Schnell kam die Frage auf, ob auch an weiteren Stoffen experimentiert würde, ob noch biologische Kampfstoffe im Land seien, ob diese vielleicht auch an anderen Standorten vorhanden seien.
Ich sage gleich, das scheint Gott sei Dank nicht der Fall zu sein. Aber, meine Damen und Herren, die Berichte beunruhigen dennoch. Es muss ganz klar sein, dass es an der Sicherheit unserer Bevölkerung im Land keine Abstriche geben darf.
Ebenso muss ganz klar sein, dass es eine Information der örtlichen Behörden geben muss, wenn mit gefährlichen Stoffen dieser Kategorie experimentiert wird.
Es kann nicht sein, dass zum Beispiel in einem Brandfall – der Kollege hat es gesagt – unsere Feuerwehrmänner und -frauen, die Katastrophenschützer, an einen Ort und in ein Labor kommen und nicht wissen, was sie dort vorfinden oder wie sie sich dagegen schützen müssen. Hier sind wir auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auf Kooperation und Information angewiesen. Auf diese müssen wir uns auch verlassen können.
Es gab nun einige Bemühungen, Licht ins Dunkel zu bekommen und die Vorgänge aufzuklären. Auch wegen der großen Verunsicherung ist gleich der Bürgermeister von Landstuhl, Dr. Peter Degenhardt, mit einem umfangreichen Fragenkatalog an die US-Army herangetreten und hatte auch vor Ort einen gemeinsamen Termin. Die örtliche Bundestagsabgeordnete der CDU, Anita Schäfer, hatte einen Gesprächstermin mit US-Botschafter Emerson. Unsere Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner hat sich umgehend schriftlich an die Bundesverteidigungsministerin gewandt.
Ja, das hat sie gut gemacht. Ich selbst habe gleich vorletztes Wochenende, am 12. Juli, eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, die nach unserer Verfassung unverzüglich zu beantworten ist.
Da mich bislang noch keine Antwort erreicht hat und ich natürlich davon ausgehe, dass Sie mir getreu der Verfassung unverzüglich geantwortet hätten, wenn Sie etwas wüssten, will ich mein Wissen gerne mit Ihnen teilen. Machen wir es einmal umgekehrt!
Die Kollegin Schäfer und Bürgermeister Dr. Degenhardt wurden darüber informiert, dass in Landstuhl in der Regel nicht mit biologischen Kampfstoffen experimentiert würde,
in der Regel gar nicht. Vielmehr sei im Jahr 2005 nur eine Anthraxprobe nach Landstuhl gelangt. Diese sei 2013 vernichtet worden. Seinerzeit sei man auch davon ausgegangen, dass es sich um inaktive Erreger handelte. Das ist nun nicht mehr sicher, lässt sich aber auch nicht mehr nachvollziehen, weil die Probe ja vernichtet wurde.
Meldungen, wonach es auch in weiteren Jahren zu Anthraxlieferungen gekommen sei und auch weitere Standorte betroffen seien, sind laut Aussage der US-Army falsch. Die Sporen hätten auch bis zur Vernichtung das Labor nicht verlassen. Beim Personal des Labors habe es weder Krankheitsfälle gegeben, noch sei jemand vorsorglich medizinisch betreut worden. Die Bundesverteidigungsministerin hat schon deutlich gemacht, dass kein deutsches Labor aktive Anthraxsporen bekommen hat.
Meine Damen und Herren, auch wenn nach diesem Sachstand vorsichtige Entwarnung für die Vorgänge des Jahres 2005 ff. gegeben werden kann, bleiben noch einige Fragen. Wie verhält es sich zum Beispiel hinsichtlich des Transports und der Entsorgung der Milzbranderreger? Da besteht auch Ihre Zuständigkeit nach dem Tierseuchengesetz. Wie steht es um Ihre Kommunikation mit den Streitkräften? Da loben Sie sich gerne selbst, wie nahe Sie an den Dingen dran sind. Dann verwundert mich eigentlich schon, dass Ihr Innenminister bei einem solchen Vorgang nicht einmal das Telefon in die Hand nimmt und die Army anruft, sondern auf seinen nächsten Besuch in Washington verweist.
Da hatte Ihnen der Landstuhler Bürgermeister vorgemacht, wie man es richtig macht. Wie geht die Landesregierung eigentlich generell mit einem solchen Thema um? Erst einmal passiert gar nichts, Fragen werden nicht beantwortet, Anfragen auch nicht.
Dann schreibt die Ministerpräsidentin Tage später einen Brief an den Botschafter. Ich weiß auch gar nicht, ob sie schon Antwort hat. Sie oder jemand anderes kann vielleicht später etwas für die Landesregierung dazu sagen. Das ist aber auch nicht wichtig. Anita Schäfer hat die Öffentlichkeit schon umfangreich informiert. Ihre Performance war in jedem Fall ausbaufähig.
Es geht schließlich um ein Sicherheitsthema. Da dürfen die Bürgerinnen und Bürger von der Landesregierung erwarten, dass sie auf Ballhöhe ist und nicht hinterherläuft.
Wichtig für die Menschen in der Westpfalz – dabei bleibt es hoffentlich auch – ist, dass es bei uns keine Experimente mit gefährlichen Stoffen, mit biologischen Kampfstoffen gibt, und schon gar keine, von denen deutsche Behörden nichts wissen. Um das sicherzustellen, braucht es eine gute Kommunikation mit den Amerikanern und allen Ebenen der deutschen Verwaltung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ein offenkundig fahrlässiger und unverantwortlicher Umgang mit hochgefährlichen Biokampfstoffen in Rheinland-Pfalz ist für alle von uns hier absolut inakzeptabel. Wir dürfen es nicht zulassen, dass auf unverantwortliche Art und Weise durch den Einsatz aktiver Anthraxsporen die Gesundheit der rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger gefährdet wird. Das ist unser gemeinsamer Auftrag.
