Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

Ich komme sodann zur Berichterstattung über den Gesetzentwurf der Landesregierung. Durch Beschluss des Landtags vom 29. April 2015 ist der Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss überwiesen worden.

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 42. Sitzung, 44. Sitzung und 46. Sitzung beraten. In seiner 44. Sitzung hat der Rechtsausschuss ein Anhörverfahren durchgeführt.

Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird mit folgenden Änderungen angenommen. Ich verweise hierzu auf Drucksache 16/5313.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Ruland. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Axel Wilke für die CDU-Fraktion.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Neben dem Justizvollzug und seiner Neugestaltung ist die Überarbeitung des Landesrichtergesetzes das zweite zentrale Gesetzgebungsvorhaben der Justiz in dieser Wahlperiode.

Ungeachtet der Tatsache, dass der beste Gesetzentwurf heute, wie ich vermute, nicht die notwendige Mehrheit finden wird, war die Debatte auf jeden Fall eine gute und richtige. Bei der Einführung des Richterwahlausschusses hatten viele – auch die CDU –, wenn wir uns zurückerinnern, die Gefahr einer Politisierung von Personalentscheidungen der Justiz gesehen. Dann gab es auch immer wieder spektakuläre Fälle – Sie erinnern sich mit mir daran zurück –, in denen der Richterwahlausschuss für eine

Menge negativer Schlagzeilen sorgte, wobei die – das sei zur Ehrenrettung dieses Parlaments gesagt – nie von den Parlamentariern, sondern entweder vom Ministerium oder den richterlichen Mitgliedern im Ausschuss ausgingen.

So war es also gut, dass wir – beginnend vor zwei Jahren – eine Evaluierung des Richterwahlausschusses und zu den Gesetzentwürfen eine Sachverständigenanhörung durchgeführt haben. Das Ergebnis unserer Beratungen, die sehr fundiert waren, sehen Sie heute vor sich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

Das Wichtigste zuerst: Es wird mehr Richterinnen und Richter im Richterwahlausschuss geben. Das ist gut so.

(Beifall der CDU)

Statt früher zwei sind es künftig vier. Das stärkt das Gewicht der Richterschaft deutlich und war von Anfang an – das fand ich erfreulich – Grundkonsens zwischen der Landesregierung und allen Landtagsfraktionen. Das ist eine sehr gute Entwicklung.

Es ist auch gut, dass künftig Richterinnen und Richter aller Gerichtsbarkeiten zu ständigen Mitgliedern, die bei jeder Entscheidung mitwirken, gewählt werden können. Ich kann von dieser Stelle aus nur an die Vertreterinnen und Vertreter der ordentlichen Gerichtbarkeit appellieren, den Vertretern der deutlich kleineren Fachgerichtsbarkeiten bei der Wahl der ständigen Mitglieder eine faire Chance zu geben.

Ein weiterer wichtiger Punkt aus der Sicht der CDU: Durch unser Insistieren von Anfang an ist der Richterwahlausschuss künftig auch für Versetzungen zuständig. Dass Ernennungen und Beförderungen immer in seine Zuständigkeit fielen, Versetzungen aber nicht, war ein Wertungswiderspruch im Gesetz, welcher jetzt zu Recht korrigiert wird. Die Regierungen und die Regierungsfraktionen – das sei an der Stelle auch gesagt – gehen da aber nicht weit genug. Sie setzen das nur halbherzig um. Wir, die CDU, wollen weiterhin, dass alle Versetzungen in den Ausschuss müssen. Dabei wissen wir fast alle Sachverständigen hinter uns.

(Beifall der CDU)

Ich darf nur ein Zitat bringen, weil es mir so gut gefallen hat. Herr Dr. Grüter, Vorsitzender der Neuen Richtervereinigung – das ist kein Verband, der der CDU wirklich nahesteht – hat gesagt – ich zitiere –:„Die NRV ist auch der Meinung, dass beim Thema Versetzung der CDU-Entwurf vorzugswürdig ist, (...).“ „Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen oder bei der gebotenen schnellen Besetzung von Stellen sehen wir nicht; denn es gibt auch die Möglichkeit des schriftlichen Verfahrens.“

Meine Damen und Herren, wenn schon die Neue Richtervereinigung unserem Entwurf den Vorzug gibt, hätte es Ihnen gut angestanden, das auch zu tun. Schade, dass Sie diesen Mut nicht aufbringen konnten.

Nächster Punkt: Gut, dass künftig auch die Ausschussmitglieder mehr Informationen im Vorfeld erhalten. Manches davon haben wir, die CDU-Vertreter, bereits informell in

der Ausschussarbeit durchsetzen können. Auch dort gäbe es aber noch Verbesserungspotenzial, gerade wenn ich an die Besetzungsentscheidung beim ersten Verfahren zum Landgerichtspräsidenten Trier zurückdenke. Erst auf Umwegen haben wir seinerzeit erfahren, dass das Votum des OLG-Präsidenten im Vorfeld ein anderes als das des Ministeriums war. Hätten wir dieses Votum im Vorfeld schon zur Verfügung gehabt, wäre manches in einem anderen Licht erschienen. Deswegen sieht unser Gesetz mehr Informationen für die Mitglieder des Ausschusses vor.

Von diesen Punkten, die ich aufgeführt habe, in denen wir übereinstimmen oder jedenfalls nah beieinander sind, komme ich nun zu den Punkten, bei denen uns Abgründe trennen. Leider hat sich da nichts geändert.

(Zurufe von der SPD: Abgründe!)

