Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Dazu gehört auch die Tarifautonomie. Sie war in der SPD im Gegensatz zu Ihrer Partei noch zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd umstritten.

Lieber Herr Rosenbauer, „Arbeit muss sich lohnen“. Ich nehme es nicht zurück, dass Sie darunter etwas anderes verstehen als wir.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Ich habe Sie zitiert! Wir werden es im Protokoll nachlesen können!)

Ich werde Ihnen auch noch einmal etwas dazu sagen. Als damals die Branchentarife ausverhandelt worden sind, ist Kurt Beck mit beteiligt gewesen. Jeder einzelne Branchentarif musste mit der CDU ausgehandelt und erzwungen werden. Damals war die CDU noch nicht einmal bereit, flächendeckend sittenwidrige Löhne – damals hat man über 5 Euro gesprochen – festzuschreiben.

Die Argumentation war und ist es bis heute, dass, wenn das Geld nicht reicht, der Staat dazu da ist, diese Löhne aufzustocken. Genau das ist das, was ich meine. Das ist nicht unser Modell. Wir sagen, wenn Menschen arbeiten, soll der Arbeitgeber auch dafür sorgen, dass sie einen auskömmlichen Lohn erhalten. Der Staat ist nicht dafür da, die Hälfte des Lohnes draufzulegen, damit dieser Mensch davon leben kann. Das ist der Unterschied zwischen dem, was die CDU propagiert und dem, was wir sagen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum zweiten Punkt. Wir können einmal eine gemeinsame Initiative starten, weil es angeprangert wird, was die Reinigungskräfte im öffentlichen Dienst betrifft. Ich erinnere mich auch – ich bin schon lange im Parlament – an die Privatisierungsdebatten, die die CDU gegen uns geführt hat,

(Ministerpräsident Beck: So ist es!)

und an die vielen Anmahnungen des Landesrechnungshofs, der uns dazu getrieben hat, bestimmte Dienste in der öffentlichen Verwaltung outzusourcen. Wenn das

schon so ist, können wir wirklich verlangen, dass die Leute gescheite Tarifverträge oder einen Mindestlohn erhalten.

Der letzte Punkt, den ich noch ansprechen möchte, bevor Frau Kollegin Ahnen auch noch einmal auf die permanent wiederholte falsche Behauptung bezogen auf die Lehrer eingehen wird, ist noch einmal das Thema „AWO“. Als wir erfahren haben, dass die AWO, das ist schon sehr lange her – – –

(Frau Klöckner, CDU: Dieses Jahr im Wahlkampf, Februar!)

Das weiß ich nicht. Die AWO hat seit etlichen Jahren einen Haustarif mit ver.di. Mir ist nicht bekannt, dass sie sich nicht an diesen Haustarif halten kann. Das weiß ich nicht. Dem gehe ich gerne nach. Jedenfalls hatte die AWO vor vielen Jahren Probleme. Das ist in Koblenz quer durch alle Zeitungen gegangen.

Wir haben intensiv darauf hingewirkt, dass sie einen Haustarif mit ver.di abgeschlossen hat. Meines Wissens gibt es diesen Haustarif. Ich greife das auf, weil ich selbstverständlich möchte, dass die AWO oder jeder andere Träger im Land, der mit Pflege zu tun hat, anständig nach Tarifvertrag entscheidet.

So viel zu Ihren Wortmeldungen.

Herr Präsident, wenn Sie erlauben, wird jetzt Frau Ahnen meinen Beitrag noch ergänzen.

Frau Ministerin, erlauben Sie, dass ich dem Parlament einen Vorschlag mache und dann die Wortmeldung aufrufe.

Meine Damen und Herren, es ist ein handschriftlicher Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum eigenen Antrag eingegangen. Er ist nach § 58 Abs. 3 Satz 2 der Vorläufigen Geschäftsordnung des Landtags zu verlesen. Das will ich jetzt tun, weil es, wenn Sie meinen Vorschlag hören, in sich schlüssig ist. Wenn ich den Antrag vorgetragen habe, werde ich vorschlagen, dass die Ministerin redet und die Fraktionen, da die Redezeit der Landesregierung überzogen worden ist, jeweils noch 3 Minuten Redezeit zur Intervention bekommen, um auf diesen Antrag zu reagieren. Ist das schlüssig? – Das ist schlüssig.

Die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlagen vor, in Abschnitt I Nr. 1 die Sätze 2 bis 4 und den Abschnitt II insgesamt zu streichen. Dann wird Abschnitt III zu Abschnitt II. Dieser Änderungsantrag hat die Drucksachen-Nummer 16/339.

Wenn wir die Diskussion abgeschlossen haben, wird zuerst über das von mir Vorgelesene – das ist zulässig und steht in der Geschäftsordnung; ich habe den Paragrafen beschrieben – und dann über den Antrag – soweit das stattfindet – in der geänderten Fassung abgestimmt.

Ist das Parlament damit einverstanden, so vorzugehen? Dann brauchen wir nicht mit blauen Karten herumzuwedeln, weil das nichts anderes als ein Hilfsmittel ist, um diese Debatte zu Ende zu führen.

War das die Verlesung?

Das war die Verlesung.

Dann bitte ich um Wiederholung.

Ich bitte Sie, nach vorne zu kommen. Schauen Sie sich den Änderungsantrag an. Das ist wesentlich leichter, als wenn ich ihn noch einmal wiederhole. Das ist kein Thema. Ich verstehe das. Das ist für die Schriftführer wichtig, damit wir es im Protokoll richtig haben.

