Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

Wie gesagt, wir wollen diesen Personenkreis für die Schule qualifizieren, aber nicht darüber hinaus.

Aus diesen Gründen lehnen wir den CDU-Antrag ab.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Ratter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Titel Ihres Antrags, liebe CDU-Fraktion, hört sich ganz vernünftig an und könnte von der Regierungskoalition stammen.

(Beifall bei der CDU)

Jedenfalls der Titel. Nach der Überschrift habe ich mich durchaus wohlwollend mit dem weiteren Text befasst. Was dann aber kommt, konterkariert die Headline.

(Licht, CDU: Man liest doch immer im Ganzen!)

Wenn sich Ihre Vorstellung von Verlässlichkeit bei der Einstellungspolitik in den Schuldient, Herr Licht, in den drei unten aufgeführten Punkten erschöpft, bin ich sicher, dass Sie sich im Attribut vertan haben. Verlässlich kommt nämlich von „sich verlassen können auf“. Haben Sie das wirklich gemeint? Auf Ihre Vorschläge möchte ich mich nicht verlassen müssen;

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

denn die Vertretungsverträge sind beispielsweise nicht ursprünglich als Ausnahme gedacht, wie Sie schreiben – vergleiche Zeile 1 –, sondern müssen perspektivisch vorgehalten werden, auch im rheinland-pfälzischen Schuldienst; denn Krankheit und Schwangerschaft unterliegen nicht der Planung, zumindest nicht der ADD oder des Ministeriums.

Es ist deshalb normal, an Vertretungsfälle im Voraus zu denken, mit ihnen zu rechnen und Lösungen sowie in gewissem Umfang Lehrpersonal vorzuhalten. Bei knapp 45.000 Lehrerinnen – großes I, wie gehabt – sind 3.000 Vertretungsverträge eigentlich keine überdimensionierte Zahl, wenn auch zugegebenermaßen – das haben wir

bereits mehrfach in den vergangenen Wochen und Monaten diskutiert – der strukturelle Unterrichtsausfall, auf den Sie auch am Rande abheben, besonders in den Mangelfächern – siehe MINT und andere – und den stark betroffenen Schulen regional- und schulartspezifisch noch weiter heruntergefahren werden muss. Wir arbeiten daran. Aber das ist heute nicht das Thema.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie inzwischen der Meinung, dass die vom Ministerium veranlassten Überprüfungen vom April – in Ihrer Diktion – „Missstände“, Zeile 4, zutage gefördert haben. Abgesehen von diesem überzogenen Ausdruck stimme ich Ihnen zu, denn zur Aufdeckung von sogenannten – sagen wir einmal – Schwachstellen, wurden die Überprüfungen auch veranlasst und waren somit erfolgreich. Sie erwähnen explizit, dass auch massive Unruhe – Zeile 4 – in den Schulen entstanden sei. Hierzu erlaube ich mir die Anmerkung, dass Ihre Fraktion diese gezielt geschürt hat und auch immer noch schürt,

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Brandl, CDU: Oh je! – Ramsauer, SPD: Mit falschen Zahlen!)

Frau Hayn, Frau Klöckner, insbesondere bei den Eltern, bei der Presse und auf der Homepage, die zum Teil anonyme Beiträge ventiliert.

(Pörksen, SPD: Typisch!)

Die im folgenden Spiegelstrich Ihrer Meinung nach angeführten „Missstände“ möchte ich im Einzelnen beleuchten. Sie beklagen zunächst, dass ausgebildete Lehrerinnen Vertretungsverträge mehrfach hintereinander abschließen, was Ihrer Meinung nach – ich zitiere – Familienplanung oder anderweitige private Perspektiven unzumutbar einengt. – Zeile 7 f.

Es gibt in Rheinland-Pfalz keinen Rechtsanspruch – das hat Kollegin Brück bereits gesagt – auf eine Planstelle, auch sonst nirgendwo in der Bundesrepublik Deutschland.

