Wenn die Allmacht, die Sie immer heraufbeschwö- ren – – – Eine Landesregierung geht natürlich nicht so weit, dass wir den Partnern draußen vor der Tür vor
schreiben können, wie sie zu bezahlen haben. Wir können das nur im Bereich der Tarifverträge tun, und wir könnten es tun, wenn wir in diesem Zusammenhang einen gesetzlichen Mindestlohn hätten.
Tarifautonomie. Vielleicht können wir es so handhaben, dass ich einmal alles, was Sie angesprochen haben, anspreche. Dann können wir gern mit Kurzinterventionen auf einzelne Dinge eingehen.
Ich möchte gern noch etwas zur Tarifautonomie sagen, weil mich das ein bisschen amüsiert. Das muss ich ehrlich sagen. Ich erinnere mich an Wahlkämpfe, in denen wir Wahlkampf gegen die CDU machen mussten, weil Sie in Ihren Wahlprogrammen immer alle möglichen Dinge hatten, die die Tarifautonomie gefährdeten,
wo man dafür kämpfen musste, dass es in Deutschland noch so etwas wie Tarifautonomie gibt. Die gleichen Leute – vielleicht jetzt etwas jünger – stellen sich an die vorderste Front und sagen: Wir können kein Gesetz für den Mindestlohn einführen, weil wir die Tarifautonomie bewahren.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, mal ganz im Ernst. Ein gesetzlicher Mindestlohn gefährdet die Tarifautonomie in keiner Weise. Den Tarifpartnern steht es doch völlig frei – wir würden es uns sogar wünschen –, dass sie weit über dem Mindestlohn vernünftige Löhne miteinander vereinbaren.
Es ist doch ein Witz zu behaupten, dass man den gesetzlichen Mindestlohn wegen der Tarifautonomie nicht einführen kann. Ein schönes Beispiel – ich muss es leider nochmals bemühen – sind die sogenannten christlichen Gewerkschaften. Die Tariffähigkeit gibt es von denen ja nicht mehr.
Die hatten Tarifverträge, und zwar auf einem Niveau – ich habe es eben schon einmal gesagt –, wovon keiner leben konnte. Deshalb kann es doch nur unser Ziel sein zu sagen: Es gibt einen gesetzlichen Mindestlohn, und darüber können die Tarifparteien genau das machen, was wir wünschen, nämlich auf Augenhöhe miteinander verhandeln, was ein adäquater Lohn in den jeweiligen Branchen ist. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.
Eines kann ich mir jetzt nicht verkneifen, weil es die CDU auch wahnsinnig gut beherrscht, mit Begriffen
Verwirrung zu schaffen. Ich erinnere mich. Als das Thema „Kernenergie“ aktuell war, da haben wir plötzlich diesen Begriff „Neue Energiewende“ gehört. Jetzt hören wir immer von der „Lohnuntergrenze“. Bloß nicht das Wort „Mindestlohn“ in den Mund nehmen. Das ist einfach der Versuch, ein neues Konstrukt zu entwickeln, das im sozialen Bereich auch irgendwie ein bisschen Sicherheit gibt, aber bloß nicht nach „Mindestlohn“ klingt. Das haben wir auch in den Debatten um Hartz IV erlebt. Ich finde es wirklich schändlich. Warum eigentlich nicht vom Mindestlohn reden, wenn wir über einen Mindestlohn reden und einen Mindestlohn wollen? Da muss man nicht mit irgendwelchen Begriffen wieder einfach nur Nebel streuen, um bloß nicht deutlich zu machen, dass man sich von einer bekannten Position abwendet. Das ist auch keine Schande für eine Volkspartei.
Zwei Dinge noch. Arbeit muss sich lohnen. Was man in der FDP und auch bei der CDU im Wahlkampf auch oft gehört hat, ist nicht mein „Arbeit muss sich lohnen“.