Frau Ministerin Ahnen, Sie hatten sich noch einmal gemeldet. Danach haben die Fraktionen jeweils drei Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Frau Klöckner, wir diskutieren gleich beim nächsten Tagesordnungspunkt über die Vertretungsverträge von Lehrkräften. Da Sie zweimal Vorwürfe geäußert haben, die schlichtweg nicht haltbar sind, halte ich es für notwendig, sie in dieser Debatte richtigzustellen.

1. Die Landesregierung hat mit dem Vertretungspool eine Initiative ergriffen, um die Situation von Lehrerinnen und Lehrern, die als Vertretungskräfte beschäftigt sind, zu verbessern. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Mit dem Thema „Mindestlohn“ hat das im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer aber auch nicht das Geringste zu tun. Selbstverständlich wird hier auch bei Vertretungskräften heute schon nach dem TV-L bezahlt. Ich bitte Sie, das endlich zur Kenntnis zu nehmen und nicht laufend falsche Vorwürfe zu erheben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich fordere Sie zum Zweiten auf, weil Sie zweimal gesagt haben, dass schwangere Lehrerinnen und Lehrer, nein – – –

(Heiterkeit im Hause – Frau Klöckner, CDU: Das kann passieren!)

Das Thema ist eigentlich für einen solchen Versprecher zu ernst. Ich entschuldige mich. Sie haben mehr

fach gesagt, dass schwangere Lehrerinnen in Rheinland-Pfalz nicht mehr eingestellt würden. Sie haben es nicht nur hier gesagt, sondern Mitglieder Ihrer Fraktion verbreiten das auch schriftlich im Land. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Behauptung belegen können und Ross und Reiter nennen, damit wir diesen Fällen nachgehen können. Ich erwarte das von Ihnen. Eine solche Behauptung kann man nicht in den Raum stellen, wenn man keine Belege dafür hat. Ich bitte Sie, uns diese Belege zur Verfügung zu stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dass Sie in der Ecke stehen und so verunsichert sind, dass Sie mit allen Mitteln um sich schlagen. Ich will Ihnen aber trotz allem sogar noch ein versöhnliches Angebot machen, weil Sie jetzt eine unheimlich schwierige Situation haben, wie Sie sich gleich in der Abstimmung verhalten werden. Wir sind noch guter Hoffnung, dass Sie sich klar zu dem Antrag bekennen werden. Es steht aber zu befürchten, dass Sie es vielleicht auch nicht tun.

Ich möchte Ihnen aus der heutigen „RHEINPFALZ“ einen Terminhinweis mit auf den Weg geben.

„DIE RHEINPFALZ“ vom 15. September 2011. InfoStand der CDA. Der Regionalkreisverband Südpfalz der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Sozialausschüsse der CDU, wirbt am kommenden Samstag, 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr, an der AdlerApotheke in der Marktstraße um Unterstützung für die Einführung eines Mindestlohnes von 8,50 Euro pro Stunde in den Branchen und Regionen, in denen keine höheren Tarifabschlüsse zustande kommen.

Wenn Sie sich heute noch nicht entscheiden können, kann ich Ihnen nur empfehlen, dort am Samstag zu unterschreiben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Den Fraktionen steht noch eine Redezeit von jeweils drei Minuten zur Verfügung, um auf den Änderungsantrag einzugehen, damit wir dann zur Abstimmung kommen können. – Frau Klöckner hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ahnen, wollen Sie es nicht wahrnehmen? Ich weiß nicht, woran es liegt. Wir haben deutlich gesagt, es ist zwischen der Tarifautonomie und einem gesetzlich von den Parteien festgelegten Mindestlohn zu unterscheiden. Es wäre ganz hilfreich gewesen, wenn Sie diesen Unterschied in der Debatte wahrgenommen hätten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch kurz etwas zum dem Antrag sagen. Fraktionen oder eine Regierungskoalition, die während

einer laufenden Debatte einen Antrag zweimal ändern müssen, wissen nicht, was sie wollen.

(Pörksen, SPD: Müssen!)

Das ist für uns Klamauk. Das ist eine Fensterrede.

(Beifall der CDU)

Das ist nur peinlich. Sie haben mein Angebot nicht aufgegriffen. Ich habe Ihnen angeboten, nehmen Sie die prekären Lehrerarbeitsverträge auf, nehmen Sie die AWO-Verträge auf und nehmen Sie die Verfehlungen der Landesregierung auf. Als vierten Punkt habe ich gefragt: Wenn Sie Tariftreue haben wollen, weshalb machen Sie das nicht bei den Beamten, bei denen Sie den Tarifvertrag gar nicht erst abwarten? – Wer so agiert, dem geht es darum, von den eigenen Problemen in der rot-grünen Regierung abzulenken. Dafür sind wir uns als CDU, als ernstzunehmende Fraktion, zu schade.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Wir werden das am Samstag in Landau verbreiten!)

Das Wort hat Herr Kollege Hering.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Billen, Sie haben gesagt, es geht um ein viel zu ernstes Anliegen. In der Tat geht es um ein sehr ernstes Anliegen; denn morgen früh werden Millionen von Menschen in Deutschland aufstehen und für Dumpinglöhne arbeiten müssen. Millionen von Menschen werden morgen früh aufstehen müssen und werden nicht in der Lage sein, einer würdevollen Arbeit nachzugehen, die bedeutet, dass sie ihr Existenzminimum verdienen. Sie werden gezwungen sein, nach wie vor staatliche Transferleistungen in Anspruch zu nehmen. Einige schämen sich dafür und leben unter Bedingungen, die sich keiner wünschen kann.