Davon abgesehen ist eine Vertretungsstelle keine Planstelle. Sie ist per Definition zeitlich befristet und an einen Vertretungsgrund gebunden.

Dass eine Krankheitsvertretung eine weitere in der Folge nach sich führen kann, ist nachvollziehbar, wenn die Schule mit der unterrichtenden Lehrkraft zufrieden ist. Das ist der entscheidende Vorteil des PES-Pools, den sich die teilnehmenden Schulen anlegen, dass die Kräfte mehrfach eingesetzt werden können. Davon profitiert die Schule, denn die Eingewöhnungszeit reduziert sich.

Dass aber ein Nachfolgevertrag nicht die gleiche Stundenzahl haben muss, ergibt sich logisch aus der jeweiligen Vertretung. Wenn eine Teilzeitkraft ausfällt, sind eben weniger Stunden zu vertreten als bei einem vollen Deputat. Für eine echte Vertretungskraft ist das kein Problem, also auch, meine Damen und Herren von der CDU, kein „Missstand“.

Richtig schwierig ist Ihr vierter Beleg für angebliche Missstände an den Schulen. Da sprechen Sie von einer mehrjährigen Tätigkeit im Schuldienst, als sei sie eine berufliche Sackgasse – Zeile 17 –. Ich kann Ihnen dahin nicht folgen.

Ich fände es prima, wenn Mann oder Frau zum Beispiel Mitte 30 oder 40 seine oder ihre pädagogischen Fähigkeiten noch entdecken kann, obwohl er/sie nicht für den Lehrerinnenberuf ausgebildet ist.

Ich halte es auch für tragfähig, wenn er oder sie punktuell als PES-Kraft begleitet von erfahrenen Kolleginnen eingesetzt wird. Aber deswegen ein Drittel aller Vertretungskräfte auf Planstellen zu übernehmen, lässt auf eine undifferenzierte Betrachtungsweise – von Analyse kann man hier nicht reden – schließen, die nicht mit dem angepeilten Ziel einer verlässlichen Einstellungspolitik zu vereinbaren ist. Sie selbst liefern die Begründung dafür im nächsten Abschnitt. Frau Brück ist darauf eingegangen.

Ja, ich gebe Ihnen recht, das Land steht in der Verantwortung gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen. Sie sprechen von der Fürsorgepflicht – vergleiche Zeile 21 –, soweit d‘accord. Gleich, ob gegenüber Beamtinnen oder Angestellten, Schülerinnen oder Schulleitungen, füge ich hinzu, das Land steht aber auch in der Pflicht gegenüber den Absolventinnen der Hochschulen, Universitäten und Studienseminaren, die in den folgenden Jahren auch noch eine Chance auf Beschäftigung haben sollen.

Das heißt, dass dauerhafte Einstellungen nur erfolgen können, wo adäquate Qualifikationen vorliegen. Jede Lehrkraft, die diese nicht vorweisen kann, kann sich qualifizieren, Stichwort „lebenslanges Lernen“, und muss dies tun, will sie dauerhaft beschäftigt werden.

Diese nachvollziehbare Passage in Ihrem Text vorausgeschickt, kommen Sie zu völlig – verzeihen Sie die Formulierung – schrägen Forderungen an die Landesregierung. Sie fordern – auch da ist mir Frau Brück zuvorgekommen – 900 Poolstellen in Zeile 26, zugegebenermaßen in Schritten. Zuletzt hat Frau Klöckner noch 400 verlangt, davor waren es schon einmal 200. Diese 200 hat die Landesregierung in diesem Schuljahr, wenn auch aus eigener Entscheidung, eingesetzt.