Ihr „Arbeit muss sich lohnen“, was man bei der FDP und auch bei der CDU im Wahlkampf oft gehört hat, ist nicht mein „Arbeit muss sich lohnen“. Ihr „Arbeit muss sich lohnen“ bedeutet oft auch Niedriglöhne, Lohndumping, Schmutzkonkurrenz, das dann allerdings staatlich subventioniert, damit die Menschen trotzdem davon leben können.
Diese Art von „Arbeit muss sich lohnen“ ist nicht unser Konzept. Wir wollen, dass dort, wo die Arbeit erbracht wird, von denen, für die sie erbracht wird, die Löhne bezahlt werden und der Staat nicht dafür herhalten muss, diese Löhne zu subventionieren.
Herr Weiland, wenn man sehendes Auges zuschaut, dass die Anzahl der Aufstocker immer größer wird und hinter dem Aufstocken kein anderes Konzept als niedrige Löhne steht, die vom Staat subventioniert werden, dann schaut man sehenden Auges genau in diese Form dieses „Arbeit soll sich lohnen“, und das ist nicht unser Konzept.
Ich möchte zum Abschluss sagen – die Argumente sind eigentlich alle gebracht –, wir haben heute schon einmal
über Pflege geredet. Wir haben über Altersarmut gesprochen. Wir haben davon gesprochen, dass die Prekarisierung in unserer Gesellschaft dazu führt, dass immer mehr Menschen arm werden. Das ist der Grund, warum ich so vehement für den gesetzlichen Mindestlohn eintrete. Es ist aber auch unser gesamtwirtschaftliches Interesse, dass gescheite Löhne bezahlt werden; denn unsere sozialen Sicherungssysteme leben davon, dass gescheite Löhne bezahlt werden.
Noch etwas. Es ist vorhin von der Würde des Menschen gesprochen worden. Herr Licht hat noch einmal so fragend geschaut. Natürlich, es geht um die Würde des Menschen. Es geht nämlich darum, dass er für das, was er tut, wofür er den ganzen Tag arbeitet, anständig bezahlt wird und nicht noch zum Sozialamt bzw. zum Jobcenter laufen und zusätzliches Geld erhalten muss.
Es geht hier und heute um eine klare Positionierung. Neuerdings – ich glaube, das haben wir heute schon dreimal gehört, auch von der Fraktionsvorsitzenden – ist die CDU die Partei, die Zeit braucht zum Denken, die Zeit braucht, um zu diskutieren, die Zeit braucht, um irgendwann einmal zu einer Entscheidung zu kommen. Ich sage, bei dem Thema „Mindestlohn“ gibt es nur eine richtige Entscheidung. Die Argumente werden seit Jahren miteinander ausgetauscht.
Dass der neoliberale Kurs, der in der CDU immer noch gefahren wird, nicht zum Ziel führt und viele Ihrer eigenen Mitglieder das längst erkannt haben, sollten Sie verinnerlichen, vereinnahmen und sich für den gesetzlichen Mindestlohn entscheiden.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, was Sie eben gemacht haben, das ist die absolut unterste Schublade. Ich will es Ihnen noch einmal – – –
Sie haben dem Sinn nach ausgeführt, Ihr „Arbeit muss sich lohnen“ wäre eine andere „Arbeit muss sich lohnen“ als bei uns.
Sie haben ausgeführt, dass wir damit Lohndumping meinten, niedrige Löhne bis hin, dass wir fast kriminelle Machenschaften dulden würden. Das ist eine pure Frechheit. Genau das haben Sie hier formuliert.
Ich fordere Sie auf, sich von solchen Äußerungen zu distanzieren. Das lassen wir nicht auf uns sitzen. Es geht sowieso nicht an.
Sie nehmen für sich immer in Anspruch, moralisch einwandfrei zu sein und die Opposition wäre moralisch bedenkenswert. Gegen diese Unart, gegen diese Vorwürfe wehren wir uns ganz massiv. Das geht hier so nicht weiter. Ich sage Ihnen das ganz deutlich, das geht so nicht weiter.