Bis auf einige Äußerungen von Herrn Klein am Schluss bin ich doch sehr dankbar, dass wir dazu auch in diesem Hause eine große Übereinstimmung haben.
Meine Damen und Herren, zunächst einmal ist es aber doch so, dass die amerikanischen Militärs hier gefordert sind, Aufklärung zu den in den Medien und jetzt auch hier bei uns berichteten Vorfällen zu leisten und eben transparent und klar auf die Fragen, die in der Region diskutiert werden, die wir aber auch eben gerade hier diskutiert haben, zu antworten.
Ich möchte aber noch etwas dazu sagen, weil das ein bisschen hinten heruntergefallen ist. Wir alle sind gefordert, unseren amerikanischen Partnerinnen und Partnern deutlich zu machen, dass wir nicht nur die Verwendung von biologischen Kampfstoffen an sich ablehnen, sondern natürlich auch und umso mehr direkt in dem Zusammenhang das Versenden und Experimentieren mit Sporen von Anthrax in einer Art und Weise, wie sie eben hier beschrieben worden ist und wie sie uns alle nur den Kopf schütteln lässt.
Unter Freunden Biokampfstoffe zu verschicken und Menschenleben zu gefährden, das geht gar nicht. Das muss für uns alle hier in diesem Hause klar sein.
Meine Damen und Herren, die Frage ist, wie sicher können sich die Menschen in Landstuhl und in der Umgebung fühlen, wenn sie kürzlich erfahren mussten, dass die Proben 2005 das Labor in Landstuhl erreicht haben und erst 2013 vernichtet wurden. Die Auskunft der amerikanischen Militärs ist, man wisse nicht so ganz genau, ob diese Anthraxsporen lebende oder inaktive waren.
Meine Damen und Herren, jeder Vorgang in einer städtischen oder kommunalen Verwaltung wird detaillierter festgehalten, auch bei uns in Rheinland-Pfalz. Wir alle wissen, was das manchmal bedeutet. Es bleiben viele offene Fragen. Viele sind schon von den Kollegen gestellt worden.
Ich möchte noch einige dazu stellen: Warum erreichten das Labor in Landstuhl überhaupt die Anthraxsporen, zumal das Labor explizit nicht darauf ausgelegt ist, mit Anthrax und anderen Biokampfstoffen zu experimentieren? Warum wurde überhaupt ein Detektor für biologische Kampfstoffe besorgt? Wieso weiß das US-Militär zwei Jahre nach der Vernichtung des Kampfstoffes angeblich nicht mehr, ob es aktive oder inaktive Sporen waren?
Wir brauchen hier – das muss der Appell aus diesem Haus an die Militärs in den Vereinigten Staaten sein – ganz schnell vollkommene Klarheit und Transparenz.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNE begrüßen es ausdrücklich, dass Ministerpräsidentin Dreyer bereits kurz nach dem Bekanntwerden dieser Vorfälle an den USBotschafter geschrieben hat. Sie hat ihn, wie wir alle das formuliert haben, um Aufklärung in der Sache gebeten und um die Sicherstellung, dass solche Fehler nie wieder passieren. Das ist doch vollkommen klar.
Unserer Meinung nach, dass möchte ich noch einmal betonen, reicht das nicht aus. Wir GRÜNE – deswegen sind wir als Parlament in Gänze gefordert – schlagen deshalb vor, dass wir diese Vorfälle nicht nur der Landesregierung überlassen, sondern auch parlamentarisch in den Ausschüssen unseres Parlaments beraten. Es wäre zum Beispiel ein geeignetes Mittel, dass wir gemeinsam eine Ausschussanhörung beantragen, um unseren parlamentarischen Kontroll- und Informationsrechten hierbei nachzukommen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns als ihre Volksvertreterinnen und -vertreter.
Meine Damen und Herren, ich möchte eines noch einmal deutlich sagen. Glücklicherweise haben das die Kollegen in ihren Wortbeiträgen angedeutet. Mir wird bei dieser ganzen Sache und bei diesen Vorgängen, die jetzt nach und nach ans Licht kommen, nicht wohler, wenn dann ein Pentagonsprecher in den vergangenen Tagen in diesem Zusammenhang erklärt, die Anthraxsporen hätten die Labore des US Medical Health Center in Landstuhl überhaupt nicht verlassen, da sie dort sicher aufbewahrt gewesen seien. Berichte und Beispiele aus anderen Ländern deuten an, dass es solche und ähnliche Fälle nicht nur bei uns in Rheinland-Pfalz gegeben hat.
Deshalb ist es umso mehr unsere Aufgabe, hier für Aufklärung zu sorgen und immer wieder nachzufragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Wochen gab es mehrere äußerst beunruhigende Berichte über eine in den Jahren 2007, 2009 und 2010 erfolgte Versendung von Anthraxsporen durch die US-Armee an ein Militärlabor in Landstuhl. Teilweise wurde von aktiven Sporen gesprochen und teilweise von Sporen, bei denen unklar sei, ob sie inaktiviert worden seien.
Ferner wurde in den Presseberichten aus einer E-MailKorrespondenz zwischen der deutschen Botschaft in Washington und US-Militärs zitiert, wonach es bei der Inaktivierung der Keime vor der Versendung „Unregelmäßigkeiten“ gegeben habe und möglicherweise noch einige Sporen aktiv sein könnten.
Nach Auskunft des US-Verteidigungsministeriums, so die Berichte, sollten Proben mit lebenden Anthraxerregern an 51 Labore in den USA, in Australien, in Kanada und in Südkorea geschickt worden sein.