Wir wollen nach dem skandalträchtigen Besetzungsverfahren für den OLG-Präsidenten in Koblenz in der letzten Wahlperiode, dass künftig alle Entscheidungen mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder des Ausschusses fallen müssen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vier von fünf Sachverständigen, also auch ein von der SPD benannter Sachverständiger, unterstützen uns in dieser Forderung. Sie, die Sachverständigen, sehen darin wie wir eine deutliche Stärkung der demokratischen Legitimation der Ausschussentscheidungen. Sie von Rot-Grün können oder wollen das nicht begreifen. Welch ein Jammer!

(Carsten Pörksen, SPD: Das ist eine abgrundtiefe Unterstellung!)

Wir wollen außerdem, dass auch den Richterinnen und Richtern die Möglichkeit einer freiwilligen Verlängerung der Lebensarbeitszeit um bis zu zwei Jahre eingeräumt wird. Was bei der Beamtenschaft geht – wir haben es erst vor Kurzem gesetzlich verabschiedet –, muss aus Gerechtigkeitsgründen auch der Richterschaft gewährt werden. Dass Sie von Rot-Grün auf diesem Ohr taub sind, ist maßlos enttäuschend.

(Beifall der Abg. Julia Klöckner, CDU – Carsten Pörksen, SPD: Anscheinend trifft es auf große Zustimmung!)

Die anderen müssen noch darüber nachdenken, aber sie folgen mir trotzdem. Sie von Rot-Grün meinen stattdessen, bei der Richterschaft mit der Einführung der Direktwahl der richterlichen Mitglieder im Ausschuss punkten zu können. Nicht, dass wir das prinzipiell kritisieren, keinesfalls, es gibt nur gewisse verfassungsrechtliche Risiken. Ich erspare Ihnen dazu – auch wegen der Zeit – Details und verweise den, der sich dafür interessiert, auf den renommierten Grundgesetzkommentar von Maunz/Dürig. Ich kann gerne Kopien verteilen.

(Zurufe von der SPD: Bitte!)

So ganz einfach ist die Geschichte nicht. Meine Damen und Herren, wir können auch den praktischen Bedarf dieser Gesetzesänderung nicht so richtig erkennen, da der Landtag bisher immer die Wahlvorschläge aus der Richter

schaft 1 : 1 übernommen hat. Und – auch das sollte uns klar sein – es gibt künftig zwei Klassen von nicht parlamentarischen Mitgliedern im Richterwahlausschuss: die direkt gewählten Richter und den vom Landtag gewählten Rechtsanwalt. Dass Sie von Rot-Grün jetzt und auf den letzten Drücker dies mit der Direktwahl ins Gesetz gebracht haben, ist nämlich, wenn man es einmal richtig betrachtet, das durchsichtige Manöver, bei einer Berufsgruppe Fleißpunkte zu sammeln, die Sie in den letzten Jahren ziemlich vergrault haben. Geben Sie das doch wenigstens heute einmal zu.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Sie sind aufgewacht!)

Einen Effekt – ich bin einmal gespannt – hat Ihr Manöver aber: Die neue Zusammensetzung des Richterwahlausschusses wird später wirksam werden als ohne Direktwahl. Gestern bei unserer Nachfrage im Rechtsausschuss sind Sie vom Ministerium und auch die Koalitionsfraktionen dabei mächtig ins Schwimmen geraten. Heute sagen Sie uns klar und eindeutig: Mit der Stärkung richterlicher Mitwirkung wird es in dieser Wahlperiode nichts mehr, sondern frühestens in der nächsten Wahlperiode.

Das haben Sie klug eingefädelt. So haben Sie für alle noch anstehenden Personalentscheidungen die alten Mehrheitsverhältnisse zementiert.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch Quatsch!)

Dieses Täuschungsmanöver lassen wir Ihnen nicht durchgehen, umso mehr, als Sie damit ein weiteres Versprechen Ihres Koalitionsvertrages brechen, noch in dieser Wahlperiode die richterliche Mitwirkung zu stärken, also wieder einmal ein Versprechen gebrochen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wäre dieser Landtag – und ich komme zum Schluss – gleich unserem Gesetzentwurf, der bereits Monate anhängig ist, gefolgt, so wären wir schon längst am Ziel. Es ist aber nie zu spät. Heute haben Sie alle, auch Sie von RotGrün, noch einmal die Chance.

(Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD)

Nehmen Sie unseren Entwurf, der ist der bessere.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Zuruf von der SPD: Abgründe tun sich auf!)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Ahrweiler. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Sippel für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach einer intensiven Vorbereitung, einer Evaluierung mit weitreichender Praxisbefragung, mehrfachen Beratungen im Rechtsausschuss mit einer Anhörung wird die Novellierung des Landesrichtergesetzes in der Fassung des Regierungsentwurfs heute beschlossen. Mit dem neuen Gesetz stärken wir die Mitbestimmung und parlamentarisch kontrollierte Selbstverwaltung der Justiz. Wir erhöhen die Transparenz von Personalentscheidungen, und wir fördern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Richterinnen und Richter. Deshalb ist es heute eine gute Botschaft an die rheinlandpfälzische Justiz.

(Beifall bei der SPD)

Fakt ist, der Richterwahlausschuss hat sich in den letzten elf Jahren bewährt.

(Christian Baldauf, CDU: Von wegen!)

Sie haben damals als CDU diesem Instrument nicht zugestimmt, waren skeptisch, haben jetzt allerdings mit Ihrem eigenen Antrag deutlich gemacht, dass auch der Richterwahlausschuss bei Ihnen angekommen ist.