Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Es war schon klar, dass die CDU nicht dem Versuch widerstehen konnte, den Bericht des Landesrechnungshofs zum Erhalt des Landesstraßennetzes heute auf die Tagesordnung zu setzen, obwohl wir darüber schon sehr intensiv in zwei Fachausschüssen auch auf Antrag der SPD-Fraktion beraten haben. Es ist schade, dass wir im Detail gar nicht mehr auf Einzelfragen eingehen können. Das kann ich aufgrund der Redezeit nicht.
Überschrift „Rot-Grüner Investitionsstau (...)“ ist klar, um was es heute einmal wieder geht, nämlich um Wahlkampfgetöse. Das ist schade.
Frau Kollegin Klöckner, ich denke, Ihre Plakate sind schon längst gedruckt und auch gepostet. Vielleicht sollten Sie einmal überlegen, ob das immer alles so richtig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die SPDFraktion darf ich jedenfalls sagen, dass der Bericht des Landesrechnungshofs auch für uns wichtig und hilfreich ist, weil wir gerade vor dem Hintergrund, dass wir begrenzte finanzielle Mittel haben, überlegen müssen, wie wir diese am besten einsetzen.
Frau Klöckner, Tatsache ist auch, dass wir nicht über ein rheinland-pfälzisches Problem reden, sondern es mit einer bundesweiten Herausforderung zu tun haben.
(Hans-Josef Bracht, CDU: Es geht um die Landesstraßen in Rheinland-Pfalz! Dafür sind Sie zuständig und nicht die Bundesregierung!)
Schauen Sie auf Seite 1 des Berichts des Landesrechnungshofs, und lesen Sie diese einmal. Dort weist der Rechnungshof genau auf dieses Problem hin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein bundesweites und kein rheinland-pfälzisches Problem.
Wir haben das Problem, weil in Rheinland-Pfalz genau wie im Bund die meisten Straßen und Brücken in den 60erund 70er-Jahren gebaut worden sind. Insofern ist es klar, dass wir einen massiven Investitionsstau vor uns haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Jahren trotz begrenzter Mittel und Schuldenbremse versucht, dieses Netz in einem bestmöglichen Zustand zu halten. Deswegen haben wir auch in unseren Koalitionsvertrag „Erhalt vor Neubau“ geschrieben.
Herr Kollege, ich denke, es ist uns durchaus gelungen, mit diesen begrenzten Mitteln etwas zu erreichen.
Wenn Sie sich den letzten Landesstraßenzustandsbericht anschauen, hat es der LBM geschafft, mit gezielten Maßnahmen zur Oberflächensanierung im Zeitraum 2002 bis 2012 den Anteil der schlechten Straßenabschnitte sogar weitestgehend konstant zu halten.
Strategie, nämlich ob die Oberflächensanierung zielführend ist, um vor allen Dingen verkehrssichere Straßen herzustellen, oder ob wir grundlegend sanieren müssten, wie es der Rechnungshof sagt. Es ist aber doch auch – das muss man doch verstehen können – eine Frage der begrenzten Mittel.
Wir haben deshalb als SPD-Fraktion gesagt, dass wir aufgrund vieler Gutachten und Gespräche wissen, dass wir einen Investitionsbedarf haben. Deswegen wollen wir – das sage ich noch einmal ganz klar – in den kommenden Haushaltsjahren deutlich mehr Mittel drauflegen. Das haben wir angekündigt. Das findet die Unterstützung unserer Fraktion.
Nein, das ist kein Wahlkampf. Wir haben schon immer versucht, einen dicken Schwerpunkt im Bereich der Landesinfrastruktur zu setzen.
Herr Kollege Bracht, Sie haben doch auch mit den Stimmen der CDU die Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben. Tun Sie nicht so, als wenn Sie das Füllhorn über alle ausschütten könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einen Punkt ansprechen. Es hat sich einiges schon ein bisschen relativiert. Der Kollege Licht hat 1 Milliarde genannt. Na prima, das ist eine Hausnummer.
Im Ausschuss haben wir intensiv darüber gesprochen, wie diese Milliarde zustande gekommen ist. Sie wissen doch selbst, dass in den Bewertungslisten Maßnahmen dabei waren, die noch gar nicht sanierungsbedürftig waren, die aber jetzt schon einmal dringestanden haben. Wenn man diese herausstreicht, sind wir unter dem Strich bei 500 Millionen Euro. Ich weiß, dass das immer noch eine Hausnummer ist. Rheinland-Pfalz wird sich mit Unterstützung der SPD auf den Weg machen, genau wie der Bund zusätzliche Mittel draufzulegen.
