dann zu dem Schluss, dass es richtig ist, über die Möglichkeit des Entschuldungsfonds zu reden. Sie erschien mir am Anfang sehr schwierig darzustellen, das muss ich dazusagen. In den ersten Gesprächen mit Matheis und Zeiser im Bereich des Städtetages, wo das parallel zu den Professoren vorgestellt wurde, habe ich gesagt, ich sehe die Notwendigkeit, dass wir reden müssen, aber was können wir darstellen, weil wir natürlich auch über den Landeshaushalt zu reden haben.
Wir haben über die Schuldenbremse zu reden, und wir haben über den nächsten Haushalt zu reden, wo wir verfassungsgemäße Haushalte aufzustellen haben. Das ist also alles nicht so ganz einfach.
Wir haben darüber zu sprechen, dass wir zwar immer über einen Teilaspekt reden können, aber den wichtigen Teilaspekt, wer die Gesetzgebung im Bereich der sozialen Sicherung macht, können wir nicht lösen.