Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum ist es so notwendig, dass man das, was auf dem Tisch liegt, noch einmal so intensiv bespricht?

Sehr geehrter Herr Minister Hartloff, ich finde es mehr als bezeichnend, dass Sie eine Vorlage erarbeiten, die wir im Ausschuss vorgelegt bekommen, die sich intensiv damit befasst, welche Eckpunkte Sie sich für eine solche Reform vorstellen können, die zur Grundlage der Diskussion in der Expertenkommission gemacht werden soll und auf einer Basis beruht, dass 1,7 Millionen Euro eingespart würden.

Sehr geehrter Herr Minister, dann erlaubt sich die Justiz in Koblenz, auf dieser Grundlage eine eigene Berechnung vorzunehmen und kommt plötzlich zu völlig anderen Ergebnissen, nämlich dass es weitaus mehr kostet, als es einspart. Es kommen nämlich über 10 Millionen Euro zusätzlich hinzu.

Werter Herr Minister, ich meine, sogar Adam Riese würde sich langsam im Grab herumdrehen. Wenn man etwas zur Grundlage macht und sagt, man berechnet etwas, und dann kommt, wenn man es nachrechnet, plötzlich heraus, dass es nicht stimmt, dann hat man – offen gestanden – nicht einmal das Examen bestanden. Herr Minister, das ist sehr peinlich.

(Beifall der CDU)

Sehr interessant fand ich die Aussage der Staatssekretärin Ihres Hauses, die im Rechtsausschuss erklärte, weshalb es jetzt plötzlich zu der Divergenz von 12 Millionen Euro kommt. Man höre und staune. Man hat sich das angeschaut, was das OLG und die Generalstaatsanwaltschaft vorgelegt haben und kam zum Ergebnis, dass man gar nicht all das berücksichtigt hat, was an zusätzlichen Kosten auf einen zukommt, wie so unwichtige Dinge wie Trennungsgeld und Umzugskosten. Auch die Frage nach zusätzlichen Stellenbesetzungen oder unwichtigen Dingen, die sich auch noch abspielen, nämlich dass Sie seit 2006 im Justizministerium das Personal um 28 % erhöht haben, spielt eine Rolle. All das ist wie vom Himmel gefallen und liegt plötzlich auf dem Tisch. Alle diejenigen vor Ort, die richtig gerechnet haben, haben alles berücksichtigt, und Sie nicht.

Herr Hartloff, welche Vorgehensweise ist das? Ich komme immer wieder zum gleichen Ergebnis. Ihnen geht es gar nicht darum, ernsthaft über Einsparungen nachzudenken. Sie wollen die Justiz im Norden zurechtweisen. Das ist Ihr Ziel gewesen, und das bleibt es auch. Etwas anderes kann man nicht feststellen.

(Beifall der CDU)

Interessant ist auch, wenn man sich insgesamt anschaut, was dieses Papier hergibt. Ich möchte nur zwei, drei Zahlen nennen. Das OLG in Koblenz hat 1996 sein

50-jähriges Jubiläum begangen, bei dem sich jeder gefreut hat, dass es dort einen solch starken Justizstandort gibt. Gibt man diese Dienstgebäude auf, kommt man zu dem schlappen Ergebnis von beinahe 5 Millionen Euro, die man nicht mehr benötigt, weil die Dienstgebäude nicht mehr gebraucht werden.

(Glocke des Präsidenten)

Es gäbe eine Vielzahl an weiteren Punkten, die man in der zweiten Runde auch noch erwähnen kann.