Meinen Sie nicht, dass wir dieses neue Instrument sorgsam ausloten sollten? Seine Eignung ist nicht für alle Vertretungsfälle geeignet; denn drei Wochen Französisch im Westerwald, zwei Wochen Sport in Trier, sechs Wochen Musik in Ludwigshafen und schließlich zehn Tage Physik in Pirmasens können nicht mit solchen Poolleuten bestückt werden. Man muss schon ziemlich blauäugig sein, wenn man glaubt, den temporären Unterrichtsausfall mit Poolstellen in dieser Form abdecken zu können.

Ganz besonders aufschlussreich ist noch, dass diese 900 Stellen nach Ihrer Meinung einkommensneutral zu gestalten sind – Zeile 27. Wir reden übrigens von Lehrerinnen, von Menschen, nicht von Stückware auf einem Verschiebebahnhof. Rechnen Sie mir das konkret vor, ich komme gerne zur Nachhilfe.

Der nächste Vorschlag, den Sie anführen, sieht eigentlich ziemlich grün aus, mehr Selbstständigkeit für alle Schulen, ist es aber nicht oder nur hinter den Ohren. PES für alle, Zeile 29, hilft allein nicht weiter, selbst wenn PES ein Erfolgsmodell ist, an dem 750 Schulen teilnehmen. PES ist bislang keine Pflichtveranstaltung, und auch nicht jede Schule hat den gleichen Bedarf. Ein behutsames Ausweiten der Selbstständigkeit der Schulen ist sinnvoll. Dem stimmen wir gerne zu. Das gilt übrigens auch für andere Bereiche und nicht nur für die Vertretungsarbeit. So steht es in unserem Wahlprogramm und im Koalitionsvertrag.

Die Verwaltung der Mittel ist zu Recht bei der ADD angesiedelt, um einen verlässlichen Rahmen zu schaffen, während der Pool vorrangig in den Schulen ist.

Bei der dritten und letzten Forderung schießen Sie den Vogel und damit Ihren Antrag ab. Sie wollen, wenn ich Sie richtig verstehe – Frau Brück hat es auch gelesen und gemerkt –, Vertreter von Lehrerinnen während ihres schulischen Einsatzes für andere Berufe qualifizieren. Der Aufforderung im erweiterten Infinitivsatz kann ich noch folgen, Zeile 31 f., Sie fordern – ich zitiere – „Vertretungslehrkräften ohne vollständige Lehramtsausbildung berufsbegleitend Qualifikationsmodule anzubieten“. Das ist in Ordnung, das kann ich unterschreiben, auch wenn es Kosten verursacht. Der Finalsatz jedoch, der daran anschließt mit den Worten „damit diesen Lehrkräften auch außerhalb der Schule eine dauerhafte Berufsperspektive geboten werden kann“, lässt einigermaßen verlässlich die Annahme zu, dass der oder die Antragsteller von allen guten Geistern verlassen ist.

Eine verlässliche Einstellungspolitik im rheinlandpfälzischen Schuldienst lässt sich jedenfalls so nicht erreichen.

Mein Fazit: Der vorliegende Antrag ist nicht zuverlässig, er hat weder Hand noch Fuß. Daher halten wir GRÜNE es für unerlässlich, die weitere Behandlung des Antrages abzulehnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich sehe mich zunächst veranlasst, ein paar grundsätzliche Ausführungen zur Situation der Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz zu machen, bevor ich zu Ihren einzelnen Forderungen komme, Frau Schneid.

Bei aller Haushaltsenge, über die wir gestern diskutiert haben, als es um die Besoldungserhöhung ging, gilt es, eines in aller Eindeutigkeit festzustellen: Das Land ist für seine Lehrerinnen und Lehrer ein guter Arbeitgeber.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Die größte Zahl der Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz befindet sich auf Beamtenstellen oder auf unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen, wenn sie aus persönlichen Gründen nicht verbeamtet werden können. Ich will noch einiges verdeutlichen. Bei allem, was man im Einzelnen vielleicht kritisieren kann, wird man bei der Herstellung von Relationen zu dem Ergebnis kommen, dass diese fast 40.000 Beschäftigungsverhältnisse den Menschen, den Lehrerinnen und Lehrern, die im Land beschäftigt sind, gute Perspektiven geben.