Herr Kollege Billen, auch der Bund wird nicht das, was wir für den Erhalt brauchen, in einem Batzen auf den Tisch legen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde der CDU ist wie folgt überschrieben: „Rot-Grüner Investitionsstau bei Landesstraßen – Sondergutachten des Landesrechnungshofs belegt Defizite rot-grüner Politik in Rheinland-Pfalz“. Hier ist schon gleich der erste Fehler. Es gibt nämlich kein Sondergutachten in diesem Kontext. Der Titel der Expertise heißt im Übrigen: „Beratende Äußerung gemäß § 88 Abs. 2 LHO“.
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und nachgeschaut. In § 88, Aufgaben des Rechnungshofs, Absatz 2 steht: „Der Rechnungshof kann aufgrund von Prüfungserfahrungen den Landtag, die Landesregierung und einzelne Ministerien beraten. Soweit der Rechnungshof den Landtag berät, unterrichtet er gleichzeitig die Landesregierung.“
Insgesamt besteht die Landeshaushaltsordnung aus 117 Paragrafen. Das Wort „Sondergutachten“ habe zumindest ich mit der Suchfunktion nicht gefunden. Deswegen ist das Wort „Sondergutachten“ als Titel dieser Aktuellen Stunde völlig fehlbesetzt. Wenn man sich den gesamten Bericht aufmerksam durchliest, kommt man auch keineswegs zum Schluss, dass diese beratende Äußerung Defizite der rotgrünen Politik in Rheinland-Pfalz belegt. Wenn man in diesem Zusammenhang von Defiziten spricht, dann fallen mir höchstens ein
2. die Defizite der CDU-Landtagsfraktion beim Vorlegen von Deckblättern zur Erhöhung von Straßenbaumitteln im letzten Haushalt, da war nämlich Fehlanzeige,
3. das Defizit der CDU-Landtagsfraktion bei der Beantragung von Umschichtungen im Haushalt, Stichwort: zweckgebundene Bundesmittel, Regionalisierungsmittel für den Landesstraßenbau ausgeben – das wollten Sie, das geht aber rechtlich gar nicht –,
4. die Defizite der CDU-Landtagsfraktion bei der Generierung von Aktuellen Stunden, das Thema war nämlich bereits in zwei Ausschüssen erschöpfend behandelt worden,
5. das Defizit der CDU-Landtagsfraktion beim Thema nachhaltige Infrastrukturpolitik, dies leider nicht nur in Rheinland-Pfalz. In Berlin sieht es auch nicht besser aus. Verkehrsminister Dobrindt taumelt monatelang durch eine unsägliche Mautdebatte bis zum Abwinken durch die EU. Der CDU-Finanzminister Schäuble opfert auf dem Altar der schwarzen Null den Nahverkehr in den Ländern.
Herr Licht, ich schätze Sie als Wahlkreiskollegen. Aber beim Thema nachhaltiger und zeitgemäßer Infrastrukturplanung sehe ich noch Luft nach oben. Bei Ihren Kollegen in der Pfalz sieht es nicht besser aus. „Ausbau, Ausbau, Ausbau“ – so war ein Artikel in der „RHEINPFALZ“ betitelt. Es ging um die Infrastruktur im Süden und darum, welche Pläne die CDU hat. Sie wollen selbst den Flugplatz Speyer ausbauen. Da sage ich nur: Frohe Gespräche mit der EU. Haben Sie noch nie etwas von den EU-Leitlinien für Flughäfen gehört? Am besten war der Kommentar, der den CDU-Schrei nach Ausbau mit Taktik überschrieb. Ich sage: Wahlkampftaktik.
Ich würde mich herzlich gern mit Ihnen auf ein Streitgespräch zum Thema „Infrastruktur“ einlassen oder messen. Es ist aber müßig, weil Ihnen offensichtlich die Grundlagen fehlen.
Nun zum Rechnungshofbericht. Es ist immer hilfreich, wenn jemand von außen auf die Politik schaut und dies kritisch tut. Wir teilen durchaus die Auffassung, dass es nicht in jedem Fall zielführend sein kann, wenn Straßensanierungen an der Oberfläche passieren, anstatt sie einer grundlegenden Sanierung zu unterziehen, wie es auf Seite 7 des Rechnungshofberichts angemerkt ist.
Ich teile durchaus die Analyse, dass Personal bzw. Ingenieure fehlen. Das hat aber nun wirklich nichts mit einer verfehlten rot-grünen Politik in Rheinland-Pfalz zu tun. Ingenieure fehlen überall, auch beim Bund im Übrigen.