Herr Minister, insgesamt klafft damit eine Lücke zwischen Ihrem Wunsch nach Einsparungen und den tatsächlichen Zahlen sowie dem, was ausgegeben worden ist. Ich kann Sie nur dringend auffordern: Nehmen Sie diese Grundlage zurück und lassen Sie die HillKommission

(Glocke des Präsidenten)

völlig offen und neutral die Sache durchführen und entscheiden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Hoch.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf, wenn Sie es wirklich ernst meinen, was Sie gesagt haben, nämlich dass Sie wünschen, dass diese Kommission ergebnisoffen tagt, dann ist sicher die Anhörung im Rechtsausschuss der völlig falsche Weg,

(Frau Klöckner, CDU: Sehr hilfreich!)

weil Sie öffentlich versuchen, aus taktischen Gründen die Diskussion zu befeuern, Pflöcke für die eine oder andere Seite einzuschlagen. So kann keine Kommission ergebnisoffen tagen.

Sie behaupten, es gebe eine Verzögerungshaltung und weisen auf den Brief hin. Ich sage Ihnen, wir haben im Ausschuss genau dargelegt, wieso wir es für vernünftig erachten, mit der Anhörung zuzuwarten, bis die Kommission Ergebnisse vorgelegt hat, weil man nur so das gesamte Tableau überblicken kann, was in der Justiz an notwendigen Reformen möglich sein muss und notwendig werden wird. Es ist überhaupt keine dankbare Aufgabe – wir haben das heute schon mehrfach diskutiert –, diese Reformen anzugehen. Im Vergleich zur Katasterverwaltung haben wir in der Justiz sicher in der Startkommunikation einen Fehler gemacht.

(Frau Klöckner, CDU: In der Kommunikation?)

Dieser Fehler wird jetzt durch die Kommission geheilt. Wir haben damit auch alle Wünsche der Kritiker erfüllt,

nämlich diese Kommission, die mit externen Experten besetzt wurde, ergebnisoffen tagen zu lassen.

(Frau Klöckner, CDU: Ziehen Sie Ihre Vorlage zurück! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Kräh, kräh, kräh!)

So kann nachvollziehbare und verlässliche Politik gemacht werden. Ich höre aus der Justiz viel Bereitschaft, Reformen anzugehen. Die Bereitschaft – das haben Sie heute mehrfach gezeigt – in der Justiz, Reformen anzugehen und bei sich zu sparen, ist um Längen größer als das, was Sie an den Tag legen. Ich kann Ihnen nur sagen, es hat in der Justiz nach dem Bekanntwerden der Pläne einen Aufschrei gegeben, obwohl dieser Sparbeitrag relativ bescheiden ausfallen soll.

Das scheibt auch Herr Giarra heute in seinem Kommentar im „Trierischen Volksfreund“. Er schreibt – ich kann mir das nur ausdrücklich zu eigen machen –: „Es wird Zeit, dass auch die Christdemokraten Farbe bekennen, wo und wie ihrer Ansicht nach der Gürtel enger geschnallt werden müsste.“

(Beifall der SPD)

Sie haben es noch an keinem Beispiel deutlich gemacht, wo der Gürtel enger geschnallt werden müsste. Wenn Sie jetzt wieder – ich habe das heute Morgen schon einmal gesagt – die Nummer fahren, in jeder Plenarsitzung Aktuelles um die Justizreform auf die Tagesordnung zu setzen, hilft das niemandem. Das hilft weder den Menschen in der Justiz noch den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, sondern Sie befeuern aus taktischen Gründen ein Thema.

Wir werden eine Justizreform vorlegen, die der Justiz einen Sparbeitrag abverlangt, der im Rahmen der Schuldenbremse auch von allen anderen in diesem Land abverlangt wird. Man kann Sie dazu einladen mitzumachen. Helfen Sie uns mit, dieses Land und diese Justiz effektiv aufzustellen und Geld zu sparen. Sie werfen uns vor, dass im Ministerium angeblich das Personal um 28 % erhöht worden sei und der Minister nicht richtig gerechnet habe, wenn er auf 1,7 Millionen Euro kommt und die Justiz 10 Millionen Euro Mehrkosten errechnet.