Wir haben daneben Vertretungsverträge. Auch da scheinen Sie nicht besonders gut informiert zu sein. Man kann sich dann die Entgelttabellen anschauen, was Lehrerinnen und Lehrer, die nach TV-L bezahlt werden, wenn sie vollzeitbeschäftigt sind, erhalten. Man sieht dann, in welche Größenordnungen sie kommen. Ich will auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass Lehrerinnen und Lehrer zu gut bezahlt werden, aber sie sind in Größenordnungen, die sich weit von dem vorhergehenden Punkt der Tagesordnung unterscheiden. Bei der Entgelttabelle sind wir in der Größenordnung bei 3.000 Euro. All das scheinen Sie nicht wahrnehmen zu wollen, weil Sie Dinge verknüpfen wollen, die gar nichts miteinander zu tun haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen etwas zu den Themen „Lebensplanung“, „Familienplanung“ und „schwangere Lehrerinnen“. Wissen Sie, was einer der Hauptgründe ist, warum wir Vertretungsverträge abschließen? Das ist der Ersatz für Lehrerinnen, die in Schwangerschaft sind, oder für Lehrerinnen und Lehrer, die in Elternzeit sind. Am Beispiel der Grundschule sage ich Ihnen, wie sich das in Rheinland-Pfalz entwickelt hat. Ich vergleiche das erste Schulhalbjahr 2006/2007 mit dem ersten Schulhalbjahr 2010/2011. Im Jahr 2006/2007 hatten wir 436 Lehrerinnen und Lehrer in der Grundschule in Elternzeit. Im Jahr 2010/2011 haben wir im Vergleichshalbjahr 1.087 Grundschullehrerinnen und -lehrer in Elternzeit. Offensichtlich ist der Lehrerinnen- und Lehrerberuf einer, der es besonders gut ermöglicht, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Wir strecken uns deshalb sehr nach der Decke, die Bedingungen gut zu halten.

Wenn eine schwangere Lehrerin in Elternzeit ist, dann stellen wir eine Vertretungslehrkraft ein. Es ist nicht selten so, dass wir nicht nur die eine einstellen, sondern die Vertretungslehrerin gerade in dieser Zeit selbst schwanger wird, und dann wird für diese wieder eine Vertretungslehrerin eingestellt. So ist das System in Rheinland-Pfalz ausgelegt. Sie behaupten an dieser Stelle etwas völlig Falsches. Gerade der Beruf der Lehrerinnen und Lehrer ermöglicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darauf legt die Landesregierung allergrößten Wert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dem Konglomerat Ihres Antrages ist mir schier unverständlich, wer diese drei Forderungen zusammengeschrieben hat. Zum Teil widersprechen sie sich. Dazu will ich nur kurz Ausführungen machen, weil Frau Brück und Frau Ratter es schon gemacht haben.

Plötzlich fordert der Antrag 900 Stellen in einem Lehrerpool. Ich freue mich darüber, dass der Vertretungspool, der das Ergebnis der Überprüfung der Vertretungsverträge durch die Landesregierung ist, inzwischen von Ihnen begrüßt wird. Das freut mich. Das war ein konkretes Ergebnis. Darauf sind wir stolz.

Wenn Sie jetzt sagen, er hat noch gar nicht begonnen, wir wollen eigentlich 400 Stellen, wie es Frau Klöckner am 5. August gesagt hat, und jetzt die Fraktion zwischen dem 5. August und 14. September entscheidet, wir wollen nicht 400, sondern 900, dann hat das mit Planung überhaupt nichts zu tun. Ihnen geht es nicht darum, irgendetwas zu planen, sondern Ihnen geht es darum, irgendwelche Zahlen in die Welt zu setzen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für mich gilt das, was ich von Anfang an gesagt habe: Wir haben vorsichtig mit dem Vertretungspool begonnen.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)