Herr Baldauf, Sie waren doch im Ausschuss. Diese Argumente sind von der Staatssekretärin mehr als deutlich entkräftet worden. Sie haben sich sogar dazu hinreißen lassen zu sagen, das ging aber schnell. Das ist fast wie vorauseilender Gehorsam. Offenbar können und wollen Sie sich jetzt nicht mehr daran erinnern, sonst würden Sie nicht so gequält mit Ihrer Fraktionsvorsitzenden quatschen und nicht zuhören.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Ich lade Sie noch einmal ein. Lassen Sie uns diese Anhörung gemeinsam gehen. Wir haben ein großes Interesse daran, das in geordnete und vernünftige Bahnen zu bringen. Die gesamte Justiz wird ihren Beitrag leisten.

Ich finde es auch schade, dass Sie sich so instrumentalisieren lassen. Es liegen jetzt die Stellungnahmen der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts in Koblenz vor. Es hätte mich auch gefreut, wenn in der Anhörung vielleicht Stellungnahmen aus Zweibrücken zu diesem Thema vorlägen und man wenigstens bei den Chefpräsidenten eine einheitliche Anhörung hinbekäme, anstatt ein Thema zu befeuern, das uns allen sehr schmerzhaft vorkam und vorkommen wird, nämlich wenn es eine Diskussion Nord gegen Süd – Oberlandesgericht Koblenz gegen Oberlandesgericht Zweibrücken – gibt.

Ich frage Sie: Wie stellen Sie sich die Anhörung vor? – Sie haben gesagt, dass die Betroffenen Stellung nehmen sollen. Wollen Sie, dass die Betroffenen in der öffentlichen Anhörung vorschlagen, statt das Oberlandesgericht dieses oder jenes Amtsgericht oder Landgericht zu schließen? Stellen Sie sich vor, dass diese sagen „Ja, bitte spart, aber nicht bei uns“. Ich glaube, das wäre niemandem hilfreich. Ich kann Ihnen nur raten: Gehen Sie den Weg mit, lassen Sie diese Kommission ergebnisoffen arbeiten und werfen Sie Herrn Professor Hill

(Glocke des Präsidenten)

durch eine solch unsägliche Anhörung nicht noch Steine in den Weg.

(Beifall der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Raue das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Kollegin Huth-Haage hat bei unserer Anfrage zum Bundesfreiwilligendienst eine Wiederholung vermutet.

Sehr geehrte Frau Huth-Haage, ich wäre froh, wenn sich Ihre Fraktion bei diesem Thema mit nur einer Wiederholung begnügen würde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Thema ist wieder einmal die Justizstruktur – die Justizstruktur in Alexandrinern, Justizstruktur in freien Versen, Justizstruktur in Kleinen, Großen und Mündlichen Anfragen, Justizstruktur als reguläre Tagesordnungspunkte, Justizstruktur in Anhörungen und nun Justizstruktur als Aktuelle Stunde.

Meine Damen und Herren, ich wiederhole es gern, wenn Sie es noch einmal hören wollen. Wir haben einen Fehler gemacht, und zwar nicht, indem wir das schwierige Thema einer Neuordnung der Strukturen in der Justiz angegangen sind, auch nicht bei der Feststellung, dass

Rheinland-Pfalz eine Größe hat, für die ein einziges Oberlandesgericht ausreichend sein könnte,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber bei der Vorbereitung der notwendigen Schritte und vor allem – das gestehe ich ausdrücklich ein – bei der Kommunikation unserer Vorstellungen. Wir haben damit die Betroffenen überfahren und Ängste und Unsicherheit ausgelöst. Das war vermeidbar und tut mir persönlich sehr leid.

Das war ein Fehler. Das hätten wir besser machen müssen.

So rufen Sie als Aktuelle Stunde heute ein Thema auf, das jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt inhaltlich nichts Neues hergibt. Die Landesregierung hat mit allen Betroffenen gesprochen. Sie hat ihre Anliegen aufgenommen; sie hat sich entschuldigt.